Mobilität. Autoschlangen am Wochenende, gefährlich schmale Radspuren und ein schwerer Unfall bestimmen das unsichere Verkehrsklima nach der Eröffnung des Westfield-Centers
Montagnachmittag, der 16. Juni 2025: Auf der Straße Am Sandtorpark, nur wenige Meter vom Eingang des Westfield Überseequartiers entfernt, wird eine Frau von einem Auto erfasst. Sie wollte offenbar bei Grün die Straße überqueren, als der Fahrer eines abbiegenden Fahrzeugs sie übersah – und sie mit vermutlich zu hoher Geschwindigkeit frontal erfasste. Die Fußgängerin wurde dabei mehrere Meter durch die Luft geschleudert und schwer verletzt.
Foto oben: Ein Pkw erfasste eine Fußgängerin an der Kreuzung Überseeallee/Sandtorpark am Westfield-Überseequartier. © Winfried Vaassen
Es ist ein erschütternder Vorfall – und einer, der leider nicht isoliert steht. Seit der Eröffnung des Westfield Hamburg-Überseequartiers im April häufen sich Berichte über gefährliche Verkehrssituationen im Quartier, die glücklicherweise häufig glimpflich ausgehen. An den Wochenenden kommt es regelmäßig zu Staus auf den Haupt- und Nebenstraßen, Busse bleiben stecken, Rettungsfahrzeuge kommen nur noch mit Mühe durch. Der An- und Abreiseverkehr zum Einkaufszentrum führt zu starken Belastungen für den gesamten Stadtteil.
Wenn dann – wie häufig geschehen in den letzten Wochen – noch zusätzlicher Umgehungsverkehr hinzukommt, weil zum Beispiel die A7 gesperrt ist, kommt der Verkehr im Stadtteil häufig völlig zum Erliegen. Trotz öffentlicher Bekundungen bleibt eine Reaktion der verantwortlichen Stellen bisher weitgehend aus. Man beschränkt sich auf die Analyse der Situation, währenddessen passieren leider aber Unfälle, wie dieser am Montagnachmittag als Folge schlechter Verkehrsplanung.

Ein Blick auf die politische Ebene zeigt ein widersprüchliches Bild. Die Hoffnungen vieler Anwohner:innen lagen zuletzt auf den neuen Koalitionsverträgen – sowohl im Senat als auch im Bezirk Hamburg-Mitte. Doch was dort nun schwarz auf weiß vereinbart wurde, ist für viele ein Rückschritt.
An den Wochenenden kommt es regelmäßig zu Staus auf den Haupt- und Nebenstraßen, Busse bleiben stecken, Rettungsfahrzeuge kommen nur noch mit Mühe durch. Der An- und Abreiseverkehr zum Einkaufszentrum führt zu starken Belastungen für den gesamten Stadtteil.
So wird im neuen Koalitionsvertrag des Hamburger Senats erneut festgeschrieben, dass Tempo 50 die Regelgeschwindigkeit bleiben soll – eine Entscheidung, die vielerorts als Missachtung der Erkenntnisse zur Verkehrssicherheit gewertet wird. Auch der Koalitionsvertrag der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte übernimmt diese Entscheidung wörtlich und enthält ansonsten wenig Neues zur Förderung von Rad- und Fußverkehr – stattdessen wird das Auto im Koalitionsvertrag als „relevantes Verkehrsmittel“ gesondert hervorgehoben.
Dass es in Hamburg weiter an grundlegenden Verbesserungen für den Radverkehr fehlt, zeigt auch der aktuelle ADFC-Fahrrad-Klimatest, der im Juni veröffentlicht wurde. Demnach bleibt die Gesamtzufriedenheit der Radfahrenden in der Hansestadt mit der Schulnote 4,0 auf niedrigem Niveau – eine Verbesserung gegenüber der Befragung aus 2022 ist ausgeblieben. Im Vergleich mit anderen Städten mit über 500.000 Einwohnern hat sich Hamburg sogar um einen Platz verschlechtert und landet nun auf Rang sieben.
Neben schlechter Unterhaltung der Radwege und dem hohen Risko von Fahrraddiebstählen sehen viele Radfahrer:innen in Hamburg die unzureichende Breite der Radwege, die fehlenden Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen und Konflikte mit Kfz besonders kritisch. Gerade in der HafenCity, einem Stadtteil, der auch als Modellquartier für urbane Mobilität gelten sollte, sind diese Probleme besonders offensichtlich – und angesichts des weiter steigenden Verkehrsaufkommens rund um das Westfield-Center und aufgrund des Durchgangsverkehrs gefährlicher denn je.
Die HafenCity ist ein weiterhin stark wachsender Stadtteil. Laut Zahlen des Statistikamts Nord aus dem Jahr 2023 liegt die HafenCity unter sämtlichen Hamburger Stadtteilen bei dem prozentualen Anteil der Haushalte mit Kindern mit 27,1 Prozent bereits auf Platz zwei. Es kommen mit jedem fertiggestellten Bau mehr Einwohner:innen, mehr Berufspendler:innen, mehr Besucher:innen und mehr Touristen hinzu – wodurch sich die Herausforderungen im Verkehr deutlich erhöhen. Doch während sich die Realität verändert, bleibt die Verkehrspolitik abwartend und träge. Schwer verletzte Fußgängerinnen, blockierte Straßen und ungeschützte Radfahrende sind keine Einzelfälle, sondern Symptome eines Problems, das sich nicht länger ignorieren lässt.
Die Stadt, der Bezirk Hamburg-Mitte und die HafenCity Hamburg GmbH sind nun gefragt, aus der Erkenntnis endlich konkrete Schritte zu machen. Die Sicherheit der Menschen im Quartier darf nicht weiter dem Verkehrsfluss geopfert werden. Lutz Metterhausen