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Mitteilung der Hamburger Senatskanzlei zur Baugenehmigung für den Elbtower in der HafenCity: „Letzte Woche konnte die Baugenehmigung nun fertiggestellt und im Transparenzportal der Stadt Hamburg veröffentlicht werden. Die Baugenehmigung wird voraussichtlich Ende dieser Woche rechtskräftig.“ © SIGNA Real Estate
Elbtower: Frühjahrsbeben durch Baugenehmigung

Was als kleine Senatsmitteilung daherkam, Baugenehmigung für Elbtower erteilt und Ende dieser Woche rechtskräftig, hat die Hamburger Bürgerschaft, die SPD und die Opposition auf den Baum gebracht und beschert der verantwortlichen Senatorin Dorothee Stapelfeldt politischen Vollstress

HCZ-Plus: Exklusives Interview mit Dirk Kienscherf, Fraktionschef der SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft

Eine kleine Senatsmitteilung legte Anfang dieser Woche eine große Karriere hin: „Im Dezember 2020 hatte der Investor SIGNA Real Estate einen Bauantrag für den Elbtower gestellt. Seitdem hat die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen intensiv an dem Antrag gearbeitet. Letzte Woche konnte die Baugenehmigung nun fertiggestellt und im Transparenzportal der Stadt Hamburg veröffentlicht werden. Die Baugenehmigung wird voraussichtlich Ende dieser Woche rechtskräftig.“ So knapp, so folgenreich. Worin besteht die Aufregung um die Baugenehmigung für den 245 Meter hohen Leuchtturm des Investors René Benko, der rund 700 Millionen Euro am östlichen Ende der HafenCity an den Elbbrücken investiert? Dass die Entscheidung zur Baugenehmigung von der verantwortlichen Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt (SPD) und ihrer Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) an der Hamburgischen Bürgerschaft und ihrer eigenen Partei vorbei erteilt wurde.
Foto oben: Mitteilung der Hamburger Senatskanzlei zur Baugenehmigung für den Elbtower in der HafenCity: „Letzte Woche konnte die Baugenehmigung nun fertiggestellt und im Transparenzportal der Stadt Hamburg veröffentlicht werden. Die Baugenehmigung wird voraussichtlich Ende dieser Woche rechtskräftig.“ © SIGNA Real Estate

SPD-Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt wird als BSW-Behördenchefin vom SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf an Auflagen erinnert, die im Herbst bei der Grundstücksübergabe erfüllt sein müssen: „Hinsichtlich dieses großen städtebaulichen Projektes gibt es einen Beschluss der Bürgerschaft, welcher umzusetzen ist. Dies hat auch noch einmal die Stadtentwicklungsbehörde bekräftigt.“ © Überseequartier Nord
SPD-Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt wird als BSW-Behördenchefin vom SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf an Auflagen erinnert, die im Herbst bei der Grundstücksübergabe erfüllt sein müssen: „Hinsichtlich dieses großen städtebaulichen Projektes gibt es einen Beschluss der Bürgerschaft, welcher umzusetzen ist. Dies hat auch noch einmal die Stadtentwicklungsbehörde bekräftigt.“ © Überseequartier Nord

Das empört den SPD-Haushaltsausschuss-Vorsitzenden der Bürgerschaft Mathias Petersen. „Ich wusste von nichts. So ein Hintergehen habe ich noch nie erlebt“, erregte sich der Finanzchef der Bürgerschaft in der Mopo, die dann auch titelte: „Senatorin winkt Mega-Tower durch“. Und die Stadtplanungsexpertin der Oppositionspartei Die Linke in der Bürgerschaft, Heike Sudmann, fordert jetzt „ausreichende Unterstützung der Bürgerschaft zur Akteneinsicht zum Elbtower“ und sie versteht das Baugenehmigungs-Eiltempo für den Elbtower, die „erst für Sommer 2022 geplant war“ nicht und unterstellt, dass dem Investor eine „Goldene Brücke “ gebaut werden solle. Und Katarina Blume, stellvertretende Landesvorsitzende der Hamburger FDP, sagt: „Die heimliche Baugenehmigung ohne die notwendige Einbindung der Bürgerschaft ist jedoch ein Tiefpunkt des Verfahrens und schadet diesem wichtigen Bauvorhaben.“

Die Realisierung des Elbtowers kann nur nach Übergabe des Grundstücks an den Investor erfolgen. Diese Übergabe ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die von der Bürgerschaft beschlossen wurden und die natürlich einzuhalten sind. Der Beschluss der Bürgerschaft bezog sich ausdrücklich nicht auf die Baugenehmigung, sondern bewusst auf die Übergabe des Grundstücks.“
Dirk Kienscherf, Fraktionschef der SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft, im Interview mit der HafenCity Zeitung

Oberhalb des 50. Obergeschosses soll mindestens ein Aussichts- und Besuchergeschoss realisiert werden – ähnlich der öffentlich zugänglichen Fläche „Plaza“ in der Elbphilharmonie. Fertigstellung ist für 2025 geplant. © SIGNA Real Estate
Aussichtsplattform die Elbe hinunter gen Elbphilharmonie: Oberhalb des 50. Obergeschosses soll mindestens ein Aussichts- und Besuchergeschoss realisiert werden – ähnlich der öffentlich zugänglichen Fläche „Plaza“ in der Elbphilharmonie. Fertigstellung ist für 2025 geplant. © SIGNA Real Estate
Stadtplanungsexpertin und Oppositionspolitikerin Heike Sudmann, Die Linke: „Wer hat die Baugenehmigung so schnell durchgedrückt?“ © Privat
Stadtplanungsexpertin und Oppositionspolitikerin Heike Sudmann, Die Linke: „Wer hat die Baugenehmigung so schnell durchgedrückt?“ © Privat

Für Blume wird der Elbtower „ein neues architektonisches Wahrzeichen. Der Elbtower wird zur Attraktivität Hamburgs beitragen und ein bauliches Highlight für die Weiterentwicklung der HafenCity und für den Sprung über die Elbe schaffen“. Und der Projektentwickler Signa Real Estate des Investors René Benko (u.a. Inhaber Alsterhaus und Galeria Hamburg Mönckebergstraße) freut sich über das Bau-Go der Senatorin. Timo Herzberg, CEO von Signa Real Estate applaudiert auf dem Netzwerkportal LinkedIn: „Meilenstein für den Elbtower. Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg hat uns die Gesamtbaugenehmigung für den Elbtower erteilt. Damit liegen nun alle planungsrechtlichen Genehmigungen vor und der Baustart kann nach Fertigstellung der Baugrube und der Grundstücksübergabe durch die Verkäuferin Ende 2022 erfolgen.“ Vorher will jetzt Elbtower-Kritikerin Sudmann mit der geforderten Akteneinsicht u.a. drei Fragen beantwortet haben: „Weshalb hat der Senat den von Rot-Grün geforderten Nachweis einer mindestens 30-prozentigen Vorvermietungsquote einfach durch einen Banknachweis ersetzt?“ Und: „Weshalb wurde im Februar 2022 die Frist für die Vorlage des Finanzierungsnachweises von vier Wochen nach Baugenehmigung auf September 2022 verlängert?“ Wie auch: „Wer hat die Baugenehmigung so schnell durchgedrückt?“

Die HafenCity Zeitung hat Dirk Kienscherf, SPD-Fraktionschef der Hamburgischen Bürgerschaft, exklusiv „5 Fragen an …“ zum Frühjahrsbeben durch Baugenehmigung zum Elbtower gestellt. Zur Baugenehmigung durch die BSW am Parlament vorbei sagt er: „Die Baugenehmigung ist in diesem Fall schon vor Unterzeichnung und Zusendung im Transparenzportal veröffentlicht worden. Das ist aus Transparenzgründen sicherlich spannend, allerdings höchst ungewöhnlich und hat daher den normalen Informationsfluss beeinträchtigt. Dies ist aber eine Ausnahme hinsichtlich der Informationspolitik der Stadtentwicklungsbehörde.“ Das ist parteiintern für die SPD-Senatorin eine diplomatische Backpfeife. Die Senatorin spricht laut Insidern aus der Behörde angeblich von einem „bedauerlichen Missverständnis“ – dass jedoch könnte nur sie selbst der Öffentlichkeit erklären. Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher war offensichtlich „underinformed“. Man darf gespannt sein, welche Blüten die am Gesetzgeber vorbei durchgewunkene Baugenehmigung für den Elbtower noch treibt. Wolfgang Timpe

Dirk Kienscherf, Fraktionschef der SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Der Elbtower ist ein markanter und von Anfang an skizzierter hoher Abschlusspunkt der HafenCity. Dass dieser nicht bei allen Menschen in der Stadt auf Akzeptanz stößt, kann ich verstehen.“ ©  Privat
Dirk Kienscherf, Fraktionschef der SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Der Elbtower ist ein markanter und von Anfang an skizzierter hoher Abschlusspunkt der HafenCity. Dass dieser nicht bei allen Menschen in der Stadt auf Akzeptanz stößt, kann ich verstehen.“ © Privat

5 Fragen an … Dirk Kienscherf

Der Fraktionschef der SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft exklusiv über den Elbtower, die Informationspolitik und die Vorfahrt des Parlaments

1. Herr Kienschierf, in einer aktuellen Senatsmitteilung heißt es: „Im Dezember 2020 hatte der Investor SIGNA Real Estate einen Bauantrag für den Elbtower gestellt. … Letzte Woche konnte die Baugenehmigung nun fertiggestellt und im Transparenzportal der Stadt Hamburg veröffentlicht werden. Die Baugenehmigung wird voraussichtlich Ende dieser Woche rechtskräftig.“ Das Echo ist erdbebenartig. Opposition, aber auch SPD-Politiker wie der Haushaltsausschussvorsitzende der Bürgerschaft, Mathias Petersen, noch offenbar die SPD-Fraktion mit Ihnen als Fraktionschef wurden informiert und sind brüskiert. Was sagen Sie als SPD-Fraktionschef dazu? Die Baugenehmigung ist in diesem Fall schon vor Unterzeichnung und Zusendung im Transparenzportal veröffentlicht worden. Das ist aus Transparenzgründen sicherlich spannend, allerdings höchst ungewöhnlich und hat daher den normalen Informationsfluss beeinträchtigt. Dies ist aber eine Ausnahme hinsichtlich der Informationspolitik der Stadtentwicklungsbehörde.

2. Die Behörde für Stadtplanung und Wohnen (BSW) von der zuständigen Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt sagt nun, dass es nur um die Baugenehmigung für das Grundstück ginge und nicht um die Genehmigung für den Elbtower. Stimmt das und ist das nicht Haarspalterei? Nein, das ist keine Haarspalterei. Die Realisierung des Elbtowers kann nur nach Übergabe des Grundstücks an den Investor erfolgen. Diese Übergabe ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die von der Bürgerschaft beschlossen wurden und die natürlich einzuhalten sind. Der Beschluss der Bürgerschaft bezog sich ausdrücklich nicht auf die Baugenehmigung, sondern bewusst auf die Übergabe des Grundstücks.

3.Sind die Bürgerschaft und Sie als SPD–Fraktionschef nur noch ein demokratisches Feigenblatt für Investorenwünsche, die die Stadtplanungsbehörde BSW am Parlament vorbei entscheidet? Nein, ganz im Gegenteil: Hinsichtlich dieses großen städtebaulichen Projektes gibt es einen Beschluss der Bürgerschaft, welcher umzusetzen ist. Dies hat auch noch einmal die Stadtentwicklungsbehörde bekräftigt.

4. Der 245 Meter hohe Elbtower am Stadteingang und Abschluss der HafenCity polarisiert die Politik wie auch die Hamburger Öffentlichkeit von Beginn an. Kann aus dem Elbtower-Projekt noch ein Phoenix werden, der aus der Asche hervorsteigt wie die Elbphilharmonie? Festzustellen ist, dass der Elbtower im Vergleich zu vielen anderen Projekten nicht zu einer großen Polarisierung der Stadtgesellschaft geführt hat. Bedenken wurden ernst genommen. Fragen der Verschattung und stadtklimatische Auswirkungen wurden geprüft. Es kann ein Erfolgsprojekt werden – an einem Ort, den vor zehn Jahren kaum ein Mensch in Hamburg im Fokus hatte.

5. Wie finden Sie persönlich den Elbtower: stilvolles Architektur-Ausrufezeichen an den Elbbrücken oder machomäßige Machtdemonstration in der Stadtsilhouette aus Hamburger Kirchtürmen? Der Elbtower ist ein markanter und von Anfang an skizzierter hoher Abschlusspunkt der HafenCity. Dass dieser nicht bei allen Menschen in der Stadt auf Akzeptanz stößt, kann ich verstehen. Die Fragen stellte Wolfgang Timpe

INFO Elbtower

Geplant ist ein ca. 245 Meter hohes Gebäude mit gemischter Nutzung (Hotelbetrieb, Büros, museale Nutzung, Gastronomie, Einzelhandel und Tiefgarage). Oberhalb des 50. Obergeschosses soll mindestens ein Aussichts- und Besuchergeschoss realisiert werden – ähnlich der öffentlich zugänglichen Fläche „Plaza“ in der Elbphilharmonie. Fertigstellung ist für 2025 geplant.

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