»Die Kreuzfahrtbranche ist agil, fröhlich und schnell!

HCZ-Gespräch. Die Geschäftsführerin Iris Scheel von Cruise Gate Hamburg, CGH, dem Kreuzfahrt-Tochterunternehmen der Hamburg Port Authority, HPA, über nachhaltige Kreuzfahrttrends, attraktive Localdealer-Angebote und: warum sie jedem Tag eine Chance gibt

Sie scheint fast immer gute Laune zu haben, lacht gerne und strahlt aus, dass der Job ihr auch Spaß bereitet: Iris Scheel, Geschäftsführerin von Cruise Gate Hamburg, CGH, der Kreuzfahrttochter des Hamburger Hafenbetreibers Hamburg Port Authority, HPA. Doch man sollte sich von der Freundlichkeit nicht blenden lassen: Scheel kann knackig, denn im Männerbusiness Hafen muss man sich mal über so viele Jahre durchsetzen, um in eine Führungsposition zu gelangen. Und was ärgert sie am meisten? „Dass Männer oftmals leider immer noch überrascht sind“, wenn Frauen mutig sind. Ach so geht das, lesen Sie mal das vollständige Gespräch.
Foto oben: Iris Scheel, Geschäftsführerin Cruise Gate Hamburg, CGH: „Glück ist das Gefühl, über die Elbbrücken nach Hause zu fahren und in der Arbeit irgendetwas weitergedreht zu haben. Ich ­schätze die schöne Formulierung: ,make things done‘. Umsetzung, Realisierung, das beglückt mich.“ © Catrin-Anja Eichinger

Frau Scheel, Sie sind seit zwei Jahren Geschäftsführerin von Cruise Gate Hamburg, CGH, der Kreuzfahrttochter der Hamburg Port Authority, HPA. Die Kreuzfahrtbranche boomt auch im zweiten Jahr nach Corona. Was hat die Kreuzschifffahrt, was andere Branchen nicht haben? Die Kreuzschifffahrtsbranche hat gerade nach der Corona­zeit das Bedürfnis der Menschen bedient, wieder verreisen zu können und ohne Risiko interessante und individualisier­bare Pauschalreisen zu machen. Zugleich bieten Kreuzfahrten die Möglichkeit, nachhaltiger Urlaub zu machen, als mit dem Flugzeug irgendwo hinzufliegen, und als Kreuzfahrer:innen spannende Reiseziele weltweit von Hamburg aus zu erreichen. Dies ermöglichen Kreuzfahrten alles, was sich in den guten Zahlen der Kreuzfahrtbranche widerspiegelt. 

Sie sind Diplom-Ingenieurin und haben Ihren MBA gemacht. Was fasziniert Sie am Kreuzfahrtbusiness? Ich habe lange im Hafen gearbeitet und dort viele strategische Umstrukturierungsprojekte betreut. Der Hafen ist wie ein riesiges Schiff, das man nur langsam manövrieren kann. An der Kreuzfahrtbranche finde ich spannend, dass sie so beweglich agieren kann. Sie ist agil, fröhlich und schnell. Und es arbeiten im Vergleich zum Hafen unglaublich viele Frauen in der Kreuzfahrt, das macht einfach Spaß. Wir können Dinge schnell umsetzen, und insgesamt herrscht eine positive Grundstimmung. Das gefällt mir. 

Die Cruise Gate Hamburg ist für den Betrieb der Kreuzfahrtterminals im Hamburger Hafen verantwortlich. Auf welche Trends setzen Sie als Terminalbetreiber? Das Wichtigste heute und noch viel mehr in der Zukunft ist das Thema Nachhaltigkeit. Als Stadthafen haben wir in Hamburg mit den Terminals die Verantwortung, diese Kombination aus Hafen und Stadt auch für die Kreuzschifffahrt so zu organisieren, dass alle maximal zufrieden damit sind. Insofern wird das Thema Emissionsreduktion an den Terminals die Entwicklung in den nächsten Jahren wesentlich bestimmen. Zum Glück haben wir in Hamburg schon früh mit der Landstromanlage am Kreuzfahrtterminal in Altona 2016 begonnen. Wir von Cruise Gate Hamburg haben Hamburg als ersten Hafen mit dieser Zukunftstechnologie ausgestattet und konnten so eigene Tests und wertvolle Erfahrungen machen. Dieses Jahr haben wir am Kreuzfahrtterminal in Steinwerder die zweite Landstromanlage in Betrieb genommen, und auch an unserem Cruise Center HafenCity wird es natürlich eine Landstromanlage geben. Wir sind als CGH, als Cruise Gate Hamburg, da bestens aufgestellt.

Was wird noch wichtig außer der Schweröl- und Emissionsreduktion im Kreuzfahrtbusiness? Die drei wichtigen Themen sind für uns Energiegewinnung, Heizungsumstellung an den Terminals und Fotovoltaik. Wir können auch, was die Verbräuche angeht, durchaus noch besser werden und sind immer wieder dabei, Innovationen für die Kreuzfahrt und für die Terminals zu erproben. So haben wir gerade Ladestationen für Elektro-Lkw, die jetzt langsam in Betrieb genommen werden, auch am Terminal in Steinwerder installiert. Also wir versuchen, alle technologischen Entwicklungen, die wir auch für die Kreuzfahrt nutzbar machen können, umzusetzen, damit wir als CGH dafür sorgen, dass der ökologische Footprint, der Fußabdruck der Kreuzfahrt, in Hamburg immer mehr reduziert wird. 

Was bestimmt denn neben den ökologischen Aspekten die Kreuzfahrt der Zukunft? Immer wichtiger werden die Serviceangebote für die Kreuzfahrtgäste. Das betrifft die An- und Abreise an den Terminals, die störungsfrei und effizient gelingen sollen, und wir prüfen immer auch zusätzliche Services, die wir selbst oder die unsere Partner anbieten können, sodass die Kreuzfahrt­urlaubsreise noch spannender und überraschender wird. Mit der Eröffnung unseres Cruise Center HafenCity wird es wichtig sein, unseren Gästen die einzigartige Möglichkeit zu bieten, das Überseequartier wie auch die Innenstadt bequem zu Fuß zu erreichen. Wir arbeiten mit lokalen Partnern an speziellen Angeboten, die ein individuelles Shopping-, Kultur- und Freizeiterlebnis in Hamburg bieten werden. Die Kreuzfahrt und die Angebote und das Wohlfühlen der Gäste an Bord stehen im Mittelpunkt, doch durch attraktive Terminalstandorte wie in der HafenCity wird es immer wichtiger, in Großstädten wie Hamburg mit einem Innenstadtterminal spezifische Angebote zu schaffen. Wir wollen das Kreuzfahrterlebnis Jahr für Jahr attraktiver machen. 

Wodurch? Die Individualisierbarkeit der Nutzung von Angeboten wird immer wichtiger. Unsere Gäste werden sich smart über eine App schon auf dem Schiff informieren und Erlebnisse buchen können. Mit Blick auf das Westfield Hamburg-Überseequartier planen wir zum Beispiel besondere Angebote in Zusammenarbeit mit Ankermietern wie der großen Mode- und Lifestyle-Marke Breuninger oder der weltweit erfolgreichen Lego Discovery World. Es wird Synergien für die örtlichen Anbieter wie für uns als Kreuzfahrtanbieter und unsere Gäste geben. Das bietet die Chance auf Win-win-Situationen und bietet Mehrwert für die Partner vor Ort wie auch für uns als Kreuzfahrtunternehmen.

Was zeichnet denn für Sie den Standort Hamburg für Ihre Gäste aus? Dass mindestens 80 Prozent der Kreuzfahrtreisen hier starten und auch wieder enden. Hamburg ist kein klassischer Kreuzfahrthafen, wo das Schiff morgens anlegt und abends wieder wegfährt, sondern die Gäste steigen ein und wieder aus, und viele bleiben einen oder zwei Tage vorher oder danach in der Stadt. Gerade für diese Gäste ermöglicht die Innenstadtlage des Cruise Center HafenCity künftig spannende Kooperationen. Ob man von hier aus einen Tagesausflug macht, attraktive Hotelübernachtungen oder Konzerte der Elbphilharmonie bucht oder das Miniatur Wunderland oder das neue Überseequartier besucht – die Möglichkeiten sind vielfältig. Man kann hier im Cruise Center HafenCity im höherpreisigen, attraktiven Bereich besondere Erlebnisse wahrnehmen, die es so im großen Terminal Steinwerder, wo die meisten Gäste mit dem Pkw anreisen und auch von dort wieder wegfahren, oder bei einem Terminal mittlerer Größe wie in Altona nicht gibt. Das Cruise Center HafenCity wird etwas ganz Besonderes. Wir freuen uns auf diese attraktive Terminalvariante in der Innenstadt. 

CGH-Chefin Iris Scheel über den im Bau befindlichen Cruise Center HafenCity im Überseequartier: „Der Cruise Center HafenCity wird etwas ganz Besonderes. Wir freuen uns auf diese attraktive Terminalvariante in der Innenstadt.“ © Catrin-Anja Eichinger

Sie wohnen im Süden Hamburgs. Wie finden Sie die HafenCity? Ich nehme wahr, dass die HafenCity insgesamt außerordentlich gelungen ist. Schließlich ist es eine Riesenaufgabe, einen neuen Stadtteil von null an zu entwickeln, denn man kann Stimmung und Lebensgefühl nicht verordnen, aber man kann natürlich die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich diese individuell entwickeln. Für die touristischen Spots ist das enorm erfolgreich gelungen – auch durch die Elbphilharmonie. Doch auch im Alltag, wenn wir von unserem Bürostandort am Sandtorkai in die Mittagspause gehen oder auf dem Nachhauseweg noch bei Aldi oder Edeka im Baakenhafen vorbeischauen, spürt man das ausgeprägte Wirgefühl, das die HafenCity von anderen Stadtteilen in Hamburg unterscheidet. Gerade weil ich viel mit dem Rad unterwegs bin, nehme ich das besonders wahr. Für mich ist die HafenCity für Hamburg ein großer Zugewinn. Auch wenn ich aus Hamburgs Süden über die Elbbrücken in die Stadt hineinfahre, freue ich mich über das große Städtebauprojekt, das auch international wahrgenommen wird und gut ankommt. 

Spielt die Nähe zur Shopping-, Kultur- und Entertainmentwelt des Überseequartiers für Sie als Kreuzfahrtmanagerin eine strategisch wichtige Rolle? Der Cruise Center HafenCity ist kein austauschbarer Baustein. Wir brauchen für unsere Wachstumsbranche Kreuzfahrt wachsende Terminalkapazitäten. Und zwar nicht einfach mehr im Mengensinne. Die besondere Qualität und Art der eher kleineren Kreuzfahrtschiffe passt zu den zum Teil exklusiven Angeboten auch im Überseequartier. Das ist weltweit eine einzigartige attraktive Innenstadtlage, die es fußläufig so an keinem anderen Liegeplatz gibt. Das ist hier in der HafenCity eine besondere Attraktion.

Das größte Kreuzfahrtschiff der Welt, die „Icon of the Seas“, kann 5.690 Passagiere mitnehmen, ist 67 Meter breit und 365 Meter lang. Kennt der Kreuzfahrttourismus nur noch ein Mehr, ein Höher, Weiter, Größer? Natürlich fallen diese außerordentlichen Rekorddimensionen am stärksten ins Auge. Es gibt für diese Entertainment-Kreuzfahrten einen Markt, sonst würden nicht immer mehr solche großen Kreuzfahrtschiffe gebaut. Wir von Cruise Gate Hamburg freuen uns darüber, dass auch der individualisierte Kreuzfahrtmarkt ständig wächst und viele Schiffsneubauten im mittleren und kleinen Segment in Auftrag gegeben werden. Gerade die Reisen mit sogenanntem Expeditionsurlaubscharakter, der eben nicht nur höher, weiter, größer erleben will, passen zu unserem Angebots­portfolio, das wir für unterschiedlichste Kundengruppen zusammenstellen. Der Kreuzfahrtmarkt ist extrem in Bewegung. Ob man etwa mit dem luxuriösen Segelkreuzfahrtschiff „Sea Cloud“ extreme Individualität und einzigartige Erlebnisse sucht oder ob man auf einer „Icon of the Seas“ oder vergleichbar großen Schiffen maximale Urlaubsmöglichkeiten genießen möchte – für jeden Geschmack ist etwas dabei. 

Iris Scheel: „Mit unserem Kreuzfahrtbusiness erreichen wir laut Studien eine Bruttowertschöpfung für Hamburg von über 400 Millionen Euro im Jahr.“ © moka studio | URW

Früher bot sich das Kreuzfahrtschiff als Grand Hotel auf See an, heute wird im Gegensatz dazu der Massentourismus an Bord gepflegt. Was ist für Sie Kreuzfahrt heute? Kreuzfahrt ist die Möglichkeit des Erlebens von verschiedenen Destinationen, verschiedenen Eindrücken in einer kurzen Zeit verbunden mit den Annehmlichkeiten eines nicht wechselnden Hotels. Das ist die Kombination, die viele Menschen wirklich anspricht. Die Kreuzfahrt ist eine einfache Art, viel zu sehen und viel zu erleben.

Welche Rolle spielt denn das Kreuzfahrtbusiness im Vergleich zur wirtschaftlichen Marktmacht der Containerschifffahrt im Hamburger Hafen? Das Kreuzfahrtgeschäft ist für die Stadt relevant. Mit unserem Kreuzfahrtbusiness erreichen wir laut Studien eine Bruttowertschöpfung für Hamburg von über 400 Millionen Euro im Jahr. 

Erwirtschaftet Cruise Gate Hamburg eine auskömmliche Rendite? Wir sind mit der Geschäftsentwicklung absolut zufrieden. Als Dienstleister und Serviceprovider sind wir eher klein, doch mit unserem Team von 16 Mitarbeiter:innen haben wir in 2023 knapp 300 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen bewegt – und es werden immer mehr. Darauf sind wir stolz. Und deshalb freuen wir uns auch auf die Eröffnung unseres neuen Terminals in der HafenCity.

Wie schalten Sie vom Vorstandsjob ab? Machen Sie Kreuzfahrten? Mit meiner Familie kann ich supereinfach abschalten. Wenn ich nach Hause komme, beschäftige ich mich mit komplett anderen Themen und Fragestellungen. Das tut gut. Ich mache gerne Sport, bin gerne draußen und sitze auch gerne mit dem sprichwörtlich guten Buch in der Sonne. Beim Sport bin ich Generalist, laufe, schwimme und reite gerne. Am liebsten fahre ich mit dem Rad zur Arbeit, dann bekomme ich erstens viel von Hamburg mit und sehe, was sich verändert, und zweitens gelingt das Herunterkommen einfach, weil ich von den Bürothemen mühelos zur Frage komme: Was essen wir heute Abend? (lacht)

Sie haben bei der HPA als Projektmanagerin gearbeitet, haben sich hochgearbeitet und führen nun Cruise Gate Hamburg. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis? Wenn Ich habe es immer verstanden, mit Beharrlichkeit und guten neuen Ideen Mehrwert in die Organisation hineinzubringen, und Aufgaben, die mir gestellt wurden, habe ich oft überraschend gut und zur Zufriedenheit aller abgeliefert, sodass man auf mich immer gerne zurückgegriffen hat, wenn es Herausforderungen, Probleme, Fragestellungen gab, die außerhalb der Norm lagen. 

Das heißt? Wenn man nicht so ganz genau wusste, wo die Reise hingehen soll, wenn die Aufgaben Risiko und Herausforderung bedeuteten und man jemanden brauchte, der mit neuen Ideen Strukturen entwickelt, Sachen zu Ende bringt, verlässlich in der richtigen Zeit und im richtigen Budget. Das hat meine Marke intern gebildet, und es hat offenbar geholfen, dass ich die verschiedenen Positionen, die ich angeboten bekam, auch immer gut ausfüllen konnte. 

Sind Frauen mutiger als Männer? Das glaube ich nicht. Bei Frauen überrascht es oftmals leider immer noch, wenn sie es sind.

Lesen Sie noch analog, oder nutzen Sie nur Smartphone oder iPad? Ich bin eher der Fifty-fifty-Typ. Ständig versuche ich mich am papierlosen Büro, was mir weniger gut gelingt. Da erwische ich mich immer wieder dabei, etwas auszudrucken und aufzuschreiben. Bei Büchern genieße ich es sehr, das Werk in der Hand zu haben, aber eben auf Reisen auch entspannt mit einem E-Book unterwegs zu sein. Nachrichten lese ich überwiegend online.

Was machen Sie, wenn Sie mal keine Lust haben, ins Büro zu gehen? Ich gehe trotzdem.

Preußisch diszipliniert? Auch, aber nicht nur. Ich würde niemals einfach im Bett liegen bleiben. Wenn man aufstehen muss, muss man halt aufstehen. Das ist jedoch nicht nur Disziplin, sondern auch meine positive Einstellung, in den Tag zu starten. Oft gehe ich zu Veranstaltungen, auf die ich eigentlich keine Lust hatte oder von denen ich nichts wirklich erwartet habe – und dann wird es ein toller Abend oder es gibt spannende Gespräche. Ich habe gelernt, dem Tag eine Chance zu geben.  

Was ist denn für Sie Glück? Glück ist das Gefühl, über die Elbbrücken nach Hause zu fahren und in der Arbeit irgendetwas weitergedreht zu haben. Ich schätze die schöne Formulierung: „make things done“. Umsetzung, Realisierung, das beglückt mich. Das Gespräch führte Wolfgang Timpe
https://www.cruisegate-hamburg.de

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