»Aufbruch, Wachstum und eine Vision!«

Essay. Eine Kulturinsel und Olympia für Hamburg? Ob Naturkundemuseum, Digital Art Museum, Oper oder Weltsportspiele: Der HafenCity-Bewohner Rando Aust sieht viel Ermutigendes für 2026 

In Hamburg leben laut Umfrage die glücklichsten Menschen Deutschlands. Folglich kann das Jahr 2025 für Hamburg gar nicht so schlecht gewesen sein. Das Umfrageergebnis spiegelt sich auch im Ausgang der Bürgerschaftswahl wider: Der rot-grüne Senat bekam zum dritten Mal in Folge – wenn auch mit Abschlägen – eine Mehrheit. Wechselstimmung sieht anders aus. Aber glücklichen Menschen steht auch selten der Sinn nach Veränderung. 
Foto oben: HafenCity-Bewohner Rando Aust am Magdeburger Hafen: „Es gibt weiterhin viel zu tun, aber auch viel Potenzial und sogar wieder eine Vision. Hamburg darf 2026 mit Zuversicht entgegenblicken.“ © Catrin-Anja Eichinger

Der Hamburger Berlin-Export Olaf Scholz darf hingegen nicht weitermachen. Er bleibt in seinem beschaulichen Wahlkreis in Potsdam und kehrt nicht nach Hamburg zurück. Derweil sorgt hier eine seiner Hinterlassenschaften weiter für Diskussionen: Mit dem „kurzen Olaf“ soll es an den Elbbrücken nun endlich weitergehen. Ein Riese wird aus ihm aber nicht mehr. Er wird fast 50 Meter kürzer als geplant. Damit sich der Elbtowerdoch noch rechnet, soll auf der Hälfte der Fläche für rund 600 Millionen Euro das ­Naturkundemuseum einziehen, für das der Senat schon lange einen Standort sucht. 

Während Kritiker die Lösung für ein gebrochenes Steuerversprechen halten, feiert der Senat sie als finanziellen Geniestreich. Wie auch immer – die Lösung ist ein Kompromiss: Die Räume waren ursprünglich für Büros und Dienstleistungen konzipiert. Folglich muss sich das Museum mit einem teuren Mantel begnügen, der schon vor Fertigstellung einen Verschnitt darstellt. Bei Naturkundemuseen denkt man an das in New York, in dem in der Eingangshalle ein lebensgroßer Dinosaurier die Besucher begrüßt und man durch ehrwürdige Räume schreitet. Die Messlatte für ein neues, modernes Naturkundemuseum in Hamburg liegt hoch, der Anlauf ist aber wohl zu kurz.

HafenCity-Bewohner Rando Aust am Magdeburger Hafen: „Glück verleitet zur Selbstzufriedenheit und die führt meist zu Stillstand. Von daher ist es gut, dass Politiker wieder den Mut haben, groß zu denken. Hamburg braucht Aufbruch, Wachstum und eine Vision – auch wenn Schmidt Visionen für eine Krankheit hielt.“ © Catrin-Anja Eichinger

Schräg gegenüber soll auf dem Kleinen Grasbrook für ursprünglich rund 300 Millionen Euro – inzwischen sollen es noch mehr sein – das Deutsche Hafenmuseum entstehen. Aber auch dieser Standort wurde nicht nach Eignung für das zukünftige Museum ausgesucht, sondern maßgeblich für den Liegeplatz für die Viermastbark „Peking“, die mal vor dem Museum liegen soll. Dabei gibt es mit dem von Peter Tamm privat betriebenen Maritimen Museum bereits ein sehr beliebtes Schifffahrtsmuseum, das die Besucher durch die Jahrtausende der Schifffahrtsgeschichte navigiert. Ob Hamburg beide Museen braucht, werden die Besucher entscheiden.  

Am Fuße des Elbtowers eröffnet im nächsten Jahr Europas größtes Digital Art Museum von Xing-Gründer Lars Hinrichs. Die Idee stammt vom internationalen Kunstkollektiv teamLab aus Tokio, wo das Museum ein Besuchermagnet ist. Die interaktive Ausstellung ist eine Weiterentwicklung der immersiven Shows im Port de Lumieres. Jeder Besuch wird zum neuen, individuellen Erlebnis, auf das man gespannt sein darf.

Und dann ist da auch noch Kühnes Oper, die auf dem Baakenhöft entstehen soll. Der Ort war immer für einen herausragenden Bau bestimmt und mit dem gerade vorgestellten Siegerentwurf wird die Oper das auch werden: Wie in Oslo wird man sie begehen können – in Hamburg aber durch eine Parklandschaft mit 360-Grad-Blick ähnlich dem international beachteten Bunker am Millerntor. Der Ort wird so grün, wie viele gefordert haben. So herausragend der Bau sein wird, so sehr wird er sich ans Umfeld anpassen und der Saal den der jetzigen Oper überstrahlen. Noch sind die Kritiker laut, die Potenziale aber viel größer. Die Elbphilharmonie hat gezeigt, was ein Musikbau bewirken kann: Auch sie wurde lange kritisiert und ist heute nicht nur ein Besucher-Hotspot, sondern hat der gesamten Hamburger Musikszene einen Schub verliehen. Natürlich muss auch die Stadt ihren Beitrag leisten, aber der wird sich lohnen. Kühnes Geschenk kann man annehmen oder nicht. Ein Verzicht wäre aber ein Votum für Provinzialität.

Rando Aust: „Olympia ist genau das, was Hamburg jetzt braucht: Ein großes Ziel, das die Gesellschaft wieder eint und in die Zukunft führt. Das kann noch besser als die ­Kultur nur der Sport.“ © Catrin-Anja Eichinger

Ob diese Kulturleuchttürme eine Kulturinsel in der HafenCity begründen können, wird sich zeigen. Helmut Schmidt hat Hamburg 1962 als „schlafende Schöne“ beschrieben und würde es wohl heute wieder tun. Glück verleitet zur Selbstzufriedenheit und die führt meist zu Stillstand. Von daher ist es gut, dass Politiker wieder den Mut haben, groß zu denken. Hamburg braucht Aufbruch, Wachstum und eine Vision – auch wenn Schmidt Visionen für eine Krankheit hielt. 

Zu einer echten Vision taugt Olympia. Anders als 2015 steht der Kleine Grasbrook nicht mehr zur Verfügung, denn der wird bereits bebaut. Das neue Konzept sieht die Spiele maßgeschneidert in der Stadt mit kurzen Wegen und die Eröffnungsfeier auf der Binnenalster vor. Olympia ist genau das, was Hamburg jetzt braucht: Ein großes Ziel, das die Gesellschaft wieder eint und in die Zukunft führt. Das kann noch besser als die Kultur nur der Sport. 

Der Zukunftsentscheid sollte genauso motivieren, wie das überzeugende Referendum der Münchner. Beide Entscheide haben gezeigt, dass Initiatoren von Volksentscheiden sie noch gewinnen können. Der Zukunftsentscheid sollte aber zugleich auch die letzte Warnung an diejenigen sein, die nicht wählen gehen und hinterher sagen: „Wenn ich das gewusst hätte …“ Eine sportbegeisterte Stadt, in der 100.000 Menschen den Bundesligaaufstieg des HSV auf und um den Rathausmarkt feiern, ist reif für Olympia. 

Es gibt weiterhin viel zu tun, aber auch viel Potenzial und sogar wieder eine Vision. Hamburg darf 2026 mit Zuversicht entgegenblicken. Rando Aust

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Rando Aust, 54, ist Politikwissenschaftler und HafenCity-­Bewohner seit 2012.

Nachrichten von der Hamburger Stadtküste

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