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Dirk Kienscherf: »Mir fehlen echte Visionen!«

Interview. Warum der SPD-Fraktionschef der Bürgerschaft, Dirk Kienscherf, für die Verbindungswege zwischen City und HafenCity ein neues Denken wünscht

Wenn es Dirk Kienscherf nicht geben würde, müsste man ihn erfinden. Als ewiger SPD-Mann aus Hamm ist er erstens in rote Stadtteilwolle gewickelt und kennt sein Quartier aus dem Effeff. Zweitens hält er als SPD-Bürgerschaftsfraktionschef den Laden zusammen. Dass ihm das Image des „harten Knauserers“ vorauseilt, stört ihn nicht nur, sondern er pflegt es auch gerne, denn es sei ja immer „das Geld der Bürger:innen“. Schon klar. An seiner Stadtloyalität ist nicht zu zweifeln. 
Foto oben: Für den Shoppingcenter-Skeptiker Dirk Kienscherf kann das Überseequartier ein Erfolg werden: „Weil es den Mix in den Einzelhandelsflächen und die vielfältige Nutzung attraktiver Aufenthaltsflächen, auch draußen an der Elbe, bieten wird.“ © Catrin-Anja Eichinger

Doch wie bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde kommt der disziplinierte Hanseat immer öfter mal offensiv aus dem Fraktionschef-Sessel, geht steil und offenbart seine „dunkle“, seine inhaltliche Stadtentwicklungs- und Verkehrs-Leidenschaft: „Mir fehlen echte Visionen“, sagt der Diplom-Kaufmann zu den verpassten Ergebnissen, die klassische Innenstadt „kreativ und spektakulär“ mit der HafenCity und ihrem neuen Konsum- und Erlebnistempel Westfield Hamburg-Überseequartier zu verbinden. Sich öffentlichkeitswirksam einzumischen pflegt er immer öfter, und dass er bei nicht gelungenen Themen wie dem Elbtower als SPDler immer auch mit dabei war: Geschenkt, da steht er zu und will den Bau fertig sehen. Tja, der Mann will‘s offensiver.

Der Fraktionschef im Rathaus-Dienstbüro im vierten Stock mit Premiumblick auf Rathausmarkt/Mönckebergstraße: „Mit unseren historischen Innenstadt-Gebäuden und der Lage an Binnenalster und den Fleeten sind wir, unabhängig von den Einzelhandels-Herausforderungen, gut und einzigartig aufgestellt.“ © Catrin-Anja Eichinger

Herr Kienscherf, am 25. April wird das neue Westfield Hamburg-Überseequartier in der HafenCity eröffnen. Was erwarten Sie von der neuen Stadt im Stadtteil HafenCity? Zuallererst eine deutliche Belebung der HafenCity, besonders auch noch mal in den Abendstunden. Das Überseequartier bietet mit dem Zusammentreffen von Kultur, Gastronomie, Einzelhandel und Wohnen sowie Büro- und Hotel-Nutzung etwas Einzigartiges in Deutschland. Und es wird dazu führen, dass die HafenCity insgesamt und auch das Überseequartier Nord mit seinem Überseeboulevard deutlich beliebter werden. 

Warum glauben Sie an einen Erfolg? Weil es den Mix in den Einzelhandelsflächen und die vielfältige Nutzung attraktiver Aufenthaltsflächen im Überseequartier, auch draußen an der Elbe, bieten wird. 

Alle sind in neugieriger Erwartung, nur die Kaufleute der City sind komplett unzufrieden, da es bis heute kein bekanntes Infrastruktur-Konzept gibt, wie die täglich 45.000 Besucher:innen des neuen Premium-Erlebnistempels zwischen der City an der Binnenalster und der HafenCity hin- und herpendeln sollen. Warum sind Stadt und Senat hier nicht auf den Start des Überseequartiers im April vorbereitet? Das ist sicherlich auch der Corona-Zeit geschuldet, die finanzielle Spielräume nach wie vor einengt. Aber Sie haben nicht ganz unrecht, auch ich hätte mir persönlich mehr gewünscht. Mir fehlen echte Visionen.

An was denken Sie da? An individuelle und gerne auch spektakuläre Ideen, wie man diese beiden Quartiere Innenstadt und HafenCity, die wir als Stadt im Masterplan der City als neue, erweiterte Innenstadt bezeichnen, intelligent und attraktiv zusammenführen kann – auch städtebaulich. Gerade weil wir in der Innenstadt mit dem Einzelhandel große Herausforderungen und einen starken Strukturwandel bewältigen müssen, hätte man aus meiner Sicht früher und stärker investieren müssen. Generell sind wir mit dem neuen Innenstadtkonzept, besseren Verbindungswegen zum Kontorhausviertel und der Aufwertung von Plätzen auf einem guten Weg. Der Nachteil ist, dass das alles noch relativ lange dauern wird. 

Und wie bewerten Sie die Verbindung Dom-Achse, vom Jungfernstieg und Bergstraße über den Domplatz und Brandstwiete in die HafenCity und das Überseequartier? Das Thema ist noch nicht befriedigend gelöst. Nur durch eine Verbesserung von Gehwegen und neue Fahrradverbindungen bekommen wir diese städtebauliche Verknüpfung nicht ausreichend hin. Zugleich weiß ich, dass Senat und Fachbehörden weiterhin daran arbeiten, auch vielleicht auch eine größere Lösung zu schaffen. 

Eine Bus-Ringlinie zwischen Hotspots wie Rathausmarkt oder HafenCity schließt Frak­tionschef Kienscherf zur Eröffnung des Überseequartiers aus: „Das halte ich für unrealistisch. Für mich ist wichtig, dass wir so etwas mittelfristig ordentlich und zukunftsorientiert machen, unabhängig davon, ob nun eine Ringlinie kommt oder nicht. Solch ein innerstädtisches Transportkonzept sollte autonomes Fahren in irgendeiner Form berücksichtigen. Doch das geht nicht mal eben so, sondern kostet auch einiges.“ © Catrin-Anja Eichinger

Alles keine Lösungen für die Eröffnung des Überseequartiers im April. Eine andere Prioritätenliste hätte sicher helfen können. Alle stadtplanerischen und städtebaulichen Maßnahmen sind gut, wie zum Beispiel das neu gestaltete Rathausquartier mit seinem hochwertigeren und autoarmen Konzept. Davon unabhängig glaube ich, gerade bei der Dom-Achse, dass man stärker unkonventionelle Wege gehen und einfach auch aus Sicht von Touristen denken muss. Sie sollten von Attraktionen und etwas Einmaligem angezogen werden. Da haben wir einen plausiblen Schlussstand zurzeit noch nicht erreicht. Davon lasse ich mich auch nicht abbringen. Wir brauchen bei der Dom-Achse eine tolle Überquerung oder Untertunnelung oder was auch immer, damit Besucher:innen dort lang laufen werden. Die Verantwortlichen sind dran, aber es wird dauern.

Drei bis vier Jahre? Dann wäre ich zufrieden, eher länger. Und bei aller Kritik muss man auch festhalten, dass die Stadt in der Innenstadt viel bewegt und auf den Weg gebracht hat. Hamburg hat viel Geld investiert, um unter anderem mit Zwischennutzungen wie etwa dem kreativen „Jupiter“-Konzept im früheren Karstadt Sport-Haus Leerstände zu überbrücken und mehr Kultur in die Innenstadt zu bringen. Und eins merken Sie, wenn Sie mal in anderen Städten unterwegs sind: Mit unseren historischen Innenstadt-Gebäuden und der Lage an Binnenalster und den Fleeten sind wir, unabhängig von den Einzelhandels-Herausforderungen, gut und einzigartig aufgestellt. Es gibt ausreichend Gründe für Optimismus in der City! 

Verkehrssenator Anjes Tjarks lässt prüfen, ob die Metrobuslinie 4 von der Brandstwiete bis zum Überseequartier verlängert werden kann. Wie bewerten Sie diese Idee? Ein Busangebot alleine kann die vorher genannten Themen nicht lösen, aber es hilft möglicherweise, Menschen überirdisch ins Überseequartier beziehungsweise in die Innenstadt zu bringen.

Nicole C. Unger, wichtige Immobilienmanagerin der klassischen Innenstadt, und viele City-Kaufleute fordern eine „Hop-on-Hop-off“-Bus-Ringlinie zwischen City und HafenCity, die Hotspot-Stationen wie Elbphilharmonie, Überseequartier, Jungfernstieg, Rathaus oder Mönckebergstraße anfahren soll. Kann das noch zur Eröffnung kommen? Das halte ich für unrealistisch. Für mich ist wichtig, dass wir so etwas mittelfristig ordentlich und zukunftsorientiert machen, unabhängig davon, ob nun eine Ringlinie kommt oder nicht. Solch ein innerstädtisches Transportkonzept sollte autonomes Fahren in irgendeiner Form berücksichtigen. Doch das geht nicht mal eben so, sondern kostet auch einiges. Das muss sorgfältig geplant und kalkuliert werden. Allein für die Verlängerung der Metrobuslinie 4 müssten wir rund 300.000 Euro zur Verfügung stellen. Wir reden hier nicht über Peanuts. Noch einmal: Bis April wird keine Ringlinie kommen. Was ich versprechen kann, ist, dass wir als SPD dafür sorgen werden, dass das Thema nicht vom Tisch fällt. 

Sie selbst sind Fan einer attraktiven Querung der Willy-Brandt-Straße von der Brandstwiete in die HafenCity zum Beispiel mit einer begrünten Holzbrücke für Fußgänger und Radfahrer – ähnlich der High-Line in New York –, um ein entspanntes Schlendern von der Innenstadt in die HafenCity und umgekehrt zu ermöglichen. Was ist aus Ihrer Idee geworden? Der Oberbaudirektor Franz-Josef Höing hat gesagt, dass er sie eigentlich gut findet, man jetzt aber in den laufenden Wettbewerbsverfahren erst einmal nach kleineren attraktiven Lösungen suche. Auch hier bleibe ich dran (lächelt).

Einfahrt ins Überseequartier: „Niemand freut sich über den Flaschenhals Magdeburger Brücke und niemand kann ihn aktuell abschaffen.“ © Moka-Studio

Apropos Willy-Brandt-Straße. Die Handelskammer sagt, sie hätten die längst mit privaten Investoren unter die Erde gelegt, und die Hamburger CDU und ihr Landeschef Dennis Thering sagen, dass sie den Tunnelbau Willy-Brandt-Straße mit dem Verkauf durch die neu durch den Tunnel entstehenden Grundstücke finanzieren würden. Für Sie ein Modell? Ach, wissen Sie, die Handelskammer hat da auch ihre Haltung aktualisiert, und die CDU kritisiert ja schon heutige Baustellen in Hamburg, was wäre dann erst los, wenn wir die Hauptverkehrsachse Willy-Brandt-Straße über Jahre lahmlegen würden? Nein, das ist nicht wirklich seriös. Und im Übrigen ist die grundsätzliche Idee, dass man mit Grundstücksverkäufen Stadtentwicklung mitfinanzieren kann, für uns als SPD nicht neu. Wir haben die HafenCity entwickelt. Außerdem wäre ich zurzeit mit Ertragsprognosen bei Neubaumaßnahmen extrem vorsichtig. Alle aktuellen Projektentwickler stöhnen über die Kostenexplosionen. Es hört sich oberflächlich locker an, im Detail ist und bleibt die Tunnelidee komplett unrealistisch. Wir sind gut damit beraten, dass wir prüfen, wie wir mit dem vorhandenen Straßenraum kreativer umgehen können, um das Flanieren zwischen Innenstadt und HafenCity Stück für Stück zu verbessern. Ich bin und bleibe da optimistisch.

Nach wie vor haben die Quartiers-Bewohner:innen erhebliche Skepsis, dass unter anderem die zahlreichen Anlieferverkehre und Busse zu einer erheblichen Lärm- und Schadstoffbelastung führen werden. Schon heute parken auf der schmalen Magdeburger Brücke regelmäßig Baufahrzeuge, um in die Einfahrt ins Überseequartier zu warten. Wie soll das erst im Vollbetrieb werden? Es ist gute Hamburger Tradition, Probleme zu lösen, wenn sie auftreten, und dann möglichst nachhaltig. Niemand weiß heute, wie sich die Verkehrssituation dort entwickeln wird. Wann ist denn dort der große Anlieferverkehr – von sechs bis acht Uhr morgens oder von sieben bis neun Uhr? Kommen denn so viele Individualverkehrsteilnehmer mit Pkw ins Überseequartier, oder nutzen dann doch wie heute schon viele Menschen aus dem Umland Hamburgs Busse, U- und S-Bahnen? Wir sind richtig stolz darauf, dass man mit der U4, von wo auch immer man kommt, direkt im Überseequartier landet. Die Fachbehörden werden das in den ersten Wochen genau beobachten und prüfen. 

Das hat Verkehrs- und Mobiltätswendesenator Anjes Tjarks in unserem HCZ-Februar-Gespräch auch so gesagt. Dann ist sich da der Senat ja einig. Die Bewohner:innen sagen, salopp formuliert: Da wird auf unsere Kosten experimentiert, statt es frühzeitig gut zu planen. Das duftet nach dem Hamburger Weg: Wir bekommen das schon hin, irgendwie. Und wenn es Probleme gibt, widmen wir uns ihnen. Ist das noch zeitgemäß? In jedem Fall ist es zurzeit der einzig mögliche Weg. Sie können weder an Gebäuden noch an der Brücken-Kreuzungs-Situation Überseeallee/Osakaallee etwas ändern. Niemand freut sich über den Flaschenhals Magdeburger Brücke und niemand kann ihn aktuell abschaffen. Außerdem erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass Hamburg mit der Mobilitätswende und den Maßnahmen zur autoarmen Innenstadt schon längst erfolgreich auf dem Weg ist, mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität durch weniger Verkehre zu erzielen. Wenn Sie sich mal anschauen, was etwa im Rathausquartier, dem Gertrudenkirchhof oder dem Jacobi-Platz, der Steinstraße und dem Speersort oder dem Burchard-Platz und bei der Aufwertung des Kontorhaus-Viertels bewegt wird: Überall ist das Auto auf dem Rückzug! Nicht weil die Politik das so anordnet, sondern weil die Menschen mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserer erweiterten neuen Innenstadt mit City und HafenCity wollen. Das Auto spielt schon heute in der Innenstadt keine große Rolle mehr. 

Apropos Überseequartier. Besuchen Sie privat eigentlich heute schon sogenannte Shoppingcenter wie die Europa Passage am Ballindamm oder das Elbe- beziehungsweise Alstertal-Einkaufszentrum, um sich und Ihre Familie zu versorgen? Also wirklich viel kauft Bürger Kienscherf nicht ein. Ich bin häufiger hier vom Rathaus aus mal in der Europa Passage, jedoch nur, um Lebensmittel zu besorgen. Sonst bin ich eher bei uns zu Hause in Hamm unterwegs. Persönlich schätze ich überdachte Shoppingcenter nicht so sehr wie kleinere Läden im Quartier, wo man beim Einkaufen auch noch Wind und Wetter erleben kann. Das hat für mich Charme. Das man große Einkaufscenter in kleinere Städte baut, die dann ausbluten, halte ich für vollkommen falsch. 

Dirk Kienscherf zum Baustopp des Elbtowers, des ,Kurzen Olafs‘, der statt 245 Meter nur 100 Meter hohen Bauruine: „Dass wir uns zurzeit nicht an irgendwelchen Lösungen beteiligen können – und auch nicht wollen. Das müssen erst die privaten Investoren mit dem Insolvenzverwalter regeln. Wir haben da keine Karten im Spiel. Dass da mitschwingt, die Stadt hätte kein Interesse an einem Weiterbau, ist Quatsch. Im Gegenteil. Ich kann persönlich, Stand heute, nur sagen, dass es schön wäre, wenn der Elbtower vollendet werden könnte.“ © Catrin-Anja Eichinger

Ein unübersehbares Ärgernis ist der „Kurze Olaf“, der Baustopp am Elbtower, weil die Firma des Haupt­investors René Benko in die Insolvenz gegangen ist. Was wird aus der 100 Meter hohen Ruine, wird sie fertig gebaut? Es wird in jedem Fall keine Ruine bleiben. Im schlechtesten Fall würde es wieder abgerissen. Insolvenzen sind hochkomplexe Verfahren, bei denen man sich mit Prognosen zurückhalten sollte. Es geht um viele Hundert Millionen Euro privates Investorengeld, wo juristisch und auf dem Verhandlungsweg der Insolvenzverwalter mit den Gesellschaftern schauen muss, wie und ob es weitergehen kann. Da müssen sich die privaten Partner erst einmal selbst ordnen. Anders als etwa bei der Elbphilharmonie steckt kein Euro Steuergeld im Elbtower, und das soll für Senat wie Bürgerschaft auch so bleiben. Wenn alle Versuche scheitern sollten, haben wir als Stadt das Rückkaufsrecht, das wir, wenn es so weit kommen sollte, auch ausüben werden. 

Investoren wie Klaus-Michael Kühne werfen der Stadt vor, dass sie zu inaktiv sei, sich nicht mit um konstruktive Lösungen kümmern würde. Was sagen Sie dazu? Dass wir uns zurzeit nicht an irgendwelchen Lösungen beteiligen können – und auch nicht wollen. Das müssen erst die privaten Investoren mit dem Insolvenzverwalter regeln. Wir haben da keine Karten im Spiel. Dass da mitschwingt, die Stadt hätte kein Interesse an einem Weiterbau, ist Quatsch. Im Gegenteil. Ich kann persönlich, Stand heute, nur sagen, dass es schön wäre, wenn der Elbtower vollendet werden könnte. 

Apropos Bauen. Haben wir, wie zum Beispiel die Hamburger CDU sagt, zu viele Baustellen? Ehrliche Antwort?

Unbedingt! Alle Welt ist begeistert und neidisch, wie viele Baustellen wir haben. Es wird in die Zukunft und die Verbesserung Hamburgs investiert, und dazu muss man eben auch Baustellen einrichten. Seien wir doch froh, dass Hamburg ein solches Potenzial zum Wachsen, zur Entwicklung hat. Wo schon in den letzten zehn Jahren unheimlich viel passiert ist. Früher wurde über jeden einzelnen Parkplatz diskutiert und der Bau weiterer Parkhäuser gefordert. Das ist vorbei. Außer der CDU will das keiner mehr. Wir brauchen öffentliche Räume zur Nutzung, nicht zum Parken. Das sieht inzwischen auch Frau Unger so. 

Eine neue Baustelle! Die Bürgerschaftswahl Anfang 2025 und vorher die Bezirks- und Europawahlen am 9. Juni. Wahlzeiten bedeuten häufig Stillstand für Projekte. Niemand möchte sich politisch die Finger verbrennen, auch nicht am Elbtower. Legt sich Hamburg jetzt wahltechnisch schlafen? Warum sollte Hamburg stillstehen? Wir haben einen klaren Regierungsauftrag, die Projekte sind am Laufen. Rot-Grün hat eine gute Zusammenarbeit …

… na, der grüne Wahlkampf-Fehdehandschuh für den Baustopp der A26 wird kontinuierlich vom Koalitionspartner gespielt und die Bürgerschaftsopposition greift das gerne auf. Nach jüngsten Umfragen hat die CDU unter der Führung von Dennis Thering, des CDU-Bürgerschaftsfraktionschefs, Ihrem konservativen Counterpart, Rückenwind. Was zeichnet die Hamburger CDU für Sie heute aus? Dass sie, und besonders ihr Landesvorsitzender und CDU-Bürgerschaftsfraktionsführer Dennis Thering, jedem, der es hören will, mehr Geld und die Lösung aller Probleme verspricht. Und gleichzeitig fordert er in der Bürgerschaft die SPD wie auch den Senat ständig auf, endlich zu sparen. Und wenn man ihn dann mal fragt, wie das alles bezahlt werden soll, bekommt man keine Antworten. Das ist wenig überzeugend. 

Was unterscheidet die Fraktionschefs? Was zeichnet Herrn Thering aus? Dass die Hamburger CDU auch unter ihm zur weltoffenen Großstadt Hamburg wenig passt und er keine Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft hat. Er stellt einfach keine Alternative dar. Und er hat es auch schwer, weil wir Hamburger Sozialdemokraten, anders als die Bundes-SPD, viel realitätsnäher Politik machen und in allen Stadtteilen gut verwurzelt sind. 

Hätten Sie es beim Thema Weltoffenheit mit dem früheren CDU-Bürgermeister Ole von Beust als Gegner schwerer? Der hat es für die Stadt an manchen Stellen auch nicht besser gemacht, aber er hatte immerhin charismatische Ausstrahlung und stand für eine weltoffene CDU. Da hat sich der politische Gegner nicht weiterentwickelt und ist sehr strukturkonservativ. Oder interessieren Sie sich für deren Jahrzehntealte Erzählung von einer Krise bei der inneren Sicherheit? Das geht an der Realität vorbei. 

Auch am Hauptbahnhof mit den Drogen und der Kriminalität? Natürlich gibt es hier und da Probleme, aber die gehen wir an. Doch im Vergleich zu anderen Großstädten sind diese Problemfälle für das Leben in Hamburg wenig bedeutend. 

Was ist Ihr größter politischer und Ihr größter persönlicher Wunsch? Mein größter politischer Wunsch ist es, dass Berlin die Schuldenbremse lockert, und das möglichst zügig, denn wir brauchen eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und finanziell gut ausgestattete Kommunen, unter anderem für den dringend notwendigen Wohnungsbau und das Erreichen der beschlossenen Klimaziele. Darüber hinaus wünsche ich mir generell mehr Zukunftsoptimismus, weil die gewaltigen Herausforderungen eben immer auch Chancen sind. Durch Umbrüche entsteht Neues, und genau darauf habe ich als Politiker und als Bürger große Lust. Lassen Sie uns nach vorne schauen und Dinge verbessern. Das Gespräch führte Wolfgang Timpe

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