»Von Bob Dylan bis Robbie Williams«

Konzert. Am 22. Oktober tritt die Organistin Anna Lapwood im Großen Saal der Elbphilharmonie auf. Sie fasziniert über eine Million Follower mit Klassik, Pop und ihrem #playlikeagirl

Normalerweise sind Orgelkonzerte in einer Kirche nicht unbedingt hip, erst recht nicht für eine jüngere Zielgruppe. Doch als die Organistin Anna Lapwood im Juli im Kölner Dom gleich zweimal nacheinander auftrat, standen die Leute Schlange. Auf der Domplatte war es rappelvoll, 13.000 Menschen wollten die Britin sehen. Obwohl jedes Fleckchen im Gotteshaus belegt war, Stehplätze eingeschlossen, mussten 5.000 Leute wieder weggeschickt werden.
Foto oben: Anna Lapwood liegt gleichauf mit Shirin David, die 1,3 Millionen Follower hat. Sie wird nicht müde, gegen Sexismus und für die Rechte der Frauen zu kämpfen. © Becca Wheeler

So beliebt sind normalerweise eher Popmusiker:innen, während es immer wieder heißt, die Klassik sei dem Untergang geweiht, sie könne die Jugend nicht mehr abholen. Was also macht Anna Lapwood besser als viele ihrer Kolleginnen und Kollegen? Heraus sticht, dass sie sich nicht allein auf das klassische Repertoire beschränkt. Auf ihrem Album „Firedove“ gibt es ein musikalisches Allerlei – von Bob Dylans „Make You Feel My Love“ über Rachel Portmans „Flight“ bis zu „Time“ aus Hans Zimmers „Inception“-Soundtrack. Ein weiterer kluger Schachzug: Die 30-Jährige hat Robbie Williams’ größten Hit „Angels“ ebenfalls für ihr Instrument neu arrangiert. Damit begeistert sie natürlich auch etliche Robbie-Fans.

Organistin Anna Lapwood im Nidarosdom, Trondheim. Sie erreicht junge Menschen, indem sie auf Klassik und Pop setzt. Mit ihrem Hashtag #playlikeagirl sorgt sie für Aufsehen. © Somdre Erikson Hensema

Ob ihre Version vielleicht zumindest in der Zugabe bei ihrem bereits ausverkauften Auftritt am 22. Oktober in der Elbphilharmonie auf dem Programm steht, wird sich zeigen. Im Mittelpunkt soll allerdings Filmmusik stehen. Zum Beispiel aus „Star Wars“, „Fluch der Karibik“ oder „Interstellar“. Dazu gesellen sich Werke von Benjamin Britten, Maurice Duruflé und anderen Komponistinnen und Komponisten. Die Musikerin ist eben bemüht, stets ein möglichst breites Publikum abzuholen.

Um dieses Ziel zu erreichen, nutzt sie äußerst geschickt die sozialen Medien. Los ging es damit, dass sie Reels von sich zu Hause an der Heimorgel online stellte, gefolgt von Übungseinheiten in der Londoner Royal Albert Hall. Als sie dort 2022 spontan den Elektromusiker Bonobo an der Orgel begleitete, ging das Video bei TikTok viral. Für Aufsehen sorgte zudem Anna Lapwoods Hashtag #playlikeagirl, „spiel wie ein Mädchen“. Die Initialzündung dafür gab ein Vorspiel, bei dem die Organistin von einem Juror aufgefordert wurde, mehr wie ein Mann zu spielen.

Heute würde das wohl niemand mehr zu ihr sagen, denn der Erfolg gibt ihr recht. Ihr Album „Firedove“ stand an der Spitze der britischen Klassik-Charts. Darüber hinaus ist sie längst ein Social-Media-Star geworden – mit enormer Reichweite. Mehr als eine Million Menschen folgen ihr bei TikTok und Instagram. Anna Lapwood liegt gleichauf mit Shirin David, die 1,3 Millionen Follower hat. Sie wird nicht müde, gegen Sexismus und für die Rechte der Frauen zu kämpfen. Zusammen mit der Society of Women Organists setzt sie sich für höhenverstellbare Orgelbänke ein. Aus einem einfachen Grund: Orgeln sind meistens für hochgewachsene Menschen gebaut. Das kann für Frauen und Mädchen manchmal ein Hindernis sein. Dagmar Leischow

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