Im Elbbrückenquartier entsteht mit den drei Moringa-Wohnhäusern und ihrem „Cradle to Cradle“-Prinzip ein Prototyp für echtes nachhaltiges Bauen in Hamburg
Wussten Sie schon, dass die Bau- und Immobilienwirtschaft 53 Prozent des weltweiten Abfalls produziert und bis zu 50 Prozent der Rohstoffe dieser Erde verbraucht? Ist Ihnen bewusst, dass die Baubranche 33 Prozent aller weltweiten CO2-Emissionen verursacht? In diesem Licht erscheinen die als CO2-Emissionsmonster verrufenen Autos oder Flugzeuge als eher kleinere Sünderlein im Klimarettungspaket. Für Vanja Schneider, Geschäftsführer des Projektentwicklers Moringa GmbH, folgt aus diesen Fakten vor allem „Verantwortung“ für einen „echten grünen, nachhaltigen Kreislauf“, der künftig bei Gebäuden „keine Abbruchkosten“ mehr verursachen soll, weil möglichst alle „Abbruchteile eines Gebäudes wiederverwendet“ werden sollten. Der nachhaltige Fachbegriff dafür: „Cradle to Cradle“, von der „Wiege zur Wiege“, eine gesunde Zirkulation. Er soll beim Bauen zukünftig mehr und mehr an Bedeutung gewinnen.
Foto oben: Nachhaltige Wohntürme am Baakenhafen im Elbbrückenquartier – HafenCity-Hamburg-Chef Prof. Jürgen Bruns-Berentelg: „Die HafenCity und insbesondere das Quartier Elbbrücken hat sich zu einem großen Zukunftslabor für nachhaltiges Bauen entwickelt. Das Wohnhochhaus der Moringa GmbH by Landmarken AG zeigt, dass wir auf der Ebene einzelner großer, urbaner Gebäude viel dazu beitragen können, Stadt nachhaltig zu denken und zu bauen.“ © Moringa GmbH by Landmarken AG
33 Prozent aller weltweiten CO2-Emissionen verursacht die Baubranche.
Schneiders inhabergeführtes Unternehmen Moringa – benannt nach der gleichnamigen asiatischen Pflanze, die witterungsbeständig und nährstoffreich ist – versteht den von ihm auf dem Baufeld 105 im Baakenhafen zu erbauenden deutschlandweit ersten komplett recycelbaren Wohnhochhauskomplex aus drei Gebäuden als „heilbringende Pflanze“. Moringa eben. „Das“, so Unternehmenschef Schneider, „ist unser Versprechen an Hamburg: Wir entwickeln das gesündeste Haus der Stadt!“ Na, endlich mal hoch gesteckte Ziele in der Stadtplanung und Baukultur von Hamburg für ein besseres urbanes Wohnen in der realistisch nahen Zukunft. Der Bauantrag ist gestellt. Im Spätsommer 2024 soll das Gebäude übergeben werden.
Für Oberbaudirektor Franz-Josef Höing ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Bauen der Zukunft: „Endlich kommt das Thema Cradle-to-Cradle in Gang und das gleich mit überzeugender Architektur am Baakenhafen. Man sieht den Häusern an, dass sie anders gedacht und geplant sind. Diese neue ökologische Rationalität kann zu anderen architektonischen Gesichtern führen. Das finde ich mehr als erfreulich.“ Erfreulich ist auch, dass der Wohnhauskomplex nicht nur grüner wird als andere, sondern auch einen Beitrag zur Entspannung auf dem Mietwohnungsmarkt in Hamburg leisten wird: Als reines Mietwohngebäude mit variablen Grundrissen und einem Drittel geförderten Wohnungen wendet sich der Neubau an unterschiedliche soziale Schichten.
Nach aktueller Planung sollen etwa 190 Wohneinheiten mit einer Gesamtwohnfläche von rund 11.900 Quadratmeter entstehen. Darunter gemeinschaftlich nutzbare Aufenthaltsräume, Küchen und Terrassen. Im Unter- und Erdgeschoss ist eine Kita mit Außenbereich vorgesehen. Darüber hinaus sind Co-Working-Spaces geplant, denen per App buchbare Multifunktionsräume zugeschaltet werden können. Weitere Flächen sind für Gastronomie und Handel vorgesehen. Eine Tiefgarage bietet Platz für über 400 Fahrrad- und rund 50 Auto-Stellplätze (viele mit Elektro-Ladeinfrastruktur), von denen 30 Prozent für Car-Sharing vorbehalten sind. Für Prof. Jürgen Bruns-Berentelg, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH, ist Moringa „beinahe“ schon mehr als Cradle-to-Cradle. „Es zeigt, dass wir auf der Ebene einzelner großer, urbaner Gebäude viel dazu beitragen können, Stadt nachhaltig zu denken und zu bauen.“ Die HafenCity und insbesondere das Quartier Elbbrücken habe sich „zu einem großen Zukunftslabor für nachhaltiges Bauen entwickelt“.
Es entstehen 190 Wohneinheiten mit einer Gesamtwohnfläche von rund 11.900 Quadratmetern.
Moringa will Maßstäbe setzen, indem überall, wo möglich, recycelbare und gesunde Materialien sortenrein trennbar, rückbaubar und wiederverwertbar verwendet werden. Statt am Ende Müll und Entsorgungskosten zu produzieren, würden ein wirtschaftlicher Mehrwert geschaffen und Ressourcen geschont, so die Bauherren. Mit begrünten Flächen am und auf dem Gebäude will Moringa Erholungsort für Bewohner und Besucher sein und die Luftqualität und Biodiversität in der gesamten HafenCity verbessern. Es entstehe horizontal und vertikal mehr Grünfläche als überbaut werde, heißt es. Die Fassade könne so als „Grüne Lunge“ des Quartiers wirken. Sie übernimmt kühlende und luftreinigende Funktionen und erzeugt Sauerstoff. Moringa besteht aus einem Ensemble von drei Bauteilen, die sich um einen grünen Innenhof gruppieren.
Für Vanja Schneider vereint Moringa, was eine heilbringende Pflanze verspricht: „Hamburg ist attraktiv und steht gerade deshalb vor den typischen Herausforderungen einer Weltstadt: steigende Mietpreise, schlechte Luftqualität, hoher Flächenverbrauch. All dem setzt Moringa eine Alternative entgegen: Als grüne Oase reinigt das Gebäude die Luft, bietet bezahlbaren Wohnraum und jede Menge Grünflächen.“ Wolfgang Timpe