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Mobilität & Verkehr: Quo vadis HafenCity?

Information & Beteiligung. Die HafenCity Hamburg GmbH und der Geschäftsführer, Dipl.-Ing. Konrad Rothfuchs, von dem Verkehrspartner ARGUS informierten in einer HafenCity-Anwohner:innen-Veranstaltung über den Verkehrs- und Mobilitätsstand im Quartier

Die Informationsveranstaltung für die Anwohner:innen im Kesselhaus zu „Mobilität und Verkehrsthemen in der HafenCity“ stieß auf ein großes Echo. Auf der von Dr. Andreas Kleinau, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH, geleiteten und sehr gut besuchten Versammlung wurden zunächst die Grundlagen der verkehrlichen Basis der HafenCity vorgestellt, um dann auf die Pläne für die nahe Zukunft einzugehen. Fragen wie „Werden in der HafenCity überhaupt noch Straßen gebaut?“ oder „Wie funktioniert das überhaupt und was bedeutet das aktuell für das Umfeld in dem Sie wohnen?“ standen im Mittelpunkt des über zweistündigen Abends. Auch das in der HafenCity installierte CarSharing-Konzept wurde kurz vorgestellt.
Foto oben: Vom Masterplan von 1999 bis zur HafenCity-Realität in 2023 – Dipl.-Ing. Konrad Rothfuchs, Geschäftsführer ARGUS Stadt und Verkehr- Partnerschaft mbB: „Seit einigen Jahren ist die Diskussion um das Konzept der ,15-Minuten-Stadt’ immer stärker einbezogen worden.“ © Cetin Yaman

Die Informationsveranstaltung zu „Mobilität und Verkehrsthemen in der HafenCity“, Ende Mai im Kesselhaus der HafenCity, stieß bei den Anwohner:innen auf ein großes Echo. © Cetin Yaman

Dipl.-Ing. Konrad Rothfuchs, Geschäftsführer der ARGUS Stadt und Verkehr-Partnerschaft mbB, blickte dabei zuerst zurück auf die Anfänge des neuen Hamburger Stadtteils. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit dem Thema und hat die Entwicklung vom sogenannten Masterplan zur HafenCity aus dem Jahre 1999 bis zur Realität in der Gegenwart aktiv mitgestaltet. „Im Mittelpunkt standen dabei immer die Anforderungen an ein modernes Quartier. Seit einigen Jahren ist die Diskussion um das Konzept der ,15-Minuten-Stadt’ immer stärker einbezogen worden, bei dem man in einem Stadtteil alle wichtigen Orte innerhalb von 15 Minuten zu Fuß erreichen sollte“, so Rothfuchs. Stabile Strukturen seien zu Beginn für den damaligen Ersten Bürgermeister Ortwin Runde (SPD, 1997-2001) die Voraussetzung für ein modernes Quartier gewesen. Eine Einstellung, die sich „als richtig erwiesen habe“, so Rothfuchs. In seinem Rückblick stellte der Verkehrsexperte zufrieden fest, dass in den vergangenen 20 Jahren in Hamburg der Anteil des motorisierten Individualverkehrs von allen Fortbewegungsmöglichkeiten von 47 auf 32 Prozent gefallen und dabei im gleichen Zeitraum der Fahrradverkehr von 15 auf 22 Prozent gestiegen sei: „Man sieht daran, dass etwas möglich ist, wenn man daran arbeitet.“

Anwohnerin Gudrun Brüning ist unzufrieden mit der Situation für Fußgänger und Radfahrer in der Baakenallee: „Wir Fußgänger werden einfach weggeklingelt, das ist echt nervig.“ © Cetin Yaman

Doch die Umstellung auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel bringe nicht nur positive Effekte mit sich. Einige der Anwohner zeigten sich verärgert über das rüpelhafte Benehmen von manchen Radfahrern, die Fußgängern auf den Fußgängerwegen den Platz wegnehmen würden.Anwohnerin Gudrun Brüningk aus der Baakenallee berichtete: „Wir Fußgänger werden einfach weggeklingelt, das ist echt nervig.“ Als Antwort erwiderte Rothfuchs, dass dies im Moment durch die Baustellensituation besonders schwierig sei, versprach aber, dass sich dies bald enorm verbessern würde. Andere Teilnehmer betonten, dass die bisherigen Erfolge nicht ausreichen würden und noch mehr Radwege – auch auf der Fahrbahn – nötig seien. Anwohner Rüdiger Strey vom Mehrgenerationenprojekt Hafenliebe am Sandtorpark wünscht sich das besonders Am Kaiserkai. Die Antwort vom Verkehr- und Verkehrsforschungssexperten Rothfuchs: Die Verkehrsauslastung sei dort nicht so hoch, um eine eigene Radfahrerspur auf der Fahrbahn zu rechtfertigen. Auf die Frage nach der Installation von Kreisverkehren gab es die gleiche Antwort: „Diese machen nur Sinn bei bestimmten Belastungsgrenzen und die gibt es in der HafenCity eher nicht.“

Auch die Einrichtung von Tempo 30-Zonen beziehungsweise Tempo-30-Strecken sei „keine einfache Angelegenheit“, wie Rothfuchs ausführte. Die generelle gesetzliche Regelung in Deutschland lautet weiterhin, dass innerhalb einer Stadt Tempo 50 herrscht und für die Einrichtung von Tempo-30-Strecken einige wichtige Voraussetzungen wie das Vorhandensein einer Kita oder Schule in unmittelbarer Nähe erfüllt werden müssen. Zur Drosselung des motorisierten Verkehrs habe man aber verschiedene Maßnahmen zur Auswahl, so könnte man das auch gut mit der Anzahl an Parkplätzen steuern. Habe man anfangs vor 20 Jahren in der westlichen HafenCity noch mit 1 Parkplatz pro Wohneinheit kalkuliert, so sei dies jetzt zum Beispiel in der Baakenallee auf 0,4 Parkplätze pro Wohneinheit gesenkt worden – also vier Parkplätze pro zehn Wohneinheiten.

Vorgestellt wurden auf der Infoveranstaltung die geplante Straßenbauarbeiten von diesem Jahr an bis 2026. Da befindet sich unter anderem die Baakenallee bis 2024, der Endausbau der Straße am Strandkai von Juni bis Oktober 2023, der Endausbau Überseeallee/San-Francisco-Straße von Juli 2023 bis etwa April 2024, die Querstraße Steinschanze zwischen Shanghaiallee/Am Lohsepark sowie einige neue Infrastrukturmaßnahmen in der östlichen HafenCity.

Zum Mobilitätskonzept in der östlichen HafenCity wurden zur Umsetzung ruhender Verkehr die Stichworte „wenig Parken im öffentlichen Raum“, „privates Parken weitestgehend auf privatem Grund“ und „Besucherparken in öffentlich zugänglichen Tiefgaragen“ vorgestellt. Außerdem wurde das stationäre Carsharing-System als Quartierslösung im Baakenhafen, das dort von der Firma Cambio Carsharing übernommen wird, erläutert. Momentan sind 11 Fahrzeuge verfügbar – 6 Elektro und 5 Verbrenner in 2 Tiefgaragen, wobei die Cambio-Flotte, abhängig von der Nachfrage, auf bis zu 100 Fahrzeuge erhöht werden kann.

Anwohner Christian Lührs beschwerte sich über den starken Lkw-Verkehr in der Sternschanze, einer kleinen Verbindungsstraße zwischen Shanghaiallee und Am Lohsepark. © Cetin Yaman

Das Schulwegekonzept Baakenhafen stellt sich auf die Eröffnung des Neubaus der Grundschule Baakenhafen in der Baakenallee ein. Dort hat Argus eine Ausweitung der Tempo-30-Strecke auf 300 Meter beginnend mit der Schuleröffnung im August 2023 vorgesehen. Die vor Ort befindliche Tiefgarage wird für Schulangehörige 30 Minuten kostenfrei zu nutzen sein. Das Verkehrskonzept und um das südliche Überseequartier sieht unter anderem in der Überseeallee eine Verbreiterung der Radfahrstreifen auf 2 bis 3 Meter vor. Die Umsetzung an der Nordseite ist bereits erfolgt, an der Westseite u.a. mit San-Francisco-Straße wird ab Sommer 2023 daran gearbeitet. Außerdem laufe die Optimierung der Anbindung des Fahrradparkhauses an den öffentlichen Straßenraum und eine Netzergänzung des StadtRAD-Angebots.

Ärztin Dr. Clara Schlaich aus der Shangahiallee wollte wissen, ob es auch detailliertere, nach Straßen aufgeschlüsselte Unfallstatistiken über die HafenCity gibt. © Cetin Yaman

Bei zahlreichen kritischen Nachfragen unter anderem zu den Verkehrsführungen in der Baakenallee („wieso sind dort keine Radfahrspuren vorgesehen“) oder zur erhöhten Radfahrersicherheit an der Magdeburger Brücke (nach dem dort im Januar tödlich verunglückten Radfahrerin) oder dem zu erwartenden enorm ansteigenden Lkw- und Sprinter-Anlieferverkehr zum Westfield Hamburg-Übrseequartier, wenn es im Frühjahr 2024 eröffnen werde, wurde auf arbeitende Fachgespräche zwischen den Behörden, der HafenCity Hamburg GmbH sowie dem Investor Unibail-Rodamco-Westfield verwiesen. Moderator Dr. Andreas Kleinau: „Wir wollen mit dieser Veranstaltung Fragen der Anwohner:innen aufnehmen und über Geplantes informieren. Fachdiskussionen sollen bei den dafür zuständigen Veranstaltungen auch mit Stadtteilinitiativen erfolgen.“ Große Zufriedenheit löste diese „politische Vertröstung“, so ein Teilnehmer, nicht aus. Das Netzwerk HafenCity e.V. und die dortige Verkehrs AG wiesen darauf hin, dass man noch im Juli einen eigens initiierten Runden Tisch zum Thema „Verkehr und Sicherheit in der HafenCity“ umsetzen werde. Das für die HafenCity verantwortliche Polizeikommissariat 14 aus der Caffamacherreihe habe seine Teilnahme schon zugesichert. Müssen nun nur noch die zuständigen Behörden und die HafenCity Hamburg GmbH mitmachen. Cetin Yaman

Dr. Andreas Kleinau, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCVity hamburg GmbH, moderierte die Anwohner:innen-Veranstaltung im Kesselhaus: „Wir wollen Fragen der Anwohner:innen aufnehmen und über Verkehrs- und Mobilitätsprojekte informieren.“ © Cetin Yaman

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