Klimaqualitäten: Die Nachbarschaftsintiative Netzwerk HafenCity e.V. kritisiert die mangelnde Dialogbereitschaft der Stadt für die neue Nutzung des Baufelds 74 – des ehemaligen Gruner + Jahr-Grundstücks am Lohsepark
Etwa 50 Erwachsene und ebenso viele Kinder versammelten sich am 19. September vor dem Baufeld 74 im Lohsepark, um für eine grüne Nutzung des Geländes zu demonstrieren. Aufgerufen hatte das Netzwerk HafenCity e.V. mit Marianne Wellershoff, die im Namen des Netzwerkes als 2. Vorsitzende die Anwesenden begrüßte. „Wir haben erfahren, dass nach der Absage des Verlags Gruner + Jahr, der das Gelände ursprünglich bebauen wollte, kein anderer Investor gefunden wurde“, erklärte Wellershoff. „Damit bietet sich die einmalige Chance, dieses Grundstück, das nun in den Händen der Stadt verbleibt, sinnvoll zu gestalten.“
Foto oben: Marianne Wellershoff vom Netzwerk HafenCity e. V., rechts. Im Hintergrund Liedermacherin Feli Rockt und Arne Platzbecker (SPD) auf dem Baufeld 74 in der HafenCity am 19. September 2021. © Matthias Schinck
Welche Maßnahmen die Initiative für sinnvoll erachtet, erläuterte Wellershoff: „Gerade die Innenstadt braucht bei der zunehmenden Erwärmung grüne Inseln mit Bäumen, die für Abkühlung sorgen und das Wasser bei Starkregen aufnehmen. Das sei wichtiger für Hamburg, als auf den freien Baufeldern bislang geplante Büros zu bauen.“ Journalistin Wellershoff vom „Spiegel“, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich im Netzwerk engagiert, findet es bedauerlich, dass die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Dorothee Stapelfeld (SPD), einen Dialog mit dem Netzwerk ablehnte. „Wir fordern die Politik und die Behörden auf, die Planungen zu überdenken“, sagte Wellershoff.
In einem Grußwort von Pastor Frank Engelbrecht von der Hauptkirche St. Katharinen, der wegen eines Altstadtküstenfestes nicht persönlich vor Ort sein konnte, hieß es: „Jetzt ist der Moment, eine Vision für diesen Ort im Blick nach vorn zu entwickeln, die sich nicht von den vorhandenen Bebauungsplänen, den so genannten B-Pläne leiten lässt.“ Pastor Engelbrecht macht konkrete Vorschläge: „Auf den 14.000 Quadratmetern könnten Urban Gardening und Urban Farming Platz finden, vielleicht ein Bauspielplatz, natürlich der Bike-Track. Oder ein Quartierstreff, da die Quartiershäuser erstmal auf unbekannte Zeit verschoben worden sind.“ Das Grußwort des Pastors las Schauspieler und HafenCity-Bewohner Martin May, der hinter den Vorschlägen des Netzwerks steht.
Unterstützung und Beistand bekam die Demonstration vom Naturschutzbund Hamburg (NABU) und umbesonderen von der NABU Baumschutzgruppe und der NABU Stadtteilgruppe Mitte. Gabriele König und Andrea Haas vom NABU Hamburg klärten die Versammelten über den Nutzen einer Bepflanzung mit Bäumen auf und veranschaulichten, wie wichtig angelegte Parks für ein verbessertes Stadtklima sind. „Wir sollten darauf achten, dass wir, wenn wir hier Bäume pflanzen, einheimische Sorten verwenden“, sagte König.
Zwischen den Redebeiträgen sang die Liedermacherin Feli Rockt und begleitete sich selbst mit Akkordeon oder Gitarre. Während Feli sang, pflanzten Kinder aus der Nachbarschaft einige Bäume auf dem Baufeld, die der Verein Citizens Forest spendete. Der gemeinnützige Verein aus Bönningstedt setzt sich dafür ein, nicht genutzte Flächen mit heimischen Baumarten zu bepflanzen.
Unter den Zuschauern der Kundgebung waren auch Vertreter aus der Politik. Der Bürgerschaftsabgeordnete Arne Platzbecker von der SPD sprach auf Nachfrage der HafenCity Zeitung, ob er einer erneuten B-Plan-Änderung und erneuten Nutzungsprüfung für das Gruner + Jahr-Gelände zustimmen würde, Klartext: „Eindeutig: Ja!“, so Platzbecker und gab sich zugleich bei den Chancen, es auch umzusetzen, eher skeptisch: „Der Wunsch, einen weiteren Park einzurichten, ist den anderen Stadtteilen schwer zu verkaufen.“ Platzbecker möchte keine Neiddebatte und verweist darauf, dass die HafenCity jetzt schon zehnmal mehr Geld für Grünflächen und Grünflächen-Pflege ausgibt als andere Stadtteile. Hamburg-Mitte-Kümmerer Arne Platzbecker wiederholte seinen Wunsch, den er im Interview mit der HafenCity Zeitung schon im April geäußert hat. „Da die HafenCity extrem durchgeplant ist, leidet sie darunter, dass ihr subversive Orte wie auf dem St. Pauli-Kiez, im Schanzenviertel oder in St. -Georg fehlen.“ Matthias Schinck