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Containerschule: »Die Idee ist ein Schildbürgerstreich«

Exklusiv. Hans-Christian Kölln, Vorstand im Elternrat des Campus HafenCity (CHC), der weiterführenden Schule im Lohsepark, über gewünschte Mitbestimmung für den temporären Standort des CHC während des Schulneubaus. Wer hat wo welche Interessen? Warum so viele Querelen?

Wenn man sich mit dem temporären Standort für die Containerschule Campus HafenCity aus dem Lohsepark beschäftigt, kommt man zeitweise aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus und denkt sich: Warum reden nicht alle offen und transparent miteinander (siehe Editorial S. 2). Dass die Schüler:innen vom Campus HafenCity nicht wie geplant übergangsweise, bis ihr Schulneubau im Lohsepark fertig ist, in die Grundschule Am Baakenhafen können, hat einen „guten“ Grund: Es gibt zu viele neue Anmeldungen für die Grundschule. Nicht genug Platz. Doch dann begann der Wirbel um den Interimsstandort. Lesen Sie mal: 
Foto oben: Elternrat Hans-Christian Kölln: „Wir wundern uns, dass die HPA schon kräftig bauvorbereitende Maßnahmen trifft. Da fragen wir uns: Steht das Ergebnis der Senatsentscheidung im Juni doch schon längst fest, während man uns gegenüber das Gegenteil beteuert? Oder aber will die HPA den Senat vor vollendete Tatsachen stellen? Deshalb haben wir nochmals an Senator Ties Rabe einen Brief geschickt, in dem wir unseren Standpunkt wiederholt haben – auch mit 250 Unterschriften von Eltern und Bewohnern der HafenCity für Baufeld 74-76 als temporären Schulstandort im Rücken. © Catrin-Anka Eichinger

Herr Kölln, Sie sind Vorstand des Elternrats der weiterführenden Schule Campus HafenCity (CHC). Was macht eigentlich ein Elternrat? Der Elternrat wird von der Elternschaft der Schule gewählt und kümmert sich um Fragen, die die gesamte Schule betreffen. Er nimmt die Interessen der Elternschaft wahr und stimmt sich eng mit der Schulleitung ab oder gibt diese an die Schulleitung weiter. Außerdem ist er Mitglied in der Schulkonferenz, die wiederum mit der Schulleitung Entscheidungen der Schulentwicklung betreffend beschließt. 

Elternrat Hans-Christian Kölln auf den Baufeldern 74-76, der aktuellen Brache des ehemaligen Neubaugrundstücks des Gruner+Jahr-Verlags. Hier sehen Eltern, Initiativen, Schulleitung – und im Zweifel auch die Schulbehörde – den perfekten temporären Standort für den Campus HafenCity, solange die neue Schule am anderen Ende des Lohseparks errichtet wird. © Catrin-Anja Eichinger

Wie viel Mitbestimmungsrechte hat der Elternrat Campus HafenCity an den Entscheidungen von Schulbehörde und Schulleitung? Mitbestimmungsrechte beiden Entscheidungen von der Schulbehörde hat der Elternrat grundsätzlich keine, über die Schulkonferenz kann der Elternrat sich jedoch bei Entscheidungen, die die Schule betreffen, einbringen. Bezüglich der Entscheidung zum Thema Interimslösung CHC, während die neue Schule gebaut wird,  sind wir formal in einer Informationsveranstaltung am 30. März 2023 als Elternrat eingebunden worden. Zu dieser Veranstaltung hat die Schulbehörde eingeladen, weiterhin teilgenommen haben die Schulbau Hamburg und die HafenCity Hamburg GmbH (HCH) sowie Elternräte des CHC und der umliegenden Grundschulen.

Was ist Ihnen persönlich wichtig, warum arbeiten Sie mit im Elternrat? Es ist wichtig zu sagen, dass der Elternrat ein Team ist. Wir gemeinsam genießen das Vertrauen der Eltern. Sie haben uns gewählt, damit wir ihre Interessen und die Entwicklung der Schule positiv voranbringen. Insbesondere hier bei der CHC als junge Schule, die mit der immensen Entwicklung und dem Aufbau vor vielen Herausforderungen steht, wie eben auch jetzt mit der Zwischenlösung. Das geht vom Bau über inhaltliche Konzepte und die Integration in das Quartier.

Ihre Tochter besucht die fünfte Klasse des Campus HafenCity. Warum haben Sie die Schule im Lohsepark gewählt? Wir haben uns für den CHC entschieden, da dieser ein vielversprechendes Konzept mit Gymnasium und Stadtteilschule bezogen auf Vielfalt und Entwicklung bietet. Außerdem hat uns das pädagogische Team um die neue Schulleitung sehr gefallen. Allerdings sind wir damals bei der Entscheidung für die Schule davon ausgegangen, dass die Kinder im August 2023 für zwei bis maximal drei Jahre in der fertiggestellten Grundschule Am Baakenhafen unterrichtet werden und anschließend in den neuen Schulbau am jetzigen Standort ziehen. So wurde es uns von der Schulbehörde zugesagt, und das war auch die Entscheidungsgrundlage vieler anderer Eltern bei der Schulwahl Anfang 2022!  

»Wir sind der Ansicht, dass auch die Kompetenzen aller Beteiligten, also auch der Menschen vor Ort, in den Entscheidungsprozess einfließen sollen. Das setzt unbedingt einen transparenten Prozess voraus. Dem widerspricht, dass die Schulbehörde uns erst im Laufe des Herbsts 2022 darüber informiert hat, dass ein Umzug in die Grundschule Am Baakenhafen nicht möglich ist.« 
Hans-Christian Kölln zur temporären Standortwahl des CHC

Während der Schulneubau im Lohsepark ab Sommer 2024 beginnen soll, muss der Campus HafenCity temporär auf einem anderen Grundstück untergebracht werden. Die beteiligten Parteien, die Schulbehörde von Senator Ties Rabe, der Schulbau Hamburg und die HafenCity Hamburg GmbH (HCH), konnten sich bislang nicht auf einen Standort einigen. Ende März wurden Sie als Elternrat über drei Standortmöglichkeiten informiert. Richtig. Hier drängen wir auf eine Beteiligung der Eltern und der Schulleitungen aus den CHC und den Grundschulen, die ihre Kinder auf den CHC schicken wollen, aber auch der Nachbarschaft, um Bedürfnisse derer, die die Schule nutzen, zu berücksichtigen. Wir sind der Ansicht, dass auch die Kompetenzen aller Beteiligten, also auch der Menschen vor Ort, in den Entscheidungsprozess einfließen sollen. Das setzt unbedingt einen transparenten Prozess voraus. Dem widerspricht, dass die Schulbehörde uns erst im Laufe des Herbsts 2022 darüber informiert hat, dass ein Umzug in die Grundschule Am Baakenhafen nicht möglich ist, dass der CHC noch bis August 2024 am jetzigen Standort bleiben kann und dass ein anschließender temporärer Standort gesucht wird. Das bedeutet für die Kinder, die von Anfang an, also seit 2021, im CHC sind, dass sie am Ende sechs von acht oder neun Jahren weiterführende Schule in Containern verbringen. Das mussten viele Eltern erst mal verdauen!  

Welche Flächen stehen denn in der HafenCity zur Verfügung? Das hat man uns viel zu lange verschwiegen. Wir haben uns deshalb mit einigen umliegenden Grundschulen, der Initiative Schulcampus Lohsepark und dem Nachbarschaftsverein Netzwerk HafenCity e. V. dafür stark gemacht, dass es überhaupt zu einem Dialog und einer Informationsveranstaltung kommt. Aktuell schlagen die Schulbehörde im Zusammenwirken mit der Schulbau Hamburg GmbH und der HafenCity Hamburg GmbH drei konkrete Standorte vor. Diese Vorschläge stehen allerdings noch unter dem Vorbehalt einer genauen Prüfung, ob sie tatsächlich geeignet sind. Denn richtigerweise gibt es zum Schutz zur Fürsorge unserer Kinder einige strenge Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit auf einem Gelände eine Schule gebaut werden darf, wenn auch nur temporär. 
Zum einem sind das die Brachflächen am Lohsepark, die als Baufeld 74-75 bezeichnet werden. Das ist das Grundstück am nördlichen Ende des Lohseparks und der jetzigen Container-Schule CHC, angrenzend an die Stockmeyerstraße. Eigentlich umfasst das Gelände auch noch das Baufeld 76, welches aber für ein anderes Bauvorhaben vorgesehen ist. Das Grundstück gehört aber weiterhin der Stadt. Eine weitere Fläche, die seit Längerem zur Diskussion steht, ist das Baufeld 119: Es befindet sich direkt in der Kurve am Ende der vielbefahrenen Versmannstraße zur Freihafenelbbrücke am U/S-Bahnhof Elbbrücken. Außerdem wurde uns inzwischen von der HafenCity Hamburg GmbH das Baufeld 83a als Alternative genannt. Es befindet sich an der Versmannstraße, direkt gegenüber vom Baakenhafen-Park und der Grundschule Am Baakenhafen, nördlich des Baakenhafen-Wasserbeckens. 

Favorisieren Sie als ­Elternrat einen der drei Vorschläge? Wir sprechen uns klar und deutlich für den Standort am Lohsepark aus, und zwar inklusive des Baufelds 76, also für die gesamte Fläche von der Stockmeyerstraße bis zur Grundstücksgrenze zum derzeitigen und künftigen Standort. 

Visualisierung des Schulneubaus Campus HafenCity im Lohsepark, dessen Baubeginn im August 2024 sein soll. Damit er entstehen kann, muss die heutige Containerschule mit vielen neuen Schülern auf einen anderen Standort ausweichen. © haas cook zemmrich Studio2050

In einem Schreiben an Senator Ties Rabe haben die Elternräte aller Schulen im Quartier, also der Katharinenschule, der Grundschule Am Baakenhafen und des Campus HafenCity, sowie auch die Initiative Schulcampus Lohsepark und das Netzwerk HafenCity e. V. sich für die Baufelder 74-76, das Gelände, auf dem früher mal das Medienhaus Gruner + Jahr seinen Verlagssitz bauen wollte, ausgesprochen. Warum? Wir sind überzeugt, dass dieses Baufeld von den drei zur Verfügung stehenden Vorschlägen als einziges die Möglichkeit bietet, eine angemessene und damit würdige temporäre Lösung für drei weitere Jahre temporäre Schule in Containern zu errichten. Und es bietet, neben der Nähe zur jetzigen Schule, den Kindern bekannte Schulwege. Dieser Schulweg, insbesondere um den Eingang und Ausgang der Schule herum, ist aus unserer Sicht verkehrsberuhigt und sicher. Das Gelände bietet mit seiner Größe ausreichend Platz für die benötigte Anzahl von Containern, ohne diese dreistöckig oder noch höher bauen zu müssen. Außerdem sind die Lärm­emissionen an diesem Standort in einem tolerierbaren Bereich. Weiterhin muss bedacht werden, dass so eine Zwischenlösung leider keine Sporthalle hat. Aber der Anspruch an Sport und Bewegung für die Kinder ist unerlässlich. An diesem Standort kann die bereits bestehende gute Kooperation mit „Der Halle“  in unmittelbarer Nachbarschaft im Oberhafen fortbestehen. Die Größe des Geländes bietet dann auch genügend Außen- und Freiflächen, um ein ausreichendes Ganztagesangebot zu unterbreiten. Last but not least bietet dieser Standort allen in der Schule die Möglichkeit, das Wachsen ihrer kommenden Schule mitzuverfolgen. 

»Wir sprechen uns klar und deutlich für den Standort am Lohsepark aus, und zwar inklusive des Baufelds 76, also für die gesamte Fläche von der Stockmeyer­straße bis zur Grundstücksgrenze zum derzeitigen und künftigen Standort.« 
Hans-Christian Kölln und der Elternrat sind für Baufeld 74-76

Nach dem Willen der HCH soll jedoch auf dem Baufeld 76, zeitgleich zur temporären Schule Campus HafenCity mit ihren Containerklassen, ein Neubau für die städtische Tochterfirma Hamburg Port Authority (HPA) entstehen. Ist das aus Ihrer Sicht realistisch? Vorab gesagt, haben wir bedauerlicherweise im Dialog mit der HafenCity keine offizielle Bestätigung der HCH erhalten, dass es bei dem Bauvorhaben um ein Projekt der HPA geht! Das ist ziemlich skurril, weil die HPA gerade bauvorbereitende Maßnahmen auf Baufeld 76 vornehmen ließ, die jeder betrachten konnte, der dort vorbeigeschlendert ist. Dass direkt neben der Containerschule gebaut wird, lehnen wir ab. Der Campus HafenCity ist eine wachsende Schule. Im vergangenen Jahr gab es zwei neue Klassen, dieses Jahr werden es fünf sein. Der Neubau ist für acht Züge ausgelegt, weil dies der Bedarf laut Schulentwicklungsplan ist. Dafür muss es den Platz geben, und dafür reicht Baufeld 74-75 nicht aus.

Visualisierung des temporären Standorts der Containerschule Campus HafenCity auf Baufeld 83a: Aufnahme mit einer Drohne aus 84 Meter Höhe (maßstabsgerecht zum heutigen Standort), die heutigen Container wurden digital „versetzt“ und für die erforderliche Schüler:innen-Menge auf drei Etagen aufgestockt (Obergrenze laut Schulbehörde). Resultat: Kein Schulhof und Verschattung durch 9,27 m hohe Container. © Visualisierung: Initiative Campus Hafencity

Nun sind Schulkinder in Hamburg auch Großstadtkinder. Ist ein Büroneubau neben der temporären Schule grundsätzlich undenkbar? Das Problem besteht nicht zuerst im Bürobau, sondern vor allem in der zu erwartenden Bauaktivität mit dem damit verbundenen intensiven Verkehr von schweren Lastwagen und Maschinen. Die Bauzuwegung zum Baufeld 76 kann nur von der Stockmeyerstraße vorbei an Baufeld 74-75 erfolgen. Das bedeutet, dass viel Baustellenverkehr mit großen Lastwagen direkt an der Schule vorbei verläuft. Das ist mit dem laufenden Schulbetrieb nicht zu vereinbaren. Es handelt sich nicht um eine Schule mit teuren Schallschutzfenstern und dicken Wänden, sondern um aufgestapelte Container. 
Für den CHC sind außerdem 60 Dezibel (Db) auf dem Schulhof festgelegt – das soll dann auch bitte für den temporären Standort gelten. Außerdem möchten wir an die drei tragischen Unfälle in der HafenCity erinnern, zweimal mit tödlichem Ausgang, die unser Stadtteil im vergangenen halben Jahr bereits erleben musste. Auch verstehen wir nicht, warum die HPA, die, nach dem, was wir wissen, nicht mal die notwendige Bedarfsanalyse für einen Büroneubau angefertigt hat, um bereits ab 2024 dort bauen zu dürfen. Zumal neben ihrem derzeitigen Sitz die ebenfalls stadteigene HHLA gerade eine Mieterin für 3.000 Quadratmeter Bürofläche sucht. Eine Erklärung seitens der HafenCity Hamburg GmbH erhalten wir nicht. 

Die HCH würde den temporären Campus HafenCity – anders als die Schulbehörde – gerne auf dem Baufeld 119 an den Elbbrücken unterbringen, am Ende der Versmannstraße, wo ursprünglich mal ein Kongresshotel geplant war und jetzt nicht kommen wird. Alle Elternräte der Schulen aus dem Quartier, die Initiative Schulcampus Lohsepark und das Netzwerk HafenCity  e.  V.haben dies in einem Brief an Schulsenator Ties Rabe abgelehnt. Die Gründe sind offenkundig. Zwar erfüllt diese Fläche die Größenkriterien genauso wie die Flächen am Baufeld 74-76. Aber die von massivem und künftig noch zunehmendem Autoverkehr belastete Versmannstraße stellt eine nicht zu verantwortende Gefährdung für die Kinder dar. Das Argument, hier würden doch Großstadtkinder leben und zur Schule gehen, halten wir angesichts der bereits erwähnten Unfälle, von denen zwei sich im unmittelbaren Umfeld der Versmannstraße ereigneten, für zynisch. 
Das gilt umso mehr, als mit Baufeld 74-76 ein Grundstück in ruhiger Verkehrslage zur Verfügung steht. Zum Sicherheitsaspekt kommt die Lärmbelästigung durch die Straße und der direkt angrenzenden Bahntrassen (Fern-/Regionalbahn und U/S-Bahn). Nach den Gutachten der HafenCity Hamburg GmbH liegt der Lärm bei 74 Dezibel (Db). Dieses allein ist ein absolutes Ko-Kriterium, da die  zulässigen Grenzwerte deutlich überschritten werden. Diese Lärmemissionen lassen sich auch durch bauliche Maßnahmen nicht auf ein gesetzeskonformes Maß reduzieren. 

»Die Schulbehörde hat uns geantwortet, dass sie unsere Kritik an Baufeld 119 vollkommen teilt. Der Termin, bei dem die HafenCity Hamburg GmbH (HCH) die Fläche als temporären Standort verkünden sollte, wurde abgesagt. Wir verstehen grundsätzlich nicht, dass die HCH agiert wie ein Immobilienentwickler und nicht den eigentlichen Auftrag erfüllt, nämlich das Quartier zu entwickeln.«
Hans-Christian Kölln zum alternativenStandort an der Versmannstraße, U/S-Bahnstation Elbbrücken.

Wie haben der Senator und die Schulbehörde reagiert? Die Schulbehörde hat uns geantwortet, dass sie unsere Kritik an Baufeld 119 vollkommen teilt. Der Termin, bei dem die HCH die Fläche als temporären Standort verkünden sollte, wurde abgesagt. Wir verstehen grundsätzlich nicht, dass die HCH agiert wie ein Immobilienentwickler und nicht den eigentlichen Auftrag erfüllt, nämlich das Quartier zu entwickeln. Das heißt, die Interessen der Menschen sollten Vorrang haben vor den Interessen der Immobilienbranche. Wenn die HPA nach Willen der HCH unbedingt einen Neubau in der HafenCity bekommen soll, warum dann nicht auf Baufeld 119? Wieso sollen Büros Vorrang haben vor dem Recht der Kinder auf einen guten Bildungsort?  

 In dem Brief haben Sie unter anderem auch kritisiert, dass die Eltern von der Schulbehörde und der HCH nicht an der Standortdiskussion beteiligt würden. Müssen Elternbeiräte beteiligt werden? Ja, das ist unser Standpunkt, denn wir vertreten die Interessen der Kinder und der Eltern. Aber die HCH wollte uns im Februar vor vollendete Tatsachen setzen, das hat die Schulbehörde nach unserem Brief an den Senator im letzten Moment verhindert. Deshalb fordern wir heute mit aller Entschlossenheit, in den weiteren Prozess der Standortfindung eingebunden zu werden. Zudem gehört es zu den allgemein anerkannten Standards zeitgemäßer Stadtentwicklung, Betroffene angemessen zu beteiligen und sich vor allem ihre Kompetenzen abzuholen. Ich finde, das sollte für Schule ganz besonders gelten. Denn Schule ist doch auch ein Lernort für Demokratie und Engagement. 

Wie haben Sie überhaupt davon erfahren, dass das Baufeld 119 im Gespräch ist? Das ist auch so ein Punkt: Das wurde uns nicht formell mitgeteilt, sondern wir haben das erst auf Ihre Frage hin bei der Pressekonferenz für das neue Schulgebäude als mögliche Lösung erfahren. 

Die HCH hat nun unter anderem als einen weiteren Vorschlag das Baufeld 83a präsentiert, auf dem mal der Sportsdome geplant war, das mit 3.000 Quadratmetern jedoch nur halb so groß ist wie die Vorgabe der Schulbehörde. Was halten Sie von dem Vorschlag? Überhaupt nichts. Das Gelände ist viel zu klein für die benötigte Anzahl an Containern. Wir müssen ja vom Ende her planen, also vom letzten Jahr an diesem Standort. Dann müssen dort 45 bis 50 Container aufgebaut sein. Meinem Kind möchte ich nicht zumuten, in dreistöckigen oder womöglich noch höheren Containerreihen mit vier Meter schmalen Zwischengängen zur Schule zu gehen. Da kann man nicht mal das Fenster aufmachen, weil man dann den Unterricht der anderen Klassen hört. Und wohin sollen dann noch die vorgeschriebenen 300 Stellplätze für Fahrräder? 

Wie finden Sie die Platz-Kompromiss-Idee der HCH, dass die Schüler:innen den Baakenpark als Pausenhof nutzen sollen?

Diese Idee ist ein Schildbürgerstreich. Der Baakenpark ist die einzige grüne Erholungsfläche für die Tausenden von Anwohner:innen am Baakenhafen. Die werden sich freuen, wenn jeden Tag mehrere Hundert Kinder diesen Mini-Park für mehrere Stunden als Pausenhof nutzen. Soll man den in dieser Zeit absperren? Was ist mit den vielen Hunden, die dort ausgeführt werden? Die Konflikte sind vorprogrammiert. Und wo sind eigentlich die Toiletten für die 600 bis 700 Schülerinnen und Schüler? Sollen die mehrere Jahre lang aufs Dixie-Klo gehen? Zwischen Baufeld 83a und Baakenpark liegt zudem-Sder Baakenhafen mit Geländern, die leicht zu überwinden sind. Welche Aufsicht will und kann da sicherstellen, dass kein Kind ins Wasser fällt? 

Nach den Sommerferien werden ab 24. August fünf neue fünfte Klassen am Campus HafenCity starten, zuletzt waren es jeweils zwei. Braucht der CHC nicht dadurch eher Raum zum Wachsen für immer mehr Schüler:innen? Richtig. Auf Baufeld 83a gibt es den nicht. Aber auf Baufeld 74-76. 

Was sagt die Schulleitung des Campus HafenCity um ihre Leiterin Meike Ludzay zum Baufeld 83a? Die Schulleiterin hat sofort bei der Vorstellung von Baufeld 83a gesagt, dass eine Schule auch einen Pausenhof direkt auf dem Gelände braucht. Die Beaufsichtigung in dem komplex auf mehreren Ebenen angelegten Park ist praktisch nicht möglich, die Kinder müssen hin und zurück begleitet werden, man kann nicht mal eben einem unruhigen Kind sagen, dass es sich zehn Minuten auf dem Schulhof austoben soll, weil es ja gar keinen gibt.

Nach den Informationen unserer Zeitung favorisie­ren die Schulbehörde wie auch Schulsenator Ties Rabe den temporären Standort für den Campus HafenCity im Lohsepark auf den Baufeldern 74-76, weil die Größe ausreichend  und die Fläche in direkter Nachbarschaft zur heutigen Schule im Lohsepark ist und Schüler:innen sich nicht umgewöhnen müssten und einen siche­ren Schulweg hätten. Haben Sie Hoffnung, dass sich die Behörde durchsetzt? Hoffnung ist hier das falsche Wort. Wir vertrauen auf die Vernunft und den Sinn für eine sachgerechte Planung bei allen Beteiligten. Die Argumente für das Baufeld 74 bis inklusive 76 – also ohne Bauarbeiten für die HPA oder ein anderes Unternehmen – sind nach unserer Überzeugung schlagkräftig genug, um hier zu einem Konsens mit allen Parteien zu kommen, die im Entscheidungsprozess mitwirken. Zudem gehen wir davon aus, dass wir alle eine gemeinsame Diskussionsgrundlage haben. Das ist der ausdrückliche Wille, an dieser Stelle hier im Sinne der Eltern und vor allen Dingen unserer Kinder eine gute und sinnvolle Interimslösung zu finden.  

Stimmt es, dass der Hamburger Senat das Verfahren zur Entscheidung an sich gezogen hat und eine Entscheidung treffen will? Das hat uns der Landesschulrat jedenfalls so mitgeteilt. Umso mehr wundern wir uns, dass die HPA schon kräftig bauvorbereitende Maßnahmen trifft. Da fragen wir uns: Steht das Ergebnis der Senatsentscheidung im Juni doch schon längst fest, während man uns gegenüber das Gegenteil beteuert? Oder aber will die HPA den Senat vor vollendete Tatsachen stellen? Deshalb haben wir nochmals an Senator Ties Rabe einen Brief geschickt, in dem wir unseren Standpunkt wiederholt haben – auch mit 250 Unterschriften von Eltern und Bewohnern der HafenCity für Baufeld 74-76 als temporären Schulstandort im Rücken. Wir gehen davon aus, dass es noch zu einer weitergehenden Einbindung von uns kommt. Von unserer Seite haben wir die Schulbehörde und die HafenCity Hamburg GmbH, nachdem wir gemeinsam nach der Informationsveranstaltung noch mal alle Pro und Kontras abgewogen haben, erneut schriftlich darüber informiert, dass aus unserer Sicht ausschließlich das Lohseparkgrundstück in Betracht gezogen werden kann. Wir stehen allerdings weiterhin allen Beteiligten für einen aktiven Dialog zur Verfügung. 

Wer wird gewinnen, das Lohsepark-Grundstück oder der HCH-Wunsch­standort Baufeld 119? Es geht nicht darum, wer sich gegen wen durchsetzt. Wir alle gewinnen, wenn die Kinder gewinnen. Wir wollen alle Beteiligten ermutigen, eine am Menschen orientierte und zukunftsgerichtete Quartiersentwicklung zu betreiben. Wenn uns das gelingt, und das sollte in unserer Hansestadt doch selbstverständlich sein, dann können wir tatsächlich den besten Argumenten folgen und ernst machen mit dem Bekenntnis, dass alle an dieser Diskussion Beteiligten zu Recht im Munde tragen: „Wir setzen das Wohl der Kinder an oberste Stelle!“ Interview: Wolfgang Timpe

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Hans-Christian Kölln ist im Vorstand des Elternrats der weiterführenden Schule Campus HafenCity im Lohsepark und arbeitet als Unternehmensberater. Kölln ist verheiratet, hat eine Tochter (elf Jahre) und lebt in Hamburg-Altstadt.

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