Grenzen ziehen, klarer sehen

Coaching. Warum Nein sagen wichtig ist und wie wir erfolgreich vorgehen. Sechs Tipps von Coachin Andrea K. Huber

Oben auf der Wunschliste der Deutschen steht: Stress reduzieren. Auch viele meiner Coachees kommen mit dem Wunsch nach mehr Leichtigkeit, Freiraum und Entspannung im Alltag zu mir. Damit dies gelingt, ist es unter anderem äußerst wichtig, sich abzugrenzen, sich also sowohl vor äußeren Einflüssen zu schützen als auch die eigenen Bedürfnisse zu wahren. Die Selbstachtung steigt, und gesunde zwischenmenschliche Beziehungen entstehen. 
Foto oben: Sich abzugrenzen hat viel mit Selbstvertrauen zu tun: Ein Nein ist okay und braucht keine Rechtfertigung. Sie haben das Recht, Ihre ­Meinung zu äußern und bewusst Ihre Grenzen zu setzen. © picture alliance / Westend61 | Angel Santana Garcia

Coachin Andrea Huber: Ruhig und sachlich das Nein wiederholen, wenn es nicht sofort akzeptiert wird. © Privat

In einer Welt, die von ständiger Erreichbarkeit, Informationsüberflutung und steigenden Anforderungen geprägt ist, scheint es schwieriger denn je, die eigenen Grenzen zu zeigen und die mentale und emotionale Balance zu wahren. Ein Dilemma: Denn gerade in dieser hektischen und anspruchsvollen Zeit gewinnt die Fähigkeit, Nein zu sagen, zunehmend an Bedeutung. 

Das Neinsagen hilft dabei, unerwünschte Verpflichtungen und Erwartungen abzulehnen und stattdessen eigene Prioritäten zu setzen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es kann auch dazu beitragen, ungesunde Beziehungen – sei es privat oder beruflich – zu vermeiden oder zu beenden und mehr Respekt sowie Wertschätzung zu erfahren.

Trotz der Vorteile des Grenzensetzens fällt es uns schwer, unsere Zusage zu verweigern, wenn wir um einen Gefallen gebeten werden. Warum ist das so? Diese sechs Punkte zeigen Gründe auf:

Angst vor Konsequenzen: Viele Menschen haben Angst, dass ein Nein zu beruflichen oder persönlichen Verpflichtungen negative Konsequenzen haben könnte, beispielsweise eine schlechtere Beziehung zu einer Person oder ein sinkendes Ansehen im Job.

Sozialer Druck und Erwartungen: Oft fühlen wir uns verpflichtet, anderen zu helfen oder zugunsten anderer die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen, aus Angst, unsozial oder egoistisch zu wirken.

Persönliche Überzeugungen und Erziehung: Neinsagen kann mit einem inneren Konflikt verbunden sein, besonders wenn es um Dinge geht, bei denen unsere persönlichen Überzeugungen im Spiel sind. Viele davon stammen aus unserer Erziehung, wenn wir lernen, uns den Erwartungen anderer anzupassen.

Mangel an Selbstbewusstsein: Hängt das eigene Selbstwertgefühl von der Zustimmung oder Bestätigung des Umfelds ab, fühlen wir uns abgelehnt und weniger liebenswert, wenn wir eine Entscheidung treffen, die auf Unmut stoßen könnte.

Negative Erfahrungen: Vergangene Erfahrungen, bei denen ein Nein zu unangenehmen oder unerwünschten Konsequenzen führte, können in die Gegenwart ausstrahlen. Wir hängen an dieser Erwartungshaltung. 

Folgende praktische Tipps helfen dabei, die Selbstwirksamkeit zu stärken und gesunde Grenzen zu setzen: 

1. Klarheit: Sich selbst darüber im Klaren sein, was ich will und was nicht. Nur wenn diese Klarheit vorhanden ist, kann ein deutliches Nein folgen. 

2. Ehrlichkeit: Keine Ausreden oder (Not-)Lügen, um ein Nein zu begründen. Allein die Tatsache zählt, dass ich etwas einfach nicht will oder nicht kann, etwa weil keine Zeit dazu da ist. 

3. Freundlichkeit: Auch bei einem Nein freundlich bleiben. Bedanken Sie sich für das Angebot oder die Anfrage und erklären Sie sachlich, aber freundlich, dass Sie ablehnen oder dem Projekt nicht die gewünschte Aufmerksamkeit schenken können.

4. Kompromissbereitschaft: Vielleicht gibt es einen Kompromiss, der für alle Beteiligten akzeptabel ist. Welche Alternative wäre für beide okay?

5. Wiederholung: Ruhig und sachlich das Nein wiederholen, wenn es nicht sofort akzeptiert wird. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen oder zu einem halbherzigen Ja überreden. 

6. Persönliche Entwicklung: Grenzen setzen lässt sich nicht von heute auf morgen erreichen, es ist ein Prozess. Da es oftmals mit tiefliegenden Überzeugungen zu tun hat, lohnt es sich, mit einem Coach genauer hinzusehen und entsprechende negative „Programmierungen“ aufzulösen. Der gesamte Lebensstandard steigt. Ihre Andrea Huber

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Andrea K. Huber ist ­Coachin im Leistungssport, hat sich auf Stress­management spezialisiert und berät Unter­nehmen und Privat­personen in heraus­fordernden Situa­tionen. Infos unter: www.andrea-huber-coaching.de

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