Schlager und singende Tiere

Musical. Die „Cindy Reller“-Show in Schmidt Theater lädt noch bis zum 20. August zum Lachen ein

Die (Stoff-)Tiere der Tierhandlung Reller sind zum Knuddeln – und die besten Freund:innen von Cindy Reller (Kathrin Finja Meier). Die junge Frau hat nach dem Tod ihres Vaters eine harte Zeit. Ständig wird sie von ihrer fiesen Stiefmutter Renate Reller-Rochen (Kerstin Ibald), die ihr knallhart ins Gesicht sagt, sie habe mehr schlechte Seiten als die Gesamtausgabe der „Bild“, und ihrer dümmlichen Stiefschwester Blondie (Laura Fister) tyrannisiert. Klingt irgendwie vertraut, die Geschichte? Kein Wunder: Carolin Spieß’ großartige „Cindy Reller“-Inszenierung im Schmidt Theater lehnt sich an „Aschenputtel“ an, allerdings lebt Cindy Reller nicht auf einem großen Anwesen irgendwo in der Walachei, sondern in bescheidenen Verhältnissen mitten auf dem Kiez.
Foto oben: Mit hinreißender Musik, Wortwitz, tollen Regie-Einfällen, der Off-Stimme und einem spielfreudigen Ensemble geht es ziemlich flott durch einen unterhaltsamen Abend. Am Schluss denkt man: Was, schon vorbei? Schade! © Oliver Fantitsch

Kann denn Singen Sünde sein? Nicht für die Hauptdarstellerin Kathrin Finja Meier (vorn) alias ­Cindy Reller­. © Oliver Fantitsch

Nicht umsonst trägt die Hauptfigur gern ein T-Shirt mit der Aufschrift „I love Schlager“, sie träumt halt von einer Karriere als Schlagersängerin und singt, wenn sie traurig ist. Auch Edelbert von Grootfru Junior (Benjamin Sommerfeld) liebt Schlager, doch sein jähzorniger Vater – eine Paraderolle für den Alleskönner Götz Fuhrmann – hat andere Pläne für ihn. Der Sohn soll sich endlich in der Werbeagentur des Seniors seine Sporen verdienen, bloß vermasselt der Junior meistens alles. Das treibt den Blutdruck des Vaters regelmäßig in die Höhe. Immerhin: Sein herrlich überspannter Assistent Emsig (Fynn Duer-Koch) weiß, wie er ihn zumindest ein bisschen beruhigen kann. So geht es also hoch her.

Für noch mehr Konfliktpotenzial sorgt die zart aufkeimende Liebe zwischen Cindy Reller und Edelbert von Grootfru Junior. Eigentlich sind die beiden zu tolpatschig, um wirklich zueinanderfinden zu können. Doch zum Glück ist diese Geschichte ja ein Märchen, das – was sonst? – ein Happy End hat. Zuvor hängt der Haussegen aber noch etliche Male schief, was das Publikum immer wieder zum Lachen bringt. Wenn Laura Fister der einfach gestrickten Klischee-Blondine alle Ehre macht, zieht sie dabei alle Register. Allein wie sie ständig über irgendwelche Fremdwörter stolpert, ist irrsinnig komisch. Kerstin Ibald gibt die böse Stiefmutter als chronisch schlecht gelaunt: Sie ist frustriert, sie säuft, sie greift in die Kasse. Ziemlich garstig interpretiert sie die Nummer „Mehr als genug“, nach dem Motto: Es lebe die Niedertracht! 

Kathrin Finja Meier singt das melancholische „Kein Happy End“ hinreißend. Auch Benjamin Sommerfeld ist ein wunderbarer Sänger. Gerade diese beiden Darsteller:innen liefern den Beweis dafür, warum diese Produktion als Musical vermarktet wird. Ohne Zweifel lehnen sich die Lieder an die Schlagerwelt an. Etwa wenn ganz offensichtlich und doch mit Finesse ein Wolfgang-Petry-Zitat in einen Titel eingewoben wird. Mit hinreißender Musik, Wortwitz, tollen Regieeinfällen, der Off-Stimme und einem spielfreudigen Ensemble geht es ziemlich flott durch einen unterhaltsamen Abend. Ganz bezaubernd: die singenden Tiere. Am Schluss denkt man: Was, schon vorbei? Schade! Wer Lust hat, viel zu lachen, ist hier genau richtig. Dagmar Leischow

„Cindy Reller“ läuft noch bis 20. August im Schmidt Theater. Karten und Informationen unter: www.tivoli.de

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