Neue Gefahr oder altes Risiko?

Service. Brände von Elektroautos in Tiefgaragen können Millionenschäden verursachen

Kürzlich hat der Brand eines Elektroautos in einer nichtöffentlichen Tiefgarage in Hamburg zu Schäden in Millionenhöhe geführt. Neben Schäden an der Tiefgarage selber kam es auch zu Schäden an den anderen dort abgestellten Fahrzeugen. Kann ein solches Ereignis – rechtlich – verhindert werden, oder gehört es zum allgemeinen Risiko? 
Foto oben: Versicherungsrisiko Tiefgarage Studien unter anderem des ADAC geben keine Hinweise darauf, dass sich Elektroautos hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung von Verbrennerfahrzeugen unterscheiden. Auch die Versicherungen sehen aktuell noch keinen Handlungsbedarf, die Versicherungssummen zu erhöhen oder „Zusatzbausteine“ einzuführen. © picture alliance/dpa | Sven Hoppe

Es kommt immer wieder vor, dass sich Elektroautos ohne Fremdeinwirkung während eines Parkvorgangs, aus im Übrigen unbekannter Ursache, selber entzünden. Die Kfz-Versicherung des Halters ist in diesem Fall nach § 7 StVG aus Gefährdungshaftung eintrittspflichtig. Das Pikante daran ist allerdings, dass die Haftung gemäß § 12 StVG in derartigen Fällen auf eine Million Euro beschränkt ist. Diese Summe kann bei einer größeren Garage mit vielen abgestellten wertvollen Autos schnell überschritten werden.

Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 21. Januar 2014 (VI ZR 253/13) entschieden, dass der Brand auch eines geparkten Kraftfahrzeugs in einem ursächlichen Zusammenhang mit dessen Betriebseinrichtung steht und daher gemäß § 7 StVG der Betriebsgefahr zuzurechnen ist. Damals war es sicher noch ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, welches sich selbst entzündet hatte. 

Autorin Saskia Hahn ist Rechtsan­wältin bei Esche Schümann Commichau. © Esche

Hat sich das Risiko durch Elektrofahrzeuge, die besonders schwer zu löschen sind, wenn sie erst einmal brennen, jetzt erhöht, und kann der Betreiber einer Tiefgarage dem durch geeignete Vertragsgestaltung vorbeugen?

Danach sieht es aktuell nicht aus. Studien unter anderem des ADAC geben keine Hinweise darauf, dass sich Elektroautos hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung von Verbrennerfahrzeugen unterscheiden. Auch die Versicherungen sehen aktuell noch keinen Handlungsbedarf, die Versicherungssummen zu erhöhen oder „Zusatzbausteine“ einzuführen. Aus rein faktischer Sicht lässt sich ein Verbot von Elektrofahrzeugen in Tiefgaragen daher derzeit nicht rechtfertigen.

Hinzu kommt der politische Wille, die Elektromobilität zu fördern. Dies zeigt sich auch in einem der wenigen bislang hierzu ergangenen Urteile. So hat das Amtsgericht Wiesbaden am 4. Februar 2022 (92 C 2541/21) zu einer Tiefgarage, die sich im Wohnungseigentum befand, entschieden. Nach Auffassung des Gerichts verstößt ein Beschluss der Eigentümerversammlung, der das Abstellen von Elektroautos in der Tiefgarage untersagt, gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung und ist damit nichtig.

Diese Entscheidung ist wenig überraschend, da der Gesetzgeber mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes in § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG einen individuellen Anspruch auf bauliche Veränderungen zum Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge ausdrücklich vorgesehen hat. Ein Verbot des Abstellens bzw. der Einfahrt von Elektroautos würde diesen individuellen Rechtsanspruch und die gesetzgeberische Zielsetzung der Förderung von Elektromobilität daher geradezu konterkarieren.

Außerhalb der Geltung des Wohnungseigentumsgesetzes dürfte es weniger einfach sein, zu argumentieren, dass derartige Diskriminierungen von Elektroautos dem gesetzgeberischen Willen widersprechen – und solange es keine eindeutigen Studien zu einer erhöhten Gefährdungsbeurteilung gibt. Saskia Hahn

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Saskia Hahn ist Rechtsan­wältin bei Esche Schümann Commichau.

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