Viele VIP-Auftritte bei großen Rathaus-Events. Der Männerchor der Hamburger Liedertafel von 1823 auf der Jungfernbrücke zwischen Speicherstadt und St. Katharinen. © Privat
Verjüngungschor

Hamburgs ältester Männerchor, die Hamburger Liedertafel von 1823, sucht Nachwuchs – und bereitet ihr großes 200. Jubiläum in 2023 vor

Der älteste Männerchor Hamburgs, die Hamburger Liedertafel, hat ein Problem. HafenCity-Bewohner Prof. Helmut Gärtner bringt es auf den Punkt: „Wir haben das Problem, dass wir keinen Nachwuchs finden.“ Der 75-jährige emeritierte Professor der Umweltpädagogik singt für sein Leben gern und teilt diese Leidenschaft mit vielen Mitstreitern seiner Generation. Gärtner ist seit über zehn Jahren Sänger der Liedertafel, die auf eine fesselnde und traditionsreiche Geschichte zurückblickt. Die Uraufführung des Deutschlandliedes im Jahr 1841 geht ebenso zurück auf den Chor, wie die vom Gründer Albert Methfessel komponierte Hamburg-Hymne Hammonia, die der Chor 1828 zum ersten Mal sang.
Foto oben: Viele VIP-Auftritte bei großen Rathaus-Events. Der Männerchor der Hamburger Liedertafel von 1823 auf der Jungfernbrücke zwischen Speicherstadt und St. Katharinen. © Privat

Der Männerchor der Hamburger Liedertafel von 1823 auf dem Festplatz vor der Hauptkirche St. Katharinen.© Privat
Der Männerchor der Hamburger Liedertafel von 1823 auf dem Festplatz vor der Hauptkirche St. Katharinen.© Privat

In zwei Jahren feiert die Liedertafel das 200. Jahr ihres Bestehens mit einem Jubiläumskonzert in der Elbphilharmonie. Anvisiert hat der Chor den 17. Juni 2023 mit einer Matinee im großen Saal. Das Datum ist ebenfalls geschichtsträchtig, da dieser Tag bis 1990 der Nationalfeiertag von Deutschland war. Bis zum Jubiläumstag möchte der Chor sich deutlich verjüngen und geht den Neuaufbruch und die Zukunftsvision mit dem Projekt „Join“ an. Join steht für die Integration des jungen Chores „Bengelsstimmen“, einer Gruppe junger Männer um die 25, die erst seit wenigen Jahren zusammen singen. Gefunden hat sich der junge Chor durch Zufall, als zwei Freunde, Rico Schneider und Jesse Früchtenicht, nachts unterwegs mit der U-Bahn in Hamburg waren, anfingen zu singen und plötzlich das ganze Abteil mitsang. „Das hat uns so viel Spaß gemacht, dass wir am nächsten Tag mit der Planung für einen Chor angefangen haben.“, sagt Jesse Früchtenicht.

Seit Mai 2019 proben die Bengelsstimmen in der Kirche St. Katharinen, dem Ort, den die Männer der Hamburger Liedertafel schon lange als ihr zu Hause bezeichnen. Gunter Wolf, Chorleiter der Liedertafel freut sich auf den Zuwachs und sagt: „Wir haben noch nicht zusammen geprobt, aber das soll sich bald ändern.“ Wolf, der in diesem September seinen 80. Geburtstag in Dänemark feierte, betont „Beide Chöre sollen eigenständig bleiben.“ Und weiter: „Es gibt aber Überschneidungen, da ein Mitglied von uns auch bei den Bengelsstimmen singt.“

Das Publikum des Männerchores bildet die ganze Bandbreite der hamburgischen Gesellschaft ab. Ob zu offiziellen Anlässen von Senat und Bürgerschaft oder vor Politikern und Honoratioren oder vor syrischen Flüchtlingen – immer schaffen es die Männer, Gänsehautmomente zu erzeugen. „Es war berührend, die Tränen in den Augen der Flüchtlinge zu sehen, als sie uns zuhörten“, sagt Prof. Hartmut Gärtner. © Privat
Das Publikum des Männerchores bildet die ganze Bandbreite der hamburgischen Gesellschaft ab. Ob zu offiziellen Anlässen von Senat und Bürgerschaft oder vor Politikern und Honoratioren oder vor syrischen Flüchtlingen – immer schaffen es die Männer, Gänsehautmomente zu erzeugen. „Es war berührend, die Tränen in den Augen der Flüchtlinge zu sehen, als sie uns zuhörten“, sagt Prof. Hartmut Gärtner. © Privat

Für viele aktive Mitglieder stellt der Chor einen wichtigen Bestandteil ihres sozialen und gesellschaftlichen Lebens dar und verhindert eine Vereinsamung im Alter. Durch die Pandemie konnten viele Proben und Konzerte nicht stattfinden und verschärften somit die Einsamkeit und die Isolation. Die Proben durch Video-Konferenzen waren zwar hilfreich in der Krise, aber ersetzen konnten sie die Zusammenkünfte der Chorgemeinschaft nicht wirklich. Helmut Gärtner blickt dennoch mit Zuversicht nach vorne und sagt: „Wir setzen nun einen Prozess in Gang, uns besser kennen zu lernen.“ 

Er spricht mit Begeisterung von den Bengelsstimmen, die bei einer der ersten Begegnungen beider Chöre gleich mal mit einem Stück von Mozart begonnen haben. Aber auch die Hamburger Liedertafel ist immer für eine Überraschung gut. Neben vielen Klassikern der Musikgeschichte, punkten die Männer bei ihrem Publikum beispielsweise mit Liedern von Udo Jürgens, die sie mit ins Repertoire aufgenommen haben. Unter der Leitung von Gunter Wolf schmettern die Männer der Liedertafel vierstimmig das Lied „Ein ehrenwertes Haus“, das Ralph Siegel 1975 produzierte.

Das Publikum des Männerchores bildet die ganze Bandbreite der hamburgischen Gesellschaft ab. Ob zu offiziellen Anlässen von Senat und Bürgerschaft oder vor Politikern und Honoratioren oder vor syrischen Flüchtlingen – immer schaffen es die Männer, Gänsehautmomente zu erzeugen. „Es war berührend, die Tränen in den Augen der Flüchtlinge zu sehen, als sie uns zuhörten“, sagt Professor Gärtner. „Und dass, obwohl sie unsere Sprache kaum verstehen“, fügt er hinzu. Die Sprache der Musik ist universell und wird über Sprachbarrieren hinweg verstanden.

Die Hamburger Liedertafel hat in ihrer fast 200-jährigen Geschichte einige Krisen und Kriege überlebt und ist ein lebendiger Beitrag zur kulturellen Identität Hamburgs. Mit seinem sozialen Engagement und der musikalischen Qualität hat der Chor Maßstäbe gesetzt hat. Diese Tradition fortzusetzen ist den Männern wichtiges Anliegen. Deshalb sucht die Hamburger Chorgemeinschaft engagierte Menschen, die sie in vielerlei Hinsicht unterstützen können. Dringend gesucht wird dabei gesanglicher Nachwuchs und auch jedwede finanzielle Unterstützung ist gern gesehen.Matthias Schinck

Das Logo der Engelsstimmen. © Engelsstimmen

Stimmen gesucht 

Die Chöre Hamburger Liedertafel und Bengelsstimmen suchen dringend jungen und jugendlichen Nachwuchs. Gesucht werden erwachsene Männer in allen Stimmlagen, die Lust und Freude haben zu singen und auch gerne vor großem Publikum zu ganz besonderen Ereignissen in Hamburg gemeinschaftlich auftreten möchten. 

Folgende Kontaktmöglichkeiten gibt es: Hamburger Liedertafel von 1823 www.hl1823.de Der Chor probt dienstags von 19:15 bis 21:15 Uhr im 
Chorraum des Turmes der Hauptkirche St. Katharinen. Ansprechpartner sind Gerhard Pfeiffer, T. 040-399 992 11 oder 0171-785 24 17welcome@hamburgerliedertafel.de; oder auch Helmut Gärtner unter helmutgaertner1@gmail.com.
Für die Bengelsstimmen über Jesse Früchtenicht und Rico Schneider, www.instagram.com/bengelsstimmen oder www.facebook.com/Bengelsstimmen

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