»Das gewerbliche Ökosystem wandelt sich!«

Quartiers-Talk II. Die Geschäftsführerin Minou B. Tikrani von der Kommunikationsagentur Konstruktiv PR über Gewerbeinteressen und die IGH im Netzwerk HafenCity e. V. 

Ehrenamtliches Arbeiten ist wichtig – besonders in jungen, wachsenden Stadtteilen wie der HafenCity. Mit Erfolg kümmert sich das Netzwerk HafenCity e. V. um die Belange von Bewohner:innen und Gewerbe im Quartier. Minou Tikrani, Mitglied im Sprecher:innen-Team der Interessengemeinschaft Gewerbe (IGH) im Netzwerk, über Ziele und Zwecke. 
Foto oben: IGH-Sprecherin Minou Tikrani über Gewerbekommunikation in der HafenCity: „Nachholbedarf gibt es immer. Hier muss sich die IGH an die eigene Nase fassen und möchte in Zukunft besser darin werden, die Bedürfnisse der Gewerbetreibenden zu identifizieren, sie in Botschaften zu formulieren sowie die IGH-Mission und die Erfolge zu kommunizieren.“ © Foto {m}: Catrin-Anja Eichinger

Frau Tikrani, Sie sind im Nachbarschaftsverein Netzwerk HafenCity e. V. und dort in der IGH, der Interessengemeinschaft Gewerbe, organisiert. Warum? Die Anfänge der HafenCity auf dem Papier habe ich als Redakteurin beim „Hamburger Abendblatt“ erlebt. Mein Beratungsunternehmen hatte dann Anfang der 2000er-Jahre ein Büro in einem Speicherhaus am Sandtorkai. Von dort habe ich für einige Investoren in der HafenCity gearbeitet und den Stadtteil wachsen sehen. Schon damals habe ich diesen besonderen Ort geliebt. Als ich dann anfing, für das Westfield Hamburg-Überseequartier zu arbeiten, wollte ich mich auch persönlich in den Stadtteil einbringen. Ich wohne nicht in der HafenCity, sondern habe ein sehr professionelles Verhältnis zu ihr, klar, dass es mir dann auch um die Interessen der Gewerbetreibenden geht. 

Sprecher:innen-Team der IGH, der Interessengemeinschaft Gewerbe HafenCity, im ­Netzwerk HafenCity e. V.: „Wir schaffen Sichtbarkeit und tragen zur Bildung von Geschäfts­beziehungen bei.“ – Im Bild (v. l.): Thomas Lerche (Superstage), Karen Mester-Lichtsinn (Unibail-Rodamco-Westfield), Andreas Hiller (Haspa HafenCity), Minou Tikrani (Konstruktiv PR) und Bernd Mathiessen (freier Versicherungsmakler). © IGH | Netzwerk HafenCity e. V.

Sie engagieren sich ehrenamtlich für die HafenCity-Gewerbe, unter anderem im Sprecher:innen-Team der IGH. Warum brauchen die Gewerbe der HafenCity eine Interessenvertretung? Wie der ganze Stadtteil ist auch die Gewerbecommunity noch sehr jung, entwickelt und verändert sich. Vor allem durch die Eröffnung des Westfield Hamburg-Überseequartiers hat sich das gewerbliche Ökosystem drastisch gewandelt und bietet nun mehr und neue Chancen für Gewerbetreibende. So divers die Struktur der Bewohnenden in der HafenCity ist, so heterogen ist auch das Gewerbe. Wir bieten eine Plattform für den Austausch untereinander sowie mit Anwohnenden und vertreten die Interessen des HafenCity-Gewerbes auch in Gremien wie beispielsweise in der Handelskammer.

Die beiden anderen Innenstadtteile Altstadt und Neustadt haben über die Jahre gewachsene Strukturen und Interessenvertretungen. Auch wenn die HafenCity als dritter Innenstadtteil nun immer mitgedacht wird, gibt es bisher nur sehr wenige Vertreter in den relevanten Gremien, die die HafenCity auch wirklich von innen kennen. Diese Aufgabe übernimmt die IGH. Die IGH hat noch den besonderen Reiz, dass wir im Netzwerk mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der HafenCity in einem gemeinsamen Verein organisiert sind, was den Anspruch mit sich bringt, auf Augenhöhe zu kommunizieren, die unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen unter einen Hut zu bringen. Hier können potenzielle Konflikte schon in einem sehr frühen Stadium identifiziert und gemeinsam Lösungen gefunden werden. 

Wo haben denn die Gewerbe Nachholbedarf in Sachen Kommunikation? So vielseitig die Gewerbeunternehmen in der HafenCity sind, so unterschiedlich sind die Kommunikationsqualitäten, Nachholbedarf gibt es doch immer. Hier muss sich die IGH an die eigene Nase fassen und möchte in Zukunft besser darin werden, die Bedürfnisse der Gewerbetreibenden zu identifizieren, sie in Botschaften zu formulieren sowie die IGH-Mission und die Erfolge zu kommunizieren. Alle im Netzwerk und in der IGH arbeiten ehrenamtlich, und wie überall gibt es die Prioritätenfolge Familie, Hauptamt und dann erst das Ehrenamt – da bleibt manchmal einiges auf der Strecke. 

Sind die Interessen von Gewerben und Anwohner:innen in der HafenCity nicht zu unterschiedlich, hier florierendes Business, dort grüne Lebensqualität? Keiner der Gewerbetreibenden hat etwas gegen grüne Lebensqualität oder gegen Verkehrssicherheit. Die Herangehensweise wird manchmal unterschiedlich bewertet. Beispielsweise müssen und möchten die Gewerbetreibenden mit Behörden und der HafenCity Hamburg GmbH konstruktiv zusammenarbeiten. Manchmal haben wir den Eindruck, dass die Anwohnenden eher konfrontativ Lösungen suchen. Demonstrationen beispielsweise sind selbstverständlich ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie und Meinungsfreiheit, trotzdem empfinden einige Mitglieder der IGH eine Demonstration als störend für das Geschäft. Genau darin liegt das Besondere an einer Verbindung der Gewerbetreibenden und der Anwohnenden in einem Verein, dass wir die jeweiligen Meinungen und Haltungen akzeptieren müssen und auf Augenhöhe diskutieren, um zu akzeptablen Lösungen zu kommen. 

Welche Erfolge kann die IGH im Netzwerk HafenCity e. V. bislang unter Ihrer Mitverantwortung vorweisen? Die IGH stellt mehr als ein Viertel der Mitglieder des Netzwerks und steuert durch seine Extrabeiträge, die von IGH-Mitgliedern erhoben werden, den größten Teil der Einnahmen des Vereins bei. Damit schaffen wir als IGH dem Verein finanziellen Handlungsspielraum für Events, wie beispielsweise das Sommerfest, Grillabende etc. Durch die Vernetzung der Gewerbetreibenden untereinander schaffen wir Sichtbarkeit und tragen zur Bildung von Geschäftsbeziehungen bei. 

Welches sind die strategischen Ziele der IGH, und was möchten Sie für die IGH gerne in 2025 erreichen? Wir möchten die Stimme der gewerblichen HafenCity werden. Es ist unsere Mission, das Gewerbe in der HafenCity zu fördern, die Rahmenbedingungen für erfolgreiches Handeln zu schaffen sowie die Interessen von Anwohnenden und Gewerbetreibenden zu verknüpfen. Die HafenCity soll ein lebendiger, bunter, diverser, prosperierender Stadtteil werden, der Kultur und Gewerbe, Wohnen und Inspiration miteinander verbindet. 

Mit Ihrer Agentur Konstruktiv PR arbeiten Sie unter anderem als sogenannte Akzeptanzmanagerin für das Westfield Hamburg-Überseequartier und kümmern sich um die Beziehungen zur Nachbarschaft im Stadtteil. Warum braucht das kommerzielle Überseequartier eine Akzeptanz-Managerin? Das Westfield Hamburg-Überseequartier ist ein Stadtteil im Stadtteil. Mit fast 600 Wohnungen, Büros mit 4.000 Arbeitsplätzen, Kultur- und Freizeitangeboten, mit einem starken Tourismusbezug mit dem Kreuzfahrtterminal und drei Hotels, Einkaufsmöglichkeiten von exklusiver Mode über fancy Sportwear bis zum Bedarf des täglichen Lebens ist das Quartier ein tragender Baustein in der HafenCity, der die westliche mit der östlichen HafenCity verbindet und die Alster mit der traditionellen Innenstadt mit dem neuen urbanen Quartier an der Elbe. Ein solch massives Vorhaben ist eine Herausforderung für die gesamte Innenstadt, alle Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort. Hier gilt es – von Anfang an –, Chancen aufzuzeigen, Gemeinsamkeiten und Lösungen zu finden und auch klar zu kommunizieren, was schlicht unmöglich ist. Es sind sehr viele Menschen betroffen und beteiligt, diese Menschen zu finden, anzusprechen, ihre Sorgen und Ängste zu verstehen, ist die Aufgabe eine Akzeptanzmanagerin. 

Die Wirtschaft und damit auch die Gewerbe der HafenCity leben in unruhigen und wirtschaftlich schwer berechenbaren Zeiten. Deutschland hat zu Ostern vom IWF-Institut für 2025 ein Nullwachstum bescheinigt bekommen. Was macht Ihnen Hoffnung? Hoffnung zu haben, fällt mir im Moment sehr schwer. Es gibt so viele Baustellen, im wahrsten Sinne des Wortes und im übertragenen Sinne, und so viele unterschiedliche Interessen, territoriale, wirtschaftliche, persönliche, individuelle, globale, dass keiner wirklich weiß, wo die Prioritäten zu setzen sind. Leider führt das dazu, so mein Eindruck, dass viele Menschen zurückwollen zu einer idealisierten Vergangenheit, zurück zu einer Zeit, in der Klimawandel und Migration angeblich keine Themen waren, in der klare Regeln und Rollenverteilungen das Leben bestimmten. Die Tendenzen zu Autokratienund zunehmender Fremdenhass machen mir große Sorgen und Angst. Ich bin sicher, wir müssen dringend etwas ändern, dabei setze ich große Hoffnungen auf junge Menschen, die sich aktiv einsetzen und Haltung zeigen. Lasst uns offen sein für neue Ideen, für Veränderungen, lasst uns Neues ausprobieren, lasst uns hinfallen und wieder aufstehen. Das Gespräch führte Wolfgang Timpe

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Minou B. Tikrani ist Geschäftsführende Gesellschafterin der Kommunikationsagentur Konstruktiv PR-Beratungsgesellschaft mbH, aktiv in den Handelskammer-Ausschüssen Stadtentwicklung und Metropolregion sowie Lebenswerte Metropole und im Vorstand der Versammlung Ehrbarer Kaufleute zu Hamburg e. V. (VEEK). Die Diplom-Architektin ist Mitglied in der IGH, der Interessengemeinschaft Gewerbe in der HafenCity, im Netzwerk HafenCity e. V., dort im Sprecher:innen-Team der IGH engagiert und im Vorstand des Vereins.

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