Binnenalster am Grasbrook! Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing ist vom Siegerarchitekten-Entwurf des neuen Stadtteils Grasbrook als City-Naherholung überzeugt
Foto oben. Zentraler Grasbrook-Park, Prof. Jürgen Bruns-Berentelg: „Der Grasbrook wird mit dem Entwurf von Herzog & de Meuron und Vogt Landschaftsarchitekten zu einem neuen Vorzeigestadtteil, von klarer städtebaulicher Struktur, einem großen öffentlichen Bereich mit einer spektakulären Dachkonstruktion und einem Park im Zentrum.“ © HdM und Vogt
Gelassenheit. Zu Beginn seiner Kommentierung des Siegerentwurfs vom Architektenbüro Herzog & de Meuron aus Basel und den Vogt Landschaftsarchitekten aus Zürich warnte Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing: „Verwechseln Sie bitte nicht die heutigen Bilder der Entwurfsarbeit mit einer späteren Architektur“, die erst noch auszuschreiben und von Architekten in der kommenden weiteren Planungs- und Entwicklungsphase bis 2023 zu erfinden sei. Der Siegerentwurf sei nur „ein robuster Rahmen“ für das Feintuning des neuen Quartiers. Und so seien auch die drei vorgeschlagenen Hochhäuser im Zentrum des Quartiers am Zusammentreffen von Moldau- und Saalehafen mit U4-Station nur „Platzhalter für architektonisch besondere Orte“. Das müsse nicht zwingend Höhe bedeuten, so Höing.

Auch Prof. Jürgen Bruns-Berentelg, Chef der HafenCity Hamburg GmbH und somit operativer Projektmanager des Grasbrooks, tritt auf die Realismusbremse. Für ihn beginne jetzt in den kommenden gut zwölf Monaten die Phase der Kärrnerarbeit im Detail, die ihren ersten Abschluss im Sommer 2021 finden soll. Einerseits gehe es um die inhaltliche Ausarbeitung einzelner Entwurfselemente mit Bürgerbeteiligung und andererseits um die „wirtschaftliche Tragfähigkeit“ wichtiger Infrastrukturelemente bis zum Baubeginn des Deutschen Hafenmuseums in 2023. Also planen und rechnen u.a. für drei Big-points:

- Alle Vorhaben müssten miteinander das Ziel erfüllen, so Bruns-Berentelg, „dass der Grasbrook ein komplett CO2-neutraler Stadtteil“ wird;
- Das in Europa einzigartige 500 Meter lange transparente Dach entlang des Moldauhafens mit zentraler Energiegewinnung für den Stadtteil, zurzeit kalkuliert mit Brutto-Vollkosten von rund 90 Millionen Euro, soll „durch die Integration von Nutzungen und den Einschub von Gebäuden wirtschaftlich tragfähiger“ werden;
- Es solle zusätzlich erarbeitet werden, „wie die zahl der guten Wohnungen“ erhöht werden kann, ohne dass diese „am lärmexponierten Saalehafen oder im Hafentorquartier“ liegen würden.

Da jetzt noch eine rund dreijährige Planung- und Entwicklungsphase sowie Grundstücksfreimachung für Bebauungspläne etc. weitgehend aus dem Sondervermögen der Stadt und mit Beschlüssen von Senat und Bürgerschaft auf den Weg gebracht würden, sieht HCH-Chef Bruns-Berentelg im Moment keine negativen Einflüsse durch die Corona-Krise für die Akquisition von Investoren. Gebaut werden soll, so Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt, im „für Hamburg bewährten Drittelmix“ aus gefördertem und privaten Wohnungsbau. Im übrigen sieht Senatorin Stapelfeldt mit dem jetzigen Rahmenentwurf des Grasbrooks „einen neuen Meilenstein für das Wohnen und Arbeiten am Wasser mit sozialer und moderner Verkehrsinfrastruktur“. Für sie soll „die Veddel mit dem Grasbrook einen lebendigen Stadtteil bilden“, der eine „hohe städtebauliche Dichte mit einzigartiger Wohn-, Arbeits- und Lebensqualität“ verbinden könne.

Oberbaudirektor Höing ist wie Senatorin Stapelfeldt einerseits davon beeindruckt, dass der Entwurf eine „hohe Wohndichte mit hoher Wohnqualität“ verbinde, und dass er für ihn deswegen „auch auf den ersten Blick so vertraut aussehe“ und gut zu Hamburg passe. „Es zeigt sich“, so Höing, „dass man das städtebauliche Vokabular nicht jeden Montag neu erfinden muss.“ Andererseits ist für ihn das Einzigartige am Siegerentwurf, „dass man so auf dem ganzen Kontinent nicht findet“, dass er „offensiv das Grün, den großen Park in die Mitte gestellt“ habe, „flankiert von dem 500 Meter langen transparenten Dach entlang des Ufers am Moldauhafen“, schwärmt er. Und der Oberbaudirektor setzt mit Blick auf das begrünte Uferhafenbecken, wo Saale- und Moldauhafen zusammentreffennoch einen drauf: „Das ist wie die Binnenalster am Grasbrook.“ Schade nur, dass das neue Grasbrookquartier laut HCH-Chef Bruns-Berentelg erst 2035 bis 2040 „weitgehend fertig“ sein wird. Wolfgang Timpe

