Vorschau. Die Ausstellung „See und Hafen“ der vier Fotografen Hampel, Hettchen, Stempels und Wigger wird mit Beginn des Elbjazz-Festivals ab dem 3. Juni in der Hauptkirche St. Katharinen zu sehen sein
Eindrucksvolle Großformate in einem eindrucksvollen Gehäuse, der Blick geht nach oben: Fotos auf großen Planen werden ab 3. Juni im Gewölbe und an den Wänden von St. Katharinen gezeigt. In der Ausstellung „See und Hafen“ werden Fotos von Schiffen und der Schifffahrt von vier Fotografen aus den vergangenen vier Jahrzehnten zu sehen sein. Das Thema ist in einer Hafenstadt wie Hamburg nicht ungewöhnlich, selten jedoch wurden durch den großen zeitlichen Bogen, die ästhetische Qualität der Arbeiten und die unterschiedlichen Herangehensweisen der Fotografen so viele Aspekte zwischen künstlerischen, stadthistorischen und wirtschaftsgeschichtlichen Betrachtungsmöglichkeiten abgebildet. Die Fotos bieten schon durch die Art und Zeit ihrer Entstehung einen Abstand, mit dem sich größere Geschichten erzählen lassen.
Foto oben: Die Ausstellung „See und Hafen“ ab 3. Juni in der Hauptkirche St. Katharinen. © Heinz-Joachim Hettchen
Da ist die Geschichte Hamburgs und des Hafens, der Schiff-fahrt und des Warenumschlags als kaufmännischer und historischer Mythos, als ökonomische Selbstverständlichkeit und als ewiges Abwägen von Gefahr und Geschäft. Diese Bilder sind aus der Sicht der Fotografen das Best-of, die Motive, die ihnen künstlerisch interessant erschienen und die sie deshalb aufbewahrt und über die Zeiten gebracht haben. Sichtbar wird das flüchtige, naturgemäß effizienzgetriebene Wesen der Schifffahrt und des Hamburger Hafens. Der hat in derselben Zeitspanne nicht nur den Bedeutungswandel von der dreckigen Industrie zum touristischen Highlight, sondern auch vom Stückgut- zum Containerhafen vollzogen und muss sich gerade wieder aufs Neue erfinden.
Die Ausstellung über Schiffe und Schifffahrt findet nicht umsonst in einem Kirchenschiff statt. St. Katharinen ist dem Handel und Wandel der Hansestadt eng verbunden: Für die Speicherstadt wurden Teile des alten Kirchspiels mit Lagerhäusern überbaut, die jetzt zum Welterbe der UNESCO und zum Stadtteil HafenCity gehören. Die Bombardements des Zweiten Weltkriegs haben von dem Gebäude kaum mehr als die Mauern übrig gelassen, und dennoch steht St. Katharinen heute so anmutig und schön im Hamburger Stadtbild, als wäre es nie anders gewesen. Generationen zwischen Gotik, Renaissance, Barock und Gegenwart haben das Gotteshaus immer wieder neu geprägt, interpretiert und in ihrer Zeit verortet.
In dieser Kirche des alten Hamburger Hafenviertels und der Seefahrer ist die Ausstellung „See und Hafen“ auf ideale Weise aufgehoben. Die Konzeption respektiert den Raum und seinen Rhythmus, die Fensteröffnungen und Mauerbögen. So können die Foto-tableaus als Erweiterungen der Fenster zusätzliche Perspektiven bieten. Die Blickachsen in der Kirche laden zum Rundgang und zur Betrachtung der Bilderfolgen und des Kirchenraumes ein.
Die Arbeiten von Thomas Hampel, Heinz-Joachim Hettchen, Manfred Stempels und Manfred Wigger zeigen trotz ihrer jeweils sichtbar eigenständigen Auffassung in der Zusammenschau den Lebenszyklus eines Schiffes von seiner Entstehung und nötigenfalls Reparatur auf der Werft über den Einsatz für den Transport von Waren oder Menschen bis hin zur mit der Zeit fortschreitenden Nutzlosigkeit, dem Abwracken, Verrotten und Verschwinden. Das Bilderspektrum reicht von den technischen und ökonomischen Voraussetzungen der Seefahrt bis zu ihren pittoresken Relikten.
Wir sehen Schiffe im Dock und die Werft als den Ort, an dem sie aus der Taufe gehoben und an dem die Schrammen und Beulen repariert werden, die die Fahrten auf den Weltmeeren hinterlassen. Containerschiffe in aller Welt, in fernen Häfen und exotischer Umgebung unterwegs, bedienen im „Round-the-World-Service“ die Taktvorgaben der internationalen Arbeitsteilung. Fährschiffe verbinden Länder und Menschen, sind seit der Antike Symbole für die unsichere Reise durchs Leben und verflüchtigen sich in der Weite des Meeres zu Schemen. Alles ist in der Bewegung, die das Wasser kennzeichnet.
Schließlich Bilder der hölzernen Gerippe von Fischerbooten im bretonischen Watt. Sie werden schon lange nicht mehr gebraucht, ausgemustert wiegen sie sich in der Dünung, verschwinden langsam und werden überwuchert wie Erinnerungen. Genauso sind die alten Schuppen am Sandtorkai verschwunden und haben der HafenCity Platz gemacht. Diese Bilderwelten entwickelten sich im Laufe der Zeit, in der die befreundeten Fotografen in gegenseitiger Inspiration, Kritik und Unterstützung an den Geschichten von See und Hafen und damit an ihren Erinnerungsorten gefeilt haben. Andy Lindemann
INFO
Die Ausstellung „See und Hafen“ wird zum Elbjazz-Festival ab dem 3. Juni 2022 in der Hauptkirche St. Katharinen zu sehen und dann für zwei Monate durchgängig frei zugänglich sein.
Die Künstler
Die vier Fotografen Thomas Hampel, Heinz-Joachim Hettchen, Manfred Stempels und Manfred Wigger sind seit Jahrzehnten mit dem Quartier verbunden. Und sie haben sich, oft gemeinsam und manchmal auf eigenen Pfaden, immer über die Profession hinaus engagiert und vielfach leidenschaftlich ihr eigenes Bild von der Stadt, der Schifffahrt, dem Hafen und den Menschen darin gemacht.
Kontakt
Elbe&Flut, Am Sandtorkai 1, 20457 Hamburg, Tel. 040/30 39 30 39, Mail: post@euf.de,
Web: see-und-hafen.de, Instagram: @see_und_hafen