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Suzi Quatro: »Ich mache gerne Ärger«

Konzert. Nach 60 Jahren im Rockmusik-Business spielt Suzi Quatro 2024 auf dem größten
Rock-Open-Air der Welt in Wacken – und im Mai in der Laeiszhalle in Hamburg 

Um einer der meistgestellten Journalistenfragen an alternde Rock­stars zuvorzukommen, wann sie denn gedenken aufzuhören, zitieren wir Suzi Quatro gleich mal selbst von ihrer Homepage: „Ich werde in den Ruhestand gehen, wenn ich auf die Bühne gehe, mit dem Arsch wackle, und es ist still.“ Basta. Das sagt eine Rock-Ikone, die wahrscheinlich weltweit erste Bandleaderin und Vorreiterin weiblicher Präsenz im machophilen Musikbusiness. Suzi Quatro, die energiegeladene und niemals stillstehende Frau im Ledersuite, hat immer noch viel vor und spricht über ihre Pläne fürs Jahr 2024.
Foto oben: Gitarristin Suzi Quatro: „Unterwegs benutze ich einen ,Fender Jazz‘-Bass, weil er einen schmaleren Hals hat. So kann ich mein sechsminütiges Bass-Solo auf der Bühne etwas leichter gestalten. Ich bin damit etwas schneller. Die Bass-Jazz-Gitarristen benutzen diese Form genau aus diesem Grund, weil sie damit geschmeidiger spielen können.“ © PR

Suzi Quatro, Sie und Ihr Vater haben schon im Alter von acht Jahren auf der Bühne Musik gemacht. Was war Ihr erstes prägendes Konzerterlebnis als Zuschauer? Mein ganzes Leben hat auf der Bühne stattgefunden. Ich spielte Bongo-Trommeln mit meinem Vater und seiner Band The Art Quatro Trio. Dann nahm ich klassischen Klavierunterricht, und mit 14 Jahren ging ich mit meiner älteren Schwester und der Band The Pleasure Seekers auf Tournee. Ich brachte mir selbst das Bassspielen bei. Und das war’s. Vom 14. bis zum 73. Lebensjahr bin ich jetzt seit 60 Jahren im Geschäft. Das ist es, was ich immer gemacht habe. 

Was war Ihr erstes musikalisches Vorbild? Ich entdeckte Elvis Presley im Alter von fünfeinhalb Jahren und beschloss schon früh, das zu tun, was er macht. Ziemlich verrückt, so früh. Als ich dann in der Band spielte, war Otis Redding eines meiner Vorbilder, und auch Bob Dylan hatte einen großen Einfluss auf mich. Und weil ich so früh meine eigenen Shows machte, hatte ich keine Zeit, andere Shows zu sehen.

Lassen Sie uns in die Zukunft blicken. Sie haben gerade Ihre 39. Australien-Tournee abgeschlossen. Erstaunlich, so viele Male! (lacht)

Rockröhre Suzi Quatro: „Ich bin durch und durch Entertainer und für mein Publikum da.“ © Lynda Buchanan

Wie lange waren Sie unterwegs? Fünf Wochen, in denen ich auf zehn Outdoor-Festivals als Headliner auftrat. Das ist das fünfte Mal, dass ich Headliner bei der „Redhot Summer Tour 2024“ war. Danach habe ich viel, viel zu tun. Es ist ein verrücktes Jahr. Ende des Jahres spiele ich fünf Shows in Großbritannien, um den 50. Jahrestag meines zweiten Nummer-eins-Hits „Devil Gate Drive“ zu feiern. Letztes Jahr habe ich die gleiche Tournee gemacht, um das 50-jährige Jubiläum von „Can the Can“ zu feiern, das seinerzeit auf Platz eins stand.

Dieses Jahr spielen Sie zum ersten Mal auf dem ausverkauften Wacken Festival, dem größten Rock-Event der Welt. Wie muss ich mir den Weg dorthin vorstellen? Ein Telefonanruf: „Hallo Suzi, hier ist Wacken. Willst du mitmachen?“ Ich habe keine Ahnung. Ich buche nicht selbst, das macht mein Mann für mich. Sie wollten mich für die Show, und sie haben mich bekommen. Und hier sind wir nun. 

Also macht Ihr Mann das immer noch von Hamburg aus, wo Sie auch ab und zu im Stadtteil Niendorf einkaufen gehen? Ja, das mache ich tatsächlich. Ich wohne nicht in Hamburg. Es ist eher ein Hin und Her. Manchmal bin ich dort, und manchmal ist er bei mir in England. Wir führen seit fast 30 Jahren zwei Haushalte, und das ist gut für unsere Beziehung. Wir haben auch eine Wohnung auf Mallorca, die wir unsere „neu­trale Zone“ nennen.

Ein Kollege schrieb: „Sie spricht nur Englisch, nach 20 Jahren in Niendorf, und sie hat alles im Griff.“ Nun, ich kann ein paar kleine Dinge wie „Guten Tag“, aber natürlich spreche ich hauptsächlich Englisch. Ich möchte einfach nicht dumm klingen, wenn ich eine andere Sprache spreche. Außerdem sind die Hamburger sehr gebildet und antworten in ihrem besten Englisch und sind oft froh, wenn sie es üben können. 

Zurück zu Wacken: An dem Wochenende spielen eine Menge Bands. Sie spielen am Eröffnungstag, Mittwoch, den 31. Juli. Wie kann man sich die Stimmung auf der Bühne unter den Künstlern vorstellen? Ist es eine Art Familientreffen? Wissen Sie, ich habe schon auf vielen dieser Festivals gespielt. Wir sitzen da, warten auf unseren Auftritt, und manchmal gehen einige Künstler danach noch etwas zusammen trinken. Für mich persönlich ist es wichtig, dass ich mich auf meinen Auftritt konzentriere und die beste Show abliefere, die ich kann. Ich bin sehr fokussiert auf meinen Auftritt.

Am 8. Mai sind Sie in der Laeiszhalle in Hamburg mit Ihrem Programm „The Devil in Me“. Was ist der Teufel in Ihnen, können Sie das erklären? Ja, das ist auf die schönste Weise gemeint. Wenn ich teuflisch bin, bin ich schelmisch, ich mache gerne Ärger, aber keinen schlimmen Ärger, ich gehöre zu den Leuten, die immer dieses Augenzwinkern haben. Und wenn jemand sagt: „Tu das nicht!“, dann tue ich genau das.

Sie haben einen Dokumentarfilm („Suzi Q“, 2019) über Ihr Leben gedreht, schreiben Bücher, komponieren Musik und moderieren eine wöchentliche Radio­sendung bei der BBC. Sind Sie beim Radio in Rente gegangen? Soll das ein Witz sein? (lacht) Ich habe diese Sendung 15 Jahre lang moderiert und vor drei Jahren aufgehört, um woanders weiterzumachen. Ich habe immer eine Menge gemacht und habe noch viel vor. Ich habe mein 16. Studioalbum „No Control“ aufgenommen und veröffentlicht, das erste mit meinem Sohn Richard, der Gitarre spielt. Wir haben auch die meisten Titel gemeinsam geschrieben. 

Woher kommt die Energie? Machen Sie ein Work­out, oder ist Ihre Arbeit Ihr Workout? Ja, eigentlich schon. Ich habe ein Fitnessstudio in meinem Haus, und dort trainiere ich an mir, wenn ich nicht auf der Bühne stehe. Ich habe diese übermäßige Energie, seit ich ein Kind war. Es ist einfach schwierig für mich, nichts zu tun.

Haben Sie jemals Konzerte in der DDR gegeben? Das ist ja wohl ein Witz. Ich bin schon seit 60 Jahren im Geschäft. Natürlich habe ich dort gespielt. Oh mein Gott, ich habe überall in Deutschland gespielt. Ich habe schon in den 70er-Jahren Konzerte in der DDR gespielt. Ich habe nie einen Unterschied zwischen Ost und West gemacht, weil ich nie politische Aussagen mache. Ich bin durch und durch Entertainer und für mein Publikum da.

Eine Frage zu Ihrem Ins­trument, dem Bass. Bevorzugen Sie eine ­bestimmte Marke? Ja, eine Bassgitarre, die, die mir mein Vater geschenkt hat, als ich 1964 zu spielen begann. Sie ist eine „1957 Fender Preci­sion“ und bedeutet mir wirklich viel. Damit habe ich angefangen, und es ist ein ganz besonderer Bass. Ich benutze ihn nur für Studioaufnahmen, denn er ist zu wertvoll, um ihn mit auf Tournee zu nehmen. Unterwegs benutze ich einen „Fender Jazz“-Bass, weil er einen schmaleren Hals hat. So kann ich mein sechsminütiges Bass-Solo auf der Bühne etwas leichter gestalten. Ich bin damit etwas schneller, und die meisten Leute merken es kaum. Die Bass-Jazz-Gitarristen benutzen diese Form genau aus diesem Grund, weil sie damit schneller und geschmeidiger spielen können. 

Wir kennen Sie als Rockmusikerin. Haben Sie jemals Jazz gespielt? Oh ja, natürlich. Ich habe alle Stile gespielt. Ich stamme aus einer musikalischen Familie und wurde klassisch ausgebildet. Von dem Tag an, an dem ich meinen Vater spielen hörte und meine Geschwister mit mir musizierten, war es ein breites Spektrum, das wir zusammen spielten.

Wenn Sie zurückblicken, was hat sich für Sie persönlich während Ihrer Zeit auf der Bühne verändert? Alles (lacht). Ich bin jetzt 73 Jahre alt und mache das schon seit 60 Jahren. Ich fühle mich in meiner Lederkombi sehr wohl und mache, was ich will. Was mir nicht gefällt, ist, dass alles digital geworden ist. Aber das ist nun mal so. Diesen Entwicklungsprozess kann man nicht aufhalten.

Würden Sie sagen, dass es Ihnen heute mehr Spaß macht? Sicher, es macht mehr Spaß. Je älter man wird, desto weniger muss man sich beweisen. 

Möchten Sie den Leser:innen noch etwas Wichtiges mitteilen? Genießen Sie jeden Tag, denn eines Tages wird es der letzte sein. (schmunzelt) Das ist meine Botschaft an die Menschen. Ich gebe viel Freude in meinem Leben und bin sehr glücklich darüber. 
Das Gespräch führte Matthias Schinck

Suzi Quatro tritt am Mittwoch, 8. Mai 2024, 20 Uhr, in der Laeiszhalle auf. Am Mittwoch, 31. Juli 2024, tritt sie auf dem Open Air Festival Wacken auf. Informationen unter: www.suziquatro.com 

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