Leitartikel von HCZ-Herausgeber und -Chefredakteur Wolfgang Timpe
An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit / An Tagen wie diesen haben wir noch ewig Zeit / In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht / Erleben wir das Beste, kein Ende in Sicht.“ Keine Band hat so schön die Freiheits- und Leichtigkeitssehnsucht von Menschen ausgedrückt wie die Toten Hosen – nicht nur für die Kickergeminde. Was für ein schönes und friedliches Zeichen gemeinsamer Freude auf ein Spiel, eine Stimmung, das Ende einer Herausforderung, die man gemeistert hat und die es ermöglicht, mal Luft zu holen.
Mal weg von diesen kleinen Belästigungen des Alltags in Firma, Familie, Stadtteil oder Weltlage und auch – vor allem – von einem selbst. Es ist ein bisschen wie Fliegen, wenn Menschen entspannt und von innen heraus Glück sinnlich empfinden können. Wenn Tausende wogender niederländischer Fußballfans wie unter friedlicher Musikdroge ihren Partysong „Nach links, nach rechts!“ singen, feiern, tanzen, zelebrieren. Mal Luft holen, einfach so: gemeinsam.
Wie die 62.000 Fans auf dem Heiligengeistfeld beim Public Viewing im Achtelfinale, als Jamal Musiala das 2:0 gegen die Dänen erzielt, ihre Becher in die Luft werfen und im Wortsinn außer sich sind. Frei. Es erzählt einen Moment lang viel von der uns oft umgebenden gesellschaftlichen Kälte, wie gerne Menschen bereit sind, das Ich gegen ein Wir einzutauschen und sich vorbehaltlos Rhythmus und guter Laune hinzugeben – mit anderen. Also, freuen wir uns doch vorbehaltlos darüber, dass die EM-Atmosphäre Spaß pur ist und die HafenCity wieder ihr Nachbarschaftsfest mit allen aus dem Stadtteil feiern kann. Und nun auch endlich die Stadt aus den Puschen kommt, darauf besteht, dass der Elbtower wie geplant 245 Meter hoch werden soll. So geht Stadtplanung und städtebaulicher Stil – auch in Zeiten von Krise. Einfach mal Luft holen.
Wolfgang Timpe