HafenCity-Kuratorin Ellen Blumenstein: „Wir wollen nicht nur bildende Kunst machen, sondern überlegen, welche Formate grundsätzlich möglich sind. Für „Botboot“ arbeiten wir zum Beispiel mit dem Game-Designer Sebastian Quack zusammen.“ © Thomas Hampel
Kampnagel 2020 – HafenCity-App „Botboot“

Mit dem interaktiven Kunst-App „Botboot“ nimmt die HafenCity am Internationalen Sommerfestival Kampnagel 2020 teil. HCZ-Autorin Dagmar Leischow fragte die HafenCity-Kuratorin Ellen Blumenstein, warum eine Spiel-App Kunst ist – und den Festivalleiter Andres Siebold nach Kunst in Corona-Zeiten

Das Projekt „Botboot“ wird Mittwoch, 19. August, 19 Uhr, auf der Waldbühne im Avant-Garten im Rahmen des Internationalen Sommerfestivals2020 auf Kampnagel präsentiert. Am 20., 21., 26, 27., 28. und 29. August, jeweils ab 10 Uhr, kann man die interaktive App in der HafenCity nutzen. „Botboot“ ist kostenlos und kann ohne Anmeldung mit dem Smarthphone unter www.botboot.de gespielt werden. Bei diesem Spiel werden große gesellschaftliche Fragen in Schiffsmetaphern ausgedrückt. Es geht um Gemeinschaftssinn, um Seefahrtsmythen. Die Handlung entfaltet sich parallel über eine interaktive Kartenansicht sowie ein Chat-Interface, über das die Spielenden Nachrichten senden und empfangen können. Das Spiel führt an besondere Orte in Hamburg, vor allem in der HafenCity.

Foto oben: HafenCity-Kuratorin Ellen Blumenstein: „Wir wollen nicht nur bildende Kunst machen, sondern überlegen, welche Formate grundsätzlich möglich sind. Für „Botboot“ arbeiten wir zum Beispiel mit dem Game-Designer Sebastian Quack zusammen.“ © Thomas Hampel

Verantwortlich für Kunst und Kultur in Hamburgs jüngstem Stadtteil ist Ellen Blumenstein. Seit 2017 ist die gebürtige Kasselerin, Jahrgang 1976, die erste Kuratorin der HafenCity. Blumenstein soll im Rahmen des Quartierprojekts „Imagine the City“ Kunst in diesem Stadtteil initiieren. Dafür kooperiert sie sowohl mit Hamburger Kunstschaffenden als auch mit internationalen Künstler*innen. Ein Berliner Kollektiv um Julius von Bismarck, Benjamin Maus und Richard Wilhelmer installierte Ende 2018 unter dem Titel „Public Face“ einen riesigen Smiley auf der Kibbelstegbrücke. 2019 kreierte der chinesisch-kanadische Künstler Terence Koh am Magdeburger Hafen seine „Bee Chapel“. Die Bienenkapelle ist mittlerweile auf das Dach des Ökumenischen Forums in der Shanghai-Allee umgezogen. In diesem Jahr stellte der Hamburger Gerrit Frohne-Brinkmann seine Skulptur „Backdrop“ – sie zeigt prähistorische Unterwasserlandschaften – in der Tiefgarage am Sandtorkai auf.

Ellen Blumenstein: „,Botboot’ will große Fragen stellen:: Wie überleben wir als Gemeinschaft nach einer Krise wie Corona? Wo finden wir Freunde, auf die wir uns verlassen können?“ © Visualisierung: Tobias Röttger
Ellen Blumenstein: „,Botboot’ will große Fragen stellen:: Wie überleben wir als Gemeinschaft nach einer Krise wie Corona? Wo finden wir Freunde, auf die wir uns verlassen können?“ © Visualisierung: Tobias Röttger

Welche Ziele haben Sie sich als Kuratorin der HafenCity gesteckt? Mit meinem Team will ich vor allem langfristige Projekte realisieren. Wenn etwas nur drei Tage oder drei Wochen passiert, hat es keine nachhaltige Wirkung für den Stadtteil. Deswegen bleibt der Smiley fast zwei Jahre, bevor er Ende September abgebaut wird. Wir wollen aber nicht nur bildende Kunst machen, sondern überlegen, welche Formate grundsätzlich möglich sind. Für „Botboot“ arbeiten wir zum Beispiel mit dem Game-Designer Sebastian Quack zusammen.

Ellen Blumenstein studierte Literatur-, Musik- und Medienwissenschaften. Sie war Mitglied des Kuratorinnen-Kollektivs The Office. 2010 gründete sie in Berlin den Salon Populaire, einen Veranstaltungsort an der Grenze zwischen künstlerischer Produktion und institutioneller Repräsentanz. Von 2013 bis 2016 war sie Chefkuratorin der KW Institute for Comtemporary Art in Berlin. Seit 2017 ist sie Kuratorin der HafenCity.

Was steckt genau hinter „Botboot“? Uns hat interessiert: Was kann darstellende Kunst unter den Vorzeichen der Digitalisierung sein? Statt in einem Theaterraum zu sitzen, macht das Publikum eine inszenierte interaktive Erfahrung im öffentlichen Raum und entdeckt die HafenCity auf eine ganz andere Art. Dabei geht es vor allem um Schiffsmetaphern, um Mythen aus der Seefahrt – sei es „Odyssee“ oder „Das Narrenschiff“ aus dem Mittelalter. Gleichzeitig werden große Fragen gestellt: Wie überleben wir als Gemeinschaft nach einer Krise wie Corona? Wo finden wir Freunde, auf die wir uns verlassen können?

An wen richten sich solche Projekte? Idealerweise sprechen sie möglichst viele Nutzergruppen gleichzeitig an und bringen sie zusammen. Die Bienenkapelle war in dieser Hinsicht extrem erfolgreich. Egal, ob Nachbarn, Touristen, Mitglieder des Freundeskreises der Kunsthalle oder Menschen, die in der HafenCity arbeiten: Alle haben vorbeigeschaut. Es hat sich herumgesprochen, dass mit Terence Koh ein international renommierter Künstler präsent war. Die Fragen stellte Dagmar Leischow

Das Internationale Sommerfestival Kampnagel 2020 findet vom 12. bis 30. August statt. Tickets: Telefonische Bestellung von Montag bis Freitag jeweils von 10:00 bis 18:00 Uhr. Und die Kampmnagel-Kasse ist während des Sommerfestivals von 12:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. T. 040-270 949-49; M.http://ickets(at)kampnagel.de – Programm: https://www.kampnagel.de/de/sommerfestival/aktuell/

Internationales Sommerfestival 2020 auf Kampnagel

4 Fragen an Festivalleiter ANDRÁS SIEBOLD
über das Internationale Sommerfestival auf Kampnagel und seine Beziehung zur HafenCity

Wie schwer ist es, während einer Pandemie das Internationale Sommerfestival zu organisieren? Sehr schwierig. Wir mussten mit der Planung dauernd von Neuem beginnen, weil uns einige Produktionen weggebrochen sind. Aufgrund von Visaregelungen oder Reiseverboten für die Künstler. Ständig standen wir vor der Frage: Bis zu welchem Punkt können wir ein Projekt weiterverfolgen? Wann müssen wir umplanen?

Festivalleiter András Siebold: „Einige Produktionen wurden vom Coronavirus beeinflusst oder beschäftigen sich direkt mit ihm.“ © Marcelo Hernandez
Kampnagel-Sommerfestival-Leiter András Siebold: „Wir haben uns immer wieder mit Ellen Blumenstein, der Kuratorin der HafenCity, ausgetauscht. Sie hatte einen Augmented-Reality-Stadtspaziergang mit dem Mobiltelefon geplant. Dafür haben wir uns nun zusammengetan.“ © Marcelo Hernandez

Trotz strikter Hygieneregeln eröffnen Sie das Festival mit Tanztheater. Wie soll das funktionieren? Die Gruppe geht vorab in Quarantäne und macht dann einen Corona-Test. So wird sichergestellt, dass wir bei Florentine Holzingers Inszenierung „Tanz“ ein infektionsfreies Ensemble auf der Bühnen haben.

Für das Onlinespiel „Botboot“ kooperieren Sie mit Kunst und Kultur HafenCity. Wir haben uns immer wieder mit Ellen Blumenstein, der Kuratorin der HafenCity, ausgetauscht. Sie hatte einen Augmented-Reality-Stadtspaziergang mit dem Mobiltelefon geplant. Dafür haben wir uns nun zusammengetan.

Haben Sie eigentlich eine persönliche Verbindung zur HafenCity? 2017 haben wir dort „Theater der Welt“ gemacht. Zur Elbphilharmonie haben wir ebenfalls einen guten Draht. Ansonsten gehe ich mit meinen Kindern gern mal zu den Kletterseilen im Lohsepark oder kaufe bei Andronaco ein.
Die Fragen stellte Dagmar Leischow

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András Siebold ist künstlerischer Leiter des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel.

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