Wahl 2025. Nach der Bundestagswahl ist vor der Bürgerschaftswahl am kommenden Sonntag, 2. März. Hamburg hat gegen den Trend gewählt und die SPD zur stärksten und die CDU zur zweitstärksten Partei gewählt. Wir haben die beiden wiedergewählten Bundestagsabgeordneten Falko Droßmann (SPD) und Christoph de Vries für Hamburg-Mitte „7 Fragen an …“ gestellt – warum sie gewonnen haben und was sie von der Bürgerschaftswahl erwarten

Hamburg ist die Millionenmetropole, die anders tickt als der Rest der Republik und, ja, auch anders als viele Großstädte in Europa. Die Elbhanseaten haben bei der Bundestagswahl die SPD mit 22,7 Prozent wieder zur stärksten Partei gewählt, vor der CDU mit 20,7 Prozent und den Grünen mit 19,3 Prozent – und die AfD erhält nur rund halb so viele Stimmen wie im Bund (10,9 %), während Die Linke ihren Stimmenanteil fast verdoppeln kann auf 14,4 Prozent. Eine vergleichbare Stimmung prognostizieren mit nur geringen Unterschieden auch fast alle Prognosen für die kommende Bürgerschaftswahl am Sonntag, 2. März. Bei den Hamburger:innen herrscht ganz offensichtlich im Unterschied zum Bund keine Wechselstimmung, auch wenn Rot und Grün mit jeweiligen Verlusten von –6,9 Prozent bei der SPD und –5,6 Prozent bei den Grünen kräftig Federn gelassen haben.

In Hamburg-Mitte hat Falko Droßmann (SPD) das Direktmandat gewonnen und ist mit 27,4 Prozent und 51.536 Stimmen als Bundestagsabgeordneter (MdB) wiedergewählt worden; Christoph de Vries (CDU) zieht mit 17 Prozent und 31.829 Stimmen über die Landesliste wieder in den Bundestag ein. Wir haben den beiden wiedergewählten Bundestagsabgeordneten für Hamburg-Mitte exklusiv für die HCZ HafenCity Zeitung „7 Fragen an …“ gestellt – warum sie unter anderem ihrer Meinung nach gewonnen haben, was für Ziele sie zeitnah umsetzen wollen, und was sie von der Bürgerschaftswahl erwarten. Lesen Sie mal:

7 Fragen an …
Falko Droßmann – wiedergewählter SPD-Bundestagsabgeordneter für Hamburg-Mitte
»Rot-Grün ist außerordentlich erfolgreich!«
1
Die SPD (16,4 %) ist nur noch 3. Kraft hinter der AfD (20,8 %). Wie bewerten Sie das historisch schlechteste SPD-Ergebnis bei Bundestagswahlen? Es gibt nichts herumzureden. Für die SPD ist dieses Ergebnis eine bittere Niederlage. Durch das Lavieren der Ampel und das Desavouieren der FDP hat sich die Aufbruchstimmung im Land ins Gegenteil verkehrt. Historisch allerdings ist eher das Erstarken der radikalen und zum Teil extremistischen AfD, vor allem in Ostdeutschland. Bei allen Sorgen, die mir dieses Ergebnis macht, bin ich ein wenig stolz, das unser Hamburg sich aufrecht dagegen gestellt hat und die SPD hier Stärkste Kraft geworden ist.
2
Was sind Ihre Erwartungen an eine sehr wahrscheinliche Große Koalition mit dem Wahlsieger CDU? Die Union hat von Beginn des Wahlkampfes auf Spaltung der Gesellschaft gesetzt und klar Politik gegen sozial schwächere Menschen angekündigt. Manche Teile ihrer politischen Forderungen waren selbst bei Adenauer schon überholt. Ich bin sehr gespannt, ob sie überhaupt kompromissfähig ist. Und: Nachdem die Union keinen realistischen Vorschlag zur Finanzierung der riesigen Aufgaben, die vor uns liegen, gemacht hat, bin ich gespannt, welchen Vorschlag sie präsentiert.
3
Wie bewerten Sie das Hamburger Ergebnis der Bundestagswahl, in dem die SPD zwar stärkste Partei bleibt, aber mit –6,9 % auch deutlich an Zustimmung verloren hat? Hamburg hat sich klar gegen den Rechtsruck im Land gestellt. Natürlich spiegelt sich aber der Bundestrend in Teilen auch in Hamburg wieder. Ja, die SPD im Bund hat durch die Ampel an Vertrauen verloren. Aber das ist jetzt Geschichte. In der heutigen weltpolitischen und wirtschaftlichen Lage müssen wir alle, Bund und Länder, konsequent nach vorne schauen. Zuviel steht auf dem Spiel.
4
Sie sind mit 27,4 Prozent deutlich vor Ihrer Konkurrentin Emilia Fester (Grüne) mit 21,5 und Ihrem Konkurrenten Christoph de Vries (CDU) mit 17,0 Prozent ins Ziel gekommen. Warum haben Sie die Direktwahl als MdB in Hamburg-Mitte mit rund 11.000 bzw. 21.000 Stimmen Vorsprung gewonnen? Ich hatte unendlich viel Unterstützung in den Stadtteilen. Unternehmen, Gastronomen, soziale Einrichtungen, Vereine und viele Ehrenamtliche haben mir zu diesem Ergebnis verholfen. Mein Angebot, weiterhin alles zu geben und gerade nicht Reich gegen Arm, Jung gegen Alt, Mit gegen Ohne Einwanderungsgeschichte auszuspielen, sondern unsere Vielfalt als Stärke zu verstehen, hat offenbar viele Menschen überzeugt.
5
Kommenden Sonntag ist Bürgerschaftswahl in Hamburg. Alle Umfragen prophezeien eine rot-grüne Mehrheit und eine deutlich gestärkte CDU. Wechselt die SPD von Grün zu Schwarz? Ernsthaft: Ich bin gerade auf dem Weg nach Berlin, um mir die Ideen der Union für unser Land anzuhören und bereite mich auf harte Verhandlungen vor. Rot-Grün in Hamburg ist ausgesprochen erfolgreich – gerade im Vergleich zu anderen Ländern. Ich hoffe, dass diese Koalition weiterhin Erfolg hat und Peter Tschentscher unser Erster Bürgermeister bleibt. Ich könnte mir allerdings eine gestärkte SPD und damit eine SPD-geführte Verkehrbehörde auch sehr gut vorstellen.
6
Was ist für Sie als wiedergewählter MdB Hamburg-Mitte im neuen Bundestag das wichtigste Ziel? Ich werde weiterhin authentisch bleiben. Aber Politik wird nicht aus Angst gemacht, sondern aus Hoffnung. Und ich werde alles dafür tun, die Hoffnung, die die Menschen in mich gesetzt haben, auch zu erfüllen. Ich habe das große Privileg, mehr als 350.000 Hamburgerinnen und Hamburger repräsentieren zu dürfen. Mein größtes Ziel ist, dies glaubhaft und mit ganzer Kraft zu tun.
7
Welches ist Ihre persönlich wichtigste Erkenntnis Ihres Bundestagswahlkampfes? Ich wurde in meiner Überzeugung bestätigt: Die Menschen wollen keine Politiker, die ihnen nur erzählen, was sie hören wollen oder was gerade en vogue ist. Es lohnt sich, seinen eigenen Überzeugungen treu zu bleiben und Haltung zu zeigen, auch in schweren Zeiten.
Interview: Wolfgang Timpe

7 Fragen an …
Christoph de Vries – wiedergewählter CDU-Bundestagsabgeordneter für Hamburg-Mitte
»Rot-Grün ist ein politisches Auslaufmodell!«
1
Die CDU (28,5 %) ist die Wahlgewinnerin und stellt mit Friedrich Merz absehbar den Bundeskanzler. Für die Regierungsbildung und das „Durchregieren“ hatte sich die CDU ein deutlich besseres Ergebnis gewünscht. Sind Sie enttäuscht? Ich bin sehr glücklich, dass die CDU der klare Wahlsieger ist und nun den Regierungsauftrag hat. Es ist ein historisches Ereignis in der bundesdeutschen Geschichte, dass eine Bundesregierung bereits nach einer Legislatur abgewählt wurde. Aber natürlich hatte ich für die Union auf ein besseres Ergebnis gehofft, also 30 Prozent plus x.
2
Was sind Ihre Erwartungen an eine sehr wahrscheinliche Große Koalition mit dem Wahlsieger CDU?
Ich setze, darauf, dass der einmalige Absturz der SPD zugleich ein Weckruf für diese traditionsreiche Partei ist. Die Parteispitze der SPD weiß auch, dass sie ihren politischen Kurs grundlegend ändern muss, wenn sie ihre ehemalige sozialdemokratische Wählerklientel wieder erreichen will. Entscheidend wird angesichts der weltpolitischen Lage, dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine und den immensen innenpolitischen Herausforderungen nun sein, dass es möglichst schnell gelingt, eine stabile und handlungsfähige Regierung zu bilden. Innerparteiliche Selbstbeschäftigung und taktische Spielchen dürfen jetzt nicht im Vordergrund stehen. Das ist eine Frage der staatspolitischen Verantwortung.
3
Wie bewerten Sie das Hamburger Ergebnis der Bundestagswahl, in dem die SPD (22,7 %) stärkste Partei bleibt und ihre CDU jedoch mit 20,7 Prozent zweitstärkste Partei vor den Grünen ist. Was muss für Sie passieren, damit es nach der Bürgerschaftswahl am kommenden Sonntag zu einer rot-schwarzen Koalition kommen kann? Als CDU haben wir in Hamburg kräftig zugelegt und wollen diesen Schwung nun mitnehmen für die Bürgerschaftswahl, um auch dort die Grünen hinter uns zu lassen. Unser Ergebnis bei der Bundestagswahl ist umso beachtlicher angesichts des erheblichen Gegenwindes durch linke Demos und eine ziemlich aggressive Stimmung, die von SPD und Grünen zeitweise noch angeheizt wurde. Ich setze am kommenden Sonntag, 2. März, auf die Wählerinnen und Wähler, die sich mehr Recht und Ordnung in unserer Stadt, ein Ende der grünen Anti-Auto-Politik und eine wirtschaftsfreundliche und wachstumsorientierten Politik wünschen. Wer einen rot-schwarzen Senat ohne die Grünen will, muss CDU wählen. Und es gilt das Gleiche wie bei der Bundestagswahl. Jede Stimme für die FDP ist eine verlorene Stimme.
4
Sie sind mit 17,0 Prozent nach Ihrem Konkurrenten Falko Droßmann (SPD) mit 27,4 Prozent und Ihrer Konkurrentin Emilia Fester (Grüne) mit 21,5 prozent nur dritter Sieger geworden und ziehen jedoch wieder in den Bundestag ein. Warum haben die beiden anderen jeweils rund 20.000 bzw. 8.000 Stimmen mehr bekommen, was hat ein besseres Ergebnis von Ihnen verhindert? Hamburg-Mitte ist noch nie ein leichtes Pflaster für die CDU gewesen. Aber ich habe bei dieser Wahl – trotz der immensen Zerstörungen und mancher Aggressionen aus dem linken Lager und dank des enormen Einsatzes unserer Mitglieder – einen Stimmenzuwachs von knapp vier Prozent gegenüber der Wahl 2021 erreicht, während meine Wettbewerber Falko Droßmann, dem ich noch am Wahlabend persönlich zum Wahlkreissieg gratuliert habe, und Emilia Fester deutlich Stimmen eingebüßt haben. Damit bin ich sehr zufrieden. Mein Dank gilt allen Wählerinnen und Wählern, die mich unterstützt haben und ganz besonders denen in der HafenCity, Altstadt und auf der Uhlenhorst, wo ich auf Platz eins bei den Erststimmen lag.
5
Kommenden Sonntag ist Bürgerschaftswahl in Hamburg. Alle Umfragen prophezeien eine rot-grüne Mehrheit und zugleich eine deutlich gestärkte CDU. Rot-Grün will jedoch weitermachen. Schmerzt ein zu erwartender Wahlerfolg ohne Regierungsbeteiligung? Wir sind hochmotiviert und optimistisch und setzen darauf, dass der Wahlsieg auf Bundesebene unsere Wählerinnen und Wähler auch bei der Bürgerschaftswahl in besonderem Maße motiviert. In jedem Fall werden wir kräftig an Zustimmung gewinnen, und wenn wir die Nase vor den Grünen haben, wird auch Peter Tschentscher ins Grübeln kommen, ob er Rot-Grün als politisches Auslaufmodell fortsetzen will. Es gibt in der Hamburg-SPD nicht wenige, die sich eine Koalition mit der CDU wünschen.
6
Was ist für Sie als wiedergewählter MdB Hamburg-Mitte im neuen Bundestag das wichtigste Ziel? Wir müssen die Migrationsfrage lösen und die illegale Migration in unser Land stoppen. Dafür werde ich als Innenpolitiker alles tun. Wenn dies nicht gelingt, droht die politische Mitte bei der nächsten Bundestagswahl zur Minderheit zu werden.
7
Welches ist Ihre persönlich wichtigste Erkenntnis Ihres Bundestagswahlkampfes? Für mich hat sich gerade in der Diskussion um die Migrationspolitik gezeigt, dass die veröffentlichte Meinung vielfach nicht der öffentlichen Meinung entspricht. Und als CDU müssen wir mit Blick auf die jüngere Generation in den sozialen Medien noch viel präsenter werden und dürfen das Feld nicht den politischen Rändern von AfD und Linkspartei überlassen.
Interview: Wolfgang Timpe