Baakenhafen. Ende Oktober feierten Investor Lars Hinrichs und seine Partner mit Gästen aus Politik und Wirtschaft das Richtfest des UBS Digital Art Museums am Amerigo-Vespucci-Platz im Elbbrückenquartier. Die Freude aller, dass es klappt, war ansteckend
Als mich meine Partnerin vor acht Jahren in Südfrankreich ins Museum, in die Fondation Maeght, entführt hat, hätte ich mir nicht denken können, dass ich acht Jahre später für die Kunst ein Museum baue, die mich damals so begeistert hat“, schwärmt Investor und Projektmanager Lars Hinrichs Ende Oktober in seiner Eröffnungsrede zum Richtfest des UBS Digital Art Museums am Amerigo-Vespucci-Platz im Baakenhafen in der HafenCity. Es war übrigens ein Decken- statt ein Richtfest, weil der Richtkranz nicht klassisch ins Dachgeschoss gezogen wurde, sondern aus den Tiefen des Untergeschosses mit seinen zwölf Meter hohen Räumen ins Parterre, wo künftig die Lobby des Museums sein wird. Lars Hinrichs wirkt ansteckend, wie alle am Projekt Beteiligten an diesem sonnigen Herbstmittag.
Foto oben: Die Besucher bewegen und beeinflussen die Kunst im UBS Digital Art Museum – hier im Raum »The Way of the Sea Crystal World«. Foto: teamLab, The Way of the Sea Crystal World © teamLab
Hinrichs, Start-up-Vorbild und Unternehmer, der mit der Gründung und dem erfolgreichen Verkauf des Business-Netzwerks Xing international Schlagzeilen produzierte, fühlt sich seinem Projekt UBS Digital Art Museum in der HafenCity besonders emotional verbunden: „Ich freue mich natürlich besonders für meine Heimatstadt, die Freie und Hansestadt Hamburg, denn das UBS Digital Art Museum, das erste digitale Kunstmuseum, wird eine Bereicherung für die HafenCity, Hamburg und Deutschland sein. So ein Museumsbesuch in Frankreich kann im Nachinein ganz schön teuer werden“, lächelt der Bauherr mit Blick auf die Südfrankreich-Anekdote. Das nimmt er offenbar gerne in Kauf, „denn in diesem Projekt steckt, mehr als in allen anderen Firmen, die ich bis jetzt gegründet habe, die meiste Leidenschaft. Ich bin sicherlich mit Herzblut, Schweiß, Geld, Angst und Zuversicht hier hineingegangen.“ Es ist diese positive Energie, die sich in den mächtigen, noch etwas unwirtlichen Rohbauräumen verströmt, denen der Innenausbau jetzt bevorsteht.
Anspruchsvoll ist einerseits das neue digitale und vor allem immersive Konzept – die Menschen beeinflussen mit ihrem Besuch der Kunsträume die Werke selber mit, durch ihr Dasein und ihre Bewegungen im Raum. Andererseits kann auch das Bauprojekt in diesen herausfordernden Bau- und Baumarktzeiten Respekt erzeugen. In nur 18 Monaten Bauzeit haben 75 Bauarbieter 8.500 Kubikmeter Beton verarbeitet, von denen über 70 Prozent klimaneutral und damit teuer und aufwendiger zu verarbeiten sind. Ferner wurden 1.300 Tonnen Stahl für 6.500 Quadratmeter sogenannte Bruttogeschossfläche verbaut. Hinrichs ist die Raumdimension der bis zu zwölf Meter hohen Räume ohne die Sicht versperrende Säulen im Zentrum wichtig. Nur so könnte die spätere digitale Bilderkunst ihtr faszinirende Wirkung entfalten. Das Museum beanspruche 58.000 Kubikmeter Raum, „das sind etwa 25 olympische Schwimmbäder“, betont Hinrichs lustvoll die Raumdimensionen der neuen Digitalkunst.
Und was elektrisiert nun so viele Partner und am Projekt Beteiligte? Was ist der große Welterfolg des Originals des Künstlerkollektivs teamLab aus Tokio? Das UBS Digital Art Museum, das bis Ende 2025 den Innenausbau vollenden und im ersten Halbjahr 2026 eröffnen will, soll das „größte Museum Europas werden, das ausschließlich der digitalen und immersiven Kunst gewidmet ist“, so das selbst gesetzte Ziel der Macher von teamLab und Lars Hinrichs.
Die Macher:innen des Künstlerkollektivs teamLab aus Tokio selbst nennen es „Kunst ohne Grenzen“ und formulieren für ihre grenzenlose Ausstellung „teamLab Borderless“ an die Besucher:innen gerichtet: „Der Raum ist die Leinwand, das Licht ist die Farbe: teamLab Borderless ist eine Welt der Kunstwerke ohne Grenzen, ein Museum ohne vorgeschriebene Pfade, das vom Kunstkollektiv teamLab geschaffen wurde. Die Kunstwerke bewegen sich aus den Räumen heraus, kommunizieren mit anderen Werken, beeinflussen sich gegenseitig und vermischen sich zuweilen – ohne Grenzen. Aus dieser Sammlung von Werken entsteht ein unendliches, zusammenhängendes Universum. Tauche mit dem ganzen Körper in die grenzenlose Kunst ein. Wandere, erforsche bewusst, entdecke und schöpfe eine neue Welt mit anderen.“
Bei Hamburgs Finanzsenator Dr. Andreas Dressel ist neben der klassischen Finanz- und Investorenbetreuung bei Leuchtturmprojekten für die Stadt ganz viel individuelle Leidenschaft im Spiel. „Ich bin doch keine Excel-Tabelle“, schmunzelt der Finanz- und Geldchef des Hamburger Senats auf Nachfrage der HafenCity Zeitung, warum er sich denn besonders für Kunst und Kultur in diesem Projekt engagiere. „Es ist ein ganz, ganz besonderes Projekt“, sagt Dressel und legt mit Blick auf das UBS Digital Art Museum und auch die beiden „Tide“-Gebäude, die über dem Museum errichtet werden, nach: „Kunst, Kultur, Wohnen und Studierendenwohnungen, das alles auf einem Fleck, und ihr“, richtet Senator Dressel das Wort empathisch an Lars Hinrichs und seine Investorenpartner und an Theresa Twachtmann von der HafenCity Hamburg GmbH, „ihr habt eben allen Krisen getrotzt. Erst war Corona, dann kamen dessen Auswirkungen und dann die des Angriffskriegs auf die Ukrain und die Krise der Bauwirtschaft mit der dramatischen Zinswende dazu. Kurz: Es hing hier, wenn wir ehrlich sind, alles am seidenen Faden, bevor es vor 18 Monaten hier wirklich losgegangen ist.“
Dressel weiter: „Dank auch noch einmal an die HafenCity Hamburg GmbH, Frau Trachtmann, dass wir uns da gemeinsam als Stadt mit Lars Hinrichs einfach eng untergehakt haben. Wir haben uns miteinander gesagt, und das ist natürlich auch noch einmal psychologisch ein wichtiger Punkt, und ich drücke das jetzt mal volkstümlich aus: ,Ein so geiles Projekt darf nicht scheitern.‘“
Nach dem positiven Redeschwung war womöglich auch der letzte Skeptiker beim sogenannten Deckenfest, das ja wie ein Richtfest vor allem für die Bauarbeiter gedacht ist, als Belohnung für die Fertigstellung des Rohbaus, von der Zukunft des UBS Digital Art Museums angesteckt. Doch Dressel, einmal im kreativen begeisternden Flow, vergisst seine Rolle als Finanzsenator der Stadt nicht. Er sieht dies Kunstprojekt von Lars Hinrichs und den „Tide“-Bau des Hamburger Projektentwicklers ECE als Blaupause gegen die allerorten ausgerufene Wirtschaftskrise und Zögerlichkeit beim Umsetzen von Bauplänen: „So ein Projekt, das man sich miteinander vornimmt, lebt auch von der gemeinsamen Zuversicht! Diese Zuversicht wünsche ich mir auch in der Immobilienwirtschaft, bei Projektentwicklern, bei finanzierenden Banken und auch bei privaten Finanzierungspartnern, die noch gerne zum Finanzieren und Zusteigen gesucht werden.“
Nicht nur das im Zweifel optimistische Naturell des Andreas Dressel, sondern auch sein pragmatischer handwerklicher Blick auf die Business- und Bauwirtschaft wünscht sich bei neuen Interessenten und Investoren „zupackenden Mut“, gerade wenn das wie in diesen Zeiten kein Selbstläufer ist: „Menschen, die sagen: ,Ich komme mit dazu und packe mit an und hake mich mit unter und gebe auch ein wenig Geld, damit das Projekt UBS Digital Art Museum weiter zum Fliegen gebracht wird.‘ Mit so einer Haltung können wir noch manche Projekte miteinander in dieser Stadt bewegen. Insofern ist hier heute ein toller Meilenstein erreicht worden.“
Das internationale Kunstkollektiv teamLab wurde 2001 in Tokio gegründet und besteht heute aus Künstler:innen, Programmier:innen, Ingenieur:innen, 3D-Computerspezialist:innen, Mathe-
matiker:innen sowie Architekt:innen. Mit seinen immersiven Installationen möchte das Kunstkollektiv „die Beziehung zwischen dem Individuum und der Welt sowie neue Formen der Wahrnehmung erforschen“, so die teamLab-Macher:innen. Es muss ja ein Geheimnis des Erfolgs geben, sorgen teamLab-Ausstellungen rund um den Erdball doch immer wieder für Besucherrekorde. Für das UBS Digital Art Museum in der HafenCity plant man mit rund 700.000 Besucher:innen pro Jahr. Das hätte ziemlichen Hype-Charakter.
Für HafenCity-Geschäftsführerin Theresa Twachtmann ist das UBS Digital Art Museum jedenfalls „ein Vorzeigeprojekt, was Timing und Zeitplanung angeht. Wir sind alle sehr glücklich, dass wir es in dem Tempo, das ursprünglich vorgesehen war, jetzt auch in die Startphase bringen können. Ich glaube an dieses Projekt, denn es wird ein wichtiger Baustein für dieses Quartier, für die Lebendigkeit, für Placemaking, den Standort und für die Steigerung des Lebenswerten der Menschen sorgen, die auch hier leben.“ Wolfgang Timpe