Der Architekten-Siegerentwurf für den Campus HafenCity, mit der weiterführenden Stadtteilschule mit Gymnasialzweig im Lohsepark, setzt auf Terrassen und Glas und öffnet sich vom Schulhof aus zum Lohsepark und dem Stadtteil hin. Und lesen Sie mal, wo eventuell die temporäre Containerschule hinkommen soll
Das gibt es wirklich nicht alle Tage. Alle Teilnehmer:innen der Pressekonferenz zur Präsentation des Architekten-Siegerentwurfs zur weiterführenden Schule „Campus HafenCity“, mit denen ich gesprochen habe, und die politischen Vertreter waren neudeutsch „geflasht“ – von der wohnlich grünen Ausstrahlung, der Großzügigkeit und der Transparenz der neuen Schule im Lohsepark. Schulsenator Ties Rabe bekannte sich leidenschaftlich „zum spektakulärsten Schulbau Hamburgs ever!“. Schulleiterin Meike Ludzay vom Campus HafenCity „freut sich auf den Neubau“ in den „viele unserer pädagogischen Ideen aus dem Bau- und Flächenprogramm mit Unterstützung von Schulbau Hamburg in den Ausschreibungstext gelangt sind“ wie auch Marianne Wellershoff, Gründungsmitglied der Anwohnerinitiative Schulcampus Lohsepark, die es als „einen tollen Entwurf“ empfindet. Und HafenCity-Chef Dr. Andreas Kleinau ist froh, dass „ein weiterer wichtiger Baustein erfolgreicher Stadtentwicklung zur Umsetzung gelangt und damit ein wichtiger Ort des Lernens, des Austauschs und für vielfältige Sport- und Freizeitaktivitäten im Stadtteil entsteht“. Für Mandy Herrmann, Geschäftsführerin von SBH Schulbau Hamburg, geht der Entwurf „wirklich hervorragend mit der zur Verfügung stehenden Fläche um und schafft für alle Nutzerinnen und Nutzer ausreichend Raum“. Und der Finanzier der lichtdurchfluteten Stadtteilschule mit Gymnasialzweig, Finanzsenator Dr. Andreas Dressel, findet: Campus HafenCity „belebt das Gebiet rund um den Lohsepark und bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für alle Anwohner:innen. Hier entsteht ein neues Stadtteil-Zentrum.“ Bei so viel Zustimmung kann der Autor nur noch anfügen: „In die Schule würde ich gerne gehen!“
Foto oben: Viel Licht, viele Terrassen und viel Glas – so sieht der Architektenentwurf des Architekturbüros „haascookzemmrich Studio 2050“ für eines der größten Hamburger Schulbauvorhaben der nächsten Jahre aus. Schulbehörde und SBH Schulbau Hamburg planen in der Hafencity am Lohsepark eine neue „Campus-Stadtteilschule“ für bis zu 1.600 Schüler:innen der Klassenstufen 5 bis 13. Der Hochbau startet voraussichtlich im Frühjahr 2025, die Fertigstellung ist für das Schuljahr 2026/27 vorgesehen. © haascookzemmrich STUDIO2050
Senator Ties Rabe sprach nicht nur von der tollen, sondern auch von der „teuersten Schule“ Hamburgs – verursacht „durch Lieferkettenprobleme sowie explodierende Bau- und Materialkosten“. Waren mal für den Campus HafenCity und die Grundschule Baakenhafen zusammen 90 Millionen Euro angesetzt. sind es jetzt nur für die Lohsepark-Schule allein bis zu 100 Millionen Euro. Und die – vorbehaltlich der Tatsache das Visualisierungen immer positiv täuschen – sieht man die offenbar auch gut und im besten Sinne angelegt: optisch und konzeptionell.
Viel Licht, viele Terrassen und viel Glas – so sieht der Architektenentwurf des Architekturbüros „haascookzemmrich Studio 2050“ für eines der größten Hamburger Schulbauvorhaben der nächsten Jahre aus. Schulbehörde und SBH Schulbau Hamburg planen in der Hafencity am Lohsepark „eine neue ,Campus-Stadtteilschule’ für bis zu 1.600 Schüler:innen der Klassenstufen 5 bis 13“. Der Hochbau starte voraussichtlich im Frühjahr 2025, die Fertigstellung sei für das Schuljahr 2026/27 vorgesehen. Der Neubau am Lohsepark bietet Platz für die neue acht-zügige Campus-Stadtteilschule mit gymnasialem Zweig, eine Kindertagesstätte, drei Sporthallen sowie bezirklich genutzte Flächen auf dem „Campus HafenCity“-Gelände.
Die neue Schule steht auf einem 11.000 Quadratmeter großen Schulgrundstück direkt am Lohsepark. Das Gebäude bietet auf über 19.000 Quadratmetern voraussichtlich insgesamt 84 Klassen-, Fach- und Gruppenräume für Schulunterricht, zudem drei Sporthallen mit insgesamt sechs Hallenfeldern, eine großzügige Kantine, viele Aufenthaltsräume und eine große Aula. Viele differenzierte Frei-, Pausen- und Rückzugsräume für die Schüler:innen machen die Schule zugleich zu einem ansprechenden Freizeit- und Lebensraum, so die Schulbehörde.
Schulsenator Ties Rabe: „Ich freue mich über den sehr guten Entwurf. Der Schulcampus HafenCity wird eine ganz besondere Schule und zugleich eine besonders schöne Schule, die der HafenCity alle Ehre machen wird. Die Schule öffnet sich bewusst dem Stadtteil und kann auch nach Schulschluss und an Wochenenden als Begegnungsort und für Veranstaltungen genutzt werden. So werden viele Räume im Erdgeschoss wie Musikräume, Werkstätten und Mensa Bezirk und Stadtteil zur Verfügung stehen. In den oberen Geschossen gliedert sich das Gebäude in drei Abschnitte. Dort entstehen großzügige Räume für die Verwaltung, das Oberstufenzentrum und die Klassen- Gruppen- und Fachräume. In der besten Lage – im sechsten Stock – befindet sich eine Kindertagesstätte, die die Terrassen im 5. und 6. Stock als Außenfläche mitnutzen kann. Ein teilweise überdachtes Sportfeld auf dem Dach ergänzt die Außenflächen des Schulhofes. Neben einer Zwei- und Dreifeld-Sporthalle für Schule und Vereine erhält der Campus eine zusätzliche bezirkliche Einfeld-Sporthalle für den Stadtteil.“
Aufgrund der Größe und der unterschiedlichen Nutzungen gliedert sich der Bau in drei miteinander verbundene einzelne Gebäude mit einer Höhe von bis zu sechs Geschossen. Eine umlaufende Terrasse bildet im ersten Obergeschoss ein „erweitertes Klassenzimmer“, auf dem die Schulgebäude quasi schweben und Freiraum und Innenraum miteinander verzahnen. Die Architekten haben die Gebäude so platziert, dass sie einen 2.000 Quadratmeter großen, multifunktional nutzbaren Schulhof im inneren Bereich des Schulgrundstücks umfassen und vom Verkehrslärm abschirmen und zugleich zum Stadtteil hin durch großzügige Glasflächen einladend und stadtteilzugewandt wirken. Besonders gelungen ist auch der Zugang vom Schulhof zum Gedenkort „Hannoverscher Bahnhof“. Insgesamt stehen rund 7.500 Quadratmeter Schulhoffläche zur Verfügung, davon 4.500 Quadratmeter ebenerdig.
Und Meike Ludzay, Schulleiterin des Campus HafenCity, ist froh, dass sie ihre konzeptionellen Ideen – „Eine Schule darf kein Ufo sein!“ (Meike Ludzay in der Februar-Ausgabe der HafenCity Zeitung) – im neuen Schulbau wiederfindet: „Wir freuen uns auf den Neubau! Besonders froh sind wir, dass viele unserer pädagogischen Ideen aus dem Bau- und Flächenprogramm mit Unterstützung von Schulbau Hamburg (SBH) in den Ausschreibungstext gelangt sind. In dem Siegerentwurf erkennen wir diese Vorstellungen wieder. Wir hoffen, dass möglichst viel davon nun umgesetzt wird.“ Und SBH-Geschäftsführerin Mandy Herrmann ist vom Architektenentwurf überzeugt: „Mit der Auswahl der Architektur haben wir den größten Teil des Weges für dieses anspruchsvolle Bauprojekt schon geschafft. Wir freuen uns sehr, das Büro haascookzemmrich Studio 2050 für die Planung des Schulcampus HafenCity binden zu können. Der Entwurf geht wirklich hervorragend mit der zur Verfügung stehenden Fläche um und schafft für alle Nutzer:innen ausreichend Raum.“
Von Beginn an war Schulleiterin Ludzay wie auch die Anwohner:innen-Initiative Schulcampus HafenCity besonders daran interessiert, eine Transparenz der Schule zum Stadtteil und umgekehrt eine attraktive Nutzung des Stadtteils von Schulflächen zu verwirklichen. Dr. Andreas Kleinau, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH: „Es ist sehr erfreulich zu sehen, wie sich die HafenCity immer weiter zu einem attraktiven Wohnstandort in der Hamburger Innenstadt entwickelt, der insbesondere auch junge Familien mit Kindern anzieht. Die Anziehungskraft der HafenCity leitet sich aus unterschiedlichen Wohnraumangeboten, der zentralen Lage, der vielzähligen grünen Freiräume, aber auch der sehr gut ausgebauten sozialen Infrastruktur ab. Zu dieser zählen auch die vielen Angebote für Betreuung, Erziehung, Bildung und Ausbildung. Ich freue mich, dass mit den Plänen zum neuen Schulcampus HafenCity am Lohsepark ein weiterer wichtiger Baustein erfolgreicher Stadtentwicklung zur Umsetzung gelangt und damit ein wichtiger Ort des Lernens, des Austauschs und für vielfältige Sport- und Freizeitaktivitäten im Stadtteil entsteht.“
Die vorbereitenden Arbeiten auf dem Grundstück sollen Ende 2024 beginnen, der Hochbau startet im Frühjahr 2025. Die Fertigstellung ist für das Schuljahr 2026/27 geplant. Das Gebäude wird – wie im Hamburger Schulbau üblich – energetisch nach dem höchsten Standard „EG 40“ erbaut und unterbiete damit in seiner Energieeffizienz den modernen Wohnungsbau noch einmal um 35 Prozent, so die Schulbehörde. Viele Dachflächen werden begrünt und für eine spätere Installation einer Photovoltaik-Anlage vorgesehen. Die ersten 120 Schüler:innen der neuen Schule lernen bereits jetzt in „mobilen Klassenräumen“ – den weithin leuchtenden roten Containern – auf dem Schulgrundstück. Während der Bauarbeiten müssen sie umziehen. „Zusammen mit der Hafencity Gmbh wird dafür zurzeit mit Hochdruck ein freies Grundstück in der Hafencity als Übergangsstandort für die Schule gesucht. Schulbehörde, HafenCity Hamburg GmbH und SBH Schulbau Hamburg werden die Schulgemeinschaft in Kürze über die weiteren Planungen informieren“, so die Behörde. Auf Nachfrage der HafenCity Zeitung erklärten Schulsenator Rabe und HafenCity-Chef Kleinau gemeinsam, dass die temporäre Schule während der Bauzeit „in jedem Fall in der HafenCity“ sein wird, damit es vertretbar kurze Schulwege und Stadteilanbindung gäbe. Thies Rabe ergänzte noch im Gespräch mit der HafenCity Zeitung, dass das jedoch nicht das einzige Kriterium sei. Er wolle alle Schüler:innen auf einem Grundstück versammelt sehen und dass die Sicherheit für alle gewährleistet sein müsse.
Nach Informationen der HafenCity Zeitung sind u.a. drei Standorte in der engeren Auswahl: Erstens Teile des Oberhafens, der jedoch nach Meinung vieler viel zu klein ist und wenig Chancen hat. Zumal die temporäre Containerschule mir neuen Klassen um Schuljahr 2023/24. deutlich wachsen wird und die neuen Sport- und Freizeit-Anlagen, die dort gerade erst in den vergangenen Monaten entstanden sind, zurückgebaut werden müssten. Zweitens sind die Baufelder 74 bis 76 im Norden des Lohseparks, die sogenannte Gruner+Jahr-Brache, ein möglicher attraktiver Standorte, weil man einfach nur die Schulcontainer 500 Meter weiter wieder hinzustellen bräuchte – ohne neue Schulwege für die Schüler:innen des Campus HafenCity zu verursachen. Für die Elternschaft im Stadtteil ein verständlicher Topfavorit, weil sich wenig ändern würde und der Standort mitten im Quartier wäre. Problem: Die HPA, die Hamburg Port Authority, die alle Hafenflächen und Kaianlagen für die Stadt verantwortet möchte aus der Speicherstadt ausziehen und sich dort einen neuen Firmensitz bauen. Sie sind der ausgeguckt Nachfolger von Gruner + Jahr.
Und dritter Standortkandidat soll womöglich das Baufeld 119 in der Kurve am Ende der Versmannstraße nahe der U-Bahn-Station Elbbrücken sein. Der dort ursprünglich geplante große Kongresshotel-Komplex der Hamburger ECE-Gruppe, die die ursprüngliche Konzeption auf Grund der neuen Bedarfe (deutlich weniger Kongressbesucher) und Baukostenexplosionen neu konzipieren will, ist als Ganzes zurzeit als Projekt in der Wiedervorlage-Schublade gelandet. Wiederaufnahme: terminlich ungewiss. Wann ECE ein neues, wahrscheinlich kleineres Projekt, vorstellen wird, ist zurzeit nicht terminiert und die Fläche wäre groß genug.
Also: Wenn man zwischen den Zeilen der Stellungnahmen der Verantwortlichen – HafenCity Hamburg GmbH, Schulbehörde und SBH Schulbau Hamburg – für die Standortentscheidung liest, deutet vieles auf das Baufeld 119 hin. Der Standort wäre formal in der HafenCity, wenn auch am östlichsten Rand. Ferner gäbe es ausreichend Platz für alle und alles und die Sicherheitsfragen sind einfach zu organisieren. Zwar gäbe es deutlich längere, aber durchaus vertretbare Schulwege, die jedoch im heutigen Zustand und Verkehrsregelung der zweispurigen Versmannstraße erst noch „ertüchtigt“ werden müssen, wie es im Behördenjargon so schön heißt.
Alle Gesprächspartner verweisen auf den „offenen Prozess der Suche“ (HafenCity-Chef Dr. Andreas Kleinau) und sagen nichts. Aber objektiv hätte der momentane Favorit Kongesshotel-Standort viele Gewinner: HPA könnte auf der Gruner+Jahr Brache bauen und die HCH bekäme auch ihre bisherigen Kosten für Grundstückerschließung und Investoren-Akquise erstattet und das Sondervermögen der HCH bzw. der Stadt würde durch den Grundstücksverkauf wachsen. Und, der Big-point, dass die temporäre Schule nach Wunsch aller „in der HafenCity liegen wird“ (Schulsenator Ties Rabe, SPD), wäre ebenfalls erfüllt – und der Projektentwickler und Kongresshotel-Bauherr ECE hat es nach allem Hörensagen nicht eilig. Wer weiß, was 2026, wenn der neue Schulbau fertig sein soll, im Bau- und Kongesshotelmarkt los ist. Zeit verschafft ECE Luft und neue kreative Möglichkeiten. Also könnte das Baufeld 119 möglicherweise eine Win-Win-Situation für fast alle Beteiligten sein. Und der Schulweg könnte dann vollkommen neu und sicher gestaltet werden, wenn der Feldversuch (endet formell erst 2025) der zurückgebauten vierspurigen Versmannstraße vorzeitig beendet und endgültig zweispurig würde. Am Rande des jüngsten HCZ-Interviews in der Februar-Ausgabe fragte Verkehrssenator Dr. Anjes Tjarks („Gemeinsam die Stadt verändern!“), ob die Versmannstraße langfristig zweispurig bliebe, spitzbübisch: „Das klappt doch prima oder haben Sie was anderes gehört?“ Nein, haben wir nicht. Wolfgang Timpe