Am „Tag des Oberhafens“ präsentiert sich das unkonventionelle Kulturquartier als spannender Action-Mix in Selbstverwaltung
Was für ein Segen! Diesmal herrscht beim Tag des Oberhafens nicht so dichtes Gedränge wie im vergangenen Jahr. Während sich die 8000 Besucher 2018 tapfer durch die Menschenmassen von einer Lagerhalle zur nächsten kämpfen mussten, schlendern die Leute nun ganz entspannt durch das Kreativquartier. Zum Beispiel zum Coworking Space FilmFabique, wo Kurzfilme und Clips seiner Community gezeigt werden. Oder zur Hanseatischen Materialverwaltung, kurz: HMV, die neben Requisiten auch Bühnenbilder in ihrem Fundus hat.
(Foto oben: Am „Tag des Oberhafens“ einen Überblick über den Oberhafen und seine baulichen Strukturen verschaffen. Netzgitter dienen als Pinnwände – alle Mieter werden vorgestellt. ©Dagmar Leischow)
Ein Paradies für Jugendlich ist Die Halle – Parkour Creation Center. Rauf auf die Hindernisse, ein Balanceakt am Geländer, ein Sprung auf eine der dicken Schaumstoffmatten: Hier kann sich der Nachwuchs richtig verausgaben. Natürlich nur unter Aufsicht. In einem Workshop lernen Kinder gerade die richtige Technik bei einem der Trainer, während es sich der Parkour-Betreiber Sebastian „Batte“ Ploog im sogenannten Wohnzimmer im ersten Stock auf einem Sofa bequem gemacht hat.
Der 33-Jährige gehört dem Verein Nutzerverwaltung Oberhafen 5plus1 e.V. an, der im Viertel eine zentrale Rolle spielt. „Auf dem Gelände gibt es etwa 40 Mieter“, erzählt er. „Die sind natürlich nicht immer einer Meinung.“ Also beschloss das Kollektiv, eine Selbstorganisation zu gründen – mit fünf gewählten Vertretern und einer Organisationsstelle. Sie repräsentieren die Nutzergemeinschaft hauptsächlich nach außen. Etwa gegenüber dem Vermieter HafenCity Hamburg GmbH: „Bei der Vergabe einer Halle haben wir ein Mitspracherecht. Uns interessieren keine etablierten Ketten, sondern soziale Projekte oder Neugründungen.“
Bei der Vergabe einer Halle haben wir ein Mitspracherecht. Uns interessieren keine etablierten Ketten, sondern soziale Projekte oder Neugründungen.“
Sebastian „Batte Ploog vom Verein Nutzerverwqaltung Oberhafen 5plus1 e.V.
Zu den weiteren Aufgaben von 5plus1 gehört die Planung des Tags des Oberhafens, in die selbstverständlich alle Mieter einbezogen werden: „Wir haben Arbeitsgemeinschaften gebildet.“ Für Ploog war es vor allem wichtig, mehr Platz für die Besucher zu schaffen. Darum stehen die meisten Essensstände oder die Hüpfburg nun auf dem Vorhof. Neben der Halle 4 wird auch die Halle 2, die einen Zugang auf der gegenüberliegenden Seite hat, für Veranstaltungen genutzt. Dorthin strömen die Besucher zum internationalen Jugend-Kulturfestival Formation**Now. Eine der Attraktion ist eine Fotobox. Jeder kann sie ausprobieren, um Polaroids zu machen, die vor einer Wand aufgehängt werden. Auf Holzkisten sind Fernseher drapiert. Wer einen Ton zum Bild haben will, muss sich Kopfhörer aufsetzen. Allerdings versteht man kaum etwas, weil der DJ seine Musik so laut gedreht hat. Das scheint aber keinen zu stören. Jugendliche chillen in einer Zelt-Röhre oder gönnen sich auf einem der Sofas eine Verschnaufpause.
Deutlich ruhiger ist es im Proberaum, einer offenen Werkstatt für Architektur. Hier kann man sich einen Überblick über den Oberhafen und seine baulichen Strukturen verschaffen. Netzgitter dienen als Pinnwände – alle Mieter werden vorgestellt. Ebenso wie 5plus1. Außerdem werden jede Menge Fotos gezeigt. Spätestens jetzt wird klar: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um Stadtflächen in der HafenCity auf eine wirklich spannende Art unkonventionell zu nutzen. Dagmar Leischow