Grünes Wilhelmsburg: Einmal rum um die Insel

Stadtküsten-Ausflug. Mehr Wasser und mehr individuelle Infos geht nicht. Auf der Barkassenrundfahrt mit „Hafenschnackerin“ Maike Brunk von Hamburger Elbinsel-Tour lernt man den Süden Hamburgs neu kennen

Hamburg, die Stadt der Brücken. Noch schöner, als die Brücken der Stadt zu queren, ist es, drunter hindurchzuschippern und den Blick schweifen zu lassen. Wie viele Brücken führen in Hamburg eigentlich über die Elbe? Maike Brunk kennt die Antwort und die schönsten Ecken am Wasser in Hamburg. Die 51-Jährige ist „Hafenschnackerin“ und bietet seit über 16 Jahren Barkassenfahrten und Touren in die eher unbekannten Wasserwege der Elbe und der Bille an. Regelmäßig chartert sie Barkassen und schippert mit ihren Gästen zum Beispiel rund um die größte Flussinsel Europas, die Elbinsel Wilhelmsburg. Wir sind mal im Binnenhafen (Zollkanal) an Bord gegangen und starten elbaufwärts. 
Foto oben: Bunthäuser Spitze mit Hamburgs kleinstem Leuchtturm, 6,70 Meter: Hier, an der Bunthäuser Spitze, teilt sich der Fluss in Norder- und Süderelbe und fließt erst 15 Kilometer weiter in Altona, ungefähr am markanten Dockland, wieder zusammen. © Elbinsel-Tour

Hinter der Freihafenelbbrücke ragt die im Sommer bezugsfertige neue Vattenfall-Zentrale am Baakenhafen auf – mit der fußläufig entfernten U/S-Bahn-Station Elbbrücken und ihren markant geschwungenen Glasdächern. © Elbinsel-Tour

Die Scheiben der Elbphilharmonie glitzern in der Frühlingssonne, eine leichte Brise weht von West, und das ferne Kreischen der Möwen begleitet uns auf dem großen Strom. Vor uns erstreckt sich von der Wasserseite das gesamte Panorama der weiter ostwärts wachsenden HafenCity bis zu den Elbbrücken. Zahlreiche Kranausleger recken sich dem Blau des Himmels entgegen, auch die ersten Stockwerke des Elbtower-Sockels ragen schon auf. 

Der Goldene Pavillon mit der einzigartigen Stuhlparade direkt am Norderelbe-Ufer des Entenwerder Parks – inklusive Sonnen­untergang und, wer mag, der köstlichen individuellen Drinks von Barkeeper Sascha vom Café Entenwerder 1. © Elbinsel-Tour

Jenseits der Elbbrücken liegt je nach Windrichtung Kakao- oder Kaffeeduft in der Luft, wir passieren den Elbpark Entenwerder mit dem gülden funkelnden Pavillon, hinter dem Abzweiger zur Billwerder Bucht geht es direkt mit viel Grün weiter zur Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe. Die südlich gelegene Peute – heute ein Industriegebiet – war früher beschauliches Ziel für Sonntags-Picknicks der Hamburger. Das ist heute kaum noch vorstellbar. 

Die etwas andere Barkassenrundfahrt: Die „Hafenschnackerin“ Maike Brunk kennt Hamburgs Wasserecken. © Elbinsel-Tour

Hinter der Moorfleeter Autobahnbrücke wird es idyllisch. „Das ist ja toll, wie schnell man hier dem Trubel der Stadt entfliehen kann“, sagt ein Fahrgast zu seiner Sitznachbarin. Auf der Westseite beginnt das Naturschutzgebiet Kreetsand, ein Tideauengebiet, das regelmäßig überflutet wird und wieder trockenfällt, sodass sich die Nährstoffe im Wasser im Boden anreichern und zu einem üppigen Pflanzenwachstum führen. Unter anderem wächst hier der Lanzettblättrige Froschlöffel – die Fahrgäste an Bord schmunzeln. Auf der gegenüberliegenden Seite zieht sich der grüne Deich der Vier- und Marschlande. Eins der grasenden Schafe schaut neugierig zu uns rüber. Dann und wann begegnet man hier einem Binnenschiff oder Freizeitskippern, Barkassen sind jedoch eher selten. Von der Landseite laden beide Uferbereiche der Norderelbe zu ausgiebigen Radtouren ein.

Die Elbinsel Wilhelmsburg gibt es in der heutigen Form erst seit 1672. Herzog Georg-Wilhelm zu Braunschweig-Lüneburg kaufte mehrere Inseln vom Adelsgeschlecht der Groten und ließ diese zusammendeichen.

Am Kreetsand kommen große Sandberge in Sicht. „Sind das die Boberger Dünen?“, fragt ein jüngerer Passagier. Natürlich nicht, hier wird zurückgedeicht und der Elbe mehr Raum gegeben, wenn das Hochwasser bei Sturm mal wieder etwas höher ausfällt.

Die Elbinsel Wilhelmsburg gibt es in der heutigen Form erst seit 1672. Herzog Georg-Wilhelm zu Braunschweig-Lüneburg kaufte mehrere Inseln vom Adelsgeschlecht der Groten und ließ diese zusammendeichen. Die neue Insel ließ er nach sich selbst benennen, daher also der Name Wilhelmsburg. 

Nirgendwo wetteifern sattes Grün und Blau so schön, wo sich der Strom in Norder- und Süderelbe teilt. © Elbinsel-Tour

Einige Elbkilometer weiter stromaufwärts kommt an Steuerbord ein gelbes Haus mit rotem Dach ins Blickfeld. Wir nähern uns der Bunthausspitze mit Hamburgs kleinstem Leuchtturm. Das gelb-rote Haus steht auf dem Gelände der ehemaligen Stackmeisterei Bunthaus. Früher wurden von hier aus Einsätze zur Manipulation der Fließrichtung und -geschwindigkeit der Elbe vorgenommen, heute beherbergt das Gebäude das Elbe-Tideauenzentrum mit spannenden Informationen zu Flora und Fauna der Tideauen. Gleich nebenan ist ein beliebter Wohnmobilplatz entstanden. Früher soll hier tatsächlich ein buntes Haus gestanden haben, das der Landzunge den Namen gab. Eine Fähre setzte regelmäßig von Moorwerder nach Ochsenwerder über.

Hinter dem Abzweiger zur Billwerder Bucht dämmert die Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe stolz vor sich hin. © Elbinsel-Tour

Die Fahrgäste schauen derweil in Richtung einer prachtvollen Allee. Sie halten Ausschau nach dem angekündigten Leuchtturm. Die Bunthäuser Spitze wurde Ende des 19. Jahrhunderts künstlich verlängert, und an ihrem Ende thront ein Leuchtturm. Zugegeben, ein mit 6,70 Meter sehr kleiner Leuchtturm, der schon seit den 70er-Jahren nicht mehr in Dienst steht. Das hoch gewachsene Schilf verdeckt ihn aus manchem Blickwinkel vom Wasser. Der Leuchtturm ist über eine steile Außentreppe begehbar und ein beliebtes Ausflugsziel.

Hier an der Bunthäuser Spitze teilt sich die Elbe in Norder- und Süderelbe und fließt erst 15 Kilometer weiter in Altona ungefähr am markanten Dockland-Gebäude des Hamburger Stararchitekten Hadi Teherani wieder zusammen. 

Auf der Süderelbe läuft die Strömung deutlich stärker als auf der Norderelbe, und gerade beim laufenden Ebbstrom merken wir, wie die Barkasse trotz gleich bleibender Motordrehzahl nun deutlich schneller durch die Elbe pflügt.

Auf der Süderelbe läuft die Strömung deutlich stärker als auf der Norderelbe, und gerade beim laufenden Ebbstrom merken wir, wie die Barkasse trotz gleich bleibender Motordrehzahl nun deutlich schneller durch die Elbe pflügt. Nach Süden geht der Blick direkt Richtung Niedersachsen, der frühere Wohnsitz von Inge Meysel und der Yachthafen von Bullenhausen liegen in Sichtweite.

Die historisch einzigartigen hydraulischen Kattwykbrücken für Kfz- und Eisenbahnverkehr im Hafen. © Elbinsel-Tour

„Schauen Sie mal nach oben und in die Baumwipfel, mit etwas Glück entdecken Sie hier Seeadler in freier Wildbahn“, ermutigt Maike die Fahrgäste. Manch einer runzelt regelrecht die Stirn vor Anstrengung beim Blick ins noch nicht ganz dichte Grün. Tatsächlich haben wir Glück und entdecken einen der Adler ganz oben auf einem abgestorbenen Baum. Er schlägt kurz mit den Flügeln, wie zum Gruß, und lässt uns vorbeiziehen. Etwas später passieren wir die zwei mächtigen Adlerhorste, die sich im Naturschutzgebiet Heuckenlock befinden. Auf einigen Touren hatten wir schon das Glück, dass einer der Adler mit seinen beeindruckenden Schwingen direkt über uns seine Kreise zog.

Wir erreichen die A1-Autobahnbrücke auf Höhe Stillhorn und kommen nach Unterquerung der Harburger Elbbrücken schlagartig wieder in industriell geprägte Gebiete. Das idyllische Grün bleibt eine schöne Erinnerung, als das stillgelegte Kraftwerk Moorburg die vor uns liegende Aussicht dominiert.

Nach dem Kohlelöschkai samt „Rotem Hai“ geht es unter dem Touristen-Hotspot Köhlbrandbrücke hindurch (so lange sie noch steht!) an den HHLA-Containerbrücken Tollerort vorbei zurück in den Heimathafen zum Anleger Kajen. © Elbinsel-Tour

Kattwykbrücke, Containerterminal Altenwerder und die Köhlbrandbrücke komplettieren die Umrundung der Elbinsel, bevor wir wieder die bekannten Hafenrundfahrt-Ecken mit Blick auf das Stadtpanorama erreichen. In schönster Nachmittagssonne erstrahlen die Landungsbrücken, die rot-weiße „Cap San Diego und der Michel, der schon früher den Seeleuten den Heimweg wies. Ach ja, und zum Tourende kommen wir zurück auf die Eingangsfrage: Hamburg hat insgesamt 13 Elbbrücken. Gerda Brandt

Info

Hamburger Elbinsel-Tour mit „Hafenschnackerin“ Maike Brunk. Die kommenden Tourtermine „Rund um Wilhelmsburg“: Fr., 12.5., 16 Uhr, + Fr., 26.5., 16 Uhr, + So., 4.6., 14 Uhr. Abfahrt: Anleger Kajen / Reederei Bülow. Tourdauer: 3 Std. Tickets: 39 Euro. www.elbinsel-tour.de

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