»Ich habe gelernt, ich selbst zu sein!«

Interview. Die Londoner Singer-Songwriterin Lola Young wird mit Adele- und Amy-Winehouse-Vergleichen geadelt. Was sie zu sich selbst meint, fragte HCZ-Autorin Dagmar Leischow

Das Baketown liegt gut versteckt in einem Hinterhof in Berlin-Schöneberg. Hier stellte Lola Young 2023 ein paar Songs ihres Debütalbums „My Mind Wanders and Sometimes Leaves Completely“ live vor. Zwischendurch erzählte sie viel – über sich und ihre Lieder. Etwa, dass sie manchmal an einer toxischen Beziehung festgehalten habe, weil sie nicht so gut allein sein könne. Als sie mit ihrer leicht heiseren Stimme die Ballade „What Is It About Me“ sang, erinnerte sie an Adele.
Foto oben: Lola Young: Auf der einen Seite will sie einfach sie selbst sein, andererseits wird sie dauernd mit den Erwartungen anderer Menschen konfrontiert, denen sie nie gerecht wird. © Universal Music

Mit diesem Megastar verbindet die Britin tatsächlich eine ganze Menge. Wie Adele ist Lola Young in Südlondon aufgewachsen, auch sie hat die renommierte Brit School besucht. Diese sei, sagt die 24-Jährige im Interview, für junge Talente ein wunderbarer Ort: „Ich habe dort gelernt, wirklich ich selbst zu sein und mich nicht hinter irgendwelchen Klischees zu verstecken.“ 

Also noch etwas, das sie mit Adele eint, die 2006 für das Label XL von Nick Huggett unter Vertrag genommen wurde. Er managt nun Lola Young, gemeinsam mit Amy Winehouse’ ehemaligem Manager Nick Shymansky. Allein dieses Team dürfte die Weichen auf Erfolg stellen. Natürlich trägt Lola Young genauso ihren Teil zu einer strahlenden Zukunft bei. „Ich bin sehr ehrgeizig und arbeite hart“, betont sie. „Ich möchte etwas erreichen.“

Dafür verfeinert sie ihre funkelnden Pophymnen mit immer wieder unterschiedlichen Elementen. Balladen fusionieren mit Hip-Hop-Anleihen. Breakbeats erzeugen eine stärkere Dynamik. Soul und R ’n’ B führt die Musikerin, die 2024 ihren zweiten Langspieler „This Wasn’t Meant For You Anyway“ veröffentlicht hat, ebenfalls als Referenzen auf. Der Song „I Wish You Were Dead“ pendelt zwischen Pop und aggressivem Indierock, er kreist um Gewalt in einer Partnerschaft. Elektronische Beats verfeinern „Conceited“. Die Single „Messy“, ein Nummer-eins-Hit in Großbritannien, machte die Tochter einer Engländerin und eines jamaikanisch-chinesischen Vaters weltweit zum Shootingstar. Dieser Titel erzählt von Lola Youngs inneren Konflikten. Auf der einen Seite will sie einfach sie selbst sein, andererseits wird sie dauernd mit den Erwartungen anderer Menschen konfrontiert, denen sie nie gerecht wird.

Singer-Songwriterin Lola Young: „Ich bin sehr ehrgeizig und arbeite hart.“ © Universal Music

Ebenso tief geht Lola Young in „Stream of Conciousness“, einem Lied von ihrem Erstlingswerk. Die eingängige Melodie sowie der lässige Groove konterkarieren den Text, der von Selbstzweifeln und inneren Kämpfen erzählt. Er schlägt einen Bogen zu Lola Youngs mentalen Problemen, sie leidet an einer schizoaffektiven Störung. Ihr entspringen Zeilen wie „I turn the lights down, ­throw the towel in and feel pretty nothing“ oder „I act tougher than I really am“. Das Ganze eskaliert schließlich in dem Satz „I’m a fuck-up told my mother that I don’t love her when she’s all I have“. „Ich habe meiner Mutter als Mädchen tatsächlich gesagt, dass ich sie nicht liebe“, räumt Lola Young ein. „Ich war ein schwieriges Kind.“ Geschuldet war das ihrem Selbsthass: „Ich mochte mich nicht besonders.“

Halt fand sie in der Musik. Ihre Mutter animierte sie, Klavier zu spielen. Das Gitarrespielen brachte sie sich selbst bei. Mit 13 hatte sie ihren ersten Auftritt in einem Pub: „Das war furchtbar!“ Sie nahm Gesangsunterricht: „Ich habe meine Stimme trainiert, um das Bestmögliche aus ihr herauszuholen.“ Lola Young schrieb eigene Songs, das war und ist ein therapeutischer Prozess: „Wenn ich Musik mache, fühle ich mich frei. Ich kann mit meiner Kreativität spielen und meine Empfindungen ergründen.“

Bei ihrem Auftritt in der Georg Elser Halle auf dem Grünen Bunker kann sie sich wie eine Göttin auf dem Olymp fühlen. Denn man muss über eine Außentreppe zu Lola Young aufsteigen. Für Menschen mit Höhenangst ist das kein Vergnügen, andere können den Ausblick genießen und von oben ins Millerntor-Stadion schauen. Dagmar Leischow

Info Lola Young tritt Donnerstag, 5. Juni, 21.30 Uhr, in der Georg Elser Halle auf. Das Konzert ist ausverkauft. Weitere Informationen unter www.georgelserhalle.de

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