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»Hier bin ich Mensch, hier grille ich!«

Coaching. Warum das Zusammensein an der Feuerstelle uns mental gesund hält. Drei Tipps

Egal, ob Rindersteak oder Gemüsespieß: Die Deutschen lieben das Grillen. Laut einer aktuellen Verbrauchs- und Medienanalyse grillen 13 Millionen Menschen in Deutschland mindestens einmal im Monat. Mehr als sechs Millionen grillen sogar mehrmals monatlich.

Doch das Grillen ist keine Erscheinung des modernen Lifestyles: Schon vor 1,9 Millionen Jahren soll der Homo erectus mit dem Grillen begonnen haben. Das offenbar schon steinzeitliche Motto: „Hier bin ich Mensch, hier grille ich!“ Das jedenfalls schätzt Richard Wrangham von der Harvard University. Wirklich beweisen kann er es nicht – denn leider fanden sich keine Edelstahlgrills unter den Hinterlassenschaften der Frühmenschen. Dennoch: Ohne das Grillen, ohne gegarte Nahrung, hätte der Mensch nicht werden können, was er heute ist, so argumentiert Wrangham. Denn wer seine Nahrung erhitzt – und vor Erfindung der Einbauküche geschah dies durch das „Grillen“ von Fleisch über einer Feuerstelle – gewinnt daraus viel mehr Energie als ein Rohkostler. 
Foto oben: „Gemeinsame Erinnerungen sind manchmal die besten Friedensstifter“, schreibt Marcel Proust. Unternehmungen wie der gemeinsame Grillabend stärken das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Wir fühlen uns sicher, akzeptiert und „gehalten“ und bleiben damit mental gesund. © picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Coachin Andrea K. Huber: „Der intelligente Mensch wurde durch das Grillen also überhaupt erst möglich.“

Da das Erhitzen wie eine Vorverdauung wirkt, reduziert sich der Aufwand für den Stoffwechsel so stark, dass der Darm des Menschen im Verlauf der Evolution schrumpfen konnte. Die gesparte Energie kam dem Gehirn zugute, es wuchs infolge der gegarten Nahrung. Der intelligente Mensch wurde durch das Grillen also überhaupt erst möglich.

Heute geht es auf einer Grillparty vor allem um das gemeinsame Essen und die Zeit, die wir miteinander verbringen. Das entstehende Gemeinschaftsgefühl erklärt auch das „Phänomen Grillen“: Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe stellt ein grundlegendes menschliches Bedürfnis dar. Wir empfinden Sicherheit, Identität und soziale Unterstützung.

Fehlt diese soziale Interaktion, bedeutet das für die Psyche und den Körper enormen Stress. Das Immunsystem wird geschwächt und das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet. Dieser Zustand, hält er über einen zu langen Zeitraum an, kann viele Krankheiten wie Bluthochdruck, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen und lässt sich zudem mit erhöhtem Alkohol- und Drogenkonsum in Zusammenhang bringen. Einsamkeit aufgrund fehlender Gemeinschaft steht ebenso in Verbindung mit zahlreichen psychischen Problemen und Leiden wie Schlafstörungen oder sogar Depression. Doch wie entsteht ein Gefühl der Zusammengehörigkeit? 

1. Zusammen Geschichte schre­i­ben. Eine Beziehung ist wie eine große Reise in bisher unentdeckte Gefilde. Mal übernimmt der eine das Steuer, dann wieder der andere. Es gibt Höhen und Tiefen, und vielleicht verliert man sich sogar mal aus den Augen – um sich später wieder anzunähern. Zeit zu investieren und gemeinsam schöne Momente zu teilen (was auch ein gemeinsamer Grill­-
abend sein kann), sich über Freuden und Sorgen auszutauschen und sich zu unterstützen ist das A und O für jede Beziehung. Gerade für Eltern geht es darum, nicht nur die Abende vor dem Fernseher zu verbringen, sondern sich auch als Liebespaar zu erleben. Dies kommt auch der gesunden Entwicklung der Kinder zugute.

2. Bewusste Entscheidung für das „Wir“. Jede Beziehung – egal ob eine romantische Partnerschaft oder eine Freundschaft – ist ein kleines Wunder. Sind zwei Menschen auch noch so wesensverwandt, unterscheiden sie sich doch in vielen Dingen. Jeder hat seine eigene Biografie. Bedürfnisse und Erwartungen an eine Beziehung fallen unterschiedlich aus. Und so wichtig ein Wir-Gefühl für eine starke Beziehung ist, so wenig selbstverständlich ist es. Es bedeutet, sich auf den anderen verlassen zu können – komme, was wolle. Zur ande­ren Person zu stehen, auch wenn uns vielleicht deren Andersartigkeit enttäuscht oder verletzt hat, ist eine bewusste Entscheidung.

3. Sich selbst treu bleiben.Das Wir-Gefühl als Liebespaar oder in einer Freundschaft aufzubauen, zu pflegen und zu stärken heißt nicht, seine Bedürfnisse unter den Teppich zu kehren. Es ist wichtig, sich selbst treu zu bleiben. Denn wer keine eigene Identität hat und nicht über seine Wünsche und Ziele Bescheid weiß, das Leben nicht mit Freude genießt, ist letztlich auch für das Gegenüber uninteressant.
Ihre Andrea Huber

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Andrea K. Huber ist ­Coachin im Leistungssport, hat sich auf Stress­management spezialisiert und berät Unter­nehmen und Privatpersonen in heraus­fordernden Situa­tionen. Infos unter: www.andrea-huber-coaching.de

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