HCZ-Gespräch. Der Filialdirektor der Sydbank in der HafenCity, Axel Grühn, über künstliche Intelligenz, Business-Frühstück mit Mittelständlern und dänische Identität
Manchmal ist es eine Freude, wenn Klischees sich im wirklichen Leben mit Bedeutung aufladen. Dänen gelten halt als lässig, im Zweifel heiter und vor allem: hygge. Doch gilt das auch für den Businessbereich und hier besonders im grundsätzlich eher verschwiegenen Bereich des Private Banking? Ja, jedenfalls bei der Sydbank und ihrem Filialdirektor Axel Grühn in der HafenCity, direkt gegenüber der Elbphilharmonie am Sandtorhafen gelegen.
So wurden wir als HafenCity Zeitung als „Nachbarn vor Ort“ eingeladen, an einem „KI-Frühstück“ mit am Thema interessierten Sydbank-Kunden teilzunehmen. So unkompliziert wie die Kommunikation mit Sydbank-Leiter Axel Grühn ist, so dänisch strahlen die Sydbank-Mitarbeiter eine gewinnende Zugewandtheit gegenüber Gästen aus. Lesen Sie mal, was Axel Grühn von KI und der HafenCity hält. Das Gespräch:
Herr Grühn, die dänische Sydbank ist seit 2012 in der HafenCity an den Magellan-Terrassen zu Hause. Sie sind seit zehn Jahren ihr Filialdirektor. Wie fällt Ihre Standort- und Quartiers-Bilanz aus? Es gibt keinen besseren Standort als die HafenCity für unsere Bank in Hamburg. Die Entscheidung, seinerzeit von der Deichstraße hierher umzuziehen, war und ist noch immer goldrichtig. Wir passen zum Aufbruch und der Offenheit dieses Stadtteils, aber auch zum weltweiten Handelsplatz und zur Internationalität. Außerdem sind wir mit diesem Standort sichtbar.
Foto oben: Filialdirektor Axel Grühn über die Sydbank-DNA der Mitarbeiter:innen am Standort Magellan-Terrassen: „Vertrauen und Akzeptanz sowie Respekt verbunden mit einer ordentlichen Portion Neugier und Pragmatismus sind unser Selbstverständnis im Umgang mit den Menschen.“ © Catrin-Anja Eichinger
Alle 18 Mitarbeiter der Sydbank-Filiale Am Sandtorkai sind zweisprachig, dänisch und deutsch, und viele sind Dänen oder haben einen dänischen Kulturhintergrund. Was hat die Sydbank, was andere Private-Banking-Häuser und Kundenbanken nicht haben? Unsere dänische Identität ist uns tatsächlich sehr wichtig. Das geht weit über die dänische Sprache hinaus und hat über die skandinavische Mentalität auch direkten Einfluss auf unser Verhalten und den Umgang mit Menschen. Vertrauen und Akzeptanz sowie Respekt verbunden mit einer ordentlichen Portion Neugier und Pragmatismus sind unser Selbstverständnis im Umgang mit den Menschen.
Im kommenden Jahr ist Ihr Haus seit 40 Jahren in Hamburg – und seit zwölf Jahren in der HafenCity. Warum haben Sie als Sydbank diesen Standort gewählt? Ja, im nächsten Jahr feiern wir 40-jähriges Jubiläum in Hamburg. Den Termin im Sommer geben wir gern rechtzeitig bekannt. Nach der ersten Filialeröffnung der Sydbank Flensburg im Jahr 1984 war ein Jahr später die Entscheidung für Hamburg ganz leicht, weil hier mit seiner mittelständischen Wirtschaft und mit vermögenden Privatpersonen unsere Kunden zu Hause sind.
Sie bezeichnen sich als Spezialisten für skandinavische Kapitalmärkte. Welches Profil haben Ihre Kunden, und warum sind sie bei Ihnen und nicht bei Wettbewerbern? Für Kunden, die eine langfristige Kundenrelation und einen Sparringspartner suchen, der ihnen Anlagethemen einfach und übersichtlich darstellt, sind wir der Partner bei der Vermögensanlage in Hamburg. Wir sind ein kompetentes und motiviertes Team mit einer langen Betriebszugehörigkeit. Wir haben einen globalen Blick auf die Märkte, und unsere Kernkompetenz liegt in Skandinavien, unter anderem im Bereich der dänischen Anleihen (Rating AAA) sowie im Analysebereich des attraktiven dänischen Aktienmarktes (zum Beispiel Novo Nordisk). Die dänische Wirtschaft ist stark, und sie bildet auch zukünftig einen guten Ausgangspunkt für skandinavische Assets in jedem Portfolio.
Der Fokus der Investitionssummen beginnt ab 250.000 Euro aufwärts. Sind Sie eine Bank für Superreiche beziehungsweise mittelständische Großunternehmen mit Milliardenumsätzen? Das sind wir nicht. Unsere Kunden kommen aus dem Mittelstand: 95 Prozent unserer Kunden sind Familienunternehmen und Privatanleger aus Deutschland. Unter unseren Kunden ist die Bereitschaft, uns weiterzuempfehlen, enorm hoch. Ich glaube, von dieser Quote träumen andere Banken hier am Platz. Wir müssen also einiges richtig machen, und das tun wir in Fragen der sinnvollen Vermögensanlage für die gesamte Breite aller Kunden.
Ein Kundenschwerpunkt sind häufig familiengeführte Traditionsunternehmen, die in dritter oder vierter Generation geführt werden. Wie unterscheidet sich diese Kundenbetreuung von einem Börsenjunkie? Wir sind nicht die Bank für Konzerne. Wir schätzen den Kontakt zu den Familienunternehmen, häufig in langer Tradition, und zu den Menschen und ihren Werten. Wir wissen, dass unaufgeregte und solide Bankpartner im Mittelstand dauerhaft gefragt bleiben. Wenn dies dann noch mit Professionalität, Flexibilität und Verlässlichkeit gepaart wird, ist der Weg zu uns schnell gefunden. Bei unseren Mitarbeitern haben wir so gut wie keine Fluktuation, auch diese Kontinuität hat einen Wert, den unsere Kunden sehr schätzen.
Sie veranstalten in Ihren Räumen immer wieder ein Unternehmer:innen-Frühstück, bei dem geladene Experten Ihren Kunden aktuelle Business- und Zukunftstrends vorstellen. Was kann ein Frühstück, was ein persönliches Beratungsgespräch nicht kann? Am liebsten sind uns Themen, die nicht zwangsläufig mit einer Bank in Verbindung gebracht werden, die aber eine aktuelle Relevanz für unsere Kunden und Zielkunden haben. Neben dem Inhalt geht es um Vernetzung und den direkten Austausch untereinander. Und ab zehn Uhr darf dann jeder Teilnehmer gern wieder gut gestärkt zurück an seinem Arbeitsplatz sein ;-).
Ein großes Bankerthema und auch Ihre persönliche Leidenschaft sind mittelständische Unternehmen, die Sie als Bank mit in die Zukunft begleiten wollen – zum Beispiel beim Thema KI, künstliche Intelligenz. Gerade haben Sie dazu als Sydbank zusammen mit der Kanzlei Esche Schümann Commichau aus der HafenCity und dem KI-Berater und Venture-Kapital-Aufbauer AI Group als Referenten ein „KI-Frühstück“ veranstaltet. Wie kam KI bei Ihren Kunden, unter anderem aus der Schifffahrts-, Bau- oder Handelsbranche, an? Inhaltlich hat inzwischen jeder Unternehmer verstanden, dass das Thema KI nicht ausgesessen werden kann. Aber wie kann es ganz konkret im eigenen Unternehmen angegangen werden? Bottom-up wünscht sich jeder Familienunternehmer, aber ein paralleler Top-down-Ansatz muss aus der Erfahrung parallel unbedingt erfolgen. Die Diskussion unter den Teilnehmern war auch hier am wertvollsten, und starten sollte man immer mit den berühmten schnellen Erfolgen, die rasch gefunden sind.
Muss man konservative Mittelständler bei KI zum Jagen tragen? Nein. Aber die bereits zitierte Neugier hilft auch beim Thema KI.
Der KI-Referent sprach davon, dass wir alle ein Teil der sogenannten vierten Industriellen Revolution seien und vor allem erstmals nachhaltig „Wissen automatisiert“ würde, also der Mensch ersetzbar werde. Wie stellt sich die Sydbank auf Roboter als Gesprächspartner ein, die zum Beispiel die E-Mail-Kommunikation in Unternehmen künftig übernehmen? Dieses wird es mit uns in Deutschland nicht geben. Für uns ist der persönliche Kontakt das Fundament der Zusammenarbeit. Viel individuelle Kommunikation statt Call-Center – das macht bei uns den Unterschied zu anderen Banken aus. Aber natürlich gibt es viele Bereiche in einer Bank außerhalb der Kundenbeziehungen, bei denen uns sinnvolle KI-Anwendungen sehr gut unterstützen können.
Sind die KI-Unternehmens-Visionen für gestandene Hamburger Mittelständler nicht eher ein Albtraum, weil die Berater sich eine goldene Nase verdienen und in Wahrheit zum Beispiel das internationale Handelsgeschäft in bestimmten Branchen und auf verschiedenen Kontinenten immer noch vorwiegend über Formulare und Zettelwirtschaft funktioniert, etwa im weltweiten Rohstoffhandel? Das glaube ich nicht. KI ist gekommen, um zu bleiben. Und die Dynamik wird in den nächsten Jahren noch erheblich zunehmen. Je früher sich das Unternehmen darauf einstellt, umso besser. Und bitte nicht vergessen, die bestehenden Mitarbeiter bei diesem so wichtigen Thema mitzunehmen.
Beginnt für Ihre Kunden das Thema KI nicht schon vorher, indem das gesamte Unternehmen digitalisiert werden muss, damit KI arbeiten kann? Digitalisierung ist sicherlich wichtig und hilft allgemein beim Thema der Umsetzung und bei der Schnelligkeit. Aber nicht vergessen: Für schnelle Erfolge mit KI gibt es selbst mit unstrukturierten Daten eines Unternehmens bereits jetzt schon gute Lösungen.
Sind Ihre Kunden, unter anderem Hamburger Mittelständler, technisch fit für die Zukunft? Die Antwort des Juristen: Es kommt darauf an. Wichtig ist es, das Thema vonseiten der Führung zu adressieren und zu bewegen. Die Firmen, die nicht aktiv werden, werden im Zeitverlauf scheitern.
Häufig wird beim Modethema KI vernachlässigt, dass – wie bei allen industriellen Revolutionen – massiv Arbeitsplätze wegfallen. Wie ermutigt man Mitarbeiter:innen mitzumachen, Teil des Transformationsprozesses zu werden und sich nicht als „Verlierer“ zu fühlen? Dies ist das wichtigste Thema für Unternehmer bei der Ausrichtung zu und mit KI. Alle Mitarbeiter mitzunehmen erfordert einen klaren und offenen Dialog, um bestehende Ängste gerade zum Thema des Arbeitsplatzabbaus zu begegnen. Familienunternehmen wissen um ihre Verantwortung für ihre Belegschaft und werden versuchen, durch Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen möglichst alle Mitarbeiter mitzunehmen. Für den bereits bestehenden Fach- und Arbeitskräftemangel kann KI übrigens eine abmildernde Lösung sein. Der Wegfall von gesamten Arbeitsprofilen muss übrigens nicht zwangsläufig mit Entlassungen einhergehen, wie von einigen Konzernen schon praktiziert. Es kann auch versucht werden, die natürliche Fluktuation im Unternehmen beziehungsweise den anstehenden Übergang der sogenannten Boomer-Generation in den wohlverdienten Ruhestand zu nutzen. Ich bin mir ganz sicher, dass sich Familienunternehmen ihrer Verantwortung auch in diesem Bereich bewusst sind.
Beschäftigt die Sydbank heute schon Avatare für Routineanfragen? Wir haben die ersten Roboter, die uns von nervigen, wiederkehrenden Aufgaben frei halten. Auch unsere IT ist einer der Bereiche, die derzeit besonders stark wachsen.
Bei Ihrem KI-Frühstück ist unter anderem deutlich geworden, dass die Unternehmen, die heute schon stark digitalisiert sind und teilweise schon KI-basiert arbeiten, wesentlich in die Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiter:innen investieren. Und sie sind offenbar vor allem dann erfolgreich, wenn das digitale Unternehmenswissen für alle transparent ist und von allen, unabhängig von Hierarchien, genutzt werden kann. Kann künstliche Intelligenz zu demokratischer Unternehmenskultur führen, oder ist das nur eine Fantasie? Kultur ist Verhalten! Ich bin mir sicher, dass KI keine basisdemokratischen Unternehmen kreieren wird. Aber – wie schon zitiert – das Verhalten und die Transparenz zu den Mitarbeitern zur Ausrichtung und zu Zielen sowie den Unternehmenswerten wird sich zwangsläufig ändern. Kommunikation ist und bleibt hierbei der ganz zentrale Schlüssel zum Erfolg.
Zum Schluss eine analoge Frage: Wie und wo machen Sie diesen Sommer Urlaub? Und schalten Sie Ihr Handy aus? Ich freue mich auf den anstehenden Sommerurlaub mit drei Generationen in den Bergen. Unsere Tochter, Schwiegereltern und wir. Der Laptop bleibt zu Haus, dass darf ich Ihnen versprechen. Mein Handy bleibt zumindest tagsüber im Tal, aber das meiner Tochter ist fest mit ihrem Körper verwachsen ;-).
Das Gespräch führte Wolfgang Timpe