Quartierstalk I. Die Netzwerkerin Brigitte Allkemper, Geschäftsführerin City Management, über die Zukunft von City und HafenCity – und Kunst
Wenn es sie nicht seit fast zwei Jahrzehnten geben würde, müsste man sie erfinden: Brigitte Allkemper, quirlige und umtriebige Managerin der Innenstadt Hamburgs – und neben den Businesspflichten auch leidenschaftlicher Fan von Kunst und Kultur. Im Herbst 2025 wird sich „Mrs. Innenstadt“ als langjährige Geschäftsführerin des City Management Hamburg mit Sitz in der Handelskammer verabschieden, um sich stärker der Familie zu widmen und nach einem lustvollen Kürzertreten mögliche neue Herausforderungen zu suchen. Nach den Lockdowns der Coronakrise und den existenziellen Krisen des stationären Handels in deutschen Innenstädten hat Allkemper mit den Hauptakteuren der City-Szene – Grundeigentümern, Investoren und Unternehmer:innen sowie der Stadt – Wichtiges auf den Weg gebracht: die Umgestaltung der Innenstadt zu mehr Aufenthaltsqualität mit neu gestalteten Quartieren und Kulturattraktionen sowie auch die aktuelle „Titanic“-Schau (siehe Seite 12). „Kunst im öffentlichen Raum berührt Menschen“ und ist für Brigitte Allkemper ein „wertvoller Impulsgeber“ für die Lebensqualität in den Innenstädten.
Foto oben: Brigitte Allkemper. © Catrin-Anja Eichinger
Frau Allkemper, wie gefällt Ihnen die aktuelle „Titanic“-Schau, die in der EXPO-Halle auf der Großbaustelle des Ex-Commerzbank-Geländes noch bis 14. September eine immersive Schau rund um den legendären Untergang der„Titanic“ und ihren Mythos präsentiert? Die Geschichte der „Titanic“ bewegt die Menschen auch nach über einem Jahrhundert. Mit einer Bordkarte ausgestattet tauchen die Besucherinnen und Besucher in eine faszinierende Welt ein: Sie betreten als Passagiere das Schiff, erleben historische Objekte, originalgetreue Nachbauten und die dramatischen letzten Minuten des Unglücks. Die gelungene Verschmelzung von digitaler Immersion, greifbarer Historie und bewegenden menschlichen Schicksalen hat mich tief beeindruckt. Diese Ausstellung ist ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte!

Wie kam es zu der weitläufigen Kunstschau in der City? Mit COFO Entertainment verbindet uns eine erfolgreiche Zusammenarbeit, etwa bei den beiden Banksy-Ausstellungen. Als die Frage nach einem geeigneten Ort für die „Titanic“-Schau aufkam, haben wir sofort den Kontakt zum Eigentümer der Fläche im Neß hergestellt. Adam Filipiak von der Bilton Real Estate GmbH war begeistert von der Idee, die Fläche temporär für Kultur zu nutzen. So konnten wir gemeinsam diese besondere Ausstellung mitten in der City ermöglichen.
Soll die Innenstadt jetzt öfter zur Kunstmeile werden? Unbedingt! Erfolgsprojekte wie die Skulpturenausstellung „Angekommen“ 2022 mit den Gorillas von LIU Ruowang haben gezeigt: Kunst im öffentlichen Raum berührt Menschen. Die Besucherzahlen im Quartier der Ausstellung haben sich ab dem ersten Tag der Ausstellung mehr als verdoppelt. Wir müssen Orte schaffen, an denen Begegnung, Austausch und Inspiration stattfinden. Heute ist es wichtiger denn je, die Innenstadt auch kulturell zu beleben – Ausstellungen wie „Titanic“, „Banksy“ oder „Open Art“ sind dabei wertvolle Impulsgeber.
Nach dem Rathausquartier, dem Alten Wall und demnächst dem neuen Jungfernstieg macht sich auch das Nikolai-Quartier in der Hamburger Altstadt fit für neue Angebote und neue Aufenthaltsqualitäten. Was hat das Nikolaiviertel, was andere Innenstadtquartiere nicht haben? Das Nikolaiviertel ist ein echtes Juwel: kleinteilig, authentisch und vielfältig. Hier findet man individuelle Einzelhändler, charmante Gastronomie und spezialisierte Dienstleister – vom Traditionsgeschäft bis zum angesagten Fitnessstudio. Mit der „Titanic“-Ausstellung gewinnt das Quartier ein weiteres Highlight dazu, das Einheimische und Gäste gleichermaßen begeistert.
Das neue Shopping- und Erlebnis-Zentrum Westfield Hamburg-Überseequartier hat eröffnet. Wie ist Ihr erster Eindruck von der neuen Kleinstadt im Stadtteil HafenCity? Es ist wie erwartet städtebaulich ein sehr attraktives Quartier geworden. Besonders beeindrucken mich das lichtdurchflutete Glasdach mit seinen Säulen, die abwechslungsreiche Gastronomie, die Erlebnisflächen wie Kinopolis und Port des Lumières sowie die direkte Lage an der Elbe. Unsere Herausforderung wird nun sein, diese neue Attraktion organisch mit der Kern-City zu verbinden, damit eine starke, lebendige Mitte Hamburgs entsteht.
Laut Masterplan der Stadt Hamburg sollen die Innenstadt und die HafenCity die neue Mitte Hamburgs zwischen Binnenalster und Elbe bilden. Die Einzelhändler der City sind dagegen skeptisch und befürchten Umsatzeinbußen. Teilen Sie diese Sorgen? Ich verstehe die Sorgen der Händler sehr gut. In Zeiten sinkender Konsumneigung und starker Online-Konkurrenz ist jede neue Verkaufsfläche eine Herausforderung. Aber wir sollten auch die Chance sehen: Das Westfield Hamburg-Überseequartier wird zusätzliche Besucher nach Hamburg ziehen und damit die Attraktivität Hamburgs und der gesamten Innenstadt steigern. Wichtig ist, dass wir die Verbindungsachsen – wie die Domachse – endlich konsequent stärken.

Die klassische Innenstadt ist unter Druck, es gibt auch Leerstände. Das Überseequartier hat in den ersten 14 Tagen eine Million Besucher:innen gehabt. Was sind für Sie die drei wichtigsten Maßnahmen, damit die City konkurrenzfähig bleiben kann? Erstens: Wir müssen weiterhin auch für den Individualverkehr gut erreichbar sein. Hierzu sind ein abgestimmtes Baustellenmanagement und Standards für die Gestaltung von Baumaßnahmen wichtig.
Zweitens: Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit. Sicherheit und ein gepflegtes Erscheinungsbild des Stadtraumes sind Grundvoraussetzungen dafür, dass sich alle Menschen in der City wohlfühlen.
Drittens: Attraktive Aufenthaltsqualität. Einheitliche Standards für Außengastronomie und Baumaßnahmen, kreative Veranstaltungen und attraktive Erlebnisräume machen die City lebendig und einzigartig.
Den fußläufigen Verbindungen zwischen der City und der HafenCity – etwa der Domachse vom Rathausmarkt über den Hammaburg-Platz und der Brandstwiete zum Überseeboulevard in der HafenCity – fehlt die Attraktivität. Was muss Ihrer Meinung nach da kurzfristig passieren, damit die Menschen in der HafenCity Lust haben, in die City zu gehen – und umgekehrt? Langfristig muss die Achse zwischen Rathausmarkt und Überseeboulevard, die sogenannte Domachse, als Erlebnisstrecke entwickelt werden – mit kulturellen Highlights und Aufenthaltsorten entlang des Weges.
Sie sind seit fast 20 Jahren Geschäftsführerin des City Management Hamburg, gelten als Mrs. Innenstadt und suchen ab August persönlich neue Herausforderungen. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz der Innenstadt aus? Besonders stolz bin ich darauf, dass das Netzwerk City Management sich zu einem noch bedeutsameren Akteur im Innenstadtgeschehen entwickelt hat. Die Zahl der Mitgliedsunternehmen in unserem nach wie vor privatwirtschaftlich finanzierten Verbund konnten wir seit 2006 mehr als verdoppeln und auch während der Zeit der Pandemie stabil halten.
Unsere Veranstaltungen werden jährlich von mehr als einer Million Besuchenden jeden Alters frequentiert: Inzwischen weisen über 250 Projekte – von der international beachteten Skulpturenausstellung sowie Lichtinstallationen über die verkaufsoffenen Sonntage und das Binnenalster Filmfest bis hin zu den traditionsreichen Märchenschiffen – aus, wie vielfältig, innovativ und nachhaltig erfolgreich unser gemeinschaftliches Engagement im City Management ist. Mein Amt als City-Managerin habe ich dabei nie nur als Beruf, sondern vielmehr als fachliche und menschliche Berufung empfunden.
Ich danke allen für das Vertrauen, die konstruktive Zusammenarbeit und die vielen bereichernden Erlebnisse, die ich in dieser Zeit sammeln durfte. Die Hamburger City wird für mich immer ein besonderer Ort bleiben in einer Stadt, die ich mit Leidenschaft und Hingabe unterstützt habe und die mir weiterhin sehr am Herzen liegen wird.
Was passiert mit Ihnen, wenn der Terminkalender ab August nicht mehr 24/6 durchgetaktet ist? Darauf bin ich auch gespannt.
Nach dem Ende meiner Tätigkeit werde ich mir zunächst eine Auszeit nehmen und anschließend entscheiden, in welcher Form ich meine langjährige Expertise künftig einbringen möchte.
Was ist Ihnen für Ihr persönliches Glück wichtig? Zeit mit meinem Mann und meinen Kindern zu verbringen, steht ganz oben auf meiner Glücksliste. Dass ich jetzt in der Situation bin, dankbar auf vieles zurückzuschauen, empfinde ich als sehr großes Glück wie auch die Möglichkeit, noch einmal neue Weichen für die Zukunft stellen zu können.
Das Gespräch führte Wolfgang Timpe
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Brigitte Allkemper ist Geschäftsführerin des City Management Hamburg. Im Herbst 2025 endet ihre Lebensabschnitts-Fulltime-Tätigkeit als Innenstadt-Managerin. Nach fast 20 Jahren City Management Hamburg will sie sich neuen persönlichen Herausforderungen und verstärkt ihrer Familie widmen.