Das Theaterschiff vom Nikolaifleet bekommt neuen, temporären Liegeplatz im Sandtorhafen
Irgendwie kennt es doch jeder, oder hat zumindest den Namen schon gehört: das Theaterschiff im Nikolaifleet. Doch wo es herkommt und wo es noch hinwill, ist weniger bekannt. Unter dem Namen „Seemöve“ war es 1912 erstmals nach Dänemark unterwegs, denn die Dänen brauchten Mais und Dünger. In den nächsten Jahren folgten zahlreiche weitere Fahrten und Umbauten am Schiff bis es in einer Bombennacht des Zweiten Weltkriegs im Hamburger Hafen versenkt wurde. In einer erstklassigen Imitation eines Phoenix kam die „Seemöve“ aber wieder zurück, wurde gehoben, repariert und 1975 endlich zum Theaterschiff umgebaut und machte dauerhaft am Nikolaifleet fest.
Foto oben: Theaterleiter-Duo Michael Frowin und Heiko Schlesselmann. © Jan Schulz
Der heutige Besitzer, Heiko Schlesselmann, übernahm 2012 das Theater von seinen Eltern und bildet nun gemeinsam mit Schauspieler, Autor und Regisseur Michael Frowin die Theaterleitung. „Das Unmittelbare, die Nähe zum Zuschauer“, so sagt Michael Frowin, „das ist das ganz Besondere an dieser Bühne, das berichten alle die hier spielen und hierherkommen.“ Die Bühne im Bauch des Schiffes misst nicht mehr als vier Quadratmeter und bietet Platz für einen Tisch, zwei Stühle und eine Handvoll Requisiten. Die Bühne ist umgeben von Sitzreihen, in denen man sich als Teil der Vorstellung fühlt.
Am zweiten März lichtet das Theaterschiff den Anker und macht sich aufgrund von Bauarbeiten im Fleet auf den Weg in den Traditionsschiffhafen am Sandtorkai. Das Programm läuft in der Zeit natürlich weiter. Von Mai bis August wird dann auch das Schiff selbst in der Werft saniert; auch die widerstandsfähigste Möve braucht schließlich Pflege. Heiko Schlesselmann macht sich dazu natürlich seine Gedanken: „Das wird sehr aufregend für uns. Das Schiff wird umgebaut und was, wenn es in der Werft plötzlich größere Renovierungs-Überraschungen geben sollte?“ Selbst der stärkere Wellengang am neuen Standort ist für ihn ein Thema: „Auf der Kieler Woche ist unserem Klavierspieler mal schlecht geworden. Der hat die ganze Zeit auf seine Noten geschaut und alles herum bewegte sich“, erinnert er sich schmunzelnd.
Für die Zeit in der Werft ist im Übrigen auch schon vorgesorgt, denn der Spielbetrieb wird in die Flussschifferkirche verlagert. Was aber tun, wenn die Hafenbehörde auf einmal sagt, dort könne man kein Theater spielen? „Dann machen wir eben Gottesdienst“, lacht Michael Frowin. Nach dieser Wiederauferstehungsgeschichte des Schiffs wäre das nur logisch. Jan Schulz
Informationen zum Programm und zu eventuellen, durch Covid-19 bedingten, Ausfällen gibt es unter www.theaterschiff.de.