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350 Hamburger nahmen an der ersten „Bürgerblick“-Werkstatt mit zwölf ­Architekten und Landschaftsplanern teil und ­diskutierten deren Entwürfe. © Thomas Hampel
Stadtteil lernen

Projekt Grasbrook Große Beteiligung am „Bürgerblick“-Workshop 

Am 2. Dezember, es ist schon dunkel, strömen trotz Nieselregens am späten Nachmittag jede Menge Menschen ins Cruise Center HafenCity. Es ist kein Shopping- oder Musikevent, das rund 500 Gäste in die große Halle lockt, sondern ein scheinbar unaufregender Termin: Die Stadtentwicklungsbehörde und die HafenCity Hamburg GmbH haben zum „Bürgerblick“ eingeladen, eine weitere Veranstaltung zum neuen Stadtteil Grasbrook. Der wettbewerbliche Dialog geht in die zweite Phase.
Foto oben: 350 Hamburger nahmen an der ersten „Bürgerblick“-Werkstatt mit zwölf ­Architekten und Landschaftsplanern teil und ­diskutierten deren Entwürfe. © Thomas Hampel

Rückblick: 2017 begannen die Planungen für das Gebiet vis-à-vis des Baakenhafenquartiers, das bislang ein abgeschottetes Hafengelände ist. Dort soll mit dem Grasbrook ein Stadtteil entstehen mit rund 3000 Wohnungen, 16000 Arbeitsplätzen, sozialer und kultureller Infrastruktur. 

Nach Analysen und Bestandsaufnahmen sowie Bürgerbeteiligungen machten sich zwölf nationale und internationale Architektur- und Landschaftsplanungsbüros an die Arbeit, darunter Herzog & de Meuron aus Basel, ADEPT aus Kopenhagen und aus Hamburg WES LandschaftsArchitektur. Seit September beschäftigen sie sich mit dem Grasbrook, ihre Ideen stellen sie an diesem Dezemberabend vor. Am folgenden Tag wird eine Jury aus den zwölf die sechs vielversprechendsten Entwürfe auswählen, je drei von Architekten und Landschaftsplanern, die als Teams bis Anfang April 2020 weiterarbeiten dürfen. 

Flott geht es voran, es ist beileibe kein dröger Termin. In einer kurzen Begrüßungsansprache fordert Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt alle Bürger auf, sich bis zum April weiter einzubringen und betont: „Das Beteiligungsverfahren ist ein ernst gemeintes Angebot.“ 

Wo bekommen die Jugendlichen ihre Freiräume.

Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der HafenCity GmbH, skizziert die Aufgabenstellungen, die die zwölf Planungsbüros beachten mussten und erklärt: „Außer der U-Bahn-Anbindung soll der Stadtteil die Stadt Hamburg nichts kosten.“ Dann geht’s los: Zehn Minuten bekommt jedes Team, um seinen Entwurf zu präsentieren weitere fünf Minuten, um Fragen aus edem Publikum zu beantworten. Der Moderator steht mit der Stoppuhr hinter dem Podium. Während die meisten Besucher auf Stühlen sitzend die Präsentationen verfolgen, gehen einige herum und schauen sich die zwölf Modelle für den Grasbrook an, die auf großen Tischen im kleinen Maßstab nachgebaut zu sehen sind. 

Dabei ist auch Ursula Richenberger, die Projektleiterin für das Deutsche Hafenmuseum. Sie will sehen, wo ihr künftiges Haus bei den verschiedenen Entwürfen stehen soll. Ein Planer hat es quasi versenkt, was Richenberger nicht gefällt, andere stellen es zentral auf. „Ich wünsche mir, dass das Hafenmuseum sichtbar ist und ein Ort wird, der rund um die Uhr belebt ist“, sagt Richenberger. 

Ein anderer Betrachter wohnt selbst in der HafenCity und verfolgt den Prozess mit Spannung. „Ich finde, der Grasbrook muss besiedelt werden. Aber ich fürchte, dass auf der Veddel Verdrängung stattfinden wird. Das darf nicht passieren!“, so der Mittsechziger. Aus dem Stadtteil Hamm ist ein Paar gekommen. Stadtentwicklung sei ihr Hobby, auf Reisen guckten sie sich stets Neubaugebiete an, erklärt der Mittvierziger mit grauem Zopf. Seine Frau fragt sich, wo die Jugendlichen auf dem Grasbrook ihre Freiräume bekommen werden. Viel Platz haben alle Teams am oder auf dem Wasser eingeplant. Und sie guckten nach der Vergangenheit, der Hafengeschichte des Grasbrook. Während einige Architekturbüros mitunter streng planen, gehen die Landschaftsplaner fantasievoller ans Werk. Sie lassen Fläche unversiegelt, spielen mit den Wörtern „Gras“ und „Brook“ und säen Gräser. 

Manche schwärmen von der tollen Lage des Viertels am Wasser, wogegen ein Landschaftsplaner nüchtern konstatiert: „Wir müssen feststellen, dass es auf dem Grasbrook zieht wie Hechtsuppe und das Elbwasser nicht blau, sondern grau ist.“ Doch gerade dieser Planer legt ein einfühlsames Konzept vor. Einige Architekten widmen sich leidenschaftlich der Frage nach moderner Mobilität und geben dem Autoverkehr „the lowest part“. Andere antworten mit unterirdischen Parkhäusern und ziehen Mauern aus Hochhäusern am Saalehafen und bei den Eisenbahn-Elbbrücken hoch, die wie eine Abschottung zur Veddel anmutet. 

Am Eingang hatten die Besucher Faltblätter in die Hände gedrückt bekommen. Zwölf Spalten mit Platz für Kommentare finden sich darin, die nun nach dem Präsentationsmarathon ausgefüllt werden. Was gefällt an einem Entwurf, was sollte überarbeitet werden, welche Anregungen gibt es? In den Ecken des Kreuzfahrtterminals sitzen Menschen, beugen sich über die Papiere und schreiben, andere unterhalten sich angeregt. Stadtplanung scheint Spaß zu machen. 

Für alle, die nicht vor Ort sein konnten, gibt es bis zum 4. Dezember die Möglichkeit, online zu kommentieren. Bereits Ende Januar müssen die drei Planungsteams ihre städtebaulichen und freiraumplanerischen Konzepte vorstellen. Wieder mit der Möglichkeit für Bürger, Feedbacks zu geben. Stadt und HafenCity Hamburg GmbH meinen es mit den Planungen für den Grasbrook ernst. Katrin Wienefeld

Info 

• Vom 4. bis 10. Dezember 2019 läuft eine Online-Beteiligung für interessierte Bürger, bei der die sechs ausgewählten Entwürfe kommentiert werden können: www.hamburg.de/grasbrook
• Bis zum 5. Januar 2020 werden zudem alle Modelle im Infocenter Kesselhaus (Am Sandtorkai 30, Di bis So 10-18 Uhr) ausgestellt. 
Am 25. Januar 2020 findet die nächste öffentliche Veranstaltung im Cruise Center HafenCity statt. Infos auf www.grasbrook.de

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