Letzte „Peking“-Station zur Restaurierung auf der Peterswerft in Wewelsfleth an der Stör: 38 Millionen Euro haben sich Bund und Hamburg das wiedererweckte Leben an Deck des Flying-P-Liners kosten lassen. Mit nur 32 Mann Besatzung, 4 Masten, 115 Meter Länge über alles und einem Laderaum für 5.000 Tonnen Salpeter verkehrte die „Peking“ zwischen 1911 und 1932 zwischen Hamburg und Valparaiso, Chile. © Jan Sieg / SHMH
Stolze Heimkehr

Die „Peking“ macht im Hansahafen fest. Der legendäre Flying-P-Liner legt am 7. September nach der Restaurierung auf der Werft in Wewelsfleth am Hafenmuseum an. Das historische Frachtschiff wird von zwei Schleppern „verholt“. Ein maritimes Fest für Hamburg

Als der Viermaster „Peking“ 2017 in einem Dock von New York über den Atlantik in die Nordsee geschippert wurde, war von dem ehemals größten Frachtsegelschiff der Welt nicht mehr als ein Schrotthaufen übrig. Fast 100 Jahre wechselvoller Geschichte hatten an dem ehemals stolzen Schiff genagt. Drei Jahre später erstrahlt der Frachtsegler wieder in voller Schönheit und wird am 7. September von der Peterswerft im schleswig-holsteinischen Wewelsfleth von zwei Schleppern über die Stör und die Elbe in den Hansahafen in Hamburg geschleppt. Dort wird die Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) ihn als neue Eigentümerin in Empfang nehmen. Am Bremer Kai vor dem Hafenmuseum erhält das restaurierte Schiff dann seinen vorläufigen Liegeplatz, bevor es in einigen Jahren am zukünftigen Deutschen Hafenmuseum auf dem Grasbrook seine endgültige Liege-Heimat finden wird.

Foto oben: Letzte „Peking“-Station zur Restaurierung auf der Peterswerft in Wewelsfleth an der Stör: 38 Millionen Euro haben sich Bund und Hamburg das wiedererweckte Leben an Deck des Flying-P-Liners kosten lassen. Mit nur 32 Mann Besatzung, 4 Masten, 115 Meter Länge über alles und einem Laderaum für 5.000 Tonnen Salpeter verkehrte die „Peking“ zwischen 1911 und 1932 zwischen Hamburg und Valparaiso, Chile. © Jan Sieg / SHMH

Die „Peking“, die bis 1932 für die Reederei F. Laeisz über den Atlantik segelte, gehört zu den letzten großen Frachtseglern, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts wegen ihrer Geschwindigkeit und Sicherheit gegen Dampf- und Motorschiffe antreten konnten. Bei ihrem Stapellauf 1911 galt sie mit 115 Metern Länge als größtes Segelschiff der Welt. Sie stammt aus der Reihe der sechs legendären Flying-P-Liner, zu der auch die „Passat“, die als Museumsschiff in Travemünde liegt oder die „Pamir“ gehören, die 1957 in einem Hurrikan sank.

Am Steuerrad: Ursula Richenberger, Direktorin des künftigen Deutschen Hafenmuseums, will mit der „Peking" Themen wie die Globalisierung und die Klimakrise veranschaulichen. © Wolfgang Tmpe
Am Steuerrad: Ursula Richenberger, Direktorin des künftigen Deutschen Hafenmuseums, will mit der „Peking“ Themen wie die Globalisierung und die Klimakrise veranschaulichen. © Wolfgang Tmpe

Doch bevor die „Peking“ die ersten Besucher an Bord willkommen heißen kann, wird es noch bis zum nächsten Jahr dauern. Zunächst muss noch der sicherheitstechnische Ausbau für den Besucherbetrieb an Bord vor Ort im Hansahafen stattfinden. Ab Frühjahr 2021 wird die „Peking“ dann auch für alle zugänglich sein. Bis dahin kann der restaurierte Flying-P-Liner zunächst nur von der Kaikante des Hafenmuseums aus bestaunt werden. Im Schaudepot des Museums sind zudem zahlreiche Originalobjekte von der Peking zu sehen, darunter der 17 Meter lange mächtige Bugspriet und die ursprüngliche Schiffsglocke des Viermasters.

Erst ab Frühjahr 2021 dürfen Besucher an Bord des historischen Segelschiffs gehen. 
Möglich wurde die Rückholung und Restaurierung der Peking nach einem jahrelangen Einsatz der Stiftung Hamburg Maritim und der Freunde der Viermastbark Peking e.V. und schließlich durch die Förderung des Bundes in Höhe von rund 38 Millionen. Besonders Hamburgs früherer Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs hatte sich dafür stark gemacht.

Entstanden ist ein „herausragendes ästhetisches Objekt“, wie Ursula Richenberger sagt, das doch viel mehr ist als ein teures Schmuckstück. Die Direktorin des künftigen Deutschen Hafenmuseums sagt: „Die Peking ist kein Spielzeug. Es geht darum, Globalisierung zu veranschaulichen und zu verstehen, wie wir die Welt besser machen können.“ © Jan Sieg
Entstanden ist ein „herausragendes ästhetisches Objekt“, wie Ursula Richenberger sagt, das doch viel mehr ist als ein teures Schmuckstück. Die Direktorin des künftigen Deutschen Hafenmuseums sagt: „Die Peking ist kein Spielzeug. Es geht darum, Globalisierung zu veranschaulichen und zu verstehen, wie wir die Welt besser machen können.“ © Jan Sieg / SHMH

Für die Werft in Schleswig-Holstein war die Restaurierung der größte Auftrag in ihrer Geschichte. 32 Dienstleister von Taklern über Tischler, Konstrukteure und Statiker, haben drei Jahre daran gearbeitet, den Frachtsegler wieder in seinen Originalzustand von 1927 zu versetzen – mit nur ganz wenigen modernen Zugeständnissen wie etwa den beiden Fahrstühlen, die Besuchern einen barrierefreien Zugang ermöglichen. 

180 Tonnen Material wurden verbaut, unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden investiert, um die Einzigartigkeit und die Besonderheiten wie den 85 Meter langen durchgängigen Frachtraum zu rekonstruieren. Bei den Arbeiten an dem historischen Segler ging es aber nicht um die Fahr- oder Seetüchtigkeit, sondern die Nutzung als reines Museumsschiff. Entstanden ist ein „herausragendes ästhetisches Objekt“, wie Ursula Richenberger sagt, das doch viel mehr ist als ein teures Schmuckstück. Die Direktorin des künftigen Deutschen Hafenmuseums sagt: „Die Peking ist kein Spielzeug. Es geht darum, Globalisierung zu veranschaulichen und zu verstehen, wie wir die Welt besser machen können.“ Die wechselvolle Geschichte der Peking könnte kein besserer Ort dafür sein. Bis 1932 segelte sie zwischen Hamburg und Südamerika und hat dabei 34-mal das legendäre Kap Hoorn umrundet. Zudem hat sie zwei Weltkriege überstanden und schließlich mehr als 40 Jahre als Museumsschiff am Pier von Manhattan verbracht.

1909 hatte die Reederei F. Laeisz die Viermastbark bei Blohm & Voss in Hamburg in Auftrag gegeben und am 16. Mai 1911 in Dienst gestellt. Bei einer Breite von 14,4 Metern, einer Länge von 115 Metern und einem Tiefgang von 7,24 Metern erreichte das bis zu 17 Knoten schnelle Frachtschiff eine Verdrängung von 6.280 Tonnen. Die Effizienz des Schiffes, das mit einer Besatzung von lediglich 32 Mann auskam, beeindruckt bis heute. © Jan Sieg / SHMH
1909 hatte die Reederei F. Laeisz die Viermastbark bei Blohm & Voss in Hamburg in Auftrag gegeben und am 16. Mai 1911 in Dienst gestellt. Bei einer Breite von 14,4 Metern, einer Länge von 115 Metern und einem Tiefgang von 7,24 Metern erreichte das bis zu 17 Knoten schnelle Frachtschiff eine Verdrängung von 6.280 Tonnen. Die Effizienz des Schiffes, das mit einer Besatzung von lediglich 32 Mann auskam, beeindruckt bis heute. © Jan Sieg / SHMH

1909 hatte die Reederei F. Laeisz die Viermastbark bei Blohm & Voss in Hamburg in Auftrag gegeben und am 16. Mai 1911 in Dienst gestellt. Bei einer Breite von 14,4 Metern, einer Länge von 115 Metern und einem Tiefgang von 7,24 Metern erreichte das bis zu 17 Knoten schnelle Frachtschiff eine Verdrängung von 6.280 Tonnen. Die Effizienz des Schiffes, das mit einer Besatzung von lediglich 32 Mann auskam, beeindruckt bis heute. Bis 1932 brachte die „Peking“ Salpeter − der als Stickstoffdünger und bei der Schwarzpulverherstellung eingesetzt wurde – von Chile nach Europa. Der Salpeterhandel, das „weiße Gold“ war verbunden mit steigendem Wohlstand, der einerseits in Chile kostenlose Schulbildung ermöglichte, andererseits aber in den Abbaugebieten indigene Völker verdrängte und Arbeiter ausbeutete – die begannen, für ihre Rechte zu kämpfen. „Anhand der ,Peking’ lassen sich die großen Zusammenhänge des Welthandels sinnlich erklären“, sagt Direktorin Richenberger. Ihr künftiges Deutsches Hafenmuseum will „ein politischer Ort“ sein, an dem nicht nur Vergangenes museal dargestellt und veranschaulicht wird, sondern Rückschlüsse gezogen werden können für die Globalisierung und die Welt von heute – ob beim Klimawandel, in der Flüchtlingskrise oder bei den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

 Feinschliff: Tischlerin Janina-Christin Fischer legt letzte Hand an, bevor der Frachtsegler nach Hamburg umzieht. © Wolfgang Timpe
Feinschliff: Tischlerin Janina-Christin Fischer legt letzte Hand an, bevor der Frachtsegler nach Hamburg umzieht. © Wolfgang Timpe

Denn wie die Globalisierung heute veränderte die fortschreitende Industrialisierung Anfang des 20. Jahrhunderts auch die Vorzeichen des Salpeterhandels. Salpeter konnte plötzlich synthetisch im Haber-Bosch-Verfahren hergestellt werden. Der Salpeter-Transport wurde überflüssig, die „Peking“ nach England verkauft und dort zu einem Internatsschiff umgebaut. Während des 2. Weltkriegs diente sie als Wohnschiff für Matrosen der Royal Navy. Im Jahr 1974 gab es erstmals den Plan, die „Peking“ zurück nach Hamburg zu holen. Doch stattdessen gelangte der Großsegler nach New York, wo er Teil des South Street Seaport Museums wurde. 

Fast geschafft: Takler Georg Albinus kontrolliert noch einmal die Beleuchtung in den Masten. © Wolfgang Timpe
Fast geschafft: Takler Georg Albinus kontrolliert noch einmal die Beleuchtung in den Masten. © Wolfgang Timpe

In spätestens fünf Jahren soll die „Peking“ beim noch zu bauenden Deutschen Hafenmuseum auf dem Grasbrook liegen, das laut dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher „Hamburgs Aufstieg zum Welthafen und die Entwicklung der Seefahrt“ darstellen wird. Dort wird der Segler „zu einem der zentralen Objekte des neuen Deutschen Hafenmuseums“, wie Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) kürzlich sagte. Die „Peking“ könne „ein neues Wahrzeichen der Hansestadt“ werden, sagte SHMH-Direktor Hans-Jörg Czech. Maria Bitter

Info
Man wird den Einlauf der „Peking“ hautnah ab Blankenese am Elbufer entlang verfolgen können. Aktuelle Informationen unter: https://shmh.de/de/hamburgwissen/peking-aktuell/

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