Exklusivgespräch. Wir sprechen mit Dennis Thering, Vorsitzender der CDU Hamburg und CDU-Oppositionschef in der Bürgerschaft, über rot-grüne Senatsroutine, den Elbtower, den Verkehrs- und Baustellen-Ärger sowie die neue Kühne-Oper auf dem Baakenhöft
Was treibt eigentlich diesen Mann an? Da gewinnt Dennis Thering, der Spitzenkandidat der CDU, zu Beginn des Jahres bei der Bürgerschaftswahl kräftig hinzu und könnte mit einer satten Mehrheit mit der SPD regieren. Doch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher entscheidet sich für eine dritte Amtszeit mit den Grünen. Und? Schiebt der Mann jetzt Frust? Nein, lesen Sie mal, was den Dauerangreifer motiviert.
Foto oben: CDU-Fraktionschef Dennis Thering über die Nichtbeteiligung am Senat: „Peter Tschentscher und die SPD haben sich leider für ein ,Weiter so‘ mit den Grünen entschieden. Wir nehmen jetzt die Oppositionsrolle deutlich gestärkt an und gehen voll motiviert in diese neue Legislaturperiode.“ © Catrin-Anja Eichinger
Herr Thering, seit knapp einem halben Jahr sind Sie erneut Oppositionsführer in der Hamburgischen Bürgerschaft. Ist Opposition „Mist“, wie es Ex-SPD-Chef Franz Müntefering einmal formulierte? Nein, überhaupt nicht. Und gerade in dieser erneuten Senatskonstellation von SPD und Grünen, von der kaum neue Impulse und neue Ideen kommen, ist es wichtig, eine schlagkräftige Opposition zu haben. Und die Hamburgerinnen und Hamburger, auch hier in der HafenCity, haben uns mit einem starken Mandat ausgestattet. Wir gehen jetzt die Arbeit mit vollem Optimismus sowie viel Engagement und Lust an.
Gab es keine emotionale Delle, nachdem es mit Ihnen von der SPD aus keine Koalitionsverhandlungen gab? Noch mal nein. Wir freuen uns immer noch über das Wahlergebnis für die CDU Hamburg und darüber, dass die Hamburgerinnen und Hamburger uns ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Natürlich hätten wir als CDU Hamburg und ich persönlich gerne einen neuen Aufbruch für unsere Stadt gestaltet. SPD und Grüne haben bei der Bürgerschaftswahl deutliche Verluste hinnehmen müssen. Trotzdem haben Peter Tschentscher und die SPD sich leider für ein „Weiter so“ mit den Grünen entschieden. Wir nehmen jetzt die Oppositionsrolle deutlich gestärkt an und gehen voll motiviert in diese neue Legislaturperiode.
Machen Sie mal bitte Daumen hoch und runter fürs erste halbe Jahr: Was gelingt Rot-Grün und was nicht? Bislang gibt es keinen Grund, den Daumen für Rot-Grün nach oben zu heben, denn Peter Tschentscher und sein rot-grüner Senat sind seit der Hamburgwahl vor einem knappen halben Jahr in eine Art Tiefschlaf verfallen. Es gibt keine Initiativen, keine neuen Ideen. In der Bürgerschaft sind die Initiativen von SPD und Grünen an einer Hand abzuzählen, und ihnen ist es bislang noch nicht gelungen, überzeugende Antworten für Hamburgs Zukunft zu geben. Nichts wird richtig in Angriff genommen, dabei bleiben viele Probleme ungelöst. Es gilt abzuwarten, ob SPD und Grüne im Herbst endlich die wichtigen Themen anpacken: in der Verkehrspolitik, in der Wirtschaftspolitik sowie in der Stadtentwicklungs-, Wohnungsbau und Sicherheitspolitik.

Auf Social Media folgen Ihnen bei Facebook über 1.200 und bei Instagram 2.500 Follower. Bei Peter Tschentscher sind es über 10.800 und 29.400 Follower. Ist sein deutlicher Vorsprung Amtsbonus, oder macht er etwas besser bei den digital orientierten Zielgruppen? Amtsinhaber haben bei Wahlen in der Regel einen Amtsbonus. Doch unabhängig davon waren wir als CDU im Bürgerschaftswahlkampf natürlich im Netz und in den sozialen Medien aktiv und präsent. Wichtiger als die reine Follower-Zahl ist die tatsächlich erzielte Reichweite der Beiträge. Dazu haben wir neue Formate, Radiospots und Werbefilme produziert.
Haben Sie als Oppositionsführer eine Strategie, wie Sie als CDU die komplett digital orientierten jungen Menschen erreichen wollen? Seit fünf Jahren bin ich Fraktionsvorsitzender und im kontinuierlichen Austausch auf den verschiedensten Kanälen und Veranstaltungsformaten mit den jungen Hamburgerinnen und Hamburgern. Da sind wir inzwischen deutlich besser vernetzt in der politischen Kommunikation. Das werden wir natürlich weiter intensivieren.
Mit welchem Thema wollen Sie die jungen Menschen, wie man neudeutsch sagt, triggern? Das derzeit wichtigste Thema in unserer Stadt betrifft viele unabhängig vom Alter: zu wenig bezahlbarer Wohnraum in Hamburg. Zu oft können sich Menschen das Wohnen in Hamburg nicht mehr leisten. Dies zu ändern, ist für mich ein Herzensthema. Der rot-grüne Senat muss seine Bemühungen in der Schaffung von Wohnraum für Menschen in Ausbildung und Studium ausbauen. Wir hinken gerade im Bereich „Wohnen in der Ausbildung“ anderen deutschen Städten hinterher. Junge Menschen sollten sich nicht aufgrund von zu hohen Mietpreisen von Hamburg abwenden müssen. Das kann und darf Hamburg sich im Sinne seiner eigenen wirtschaftlichen Zukunft nicht leisten. Und wir wollen gerade auch junge Familien darin unterstützen, Eigentum zu erwerben, mit einer Absenkung der Grunderwerbsteuer und unserem Hamburg-Geld.

Ihr Kollege Dirk Kienscherf von der SPD wirft Ihnen in Dauerschleife vor, nur zu meckern und keine konkreten Vorschläge zu machen zu Konzepten und zu Finanzierungsfragen. Hat er recht? Natürlich nicht. Keine Fraktion stellt in der Bürgerschaft so viele Anträge mit sehr konkreten Vorschlägen wie die CDU. Herr Kienscherf sollte nicht davon ablenken, dass auch mit seiner zentralen SPD-Verantwortung in den vergangenen Jahren der Wohnungsbau faktisch zum Erliegen gekommen ist. Das hat zwar auch Gründe wie die deutlich gestiegenen Baukosten und hohen Zinsniveaus, die Investitionen erschwert haben. Zugleich blockiert aber der Senat mit überbordenden Verordnungen und gravierend langen Genehmigungsprozessen, sodass städtische Grundstücke nicht an Privat verkauft werden und Baugenossenschaften und andere Wohnungsbauunternehmen aktuell fast keine Wohnungen mehr bauen. Der rot-grüne Senat ruht sich auf vergangenen Erfolgen aus und macht hier einfach seine Hausaufgaben nicht. Der Wohnungsbau ist ein wichtiger Schwerpunkt unserer Oppositionsarbeit.
Sie wollen mehr „Anpacken für Hamburg“ und kritisieren, klassisch als CDU, fundamental die Verkehrs- und die Sicherheitspolitik. Was würden Sie sofort anders machen, wenn morgen Rot-Schwarz regieren würde? Zwei Dinge: Erstens würde ich Hamburg zur sichersten Großstadt Deutschlands machen. Wir sehen, dass es beinahe wöchentlich zu Messerstechereien und Schießereien im ganzen Stadtgebiet kommt. Das wollen wir mit mehr Polizeipräsenz und mehr Videoschutz an Kriminalitätsschwerpunkten und mit ganz Hamburg als eine gesamte Waffenverbotszone ändern. Kein Mensch, außer es ist beruflich zwingend, braucht in Hamburg eine Waffe. Der zweite Punkt ist die Verkehrspolitik, die alle Hamburgerinnen und Hamburger schon seit Jahren und immer stärker aufregt. Es fallen weiter, auch wenn Peter Tschentscher das Gegenteil behauptet, tagtäglich Parkplätze für Bewohner und Gewerbetreibende weg, und die Baustellenkoordination ist eine reine Katastrophe. Infrastruktur erneuern ist gut, aber in der ausgeschilderten Umleitung fahren Sie prompt in die nächste Baustelle und auf der Umleitung der Umleitung in den Hamburger Dauerstau. Das hätte ich gerne selbst aktiv als Regierungsmitglied in die Hand genommen und geändert. Nun mache ich da als Opposition nach wie vor enormen Druck zum Besseren. Hamburg muss sicherer und mobiler werden.
VITA Dennis Thering ist Oppositionsführer der CDU Hamburg in der Bürgerschaft, hat seit März 2020 das Amt des CDU-Fraktionsführers inne und ist seit April 2023 Landesvorsitzender der Hamburger CDU. Dennis Thering ist seit 2001 CDU-Mitglied. Unter dem 41-Jährigen hatte die CDU nach der jüngsten Hamburg-Wahl vom 2. März mit 19,8 Prozent das zweitbeste Ergebnis eingefahren und wollte mit der SPD regieren. Aber nach Sondierungsgesprächen mit dem Ersten Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher und der SPD kam kein rot-schwarzes Regierungsbündnis zustande. Rot-Grün bildet seit dem 24. April 2025 den dritten Tschentscher-Senat.
Der gebürtige Hamburger aus Hummelsbüttel, der sein Abitur 2003 am Wirtschaftsgymnasium City Nord bestand, schloss nach seiner Lehre zum Bankkaufmann und vier Jahren als Haspa-Mitarbeiter 2013 seinen Bachelor of Arts in Politikwissenschaft an der Uni Hamburg ab. Von Januar 2014 bis März 2020 arbeitete er als kaufmännischer Angestellter bei einem großen Pflegeheimbetreiber. Seit 2010 gehört er für den Wahlkreis 13 Alstertal/Walddörfer der Bürgerschaft an. Er ist Mitglied in vielen (Heimat-)Vereinen seines Heimatstadtteils wie auch seines Wahlkreises und kickte u. a. beim Hummelsbüttler SV und in der B-Jugend des HSV. Dennis Thering ist verheiratet, hat eine Tochter (10 Jahre) und lebt in Hamburg-Alstertal.
Apropos Verkehr: Verkehrssenator Anjes Tjarks sagt, dass die vielen Baustellen für Investitions- und Innovationsfreude des Senats stehen. Sie sagen, dass die Baustellen den Hamburgerinnen und Hamburgern ein „Chaos“ bescheren und durch Stauzeit „Millionen-Euro-Schäden“ für die Wirtschaft und die Menschen verursachen. Aber Dauermeckern und Nichtinvestieren in die Infrastruktur löst das Problem doch auch nicht, oder? Das stimmt, doch mein „Anpacken für Hamburg“ bedeutet: Wir wollen es besser machen, andere Prioritäten setzen. Verkehr muss fließen! Als Stadt in Baustellen und Infrastruktur investieren ist positiv, aber das will gut gemanagt werden, damit Hamburg nicht zur Staufalle wird! Genau dieses dafür notwendige Baustellenmanagement gibt es allerdings bis heute nicht.
Das Netzwerk HafenCity e. V. fordert zum Beispiel Tempo 30 auf allen sogenannten Nebenstraßen für mehr Verkehrssicherheit sowie weniger Lärm und Schadstoffe in ihrem Quartier. Sind Sie dafür, und was ist Ihre Vision einer lebenswerten nachhaltigen Großstadt? Wir haben in Hamburger Stadtteilen schon über 50 Prozent Tempo-30-Straßen oder -Zonen im innerörtlichen Straßennetz. Was wir dringend brauchen, sind leistungsstarke Hauptverkehrsstraßen, damit eben zum Beispiel Schwerlastverkehre nicht durch Wohngebiete und Nebenstraßen geleitet werden. Ich bin kein Freund einer pauschalen Erweiterung von Tempo 30, sondern man muss prüfen, wo Unfallschwerpunkte sind und wo vor allem Kinder und Schülerinnen und Schüler geschützt werden müssen. Noch einmal: Pauschal Tempo 30 ist mit mir und der CDU Hamburg nicht zu machen – auch nicht in der HafenCity.
Das heißt, dass Sie die verkehrsberuhigte Versmannstraße, heute zweispurig, nach Auslaufen des Projekts in 2026 wieder vierspurig machen und zum Beispiel auch die heute vierspurige Shanghaiallee oder Sandtorpark am Überseequartier mit direkt anliegenden Wohngebäuden so bestehen lassen würden? Ich bin für Einzelfallprüfungen. Eine zwei- statt einer vierspurigen Straße darf nicht zu extremen Staubelastungen führen. Erst wenn man das ausschließen kann, ist über die Idee des Rückbaus von mehrspurigen Straßen nachzudenken.
Die jüngste Stadtklimastudie der Umweltbehörde BUKEA von 2023 hat dokumentiert, dass die HafenCity im Sommer dunkelrot leuchtet, also der mit Abstand heißeste Stadtteil Hamburgs ist – unter anderem aufgrund der vielen Wasserflächen von Elbe, Hafenbecken und Fleeten, die gegen das Kühlimage von Wasser die Tageshitze speichern und nachts als Wärme abgeben. Hand aufs Herz: Wie grün sind Sie und die CDU Hamburg? In der Sache bin ich eindeutig: Die HafenCity ist in vielen Teilen das Ergebnis verfehlter Stadtentwicklungspolitik. Wir haben dort zu wenig Grünflächen und zu wenig Bäume, die zu einer nachhaltigen Verschattung beitragen können, damit das Klima heruntergekühlt werden kann. Deshalb fordern wir seit Langem, dass die HafenCity mehr Grün- und Erholungsflächen bekommen muss. Das kann man nachholen, dafür setzen wir uns ein.
Wie soll das gehen, wenn die meisten Grundstücke schon verkauft sind und die HafenCity 2035 vollendet werden soll? Indem über jede neu von der Stadt betreute Fläche Grün mitgeplant werden muss oder bestehende Flächen zu entsiegeln sind. Wir haben da eine gemeinsame „grüne Herausforderung“ in der HafenCity vor uns, die eine gemeinsame Aufgabe von Stadt, Investoren, Eigentümern, Vermietern und auch Mietern sein sollte, damit wir in den Sommermonaten die Hitze der kontinuierlich steigenden Temperaturen herunterkühlen und das Stadtleben erträglicher für alle machen können – besonders für die älteren Menschen.
Wie jetzt, sind Sie ein Schwarz-Grüner? Nein, ich bin Realist. Bei den Grünen und der SPD sehe ich mir die Themen und Ziele genau an, und als Hamburger wie als Partei- und Fraktionsvorsitzender habe ich eine klare CDU-Idee davon, wie unser Hamburg noch lebenswerter werden kann. Und dazu zählt für mich unbedingt, dass wir bei der unter SPD und Grünen über viele Jahre negativen Baumbilanz Hamburgs und den bevorstehenden Klimaherausforderungen eindeutig mehr Bäume pflanzen und versiegelte Flächen, wo immer möglich, entsiegeln müssen. Das ist generell gut für das Klima, kühlt die Temperaturen herunter, und die Lebensqualität in Hamburg steigt.
Sie und die CDU Hamburg erklären die Stadt seit Jahren als Kriminalitäts-Hotspot, unter anderem am Hauptbahnhof, obwohl Rot-Grün mit Videoüberwachung, Bodycams und stärkerer Polizeipräsenz Erfolge erzielt. Warum die fortgesetzte Kritik? Die CDU ist die Partei der inneren Sicherheit, das liegt in unserer DNA. Und solange Hamburg nicht die sicherste Großstadt Deutschlands ist, lasse ich nicht locker. Außerdem setzt die SPD nur punktuell am Hauptbahnhof um, was wir seit Jahren für die ganze Stadt fordern. Gerne noch einmal: Polizeipräsenz und Waffenverbotszonen sowie Videobeobachtung und -schutz, wie sie zum Beispiel der Hansaplatz und der gesamte Bereich der Innenstadt dringend erfordern, möchten wir für ganz Hamburg umsetzen. Wir wollen die Stadt endlich sicherer machen.
In Hamburg sind einige Leuchtturmprojekte in der Debatte, wo Sie dem Senat zum Beispiel bei der Elbtower-Ruine ein „Desaster“ und eine „Flucht aus der Verantwortung“ diagnostizieren. Wie würden Sie tun, damit der Elbtower fertig gebaut werden kann? Der Elbtower ist ein Ausdruck gescheiterter sozialdemokratischer Stadtentwicklungspolitik unter Olaf Scholz und Peter Tschentscher.

Ist es nicht die Bauruine des inzwischen in Österreich verhafteten und mindestens zwielichtigen Investors René Benko, der viele Privatinvestoren um dreistellige Millioneninvestitionen gebracht hat? Ja, das auch. Man wusste vorher, dass man mit René Benko einen Bauherrn ausgesucht hat, der schon länger einen fragwürdigen Ruf hatte. Da hätte ich als Erster Bürgermeister dreimal überlegt, ob ich dem die wichtigsten Grundstücke der Stadt, nicht nur den Elbtower, sondern auch die Gänsemarktpassage oder das frühere Commerzbank-Grundstück, anvertraue. Jetzt haben wir mit dem unfertigen Elbtower am Stadteingang das Desaster.
Wachsen für die CDU die Investoren dafür denn auf den Bäumen? Das nicht, aber es gab damals andere Investoren, die nicht zum Zuge kamen. Doch zurückblicken hilft nicht, wir müssen in die Zukunft schauen, wie wir dieses Desaster auflösen. Wir als CDU sagen klar, dass es die Aufgabe der Stadt ist, jetzt mit dem unfertigen Elbtower umzugehen. Da muss sich Peter Tschentscher natürlich an sein Wahlversprechen halten, dass das ohne Steuergelder passiert.
Aber weder das Festgeldkonto von Ihnen noch von Herrn Tschentscher reicht dafür. Wie soll es gehen? Wir wollen ein Naturkundemuseum von Weltrang in Hamburg. Und wenn diese Investition womöglich, wie sich jüngst angedeutet hat, mit dem Fertigbauen des Elbtowers zusammengehen sollte, können wir uns das vorstellen. Das wird aktuell geprüft, jedoch kennen wir derzeit weder das Konzept noch eine seriöse Kostenkalkulation. Die ist der Senat bislang schuldig geblieben. Beim Elbtower wie beim Naturkundemuseum herrscht einfach Stillstand.
Aus Sicht der Hamburger Architektenkammer wie auch von Initiativen und Anwohnern aus dem Stadtteil HafenCity hadert man mit dem Stiftergeschenk neue Oper auf dem Baakenhöft durch Mäzen und Milliardär Klaus-Michael Kühne. Wie stehen Sie zu dem Projekt? Es ist erst einmal großartig, dass sich ein Hamburger Mäzen auf den Weg macht, der Freien und Hansestadt Hamburg ein neues Opernhaus zu schenken, und dann auch noch auf dem Filetgrundstück Baakenhöft, das von Wasser umgeben ist und nach allen Seiten hin einen offenen Blick auf den Hafen, die Elbe und die Stadt bietet. Jetzt geht es um ein vernünftiges Gesamtkonzept. Und wir erwarten vom Senat, dass er die Bürgerinnen und Bürger vor Ort mit einbindet, um deren Ideen zu kennen und womöglich mit einfließen zu lassen, denn am Ende soll es nicht nur eine Oper „für alle“ sein, sondern auch die Menschen, die direkt in der Nachbarschaft zum Baakenhöft wohnen und in der HafenCity leben, sollen sich mit dem Projekt neue Oper wohlfühlen. Ich bin erst einmal auf die Architektenarbeit der fünf ausgewählten Büros gespannt, zumal großen Wert auf die grüne Gestaltung des Freiraums um die Oper herum und die öffentliche Nutzungsqualität gelegt wurde.
Bislang haben die Opern-Partner, die Stadt und die Kühne-Stiftung, kein Interesse an einer öffentlichen Debatte über den Sinn einer neuen Oper wie auch über den möglichen Standort gezeigt. Wie bewerten Sie den bisherigen Prozess? Mir ist immer viel daran gelegen, möglichst viel Transparenz herzustellen und viele Akteure der Stadt dann auch mitzunehmen. Aber in diesem Fall muss eine Entscheidung getroffen werden, für die die Abgeordneten in der Hamburgischen Bürgerschaft gewählt worden sind. SPD und Grüne haben sich jetzt entschieden, den Standort Baakenhöft auszuwählen. Da spricht grundsätzlich nichts gegen. Jetzt geht es aber im nächsten Schritt darum, bei der Ausgestaltung auch der Nebenflächen sicherzustellen, dass viele Menschen begeistert werden können. Das ist ganz entscheidend für eine gesellschaftliche Akzeptanz.
Gehen Sie in die Oper? Nicht regelmäßig, aber ich lasse mich gern begeistern. Ich bin kulturell interessiert und werde mit Sicherheit irgendwann in Zukunft auch die neue Oper besuchen. So, wie ich auch in die Elbphilharmonie oder unsere Theater, auch in die kleineren, gehe, wenn es die Zeit zulässt.
Und wie fänden Sie die Innenstadt als Standort für eine neue Oper? Ich kann mir den Standort Baakenhöft gut vorstellen. Vor allem freue ich mich auf ein neues Opernhaus. Das kann ein neues Highlight werden. Und klar ist bei aller Überlegung, auch wenn wir über das Westfield-Shoppingcenter sprechen, dass wir die Kerninnenstadt nicht vergessen dürfen. Ich habe große Sorge, was die Entwicklung der City angeht. Wir haben eine hohe Leerstandsquote und sehen, dass wir Kaufkraftverluste auch hier in Richtung Westfield-Überseequartier haben. Wir kämpfen seit Jahren als CDU intensiv darum, dass die Kerninnenstadt mit der HafenCity noch viel enger vernetzt werden muss, sodass man in die neue Mitte Hamburgs, im besten Fall in die HafenCity und in die Innenstadt geht.
Und ein Opernstandort Innenstadt? Das wäre natürlich auch eine Möglichkeit gewesen, aber so, wie ich es wahrnehme, ist die Entscheidung dafür gefallen. Losgelöst davon muss der Senat endlich dafür sorgen, dass die Innenstadt insgesamt wieder attraktiver wird. Wir als CDU haben ein eigenes Innenstadtkonzept entwickelt, unter anderem auch mit belebten Freizeit- und Gastronomieflächen auf der Binnenalster. Es gibt viel zu tun, und darum wird sich die CDU natürlich auch weiterhin für eine attraktive Innenstadt starkmachen.
Das neue Cruise Center HafenCity hat eröffnet, das mit 94 Kreuzfahrt-Schiffsanläufen Shopping in der HafenCity und in der Innenstadt ankurbeln soll. Ist das realistisch? Ich hoffe, dass es gelingt, Kaufkraft aus anderen deutschen Städten und über den Kreuzfahrttourismus internationale Besucher für Hamburg zu gewinnen. Dann wäre das ein großer Gewinn für alle. Grundsätzlich ist es gut, dass die Kreuzfahrer nun durch das Cruise Center HafenCity unmittelbar in das Herz unserer Stadt gelangen. Die Wege werden kürzer, und der Einzelhandel profitiert von den neuen Gästen. Das kann am Ende eine Win-win-Situation sein, doch wir müssen genau darauf achten, dass die Lebensqualität in der HafenCity weiterhin hoch bleibt. Es muss es ein gutes Miteinander geben. Grundsätzlich freue ich mich über jeden Touristen. Das hilft der Stadt, der Wirtschaft und am Ende allen Hamburgerinnen und Hamburgern.
Kritiker beklagen die fehlende Attraktivität der Laufwege zwischen City und HafenCity inklusive fehlender Beschilderung. Warum tut sich die Stadt so schwer? Tja, der Bremser für Besseres sitzt seit zu vielen Jahren im Rathaus. Wir haben diese Optimierung der Wegeverbindung und bessere Beschilderung bereits in der Bürgerschaft beantragt, immer abgelehnt von SPD und Grünen.
Echt, schon wieder parteipolitisch? Leider ja. Am Ende ist doch eigentlich alles politisch. Als wir unser Innenstadtkonzept 2021 vorgestellt haben, war die deutliche Verbesserung der Verbindung und Ausschilderung zwischen Kerninnenstadt und HafenCity ein zentraler Bestandteil, die Wegeführung besser zu machen. Sie sehen also: Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Auch mir ist es ein Rätsel, warum es nicht gelingt, so banale Dinge wie eine Ausschilderung, ein Wegeleitsystem zwischen Kerninnenstadt und HafenCity zu installieren. Da muss jetzt endlich was passieren, aber dafür müssen SPD und Grüne es mit einem Zusammenwachsen von Kerninnenstadt und HafenCity ernst meinen.
Viele empfinden die ewigen Hamburg-Slogans „schönste Stadt der Welt“ und das „Tor zur Welt“ als ein müdes Signal bürgerlich-hanseatischer Selbstzufriedenheit bei steigendem Tourismus. Womit werben Sie für Hamburg? Selbstzufriedenheit ist immer ein süßes Gift, weil man aufhört, besser werden zu wollen und weil man sich auch ein Stück weit zurücklehnt. Und das ist ja auch ein Hauptkritikpunkt an Peter Tschentscher und seinem rot-grünen Senat, dass man sich mit dem Erreichten zufriedengibt und keine Ideen hat, wie unsere Stadt noch besser werden kann. Für uns ist Hamburg sicherlich eine der schönsten Städte. Aber das heißt ja nicht, dass es keine Herausforderungen mehr gibt. Eine Stadt wie Hamburg muss sich immer wieder neu erfinden. Wir tun gut daran, nicht selbstzufrieden, sondern hungrig zu sein, Hamburg jeden Tag etwas besser zu machen.
Mal angenommen, Ihre Frau und Ihre Tochter würden vorschlagen, mal woanders hinzuziehen. Wo würden Sie leben wollen, was reizt Sie? Wir drei sind hier in Hamburg geboren, und ich bin fest davon überzeugt, dass es keinen schöneren Ort als Hamburg für uns als Familie gibt. Dass Deutschland auch viele andere schöne Ecken hat, ist natürlich keine Frage.
Und ins Ausland gehen? New York, Rio, Tokio, wie es so schön heißt? Das sind sicherlich alles reizvolle Städte, doch ich lebe tatsächlich gerne in unserer Stadt. Daher ist Hamburg meine Heimat, meine Leidenschaft – und als Fraktionsvorsitzender der CDU ist es mein Anspruch, mit klarem Kurs und konkreten Ideen zur positiven Entwicklung unserer Stadt beizutragen.
Das Gespräch führte Wolfgang Timpe