Stadtentwicklung. Die HafenCity Hamburg GmbH stellte in ihrer Jahrespressekonferenz die -Schwerpunkte der Projekte Science City, Billebogen, Grasbrook und HafenCity vor
Aufbruch und Geduld könnte man als Leitmotiv für die rund einstündige Präsentation der HafenCity Hamburg GmbH (HCH) und ihres Chefs Dr. Andreas Kleinau formulieren. Aufbruch, weil sich die Stadtentwicklungstochter HafenCity Hamburg mit ihren vier großen Entwicklungsprojekten HafenCity, Grasbrook, Billebogen und Science City zu einem gestandenen mittelständischen Unternehmen mit 90 Mitarbeitern und neuer projektbezogener Verantwortungs- und Arbeitsstruktur neu aufgestellt hat. Geduld, weil HafenCity-Chef Andreas Kleinau auf Nachfrage, wann denn die HafenCity mal fertig sei, spontan „Mitte der 30er-Jahre“ antwortete, um sich gleich ergänzend zu widerlegen: „Eigentlich ist ein Stadtteil nie fertig.“
Foto oben: Die neu geschaffene 560 Meter lange Promenade am Kirchenpauerkai im Quartier Baakenhafen: Aufgrund einer großzügigen Breite von rund 30 Metern und 120 neu gepflanzten Bäumen entlang der Elbe vereint die Promenade sowohl ökologische Funktionen als auch vielseitige Spiel-, Sport- und Bewegungsangebote. © LOIDL
Die Gründe für die nachhaltigen Verzögerungen der Fertigstellung von Büro-, Wohn-, Hotel- und Museums-Neubauten im Osten der HafenCity sind ein Mix aus Pandemie-Folgen, Lieferketten-Problemen, bautechnischen Verzögerungen und drastisch gestiegenen Baukosten, die neue Finanzierungen oder gar neue Konzepte erzwingen. Wie etwa bei dem ursprünglich geplanten neuen Großkongresshotel- und Apartmentbau des Hamburger Projektentwicklers ECE in der lang gezogenen Kurve der Straße Freihafenelbbrücke nahe der U- und S-Bahn-Station Elbbrücken. Da sich nach der Pandemie die Besucher- und Nutzungsfrequenzen im Kongresstourismus radikal geändert haben, will der Bauherr ECE das Projekt neu aufsetzen – oder im Zweifel auch die Anhandgabe durch die HafenCity Hamburg GmbH zurückgeben. Ganz praktisch gibt es nun –auch durch die Pandemie mitbedingt – Bauverzögerungen dadurch, dass nicht alle Gebäude in jeweils direkter Nachbarschaft gleichzeitig entstehen können.
Neben unzähligen Beispielen im Vortrag des HafenCity-Chefs, was es in den jeweils vier Stadtentwicklungsprojekten in den kommenden Monaten und Jahren für Meilensteine gäbe, verkündete Andreas Kleinau für die HafenCity eine schöne Überraschung, über die schon viel gemunkelt wurde und die nun fix ist: Auf dem neu geschaffenen Platz Strandhöft an der Spitze des Strandkais mit seiner gemischten Bebauung aus Luxuswohntürmen, Genossenschaftsbau und gefördertem Mietwohnungsbau werde, so Kleinau, „ein spektakulärer öffentlicher Raum entstehen“, der wie ein „kleines Amphitheater“ als eine Bühne mit „umliegender Sitztribüne für geplante und spontane Veranstaltungen“ genutzt werden könne. Das dürfte mit Sonnenuntergang und freiem Westblick elbbwärts und der spiegelnden Elbphilharmonie-Fassade ein Hotspot direkt am Wasser und ein sozialer Begegnungsort werden.
„Die Aufgaben, die wir in den mittlerweile vier großen Stadtentwicklungsvorhaben zu meistern haben, sind vielfältig und komplex. Eine der wichtigsten Funktionen von Stadtentwicklung ist es, neue stadträumliche und soziale Verknüpfungen zu schaffen, Menschen und Räume miteinander zu verbinden, im wahrsten Sinne des Wortes Brücken zu bauen – stadträumlich, physisch und sozial“, steckte Dr. Andreas Kleinau den gesellschaftspolitischen Rahmen für alle jüngsten Hamburger Entwicklungsvorhaben ab.
Als Passepartout stünden dafür „vier Brückenbauwerke, deren Planung und Bau in 2023 auf dem Grasbrook und im Billebogen vorangetrieben“ werden sollen: Veddeler Brücke, Moldauhafenbrücke, Entenwerder Brücke und Billebrücke. „Sie überwinden große trennende Verkehrs-trassen oder Wasserflächen und schaffen neue attraktive Wegeverbindungen“, so die HCH in ihrem Booklet „Hamburgs Zukunft“, das zur Jahrespressekonferenz 2023 von der HCH aufgelegt wurde.
„Aber auch übergreifende städtebauliche Verfahren werden angestoßen, um Stadtareale besser miteinander zu verknüpfen und neue Stadtentwicklungspotenziale zu erschließen“, so die HCH weiter. „So geht es zum Beispiel bei der Science City Hamburg Bahrenfeld darum, die Forschungseinrichtungen von DESY und der Universität Hamburg über die trennende Luruper Chaussee hinweg besser mit dem Stadtteil Bahrenfeld und dem Altonaer Volkspark zu verknüpfen.“
HafenCity: junger Stadtteil und Vorbild für die Strategien der Stadt von morgen
Und nicht zuletzt ist es Aufgabe der Stadtentwicklung, neue soziale Verbindungen im Sinne einer lebenswerten Stadt zu ermöglichen. In der HafenCity zeige sich dies in 2023 besonders deutlich durch neu geschaffene große Freiräume wie etwa das Strandhöft oder den quartiersprägenden Amerigo-Vespucci-Platz sowie auch „die Eröffnung der neuen Gemeinschaftshäuser als neue Nachbarschaftstreffpunkte“ – Ende 2023.
Die in jüngster Zeit bis auf 90 Mitarbeiter:innen angewachsenen, „interdisziplinär aufgestellten Teams der HafenCity Hamburg GmbH sollen die in der HafenCity entwickelten und erprobten Stadtentwicklungsstrategien“ weiter vorantreiben. Andreas Kleinau umschreibt die Zukunftsziele der vier Stadtentwicklungsprojekte mit Fragen: „Wie gestalten wir lebenswerte und sozial gerechte Städte? Welchen Beitrag können klimaschonende Gebäudelösungen sowie ressourceneffiziente Versorgungs- und Infrastrukturen leisten? Wo kann die urbane Produktion Potenziale entfalten und die lokale Wirtschaft stärken? Wie können wir Wissenschaft und Stadt vernetzen, um Innovationsräume zu schaffen, in denen richtungsweisende Ideen entstehen?“
Dazu die HCH: „Die HafenCity hat sich in den letzten Jahren als junger und lebendiger Stadtteil etabliert. Mittlerweile leben 8.000 Bewohner:innen in 4.000 Wohnungen. Dabei ist die Bevölkerung in der HafenCity vergleichweise jung und familienorientiert. In über 26 Prozent der Haushalte leben Kinder unter 18 Jahren. Das liegt acht Prozentpunkte über dem Durchschnitt für Hamburg und übersteigt zum Beispiel den Wert für Hamburg-Altstadt (12,7 Prozent) um das Doppelte.“
Baulich habe sich der Entwicklungsfokus weiter in den Osten verschoben. So sei am Kopf des Baakenhafens auf Baufeld 118 das Unternehmen Enerparc eingezogen, und das Edge Elbside würde noch in 2023 vom Hauptmieter Vattenfall mit seiner neuen Unternehmenszentrale bezogen. Auch das Edge HafenCity gegenüber auf Baufeld 110 ist im Bau weit fortgeschritten. Damit bekomme der Amerigo-Vespucci-Platz eine „sichtbare städtebauliche Fassung“. Stolz ist der HCH-Macher auf eines der kulturellen Lieblingsprojekte des Ersten Bürgermeisters Dr. Peter Tschentscher, das Digital Art Museum. Im April soll auf den Baufeldern 113 bis 116 ein spannendes Mixed-Use-Projekt seinen ersten Spatenstich erleben: Eben mit dem Digital Art Museum, einer Kita, 600 Wohnungen sowie weiteren 260 Wohnungen für Studierende sollen Kultur, Bildung und Wohnen lebendig umgesetzt werden. Und nicht zuletzt wächst nach der Grundstücksübergabe der am Ende 240 Meter hohe Elbtower als östlicher Abschluss der HafenCity täglich sichtbarer aus dem Boden. Schon im Sommer 2023 soll, so die Planung, der Rohbau im 8. Stockwerk in 40 Meter Höhe angekommen sein.
In 2023 wird die HafenCity mit großen fertig gestellten Freiräumen ihren grünen Charakter nochmals deutlich stärken. So wird im Juni der 560 Meter lange Teilabschnitt der Promenade Kirchenpauerkai mit einer Eröffnungswoche für die Nachbar:innen und Hamburger:innen eingeweiht. Aufgrund einer großzügigen Breite von rund 30 Metern und 120 neu gepflanzten Bäumen entlang der Elbe vereint die Promenade sowohl ökologische Funktionen als auch vielseitige Spiel-, Sport- und Bewegungsangebote. Auch der Platz Strandhöft auf der Strandkaispitze soll im Sommer 2023 fertiggestellt werden. Mit dem bis zur Kaispitze ansteigenden Bodenniveau entsteht ein spektakulärer öffentlicher Raum. Eine Bühne mit umliegender Sitztribüne kann für geplante und spontane Veranstaltungen genutzt werden.
Neben den grünen Qualitäten wächst auch die soziale Infrastruktur in der HafenCity: Zum neuen Schuljahr 2023 öffnet die Grundschule Baakenhafen ihre Tore. Die vierzügige Schule integriert eine Kita und bietet eine Sporthalle sowie weitere Bildungsangebote. Ende 2023 sollen dann auch die beiden Gemeinschaftshäuser im Baakenpark und Grasbrookpark das soziale Leben in der HafenCity bereichern. Betrieben werden die Häuser durch ein Quartiersmanagement, das in enger Koproduktion mit der Nachbarschaft entwickelt wurde und das die Bauherr:innen der HafenCity für das Gemeinwohl in die Verantwortung nimmt. Nein, fertig ist die HafenCity wirklich noch nicht. Aber ein Gefühl, ein lebendiger funktionierender Stadtteil zu sein, entsteht hoffentlich nicht erst Mitte der 30er-Jahre, sondern schon in den kommenden fünf Jahren. Wolfgang Timpe
Info
Mehr Informatione über alle vier Stadtentwicklungsprojekte der HafenCity Hamburg GmbH unter: www.hafencity.com