Das Bucerius Kunst Forum präsentiert jetzt mit der Schau „David Hockney. Die Tate zu Gast“ einzigartige Werke des britischen Malers
Wer ist David Hockney? Wofür steht er als Künstler? Antworten auf diese Fragen liefert die Foto-Collage „In the Studio“ von 2017, die im Rahmen der Ausstellung „David Hockney. Die Tate zu Gast“ im Bucerius Kunst Forum erstmals in Europa der Öffentlichkeit präsentiert wird. Sie zeigt den britischen Maler in seinem Atelier in Los Angeles. Bei genauerem Hinsehen merkt der Betrachter, dass dieses Werk keine Zentralperspektive hat. „Es macht einen schwindelig“, sagt Kathrin Baumstark, künstlerische Leiterin des Museums. Sie hat die Retrospektive, die rund 100 Exponate – seien es Gemälde, Zeichnungen, Lithografien oder Radierungen – aus mehr als 60 Jahren des Hockney’schen Schaffens umfasst, mit Helen Little von der Londoner Tate kuratiert. Diese Zusammenarbeit, findet Andrea Schlieker, Ausstellungsdirektorin der Tate, setze zum Inkrafttreten des Brexit ein positives Zeichen: „Gerade jetzt ist es wichtig, britische Werke in Europa zu zeigen.“
Bild oben: Schöne Männer, helles Licht, faszinierendes Wasser: David Hockney: Man in Shower in Beverly Hills; 1964; Tate. © David Hockney, Foto: Tate
Da wirkt es beinahe wie ein Schulterschluss mit der Europäischen Gemeinschaft, wenn sich zu den Bildern aus der Tate einzelne Leihgaben von der Hamburger Kunsthalle, dem Stedelijk Museum voor Acuele Kunst in Gent und dem Louisana Museum of Modern Art in Humlebaek gesellen. Aus Dänemark stammt das großformatige „A closer Grand Canyon“, das am Ende der chronologisch aufgebauten Schau hängt. Dieses Gemälde besteht aus 60 Leinwänden, eine Woche lang fertigte Hockney am südlichen Rand des Grand Canyon Ölpastell-Studien an.
Der 82-Jährige ist eben jemand, der immer sehr genau hinschaut. In all seinen kreativen Phasen. Schon während seines Studiums am Londoner Royal College of Art begann Hockney, sich künstlerisch mit persönlichen Themen wie seiner Homosexualität auseinanderzusetzen. Das manifestiert zum Beispiel „Doll Boy“, das zu Beginn der 1960er Jahre entstand. Kurz danach reiste Hockney 1961 das erste Mal in den USA, nach seiner Rückkehr nach London verarbeitete er seine in New York gewonnenen Eindrücke in einer Serie von Radierungen, die er in Anlehnung an William Hogarth „A Rake’s Process“ nannte. Diesem Zyklus widmet die Ausstellung ein eigenes Kapitel – ebenso wie Hockneys Anfangszeit in Los Angeles. „Er fand L.A. schon sexy, bevor er jemals dort war“, erzählt Kathrin Baumstark. Insofern lag es für sie auf der Hand, das Bild „Man in Shower in Beverly Hills“ in einem Eckkabinett in den Fokus zu rücken. Es lässt nicht den geringsten Zweifel daran, was Hockney am sonnigen Kalifornien besonders fasziniert: schöne Männer, helles Licht, faszinierendes Wasser.
Das Bild „Man in Shower in Beverly Hills“ ist in einem Eckkabinett in den Fokus gerückt. Es lässt nicht den geringsten Zweifel daran, was David Hockney am sonnigen Kalifornien besonders fasziniert: schöne Männer, helles Licht, faszinierendes Wasser.
Dagmar Leischow
Diese Faibles lebte er auch in seinen Swimmingpool-Bildern aus. Das „Porträt eines Künstlers (Pool mit zwei Figuren)“ von 1972 mischte 2018 die Kunstwelt auf, weil ein anonymer Käufer im Aktionshaus Christie’s in New York einen Rekordpreis in Höhe von 90,3 Millionen Dollar bot. Noch nie hat ein Werk eines lebenden Künstlers bei einer Versteigerung mehr eingebracht.
Doch es wäre nicht fair, Hockney allein auf den finanziellen Aspekt zu reduzieren. Wesentlich spannender ist seine Experimentierfreudigkeit. Mit Naturalismus hat er sich ebenso beschäftigt wie mit Kubismus. Das in Großbritannien äußerst populäre Gemälde „Mr and Mrs Clark and Percy“ aus den frühen 1970er Jahren findet sich nun erstmals in einem deutschen Museum. „Die beiden Menschen gucken den Betrachter an“, erläutert Kathrin Baumstark. „So entsteht eine Dreiecksperspektive.“
Ganz anders wirkt „An Image of Celia“ von 1984-1986. Dieses Exponat erinnert an Picasso, der bemalte Rahmen wird ein Teil des Kunstwerks. Man hätte gern gewusst, was Hockney dazu zu sagen gehabt hätte. Allerdings zog es der Maler vor, in Los Angeles zu bleiben. Er habe wohl keine Lust auf das Hamburger Regenwetter gehabt, scherzt Kathrin Baumstark. Zudem interessiere ihn die Vergangenheit nicht, er konzentriere sich lieber auf die Gegenwart: „Hockneys Ziel ist es, den Augenblick zu destillieren.“ Dagmar Leischow
INFO Die Ausstellung „David Hockney. Die Tate zu Gast“ läuft noch bis zum 10. Mai im: Bucerius Kunst Forum, Alter Wall 12, 20457 Hamburg;
T. +49 (0)40 36 09 96 0; info@buceriuskunstforum.de
Öffnungszeiten: Täglich 11 – 19 Uhr, donnerstags 11 – 21 Uhr