Interview. Geschäftsführer Egbert Rühl von der Hamburg Kreativ Gesellschaft über verlockende Verbindungswege zwischen City und HafenCity
Egbert Rühl ist Chef der Hamburg Kreativ Gesellschaft, einer städtischen Einrichtung zur Förderung der Hamburger Kreativwirtschaft. Sie hat ihre Büros zwar in der HafenCity, arbeitet aber ambitioniert und engagiert daran, mit kreativen Projekten die klassische Hamburger City zu beleben. Etwa unter dem Motto Frei_Fläche durch die kreative Zwischennutzung leer stehender Räume. Nicht länger zu den Leerständen in der City zählt ab sofort auch das „Thalia-Haus“, ehemals Karstadt Mönckebergstraße. Die Cells Group hat es aus der Signa-Insolvenz erlöst und wird daraus bis 2028 eine Kombination aus Gastronomie, Hotel, Entertainment, Büro, Fitness und Wohnen machen. Wir sprechen mit Egbert Rühl über kreative Verbindungswege zwischen City und HafenCity.
Foto oben: Projektmanager und Geschäftsführer Egbert Rühl über attraktivere Verbindungswege zwischen City und HafenCity: „Wir könnten die Potenziale der Kreativen aktivieren, sie sind Ideenarchitekten für solche Herausforderungen – und wir als Hamburg Kreativ Gesellschaft haben die passenden Formate, um diese Ideen umzusetzen.“ © Oliver Reetz
Herr Rühl, haben Sie den Eindruck, womöglich die Befürchtung, dass die klassische Hamburger City verödet? Stichworte: Leerstände von Geschäftsräumen, zu wenige bezahlbare Wohnungen, zu viele Baustellen. Was ist aus Ihrer Sicht die Perspektive, Daumen hoch oder runter? Daumen hoch, aber mit klaren Aufgaben für die Zukunft! Die Hamburger Innenstadt ist im Wandel – und das ist erst mal nichts Schlechtes. Sicher, Leerstände und Baustellen sind Herausforderungen, aber sie sind auch Ausdruck eines Veränderungsprozesses, der neue Möglichkeiten schafft. Die klassische Innenstadt, die nur aus Shopping und Büros besteht, hat ausgedient. Die Frage ist also nicht, ob die City verödet, sondern wie wir sie neu beleben.
Und dazu haben wir spannende Ansätze: Wir sehen, dass Kultur, Kreativität und neue Nutzungskonzepte eine entscheidende Rolle spielen. Mit unserem Programm „Frei_Fläche: Raum für kreative Zwischennutzung“ haben wir gezeigt, dass Leerstände nicht nur Problem, sondern auch Chance sein können. Künstler:innen, Kreativschaffende und Kulturprojekte bringen neue Impulse, machen Räume wieder sichtbar und lebendig. Die erste Phase dieses Experiments war ein Erfolg – jetzt geht es darum, langfristige Perspektiven zu schaffen. Wenn wir Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft fest in die Innenstadt integrieren, dann entsteht eine lebendige, vielfältige City, die mehr kann als nur Konsum und Büroalltag. Dafür braucht es Mut, Offenheit und die Bereitschaft, Stadt neu zu denken.
»Die Erdgeschosse müssen mit spannenden Angeboten bespielt werden. Hier sind die Eigentümer in der Pflicht, weil sie alle Hebel dafür in der Hand haben.«
Egbert Rühl zu Verbindungswegen
Sie selbst haben mit der Hamburg Kreativ Gesellschaft Ihren Sitz nicht in der City, sondern in der HafenCity, genauer: in der Hongkongstraße. Warum nicht in der City? Als wir 2010 unsere Büros in der Hongkongstraße bezogen, war das nahe Umfeld noch gar nicht bebaut. Es war und ist spannend, die Entwicklung eines neu entstehenden Stadtteils so hautnah mitzuerleben – und auch zu begleiten: Die Entwicklung des Oberhafen-Quartiers war beispielsweise eines unserer ersten großen Immobilienprojekte. Es war unser Einstieg in die Quartiersentwicklung und bietet uns bis heute die Möglichkeit, einen zentralen Ort für die Hamburger Kreativszene in unserer Nachbarschaft mitzugestalten.
Wenn Sie was in der City vorhaben, welchen Weg wählen Sie, um da hinzukommen? Ich gehe mal stark davon aus, Vorsicht Falle!, dass Sie nicht das Auto nehmen? Ich bevorzuge in den meisten Fällen das Fahrrad – da liegen Sie mit Ihrer Vermutung richtig. Viele unserer aktuellen Projekte befinden sich in zentraler Lage und sind mit dem Rad schnell erreichbar: die kreativen Zwischennutzungen Jupiter und Satellit in der Mönckebergstraße, das Fabric – Future Fashion Lab in der Galleria Passage, die vielen Frei_Flächen in der Hamburger City. Ich nehme dann den Weg, der mich am schnellsten zum Ziel bringt, die Domachse, aber auch die Route über die Nieder- oder Oberbaumbrücke. Aber auch wenn es mal weiter rausgeht, ist das Rad oft mein Verkehrsmittel der Wahl – einfach weil es in Hamburg meist das verlässlichste ist.
Für mich sind attraktive Verbindungswege zwischen City und HafenCity ein Gewinn für beide. Würden dadurch nicht mehr Gäste und HafenCity-Bewohner in die City wechseln und umgekehrt? Ja!
Verraten Sie uns und den Stadtplanern, wie Sie die Verbindungswege zwischen City und HafenCity durch kreative Gestaltung richtig attraktiv machen würden. Setzen Sie eher auf die Gestaltung des Weges selbst, den man zurücklegen muss, oder auf die (Neu-)Gestaltung der Gebäude am Wegesrand? Die Verbindung zwischen City und HafenCity lässt sich mit vielen Ansätzen deutlich attraktiver gestalten. Für eine attraktive Verbindung müssen vor allem die Erdgeschosse mit spannenden Angeboten bespielt werden. Hier sind die Eigentümer in der Pflicht, weil sie alle Hebel dafür in der Hand haben. Nur auf die öffentliche Hand zu schielen, hilft nicht weiter. Darüber hinaus könnten wir die Potenziale der Kreativen aktivieren, sie sind Ideenarchitekten für solche Herausforderungen – und wir als Hamburg Kreativ Gesellschaft haben die passenden Formate, um diese Ideen umzusetzen. Ein Beispiel ist unsere Arbeit für die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen: Mit den Pilotprojekten zur Belebung der Innenstadt bringen wir kreative Impulse in die City. Im Design Zentrum beschäftigen wir uns mit Social und Urban Design für funktionale, zukunftsfähige Stadtgestaltung, während im Cross Innovation Hub Kreative als Innovator:innen und Problemlöser:innen wirken. Wenden wir dieses Potenzial auf die Verbindung zwischen City und HafenCity an, geht es nicht nur um den Weg selbst, sondern auch um die Gebäude entlang der Strecke. Es braucht erlebbare, spannende Orte, die Menschen anziehen und den Weg zum Erlebnis machen. Mit kreativen Konzepten für Innen- und Außenräume können wir beide Stadtteile enger verbinden – und den Übergang zu einer Attraktion machen. Interview: Harald Nebel