»Ein parkähnlicher Grünraum am Elbufer«

Exklusiv. Barbara Schwöppe, Senior Projektmanagerin bei der HafenCity Hamburg GmbH, über die sportive, soziale und grüne Idee der neuen Uferpromenade Kirchenpauerkai

Kennen Sie eigentlich Frau Barbara Schwöppe, verantwortliche Senior Projektmanagerin bei der HafenCity Hamburg GmbH und unter anderem der gute grüne Geist und die soziale Begegnungsseele der Freiräume in der HafenCity? Ihr jüngstes Prunkstück wird vom 3. bis 6. Juni mit einem großen Musik- und Kulturfest eingeweiht: der Kirchenpauerkai, die vollkommen neu gestaltete 30 Meter breite und 560 Meter lange Uferpromenade im Baakenhafen, die bis zu den Elbbrücken reicht. Lesen Sie mal, was Barbara Schwöppe sich mit ihren Partnern speziell für die Anwohner:innen im Baaken­hafen, aber auch für alle HafenCityzens und Hamburger:innen so ausgedacht hat:
Foto oben: Die verantwortliche Freiraumgestalterin für den Kirchenpauerkai im Baakenhafen: „Die Uferpromenade hat eine wichtige vernetzende Funktion, denn sie bildet ein wichtiges Bindeglied zwischen dem zentralen Lohsepark und den sich östlich der Elbbrücken befindenden Stadtgebieten – insbesondere Rothenburgsort mit dem Park Entenwerder.“ © Stefan Groenveld

Frau Schwöppe, Ende Mai wird die neue Elb­uferpromenade Kirchenpauerkai im Quartier Baakenhafen mit einem Kultur- und Musik-Fest für Groß und Klein, für die Anwohner:innen wie auch die Hamburger:innen eingeweiht. Sie sind als verantwortliche Projektmanagerin bei der HafenCity Hamburg GmbH (HCH) für die Gestaltung, Realisierung und auch die Konzeption von Freiflächen verantwortlich. Was hat der Kirchenpauerkai, was andere Uferpromenaden der HafenCity nicht haben? Allein die Breite der Promenade von 30 Metern, mit einem nahezu durchgehenden grünen Vegetationsband, ist sehr ungewöhnlich. Dazu kommt die besondere Topografie einer Hügellandschaft, mit Höhenunterschieden von bis zu zwei Metern. Dabei wurde die Idee der an diesem Ort vorherrschenden südwestlichen Hauptwindrichtung aufgenommen, das heißt bei genauer Betrachtung sehen die Hügel aus, als würden sie vom Wind an die Warftwände herangeweht. Die Promenade bietet eine sehr ausgewogene Balance zwischen einer grünen, biodiversen Vegetation, der Erinnerung an die hafenbezogene Geschichte sowie den vielen Bewegungs- und Begegnungsorten. 

Barbara Schwöppe, Kirchenpauerkai-Projektverantwortliche bei der HafenCity Hamburg GmbH: „Es werden Bäume integriert, wo es aufgrund der Beschaffenheit des Untergrunds auch immer möglich ist. Dadurch haben die Promenaden sehr hohe Aufenthaltsqualitäten zum Verweilen, Schlendern, Bewegen oder Begegnen. Alle Promenaden sind außerdem mit Rampenanlagen ausgestattet, die eine barrierefreie Verbindung zwischen dem Promenadenniveau und dem höher gelegenen Stadtniveau ermöglichen.“ © Felix Amsel

Was war die zentrale Aufgabenstellung und Herausforderung am Kirchenpauerkai? In der Auslobung des internationalen Wettbewerbs 2012 wurde als Herausforderung die Gestaltung von „urbanen Freiräumen für das Quartier Baakenhafen“ formuliert, was die zentrale Bedeutung der Promenade als Freizeit-, Erholungs- und Begegnungsort für die Nachbarschaft im Quartier verdeutlicht. Dabei ist der Kirchenpauerkai noch sehr viel mehr als eine Promenade, allein seine räumliche Dimensionierung eröffnet Möglichkeiten eines lang gestreckten, parkähnlichen Grünraums am Elbufer. Außerdem hat die Promenade eine wichtige vernetzende Funktion, denn sie bildet ein wichtiges Bindeglied zwischen dem zentralen Lohsepark und den sich östlich der Elbbrücken befindlichen Stadtgebieten – insbesondere Rothenburgsort mit dem Park Entenwerder. 

Die HafenCity wird am Ende durchgehende Uferpromenaden von rund zehn Kilometern haben, von der Elbphilharmonie über das südliche Überseequartier bis zu den Elbbrücken sowie rund um die Hafenbecken. Was ist allen Freiräumen am Elbufer gemeinsam?  Alle Promenaden liegen auf niedrigem Niveau und sind daher hochwassergefährdet. Das gehört zum Konzept, da dadurch der direkte Bezug und die Nähe zum Wasser erhalten bleiben. Bei allen Promenaden erahnt man außerdem die ehemalige hafentypische Prägung, zum einen durch historische Kaimauerköpfe, Kräne und Reibepfähle, aber auch durch die Verwendung von ortstypischem Material. Dennoch werden Bäume integriert, wo es aufgrund der Beschaffenheit des Untergrunds auch immer möglich ist. Dadurch haben die Promenaden sehr hohe Aufenthaltsqualitäten zum Verweilen, Schlendern, Bewegen oder Begegnen. Alle Promenden sind außerdem mit Rampenanlagen ausgestattet, die eine barrierefreie Verbindung zwischen dem Promenadenniveau und dem höher gelegenen Stadtniveau ermöglichen. 

Barbara Schwöppe ist seit 2008 Senior Projekt­managerin bei der HafenCity Hamburg GmbH (HCH) und für die Konzeption, Gestaltung und Realisierung von Freiräumen verant­wortlich, unter anderem in der ­HafenCity. Sie hat für die HafenCity den neuen ­Kirchenpauerkai in Kooperation mit vielen Projektbeteiligten erfolgreich realisiert. 

Die Promenade hat die Breite von rund 30 Metern und die attraktive Länge von 560 Metern. Die jetzige Gestaltung ist eine Mischung aus Flora und Fauna und Sport-Freizeitflächen sowie Aufenthaltsflächen am Wasser geworden. Welche Grundidee zeichnet das Konzept aus? Es gibt die übergeordnete Freiraumidee, in der die Promenade Kirchenpauerkai das sogenannte grüne Band von den Wallanlagen über den Lohsepark und das Baakenhöft bis zum Entenwerder Park fortsetzt. Für die Bewohner:innen und Besucher:innen bietet dieses grüne Band einen großen zusammenhängenden Freiraum mit vielen Bewegungs-, Sport- und Spielarealen. Neben der Funktion eines extensiv genutzten Grünraums soll die Promenade auch eine bedeutende ökologische Wirkung mit besonders schützenswerten Bereichen für Flora und Fauna entfalten. 

Barbara Schwöppe: „Neben der Funktion eines extensiv genutzten Grünraums soll die Promenade auch eine bedeutende ökologische Wirkung mit besonders schützenswerten Bereichen für Flora und Fauna entfalten.“ © Fotos (3): Wolfgang Timpe

Das Baakenhafenquartier ist elbseitig von sehr dichter Bebauung geprägt. Soll der Kirchenpauerkai vor allem auch eine sportive Erholungsfläche bieten? Neben der wichtigen Gestaltung der naturnahen Bereiche wird die Promenade geprägt durch die vielfältigen Angebote für Spiel, Sport und Bewegung. Bei den Planungen sind wir von einer Sportwissenschaftlerin beraten worden, die das Thema Parksport schon lange im Fokus hat. Es ist erwiesen, dass Bewegung für jede Altersgruppe draußen im Freien, und dann noch in schönen Landschaften, gut für die Gesundheit ist. Wirkfaktoren wie Licht, Grün, Luft, Akustik haben positive Effekte für die Gesundheit. Der Zweirichtungsradweg und der begleitende Joggingpfad runden das Bewegungskonzept ab. Neben den vielen Bewegungsangeboten spielen Ruhebereiche mit unterschiedlichen Sitzgelegenheiten eine ebenso wichtige Rolle.

Warum wurden die orangefarbenen Sport-Trainings- und Übungsstangen ausgesucht, wozu sollen sie animieren? Es geht in diesem Konzept immer um Bewegung und Begegnung. Wichtig war uns, Bewegungsangebote für alle Altersgruppen anzubieten, zur individuellen Nutzung mit entsprechenden Hinweisen für Übungen an den Geräten oder auch angeleitet in Gruppen. In der konkreten Ausgestaltung waren wir auch im direkten Austausch mit den Bewohner:innen. Dabei kam der Wunsch auf, auch für Jugendliche und Erwachsene Angebote zu realisieren. 

Barbara Schwöppe: „Die Promenade wird geprägt durch die vielfältigen Angebote für Spiel, Sport und Bewegung. Es ist erwiesen, dass Bewegung für jede Altersgruppe draußen im Freien, und dann noch in schönen Landschaften, gut für die Gesundheit ist.“ © Wolfgang Timpe

Freiflächen sind, gerade in städtischen, verdichteten Quartieren, immer auch Begegnungsorte, können sozialen Zusammenhalt stiften. Ist das in das Kirchenpauerkai-Konzept mit eingeflossen? Richtig, man begegnet sich, spontan oder geplant. Viele Orte der Begegnung und des Verweilens sollen diese sozialen Begegnungsmöglichkeiten begünstigen, zum Beispiel für die Jogging-Gruppe der Nachbar:innen oder ein gemeinsames Workout von Kolleg:innen. Dabei wurden auch Ideen mit einem gewissen Augenzwinkern realisiert: An einer Stelle laden zum Beispiel Tanzschritte auf dem Boden zu einer spontanen Tango- oder Swing-Tanzeinlage ein, an einer anderen Stelle kann man sich zum Mega-Twister-Spielen verabreden. 

Es wurden über 120 Bäume neu gepflanzt. Welche Sorten sind das, und sind sie gegen Dauerwind und klassische Hafenemissionen gut gewappnet? Es sind Waldkiefern, Silberweiden und Schnurbäume ebenso dabei wie Mehlbeeren, Ulmen und Zieräpfel. Wir haben darauf geachtet, dass beispielsweise mit den Schnurbäumen auch im Sommer blühende Bäume da sind, in der dunklen Jahreszeit dagegen Nadelbäume ein wenig Grün auf die Promenade bringen. Alle Bäume haben eine Unterflurverankerung. Die Kiefern, die ihre Nadeln ganzjährig behalten und die vor allem im Herbst Stürmen ausgesetzt sind, erhalten noch eine oberirdische Verspannung. 

Die Menschen in der HafenCity – aber auch generell in Großstädten – wünschen sich immer stärker grüne urbane Lebensqualität. Welche grünen Ziele wollten Sie mit dem neuen Kirchenpauerkai verwirklichen? Baumquartiere und dazu eine so hohe Anzahl an Bäumen auf einer Uferpromenade zu realisieren ist an sich schon sehr ungewöhnlich. An der Uferkante direkt am Wasser war es, abhängig von der technischen Kaimauerkonstruktion, auch nicht durchgängig möglich. Außerdem war es uns wichtig, durch die Pflanzung von vielen Sträuchern Insekten und Vögeln einen Lebensraum mit dem notwendigen Nahrungs- und Nestbauangebot zu bieten.

Die HafenCity setzt stark auf Biodiversität. Das heißt ja nicht nur Bäume und grüne Flächen, sondern meint auch eine Wiederansiedlung von Vögeln und Insekten. Ist Großstadt denn überhaupt zu renaturieren, oder ist das nur eine grüne Träume­rei? Mit viel Mühe haben wir rund 7.000 Quadratmeter bewegte Landschaft mit einer sogenannten Anspritzbegrünung („Hydroseeding“) mit Blumen und Gräsern aus dem nordwestdeutschen Tiefland gegrünt. Es sind insgesamt 38 heimische Arten, die sich nun ihren Platz auf der Promenade erobern. Da Biodiversität langfristig funktioniert, benötigt auch die frisch angelegte Fläche Zeit – ich hoffe, dass die Nutzenden dies akzeptieren und die Flächen nicht betreten. Zum Thema Erhöhung der Biodiversität können alle einen Beitrag leisten, auf dem privaten Balkon, im Innenhof oder auf Dachterrassen. Wer noch mehr zur grünen Qualität beitragen möchte, ist herzlich eingeladen, eine Patenschaft für eine Baumscheibe in den Straßen zu übernehmen.

Wann sind Sie mit Ihrer Arbeit für den neuen Kirchenpauerkai zufrieden? Wenn alle Bäume und Sträucher angewachsen sind und die Wiesenlandschaft sich artenreich entwickelt. Wenn Insekten und Vögel, Bewohner:innen, Besucher:innen und Beschäftigte sich verträglich am Kirchenpauerkai tummeln, bin ich zufrieden. Interview: Wolfgang Timpe

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