»Positive Vibes schicken!«

Konzert. Die norwegische Sängerin Silje Nergaard will mit ihren neuen gesungenen ­Pop-Jazz-Liebesgeschichten die Laeiszhalle rocken

Ein Foto ihrer Eltern, jung und frisch verliebt, ziert das Cover von Silje Nergaards Album „Tomorrow We’ll Figure out the Rest“. Für die Sängerin ist diese Einspielung nämlich eine Hommage an ihre Mutter und ihren Vater. „Ich wollte mich bei ihnen dafür bedanken, dass sie mich schon als Kind an so viele wunderbare Songs herangeführt haben“, sagt Silje Nergaard im Videointerview. Ob Volkslieder oder Pop: Bei den Nergaards lief alles. Am häufigsten hörten sie aber Jazz – mal Stan Getz, mal Ella Fitzgerald: „Meine Mutter hat wie Ella gesungen.“
Foto oben: Die Jazzsängerin Silje Nergaard aus Norwegen über die Liebe in Krisenzeiten: „Gerade in dunklen Zeiten müssen wir Raum für das Schöne schaffen.“© Hans Olav Forsang

Silje Nergaard hat es allerdings mit dem Jazzgesang „Scatten“ nicht so. Ihr Gesang ist sanft, manchmal wirkt er fast kindlich, prinzipiell ist er auf Schönklang ausgerichtet. „Ich wurde nicht mit einer großartigen Stimme geboren“, urteilt die Norwegerin selbstkritisch. „Mir kommt es in erster Linie darauf an, mit meiner Singstimme Geschichten zu erzählen.“ Ihre Songs sind persönlich, aber nicht zwingend autobiografisch. Zu „A Perfect Night to Fall in Love“ zum Beispiel hat sie eine Fernsehreportage inspiriert. „Ich sah dieses ukrainische Paar, das sich während des Kriegs verliebt und geheiratet hat“, erzählt sie. „Als sie in den Ruinen standen, haben sie ihre Augen geschlossen. Ich habe mir ausgemalt, dass sie sich einen Moment lang an einen anderen Ort imaginiert haben.“ Für die Musikerin war diese Szene ein Beleg dafür, welche Kraft die Liebe hat: „Selbst in furchtbaren Situationen kann man sich für sie entscheiden.“

Silje Nergaard hält nichts von Genreschubladen: „Ich bin Songwriterin.“ © Hans Olav Forsang

Nicht nur deshalb regiert in Silje Nergaards neuen Stücken vor allem die Liebe. Sie hat sich von jenen Standards inspirieren lassen, die bei ihren Eltern rauf und runter liefen, als sie noch ein Mädchen war: „Das waren meistens Liebeslieder mit einem kleinen Twist.“ Zudem hat es sich die 58-Jährige zum Ziel gesetzt, positive Vibes in die Welt zu schicken: „Gerade in dunklen Zeiten müssen wir Raum für das Schöne schaffen.“

Dabei hat sie musikalisch neben einem Jazzensemble das Stavanger Symphony Orchestra unter der Leitung von Vince Mendoza unterstützt. Der Amerikaner zeichnet auch für die bisweilen cineastischen Orchesterarrangements verantwortlich. „Vince hat nicht bloß ein musikalisches Make-up auf meine Songs gelegt“, versichert Silje Nergaard. „Weil er ebenfalls ein Geschichtenerzähler ist, ist er bis zum Kern meiner Lieder vorgedrungen.“ Sogar bei der norwegischen Nummer „Vekket i Tide“ zögerte der Arrangeur nicht lange und veredelte die Pianoballade mit dezenten Streichern. 

Ob sie eher im Pop oder im Jazz beheimatet ist, darüber ließe sich streiten. Silje Ner­gaard stellt klar: „Ich habe mich nie als Jazzerin gesehen. Primär definiere ich mich als Songwriterin.“ Gleichwohl findet sie: „Mein neues Album ist durchaus jazzig.“ Schließlich favorisieren ihre Eltern dieses Genre: „Sie sind jetzt 90 und hören immer noch jeden Tag Jazz.“

Obwohl die beiden Lehrer im Ruhestand sind, hat Musik stets eine zentrale Rolle in ihrem Leben gespielt: „Meine Mutter hat sich in meinen Vater verliebt, weil er Jazzgitarrist in einer Band war.“ Auch mit seinen zwei Töchtern teilte das Ehepaar Nergaard seine Musikbegeisterung. Die ganze Familie sang häufig zusammen. „Meistens hat meine Schwester die Texte gesungen, und ich habe die Harmonien übernommen“, erinnert sich Silje Nergaard. Zumindest einmal bekam aber sie die erste Stimme, den Beweis dafür liefert eine alte Kassette: „Ich habe einen Tontechniker gebeten, die Nebengeräusche zu entfernen. Danach habe ich einige Passagen in mein Album eingefügt.“ Bei „Silje synger“ hört man Silje Nergaards Kinderstimme, „Mamma og Pappa synger“ rückt den Gesang der Eltern in den Vordergrund.

Hat die Musikerin eigentlich das Ritual des gemeinsamen Singens mit ihren beiden Töchtern fortgeführt? „Nicht so aktiv“, gesteht sie. „Bei uns war es eher so, dass mich die Kinder am Klavier gesehen und dann gesungen haben.“ Bei Karla, ihrer Jüngsten, reichte das, um deren Musikbegeisterung zu wecken. Sie hat in Norwegen an der Castingshow „The Voice“ teilgenommen. Ihre Mutter schwärmt voller Stolz: „Karla ist eine wundervolle Sängerin, die eine tolle Stimme hat.“ Dagmar Leischow

Info Silje Nergaard tritt Donnerstag, 22. Mai, 20 Uhr, im Kleinen Saal der Laeisz­halle auf. Karten und weitere Informationen unter www.elbphilharmonie.de

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