Udo Lindenberg feiert 75. Geburtstag. Für seine Labelchefin Rita Flügge-Timm bleibt er ein relaxter Rebell – eine Annäherung an Udos Businessfreundin
Wer Rita Flügge-Timms Büro im Hamburger Schanzenviertel betritt, sieht sofort, was für eine wichtige Rolle Udo Lindenberg in ihrem (Berufs-)Leben spielt. An der Wand hängen Goldene Schallplatten oder Bilder, die der Sänger für sie gemalt hat. Er ist bei ihrem Label DolceRita unter Vertrag und nennt die 61-Jährige „die Löwin“: „Udo weiß, dass ich wie eine Löwin für ihn kämpfe. Ich lasse mich nicht mit einem ,Das geht nicht‘ abspeisen.“
Foto oben: Labelchefin Rita Flügge-Timm und Udo Lindenberg: „Udo kann sich freuen wie ein Kind. Er ist ein relaxter Rebell.“ © Tine Acke
Sie war diejenige, die Udo Lindenbergs Karriere wieder ankurbelte, als er tief gefallen war: zu viel Alkohol, zu schlechte Verkaufszahlen. An diesem Punkt kam Rita Flügge-Timm, die damals noch A-&-R-Managerin bei Warner Music war, ins Spiel. Mit einer SMS forderte sie den Musiker recht selbstbewusst auf: „Sag ja zum Glück.“ Damit war der Grundstein für ein fulminantes Comeback gelegt. Rita Flügge-Timm verhalf Udo Lindenberg 2008 mit „Stark wie Zwei“ zu seinem allerersten Nummer-eins-Album, sie katapultierte auch Nena 2002 nach einem Durchhänger zurück nach oben in die Charts. Außerdem entdeckte sie Roger Cicero. Das Geheimnis ihres Erfolgs: „Ich gucke, wo die Stärken der Künstler:innen liegen, und arbeite das, was Bemerkenswert ist, heraus.“
Musiker:innen haben die gebürtige Hamburgerin, die heute in Steinbergkirche bei Flensburg wohnt und dort den Hauptsitz ihrer Firma hat, schon immer fasziniert. Als Teenager hing sie mit einer Freundin oft vor dem Studio Hamburg ab, dort wurden damals Sendungen wie „Disco“ gedreht. So kam sie zum Beispiel mit Stefan Waggershausen ins Gespräch. Er bat sie fortan regelmäßig um ein Feedback, wenn er neue Songs aufgenommen hatte.
Mit 16 begann Rita Flügge-Timm schließlich ihre Ausbildung bei der Plattenfirma Polydor. Danach hatte sie ganz unterschiedliche Jobs bei Labels wie Teldec oder Eastwest – mal in der Promotionabteilung, mal im Marketing. Das nötige Rüstzeug für ihren Aufstieg in einer männerdominierten Domäne zu einer der wenigen weiblichen A-&-R-Managerinnen (Artists & Repertoire), die Künstler:innen unter Vertrag nehmen, sammelte sie vor allem bei der früheren Plattenfirma Metronome. Nachdem Musikproduzent Klaus Ebert sie unter seine Fittiche genommen hatte, lernte sie, wie man Verträge verhandelt und worauf es bei einer Plattenproduktion ankommt.
So machte sie eine bemerkenswerte Karriere. Sie arbeite gerne, sagt sie: „Mein Job ist mein Lebensinhalt.“ Für eine Familie blieb da keine Zeit, aber Rita Flügge-Timm hat ja ihre Künstler:innen: „Sie sind für mich wie meine Kinder.“ Egal ob mit den Prinzen oder mit Kim Fisher: Sie geht mit all ihren Schützlingen eine sehr starke Beziehung ein: „Wir müssen uns vertrauen und uns die Wahrheit sagen können.“ Manchmal kracht es dann auch. Etwa als Rita Flügge-Timm mit Udo Lindenberg wegen des „Stark wie Zwei“-Covers gestritten hat. Danach redete er zwei Wochen nicht mehr mit ihr, letztlich wählte er aber doch das Foto aus, das sie ihm vorgeschlagen hatte.
Heute sind Rita Flügge-Timm und Udo Lindenberg Freunde: „Wir können uns hundertprozentig aufeinander verlassen.“ Obwohl er am 17. Mai 75 wird, strahlt er für sie immer noch eine gewisse Jugendlichkeit aus: „Udo kann sich freuen wie ein Kind. Er ist ein relaxter Rebell.“ Was sie an ihm bewundert: seinen Innovationswillen. Der, glaubt sie, halte ihn jung. Folgerichtig hat Udo Lindenberg stets das neuste Smartphone, Technik ist ihm bestens vertraut. „Udo ist seiner Zeit voraus. Aber nicht so, dass man ihn nicht mehr versteht.“ Dagmar Leischow
INFO Rita Flügge-Timm ist Samstag, 15. Mai, um 20.15 Uhr in der Dokumentation „Udo Lindenberg – Keine Panik und immer mittendrin“ auf NDR Fernsehen zu sehen.