Wahl 2025.Zur Bürgerschaftswahl in Hamburg am 2. März tritt Heike Sudmann von der Linken als Spitzenkandidatin an. Mit welchen Themen will sie die Wähler:innen überzeugen?
Frau Sudmann, Sie spielten mit dem Gedanken, der operativen Politik tschüss! zu sagen. Jetzt haben Sie sich anders entschieden. Warum? Als ich noch Monate nach meiner Corona-Erkrankung in 2022 das Gefühl hatte, mein Elan kommt nicht wieder, wollte ich aufhören. Glücklicherweise bin ich seit gut einem Jahr wieder voller Kraft. Und die Politik des Hamburger Senats in puncto Stadtentwicklung und Verkehr läuft so falsch, dass ich einfach weiter für sinnvolle Alternativen in der Bürgerschaft streiten muss.
Foto oben: Heide Sudmann, Die Linke, möchte Hamburg gerechter organisieren und Hamburger:innen bezahlbares Wohnen ermöglichen: „In Billstedt stirbst du zehn Jahre früher als in Blankenese. Das zu ändern ist in einer Stadt mit über 40.000 Millionär:innen und einer sehr hohen Armutsquote keine Träumerei, sondern ein wichtiger Baustein für den Zusammenhalt der Gesellschaft.“
Sie treten zur Bürgerschaftswahl am 2. März als Spitzenkandidatin der Linken an. Aktuell verliert Die Linke nach jüngster Umfrage 2,3 Prozent, und das BSW von Sahra Wagenknecht erzielt aus dem Stand vier Prozent – als Trend. Warum tun Sie sich das an? Lieben Sie Niederlagen?
Politik machen ist für mich keine Strafe, sondern eine Überzeugung. Viele Hamburger:innen schätzen unsere gute Bürgerschaftspolitik und werden uns auch gerne wählen, wie ich aus unzähligen Gesprächen und Veranstaltungen weiß. Sollten wir etwas weniger als die 9,1 Prozent vom letzten Mal bekommen, ist das schade, aber keine Niederlage.
Sie fordern als Die Linke unter anderem „niedrige Mieten und hohe Löhne“. Wie wollen Sie Vermieter zu weniger Umsatz und die schwache Wirtschaft zu höheren Lohnkosten motivieren?
Wohnungsunternehmen wie Vonovia, Heimstaden und andere Versicherungen und Rentenfonds, die in „Betongold“ investieren und aus den Mieten Gewinne für ihre Aktionär:innen und Gesellschafter:innen erzielen wollen, werden nicht freiwillig die Miete senken. Deshalb brauchen wir einen gesetzlichen Mietendeckel, der die Miethöhe auf das Maß begrenzt, das wirklich für die Unterhaltung und Instandsetzung der Wohnungen nötig ist.
„Vom Elbtower und der Kühne-Oper halte ich rein gar nichts. Der Elbtower war von Anfang ein verfehltes Projekt und diente einzig und allein dem Streben von Olaf Scholz (dem damaligen Ersten Bürgermeister, Anm. d. Red.), sich ein Denkmal zu setzen. Die Herren Becken und Kühne als neue Investoren sind nicht mit dem windigen Pleitier René Benko zu vergleichen. Doch ihr Problem ist das gleiche: Sie finden nicht genug Mieter:innen für die Büro- und Hotelflächen.“
Heike Sudmann
Die Mieter:innen haben dann wieder mehr Geld zum Leben – und auch für Konsum, was zusammen mit einer Anhebung des Mindeststundenlohns auf 15 Euro die Wirtschaft ankurbelt. Außerdem werden Handwerk und Wirtschaft davon profitieren, wenn mehr Geld in die dringend notwendige Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur gesteckt wird.
Sind Ihre Zielgruppe linke Gerechtigkeitsträumer, oder sind Sie vor allem gegen das BSW von Sahra Wagenknecht?
Weder noch, was für eine Frage. Das BSW ist für Hamburg ein Phantom, kein Mensch weiß bisher, was deren Ziele für Hamburg sind. Die Linke steht seit ihrer Gründung für soziale Gerechtigkeit. Wir finden uns nicht damit ab, dass zum Beispiel Schulbildung und Gesundheit immer noch vom Geld abhängen. In Billstedt stirbst du zehn Jahre früher als in Blankenese. Das zu ändern ist in einer Stadt mit über 40.000 Millionär:innen und einer sehr hohen Armutsquote keine Träumerei, sondern ein wichtiger Baustein für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Sie sind „für Klimaschutz und nachhaltigen Verkehr“. Was können Sie, was der grüne Umwelt- und Mobilitätswende-Senator nicht kann?
Wir zeigen Rückgrat im Kampf gegen die Erderwärmung und Klimakrise, indem wir nicht zurückweichen, wenn der Autoverkehr mit seinem großen CO₂-Ausstoß reduziert werden muss. Wir wollen möglichst schnell gute und bequeme Alternativen zum Auto in Hamburg schaffen. Die geplante U-Bahn 5 wird frühestens in 20 Jahren fertig. Deshalb wollen wir ein neues Straßenbahnnetz für Hamburg schaffen, das in weniger als zehn Jahren und für einen Bruchteil der U5-Kosten weite Teile Hamburgs erschließt. Bis dahin brauchen wir mehr Busse, die auch, wo immer möglich, auf eigenen Busspuren fahren. Und selbstverständlich braucht es mehr und breitere Fuß- und Radwege, nicht nur einige Vorzeigeprojekte.
„Als Bürgermeisterin von Hamburg würde ich zuallererst würde ich ein 100-Tage-Programm auflegen, um Obdachlose von der Straße zu holen, einen Mietendeckel aufzulegen, der Armut bei jungen und alten Menschen zu begegnen und Eltern mit ihren Kindern sichere Zugänge zu Betreuung und Bildung anzubieten.“
Heike Sudmann
Wie fällt Ihre Bilanz des Tschentscher-II-Senats aus? Was war der größte Fehler und was die wichtigste Tat? Mit dem Festhalten am Drittel-Mix sind in Hamburg mehr als zwei Drittel teure Wohnungen neu gebaut worden. Dadurch und durch den fehlenden Kampf gegen überhöhte Mieten und Mietwucher ist der Hamburger Mietenspiegel weiter in die Höhe geschossen.
Der Senat hat sich mit der Volksinitiative „Keine Profite mit Boden und Miete“ geeinigt und dadurch den Ausverkauf städtischer Grundstücke gestoppt und einen ersten Schritt in dauerhaft günstige Wohnungen getan. Das ist gut so!
Die Stadtplanung und Stadtentwicklung sind Ihre Leidenschaft. Was halten Sie vom offenbar nun fertig werdenden Elbtower und der möglichen neuen Oper von Investor Klaus-Michael Kühne auf dem Baakenhöft? Rein gar nichts. Der Elbtower war von Anfang ein verfehltes Projekt und diente einzig und allein dem Streben von Olaf Scholz (dem damaligen Ersten Bürgermeister, Anm. d. Red.), sich ein Denkmal zu setzen. Die Herren Becken und Kühne als neue Investoren sind nicht mit dem windigen Pleitier René Benko zu vergleichen. Doch ihr Problem ist das gleiche: Sie finden nicht genug Mieter:innen für die Büro- und Hotelflächen.
Entgegen aller Versprechungen und Vertragsbedingungen, keine öffentlichen Mittel einzusetzen und keine Flächen für die Stadt anzumieten, erwägt der Senat jetzt, das Naturkundemuseum dort unterzubringen. Damit nicht genug, soll Herr Kühne auch noch ein Grundstück für die Oper auf dem Baakenhöft geschenkt bekommen, das die Stadt vorher für zig 100 Millionen Euro baureif macht. Der Senat macht sich einmal mehr zur Schutzmacht für Investor:innen und schert sich nicht um die Belange einer nachhaltigen Stadtentwicklung.
Was war der wichtigste Erfolg von Ihnen in der Bürgerschaftsopposition? Die Verhinderung Olympischer Spiele in der Stadt zugunsten des IOC, der Stopp der Privatisierung von SAGA-Wohnungen, die Enquetekommission „Kinderschutz und Kinderrechte weiter stärken“ und der Untersuchungsausschuss zum Cum-Ex-Skandal und der Rolle von Olaf Scholz und der SPD darin.
Sie sind Erste Bürgermeisterin und können ohne Hindernisse entscheiden und anordnen: Was machen Sie? Zuallererst würde ich ein 100-Tage-Programm auflegen, um Obdachlose von der Straße zu holen, einen Mietendeckel aufzulegen, der Armut bei jungen und alten Menschen zu begegnen und Eltern mit ihren Kindern sichere Zugänge zu Betreuung und Bildung anzubieten. Dazu gehört ein breit angelegtes Konzept für Beteiligung und Mitsprache der Zivilgesellschaft an allen politischen Entscheidungen.
Interview: Wolfgang Timpe