»Auf Augenhöhe arbeiten«

Veddel. Neuer Förderbescheid für das Gesundheitszentrum Poliklinik

Gleich zu Beginn ihrer Sommertour besuchte Gesundheits- und Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer Mitte Juli die Poliklinik auf der Veddel. Im Gepäck hatte sie einen Förderbescheid über 355.000 Euro für die nächsten drei Jahre. Die Übergabe des Bescheides fand auf der südlichen Veddel am Zollhafen statt, Standort der Poliklinik. Madeleine Does und Lukas Waidhas von der Poliklinik nahmen den Bescheid in Anwesenheit des Bezirksamtsleiters von Hamburg-Mitte, Ralf Neubauer, entgegen.
Foto oben: Gesundheits- und Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (l.) und Bezirksamtschef Ralf Neubauer (2. v. r.) übergaben den Poliklinik-Mitarbeitern Madeleine Does und Lukas Waidhas den Förderbescheid über 335.000 Euro für die soziale Gesundheitseinrichtung. © Klaus Lübke

Die Poliklinik war Vorreiter der Stadtteilgesundheitszentren, die es heute in fast jedem Bezirk Hamburgs gibt. Die Stadt fördert Stadtteilgesundheitszentren seit 2020, und die Poliklinik auf der Veddel war die erste Einrichtung dieser Art in Hamburg und auch die erste, die gefördert wurde. Sie ist auch das erste Stadtteil­gesundheitszentrum, dessen Förderung jetzt verlängert wird.  

Gesundheits- und Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer: Über künftige Förderungen entscheide das neue Gesundheitsversorgungsgesetz des Bundes. © picture alliance/dpa | Felix Kästle

Die Robert-Bosch-Stiftung begleitet das Programm der Stadtteilgesundheitszentren mit einer Evaluation der Wirksamkeit. Ihre Gründung in dem medizinisch unterversorgten Stadtteil Veddel erfolgte im Februar 2017 und war politisch gewollt. Statistiken belegen, dass Menschen aus armen Stadtteilen eine um rund zehn Jahre kürzere Lebenserwartung haben als Menschen aus wohlhabenden Quartieren. Die Poliklinik will dem durch Gewinnstreben gekennzeichneten Ärztesystem ein solidarisches Modell der Gesundheitsversorgung entgegenstellen.

Die Idee der Macher:innen ist es daher, sich nicht nur auf die rein ärztliche Versorgung zu beschränken, sondern das gesamte Umfeld des Stadtteils in eine präventive Gesundheitsversorgung einzubeziehen. Dazu zählen ungesunde Wohnverhältnisse wie etwa Schimmel oder ungesunde Arbeitsbedingungen. Die Überwindung von Sprachbarrieren und die Heranführung von Einwanderern an das ungewohnte deutsche Gesundheitssystem ist ein weiteres Arbeitsfeld.

Dafür gibt es neben der allgemeinärztlichen Sprechstunde Gesundheits- und Sozialberatung, eine Pflegesprechstunde, psychologische Beratung und ein Wohn-Café als Mieterberatung. Wichtig ist der Poliklinik dabei die multiprofessionelle Zusammenarbeit. „Ein interdisziplinäres Team, in dem Mediziner nicht mehr den alleinigen Mittelpunkt bilden, sondern gleichberechtigt auf Augenhöhe mit allen weiteren Berufsgruppen zusammenarbeiten, bildet den Kern der Poliklinik“, so das Selbstverständnis. „In diesem Zusammenspiel der verschiedenen Experten sehen wir einen wesentlichen Fortschritt gegenüber der herkömmlichen ambulanten Versorgung mit der Einzelpraxis und dem damit einhergehenden vereinsamten, individualisierten Arbeiten.“

Diese Idee stößt auch in der Politik auf Resonanz, denn Arztpraxen sind ungleich auf die Stadtteile in Hamburg verteilt. So sagte Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer, dass „unser marktbasiertes System bei der flächendeckenden Versorgung an Grenzen“ stoße. Über die Poliklinik bekäme er ausschließlich positives Feedback. Mittlerweile arbeiten 40 Aktive in der Poliklinik. Im vierten Quartal des letzten Jahres haben sie 2.000 Patientinnen und Patienten versorgt.  

Bezirksamtschef Neubauer wies darauf hin, dass die Poliklinik als wichtigster Nutzer des neuen sozialen Stadtteilzentrums auf der Veddel vorgesehen ist, das in rund drei Jahren realisiert sein soll. Welche Förderungen durch staatliche Stellen in Zukunft möglich sein werden, wird sich nach den Worten von Senatorin Melanie Schlotzauer auch mit dem in Berlin in Arbeit befindlichen Gesundheitsversorgungsgesetz entscheiden. Alle Beteiligten sind an dem langfristigen Fortbestand der Poliklinik interessiert. Klaus Lübke

Gesundheits- und Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (l.) und Bezirksamtschef Ralf Neubauer (2. v. r.) übergaben den Poliklinik-Mitarbeitern Madeleine Does und Lukas Waidhas den Förderbescheid über 335.000 Euro für die soziale Gesundheitseinrichtung. © Klaus Lübke

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