Ellen Blumenstein[/caption]
Seit einem Jahr hat die HafenCity eine Stadtteilkuratorin – was hat sich seitdem getan?
Im August 2017 wurde sie als HafenCity Kuratorin berufen: Ellen Blumenstein. Die studierte Literatur-, Musik und Kommunikationswissenschaftlerin, die viele Jahre international tätig war, leitete von 2012 bis 2016 das Programm des KW Institute für Contemporary Art in Berlin. Für zwei Jahre erhielt Blumenstein, die zu den bekanntesten deutschen Kuratorinnen zählt, nach einem Auswahlverfahren von der HafenCity Hamburg GmbH (HCH) einen Werkvertrag und ein Budget von insgesamt 200.000 Euro für die geplanten Projekte inklusive ihres eigenen Kuratorgehaltes. Ihr Büro hat sie auf der MS Seute Deern am Traditionsschiffshafen.
Was aber ist die Aufgabe der Kuratorin der HafenCity? Für Ellen Blumenstein geht es darum „Anlässe zu schaffen, die Menschen dazu bringen, die HafenCity zu besuchen.“ Für sie ist der Stadtteil ein sehr „…kontrollierter städtischer Raum mit glänzenden Fassaden…“ in dem es für Besucher wenige Aktivitäten gäbe, die nichts „…mit Konsum zu tun haben.“ Als spannende Herausforderung betrachtet Blumenstein, die Verzahnung aus Kultur und Stadtentwicklung. Geht es nach der HCH, so besteht die Aufgabe der Kuratorin darin, „…die soziale, nachhaltigkeitsbezogene und ökonomische strategische Zielsetzung der HafenCity-Entwicklung künstlerisch dramaturgisch zu transportieren und zu kommunizieren und dabei sowohl bestehende als auch neue Räume zu prägen und zu integrieren“. Als Schwerpunkte der Aufgabe gelten auch, so der Homepage der HCH zu entnehmen, die Kooperation und Vernetzung mit städtischen Akteuren und Kultureinrichtungen sowie die Akquise von Finanzmitteln für die neu entwickelten Projekte. Ambitionierte und zeitraubende Aufgaben für eine einzelne Person in einer neuen Aufgabe, für die es bisher noch keine Strukturen gab. „Es war erforderlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die es z.B. ermöglichen die Spenden von Stiftungen und anderen Förderern zu verwalten“, erläutert Blumenstein. Nicht nachvollziehen kann die Kulturexpertin die Vorbehalte aus dem Stadtteil. Nach einigen Gesprächen zu Beginn ihrer Tätigkeit sei Blumenstein im Stadtteil nicht mehr wahrgenommen worden, so einige Akteure in der HafenCity, die sich darüber ärgern, dass Ellen Blumenstein propagiere, den Stadtteil „…unter Kulturverdacht…“ stellen zu wollen und dabei die Vernetzung mit der hiesigen Kulturszene und den Bewohnern vermissen ließe. Die Kommunikationswissenschaftlerin, für die es zu Beginn ihrer neuen Aufgabe, wichtig war, sich einen eigenen Stand zu erarbeiten, ist es wichtig klarzustellen, dass sie über den Stadtteil hinaus mehr Gruppen erreichen will. „Es ist nicht mein Interesse, mich abzuschotten. Dass ich von außerhalb komme, hat auch ein Mehrwert“ erläutert sie.
Erst im August konstituierte sich der von ihr ins Leben gerufene Verein Kunst- und Kultur in der HafenCity e.V. mit Prof. Norbert Aust als Vorsitzenden. Das Jahr hat die Kuratorin nach eigenen Angaben neben der Definition des Arbeitsauftrages und der Vereinsgründung auch genutzt, sich in der Stadt Hamburg zu vernetzen. Gespräche mit der HafenCity Universität und der Körberstiftung sowie mit Unternehmen wie Hochtief, die sie bei den kommenden Projekten unterstützen, und mit vielen anderen, habe sie geführt. Unter dem Motto „Imagine the City“ entwickelte Ellen Blumenstein in dieser Zeit auch ein Programm, das nach und nach umgesetzt und der Öffentlichkeit bekannt gemacht wird. Mit „Bordkiosk Surprise“, ein Sommerprogramm mit sechs künstlerischen Interventionen an Bord der Seute Deern, das wenig Aufmerksamkeit im Stadtteil erregte, ging es los. Für Oktober ist der Aufbau von „Public Face“ geplant. Das Projekt der Künstler Julius von Bismarck, Benjamin Maus und Richard Wilhelmer besteht aus einem ca. 5 bis 6 Meter großen Smiley, der auf die Kibbelstegbrücke im Oktober montiert werden soll und weithin sichtbar sein wird. Die Edelstahlkonstruktion mit Leuchtstoffröhren ist mit drei Kameras verbunden, die im Stadtteil bestimmte Punkte in der Mimik der Passanten aufnehmen, ohne die individuellen Gesichter wahrzunehmen und zu speichern. Ein Computerprogramm, entwickelt vom Fraunhofer Institut, „übersetzt“ dann die Summe der so aufgenommenen Emotionen und übermittelt die Information an „Public Face“. Der Smiley, der in unterschiedlichen Farben leuchtet, soll so ein Bild der temporär vorherrschenden Stimmung im Stadtteil wiedergeben. Für das geplante Projekt „Farsight Hafencity“ wird der in London ansässige Multimedia-Künstler Lawrence Lek eine „…Vision der Elbphilharmonie im Jahre 2050 entwickeln. Die Ergebnisse sollen dann im Rahmen von Showrooms an verschiedenen Orten in der HafenCity erlebbar gemacht werden“, erläutert Blumenstein das Projekt, das noch in der Konzeptionsphase ist. Unter dem Arbeitstitel „Stadtschreiber“ wird der Berliner Fotograph Armin Linke ein Jahr lang in der HafenCity fotografieren. Ein Programmpunkt, der sich während des Prozesses ständig entwickeln wird und an dessen Ende, so die Kuratorin „…eine Anthropologie eines Urbanismus-Prozesses“ stehen soll. Für die Umsetzung Ihrer ersten Planungen hat Ellen Blumenstein nicht mehr viel Zeit. Voraussichtlich in einem halben Jahr soll die Entscheidung über die Vertragsverlängerung getroffen werden. Ob Sie dann den Bewohnern der HafenCity, die inmitten ihrer Programmpunkte leben, näher gekommen ist, bleibt abzuwarten. CF
www.kunst-und-kultur-in-der-hafencity.de
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