Christian Butzke, Inhaber der „Veddeler Fischgaststätte“: „Wir setzen bei unserem Klassiker Backfisch uralte Familienrezepte für die dünne knusprige Panade mit ihrer milden Würze ein.“ © Catrin-Anja Eichinger
„7 FRAGEN AN …“: Christian Butzke

Christian Butzke, Inhaber des Kultrestaurants „Veddeler Fischgaststätte“ über Backfisch, Bratöfen und den einzigartigen Standort Veddel

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Herr Butzke, Sie betreiben mit Ihrer Frau ­Olivia und Sohn Jonas in vierter Generation den Hamburger Kulttreffpunkt „Veddeler Fischgaststätte“ von 1932 nahe den Elbbrücken und kämpfen jetzt seit November 2021 mit einer ­Petition und bislang knapp 10.000 Unterstützern für den Erhalt Ihres historischen Hafenbetriebs. Wie stehen die Chancen? Die Hoffnung ist relativ groß, dass wir hier am Standort bleiben können und die sogenannte Randbebauung des Veddeler Nordens mit unserer Fischgaststätte noch einmal überdacht wird. Das heißt jedoch noch nichts. Wir wollen zeitnah wissen, ob die Stadt an ihren Plänen festhält, uns an einen anderen Standort nördlich von hier in ein neues Gebäude an der Prielstraße oder in die alten Zollhallen, die unter Denkmalschutz stehen, zu versetzen, oder ob wir hier an unserem Traditionsplatz an der Tunnelstraße 70 bleiben können. 
Foto oben: Christian Butzke, Inhaber der „Veddeler Fischgaststätte“: „Wir setzen bei unserem Klassiker Backfisch uralte Familienrezepte für die dünne knusprige Panade mit ihrer milden Würze ein.“ © Catrin-Anja Eichinger

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Was ist Ihr Wunsch? Genau hier in diesem historischen Gebäude mit der alten Seele des Hauses zu bleiben. Doch es geht um sehr viel mehr: Unser Ofen, der 90 Jahre alt ist und mit dem wir unseren Backfisch bei circa 220 Grad zubereiten können, hat nur hier, für diesen Standort seine Betriebserlaubnis. Wenn wir umziehen müssen, erlischt diese, und wir bekommen für ihn keine neue Betriebserlaubnis und dürfen den Ofen nicht mehr weiterverwenden. Und der Ofen ist absolut wichtig für unseren leckeren Backfisch, den wir in den heutigen Öfen so originalgetreu nicht hinbekommen werden. 

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Sie werben mit „Hamburgs kleinster Speisekarte“. Was zeichnet Ihre Küche aus? Backfisch, Backfisch, Backfisch ist unser Programm. Uns zeichnet aus, dass wir bei unserem Klassiker Backfisch uralte Familienrezepte für die dünne knusprige Panade mit ihrer milden Würze einsetzen, die wir nur in unserem alten Ofen mit der großen Hitze hinbekommen, wie auch das überlieferte Familienrezept unseres Kartoffelsalats. Darüber hinaus gibt es bei uns noch Fischfrikadellen, die wir täglich frisch herstellen und die aus den feinen Resten vom Filettieren des Fischfilets gemacht werden. Dazu kommen noch Scholle und Heringe, frisch eingelegt oder gebraten. Das war’s, das ist die kleinste Speisekarte Hamburgs.

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Auf der Veddel sollen neue Wohnungen entstehen, auch an Ihrem Standort. Wollen Sie wie das gallische Dorf in „Asterix“ überleben und durchhalten, um das herum man moderne Wohnhäuser errichtet? Ja, absolut! Ich glaube sogar, dass die Verbindung von Klassischem und Neuem total klasse wäre. Genau vor unserer Tür wird später mal die Fußgänger- und Fahrradbrücke die Stadt­teile Grasbrook und Veddel verbinden. Es geht darum, nicht nur Stadtteile zu verbinden, sondern auch Altes und Neues zu integrieren, wie die unter Denkmalschutz stehenden alten Zollhallen und uns als „Veddeler Fischgaststätte“, so, wie sie heute ist, mit unserem einzigartigen Ofen.  

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Wird im Westen über die Bahngleise hinweg mit dem neuen Stadtteil Grasbrook und seinen 3.000 Anwohnern und 16.000 Arbeitsplätzen in Zukunft Ihr Einzugsgebiet nicht kräftig erweitert? Bei dem Thema sehe ich zwei Perspektiven. Sicher würden wir neue Kundenströme erschließen können, würden aber auch bisherige Kunden wie die unzähligen Lkw- und Pkw-Gäste, die heute hier bequem parken können, verlieren. In den Planungen für den Grasbrook und die Veddel spielt der Individualverkehr keine Rolle. Die meisten unserer Stammkunden kommen aber mit dem Auto und nutzen das derzeitige großzügige Parkangebot, was dann wegfallen würde. Sie würden dann einfach wegbleiben. Zugleich sehe ich auch die große Chance, dass die Veddel Nord zusammen mit dem Grasbrook total belebt wird und wir durch den intensiven Ausbau der Radfahrwege aus der HafenCity, Rothenburgsort und dem Grasbrook viele neue Kunden bekommen. 

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Ihre Fischgaststätte ist eine Hamburgensie, geprägt von der Atmosphäre im Original-50er-Jahre-Stil. Sind Sie ein Romantiker, der die Vergangenheit retten möchte? Dat sach icke mal: Absolut! (lacht) Wichtig ist doch, dass wir nicht nur Neues und Modernes haben. Genau so wichtig ist es, das Traditionelle zu erhalten. Sie finden solche Orte wie die „Veddeler Fischgaststätte“ immer seltener. Wir wehren uns vehement dagegen, auch noch diese alte Institution zu verlieren. 

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Was machen Sie, wenn Ihre Petition scheitert? Darüber denken wir zurzeit nicht nach. Noch einmal: Wenn wir umziehen müssen, können wir den Ofen nicht betreiben und verlieren damit unser Geschäftsmodell. Alle anderen Arten von Backfisch schmecken immer ein wenig fettig und sind nicht richtig kross. Man müsste bei einem neuen Standort nicht mehr zu uns kommen, weil wir Backfisch in einer Qualität wie überall anbieten. Unser Alleinstellungsmerkmal ist der krosse knusprige Backfisch, den bekommen wir anders als mit unserem 90 Jahre alten Ofen nicht hin. Das ist die „Veddeler Fischgaststätte“.
Die Fragen stellte Wolfgang Timpe

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Christian Butzke, gebürtiger Berliner, ist Geschäftsführer und Inhaber der „Veddeler Foischgaststätte“, die er zusammen mit seiner Frau Olivia (50) und Sohn Jonas (18) betreibt. Sie wohnen in Hamburg-Bergedorf. Der 48-Jährige ist Versicherungsfachangestellter und hat bis 2020 die Betriebskrankenkasse Berlin und Leipzig der BMW AG geleitet. 2020 hat er den BMW-Job hingeschmissen, um in der Nachfolge seiner Familie (Mutter Marion und Wolfgang Götsche) die Gaststätte in vierter Generation und zweiter Eigentümerfamilie seit 1932 weiterzuführen. 

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