Interview. Mit Jan Engelshowe, im Vorstand Quartiersmanagement HafenCity e. V. (QM), und Julia Hergert, QM-Geschäftsstellenleiterin, sprach die HCZ über Anwohnerwünsche, einen öffentlichen Veranstaltungskalender und wachsende Angebote im Stadtteil
Die HafenCity wächst – und auch die Bedürfnisse der Anwohner:innen wie der hier Arbeitenden und Gewerbetreibenden: nach Information, Austausch, Vernetzung und gemeinsamen Aktivitäten. Dafür ist seit Sommer 2023 der private Verein Quartiersmanagement HafenCity e. V. zuständig, der durch vertraglich festgelegte Abgaben von Wohneigentümer:innen, Gewerbetreibenden oder Baugemeinschaften und Baugenossenschaften sowie von freien Mitgliedern finanziert wird. Nach monatelangen Vorbereitungen ist inzwischen im Grasbrookpark vom Verein das erste gelbe Gemeinschaftshaus mit Kiosk eröffnet worden, und Anfang 2026 soll das zweite, das rote im Baakenpark, folgen. Darüber, dass der Verein jetzt ins Laufen kommt, haben wir mit dem Vorstand Jan Engelshowe und der Geschäftsstellenleiterin Julia Hergert gesprochen.
Foto oben: Freuen sich über die Einweihung des Sportplatzes Hafenkante im Oberhafen, dessen Belegung der Quartiersmanagement HafenCity e. V. managt: Vorstand Jan Engelshowe und Geschäftsstellenleiterin Julia Hergert vor dem gelben Gemeinschaftshaus im Grasbrookpark. © Catrin-Anja Eichinger
Frau Hergert und Herr Engelshowe, in der HafenCity gibt es das Netzwerk HafenCity e. V. und viele öffentlich genutzte Gemeinschaftsflächen von Baugemeinschaften, die kulturelle, soziale und informative Veranstaltungen für alle bieten. Warum gibt es seit September 2023 den Verein Quartiersmanagement HafenCity e. V. und seit Jahresbeginn das gelbe Gemeinschaftshaus im Grasbrookpark? Sind Sie Konkurrenten?
Julia Hergert: Wir sind natürlich keine Konkurrenten des Netzwerks HafenCity und der bestehenden Aktivitäten oder Initiativen in der HafenCity. Wir kennen sie gut und sind gut mit ihnen vernetzt. Im Gegenteil: Wir sind glücklich, dass es das Netzwerk HafenCity e. V. und andere Initiativen hier im Stadtteil schon gibt, sie machen wertvolle Arbeit. Wir möchten diese mit der Arbeit des Quartiersmanagements (QM; Anm. d. Red.) ergänzen und unsere Strukturen und Ressourcen einfach noch mit auf den Tisch legen, um den Stadtteil noch lebenswerter zu machen. Und mit den von Ihnen angesprochenen Baugemeinschaften gehen wir gerade in Gespräche, um deren Angebote wie auch alle anderen Aktivitäten noch transparenter zu machen. Kommunikation ist eine der wichtigsten Aufgaben des QM.
Jan Engelshowe: Ich kann das alles nur unterstreichen. Wir sind unter der Verantwortung unserer Geschäftsstellenleiterinnen Frau Hergert und Frau Haller gerade dabei, einen zentralen Veranstaltungskalender für die HafenCity zu entwickeln, in dem am Ende des Tages möglichst alle Aktivitäten und Veranstaltungen von Bewohner:innen, Vereinen, Dienstleistern und Initiativen im Quartier sichtbar werden sollen. Beteiligung und Kommunikation ist für uns eine zentrale Aufgabe. Das kann ich selbst als Mitglied einer Baugemeinschaft unterstreichen. Nicht nur in den Arbeitskreisen des QM entwickeln und begleiten wir Initiativen, sondern es gibt sehr viele engagierte Menschen in der HafenCity, die tolle Angebote machen. Von all diesen soll auch die Stadtteil-Öffentlichkeit erfahren.

Aus den Beiträgen der Mitglieder des Quartiersmanagements stehen jährlich über 400.000 Euro zur Verfügung: zur Finanzierung der Geschäftsstelle und des Dienstleisters ProQuartier Hamburg, der unter anderem die beiden Gemeinschaftshäuser, das gelbe im Grasbrookpark und ab 2026 das rote im Baakenpark, managt, ferner für die Kommunikationsmaßnahmen für die Sichtbarkeit des Vereins wie für Veranstaltungen. Was konnte das QM seit Sommer 2023 umsetzen?
Jan Engelshowe: Die genannten Zahlen können wir nicht bestätigen, aber im Verein legen wir unseren Mitgliedern eine vollständige Transparenz über die Verwendung der Vereinsmittel vor. Der Großteil der Beiträge fließt direkt in konkrete Projekte, etwa Veranstaltungen, Beteiligungsformate und in die Miete und Ausstattung der Gemeinschaftshäuser, die der HCH gehören und die Sie ja eingangs direkt erwähnt haben. Verwaltungskosten halten wir bewusst schlank, weil uns die Wirkung vor Ort am wichtigsten ist. Die Themen und Projekte entstehen dabei nicht am Schreibtisch, sondern kommen direkt aus den Arbeitskreisen – also aus dem Quartier selbst. Insgesamt ist der Start des QM ist sehr gelungen.
Warum?
Jan Engelshowe: Vor allem haben wir neben dem Aufbau der Arbeitskreise im Quartiersmanagement und der Entwicklung des Programms für 2025 erfolgreich das Team von ProQuartier Hamburg, als Dienstleister für uns gewinnen können. ProQuartier ist seit diesem Jahr für die operative Umsetzung des Programms zuständig. Und die von uns vorgesehene regelmäßige Pflege des oben angesprochenen Kalenders wird die Sichtbarkeit von Angeboten im Quartier deutlich erhöhen. Darauf freuen wir uns. Und was das Gemeinschaftshaus im Baakenpark betrifft: Nach unseren Informationen ist der Bauablauf aufgrund von Liefer- und Leistungsschwierigkeiten eines zentralen Gewerks stark verzögert. Wir kennen bisher leider kein konkretes Datum für die Fertigstellung. Bauherrin ist die HafenCity Hamburg GmbH.
Julia Hergert: Besonders wichtig für unsere inhaltliche Arbeit war auch die flächendeckende Umfrage in der gesamten HafenCity, zu der wir 800 Rückmeldungen erhalten haben. Das Feedback der Menschen, die hier wohnen und arbeiten, hat uns wertvolle Hinweise gegeben, was konkret gewünscht ist. Die Ergebnisse sind auf unserer Website veröffentlicht.
Was sind die drei wichtigsten Themenfelder?
Julia Hergert: Das waren unter anderem die fehlenden Informationen über die Aktivitäten, die im Stadtteil stattfinden, über die offenbar nur wenige Bescheid wissen. Das führte zur Umsetzung des jetzt geplanten öffentlich zugänglichen Aktivitätenkalenders. Wichtig waren vielen Teilnehmende der Umfrage auch Dinge für bestimmte Zielgruppen, die zurzeit nicht vorhanden sind, wie etwa Angebote für Schwangere, Eltern und Senioren zu etablieren. Zudem freuen wir uns, dass wir am 20. Juni im Oberhafen den neuen öffentlichen Sportplatz einweihen konnten (Seite 26), für den wir von der Eigentümerin HafenCity Hamburg GmbH (HCH; Anm. d. Red.) als Quartiersmanagement mit der Organisation der Belegung der Sportflächen beauftragt worden sind.
Wie vermeiden Sie die gängige Erfahrung, dass die in der Regel sofort von existierenden Vereinen belegt werden und sich eine öffentliche, freie und spontane Nutzung durch Anwohner:innen schwierig gestaltet?
Julia Hergert: Genau deshalb sind wir als Quartiersmanagement von der HCH damit beauftragt worden. Unser Job wird es auch sein, bestimmte Zeiten für Nutzungen freier Gruppen aus dem Quartier oder auch für Mitarbeiter:innen und Gruppen von Firmen aus dem Stadtteil bereitzuhalten. Es ist ein Sportplatz für alle in der HafenCity!
Wie viele Mitglieder haben Sie aktuell, und was sind wichtige strategische Ziele des Vorstands des QM?
Jan Engelshowe: Das Quartiersmanagement hat zurzeit über 100 Mitglieder, wobei dazu nicht nur Einzelmitglieder, sondern auch Firmen, Wohneigentümer-Gemeinschaften, Baugemeinschaften oder Baugenossenschaften gehören – also einige Hundert Mitglieder. Die Hauptaufgabe des Vorstands ist, dass wir kontinuierlich die Sichtbarkeit des Vereins erhöhen wollen, um so auch die Nutzung und aktive Beteiligung aller aus dem Stadtteil zu stärken. Ferner werden immer mehr Projekte, die aus den Arbeitskreisen des QM entwickelt wurden, umgesetzt.
Welche?
Jan Engelshowe: Wir werden in den kommenden Wochen zahlreiche Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche rund um den Grasbrook-Spielplatz, zum Beispiel den Piratensommer für Groß und Klein, und ein Picknick der Kulturen im Baakenpark veranstalten. Ferner unterstützen wir finanziell das zweite studentische Headland Festival am 12. Juli auf dem Baakenhöft und das fünfte Nachbarschaftsfest des Netzwerks HafenCity e. V. im Lohsepark am 19. Juli. Gerne noch einmal: Wir sind keine Wettbewerber im Quartier, sondern wollen erfolgreich Bestehendes stärken und mithelfen, gute neue Ideen und Kooperationen auf den Weg zu bringen und über alles im Stadtteil eine breite Öffentlichkeit herzustellen.

Besonders liegen Ihnen die Sportstätten im Oberhafen am Herzen. Warum?
Jan Engelshowe: Erst einmal musste ich einen neuen Begriff lernen: Die Stadt sucht einen „Bedarfsträger“, also jemanden, der sich um die Nutzung der Sportanlagen kümmert. Die HafenCity Hamburg GmbH hat uns gefragt, ob wir als Quartiersmanagement die Belegungsplanung übernehmen möchten – also die Vergabe der Nutzungszeiten und die Abstimmung mit den Gruppen vor Ort. Wir haben gern zugesagt, denn genau das passt zu unserem Auftrag: Wir sind direkt mit Sportinteressierten in Kontakt und für Pflege, Instandhaltung und Sicherheit bleibt weiterhin die HCH verantwortlich.
Julia Hergert: Wir sehen das einerseits als eine gute Chance, unseren Verein sichtbar zu machen und eine breite Nutzung des Sportplatzes zu ermöglichen, um einen öffentlichen Raum für Begegnungen zu schaffen. Andererseits fanden wir es als Quartiersmanagement wichtig, den Sportplatz als offenes Angebot zu führen, welches nahe an den Menschen und den Bedarfen ist.
Ohne Dominanz existierender Vereine?
Julia Hergert: Ja. Wir haben einen Termin organisiert, an dem alle Interessengruppen, sowohl Vereine wie auch private Gruppen aus der HafenCity und auch außerhalb des Stadtteils, sich melden konnten. Der neue Belegungsplan gilt ab der Einweihung am 20. Juni bis Ende dieses Jahres. Hintergrund der Befristung sind eine erste Testphase für das Belegungssystem und der zu erwartende organisatorische Wechsel bei den Mannschaften. Das ist ein gutes Ergebnis, weil auch offene Spielzeiten reserviert sind, die frei gebucht werden können. Das muss nur aus versicherungstechnischen Gründen mit Anmeldung erfolgen.
Frau Hergert, Herr Engelshowe, Sie beide haben alle finanziellen Freiheiten und keine inhaltlichen Vorschriften. Was würden Sie persönlich jeweils sofort umsetzen?
Julia Hergert: Es ist nicht so, dass wir im Verein finanzielle und inhaltliche Freiheiten haben (lacht). Im Gegenteil, wir handeln auf Grundlage einer klaren Satzung, einer Beitragsordnung und in enger Abstimmung mit unseren Mitgliedern und Arbeitskreisen. Wenn ich persönlich ganz frei entscheiden könnte und wirklich keine finanziellen und inhaltlichen Vorschriften hätte, würde ich ein riesengroßes Festival in der HafenCity organisieren: von West nach Ost und Nord nach Süd sowie damit verbunden einen Tag der offenen Tür in den Unternehmen und den Gemeinschaftsflächen von Baugemeinschaften und -genossenschaften. Dann könnte man überall im Stadtteil hinter die Kulissen blicken und sich miteinander austauschen. Und für die Kinder und die Jugendlichen gäbe es eine fette Party. Neben den auch schon existierenden Festveranstaltungen kann es nicht genug Raum für gemeinsame Veranstaltungen und Begegnungen geben. Das schweißt zusammen.
Jan Engelshowe: Das unterstütze ich sofort. Auch mir persönlich ist am wichtigsten, dass vor allem die Begegnung und die Vernetzung aller mit allen im Stadtteil ständig verbessert wird und wir uns in der HafenCity immer weiterentwickeln und möglichst viele auf dieser Reise zu einem lebendigen Quartier mitnehmen können. Der heute schon spürbare Spirit im Quartier ist etwas ganz Wertvolles. Deshalb sind wir als Familie unter anderem auch in die HafenCity gezogen. In diesem Zusammenhang sehe ich auch offene Sportplätze als zentral an, weil gerade der Sport ohne Vereinszwänge unterschiedliche Lebensentwürfe wie auch unterschiedliche Kultureinflüsse vereinen kann. Eine intakte Gemeinschaft braucht lebendige Orte der Begegnung. Das Gespräch führte Wolfgang Timpe
Vitae
Jan Engelshowe, 49, Mitglied des Vorstands des Vereins Quartiersmanagement HafenCity e. V., ist beruflich bei der Flügel- und Klavierbau-Manufaktur Steinway & Sons tätig. Er ist verheiratet und lebt mit seiner Familie im Quartier Baakenhafen.
Julia Hergert, 39, Geschäftsstellenleiterin des Vereins Quartiersmanagement HafenCity e. V., hat ihren Bachelor of Business Administration (B.B.A.) gemacht. Sie zieht demnächst in die HafenCity.