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Für den Spatz: Ein beliebter und erhaltenswerter Lebensraum für den Haussperling ist die Knöterichhecke neben der Oberhafenbrücke. © Marco Sommerfeld | NABU
Tschilp, tschilp

Aktion grüne HafenCity. Nabu, Netzwerk und BUND haben im Lohsepark Nistkästen für die bedrohten Haussperlinge, die Spatzen aufgehängt
Plus: Netzwerk HafenCity hat der HafenCity HH GmbH ein Pflichtenheft (S.1) zum Vogelschutz (S. 2) übergeben

Man könnte glauben, es gäbe ziemlich viele Spatzen in der HafenCity, so laut wie an sonnigen Vormittagen das „Tschilp, tschilp“ in den Innenhöfen, Häuserschluchten und Grünflächen ertönt. Aber das täuscht, die kleinen grau-braunen Vögel stehen in Hamburg auf der Roten Liste, die Bestände sind um 40 Prozent eingebrochen.
Foto oben: Lebensraum Spatz: Ein beliebter und erhaltenswerter Lebensraum für den Haussperling ist die Knöterichhecke neben der Oberhafenbrücke. © Marco Sommerfeld | NABU

Engagement für urbane Natur und neue Brutkästen im Lohsepark für den  bedrohten Haussperling: Marianne Wellershoff, AG Grün, Netzwerk HafenCity; Malte  Siegert, Nabu-Hamburg-Chef; Prof. Jürgen Bruns-Berentelg, Chef der  HafenCity Hamburg GmbH; Vogel-Experte Marco Sommer vom Nabu und  Wolfgang Weisbrod-Weber, AG Grün, Netzwerk HafenCity. © Thomas Hampel
Engagement für urbane Natur und neue Brutkästen im Lohsepark für den bedrohten Haussperling: Marianne Wellershoff, AG Grün, Netzwerk HafenCity; Malte Siegert, Nabu-Hamburg-Chef; Prof. Jürgen Bruns-Berentelg, Chef der HafenCity Hamburg GmbH; Vogel-Experte Marco Sommer vom Nabu und Wolfgang Weisbrod-Weber, AG Grün, Netzwerk HafenCity. © Thomas Hampel

In der HafenCity mangelt es ihnen an Wohnraum; Niststeine in den Fassaden, in denen die Haussperlinge so gerne brüten, sind nicht vorgeschrieben, also gibt es auch keine. Doch nun hat das Netzwerk HafenCity e.V. gemeinsam mit Nabu und der Deutschen Wildtierstiftung ein kleines Wohnungsbauprogramm aufgelegt und im Lohsepark 20 Nistkästen aufgehängt – die meisten davon in der Wildnis. 

Zum Aufhängen der Kästen kurz vor dem Weltspatzentag kamen nicht nur Nabu-Hamburg-Chef Malte Siegert und Vogel-Experte Marco Sommerfeld, sondern auch Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der HafenCity Hamburg GmbH. Er freute sich über „das zivilgesellschaftliche Engagement“ der AG Grün des Netzwerks, zu der auch die Freunde des Lohsepark gehören. Die hatten schon vor mehreren Jahren angefangen, gemeinsam mit Anwohner:innen die Wohnungsnot der kleinen Vögel mit Nistkästen zu lindern und sie regelmäßig mit hochwertigem Körner- und Insektenfutter zu versorgen. 

Ein „Tschilp“-Spatzen-Wappentier der HafenCity: Der Haussperling steht auf der Roten Liste bedrohter Arten. © Thomas Hampel
Ein „Tschilp“-Spatzen-Wappentier der HafenCity: Der Haussperling steht auf der Roten Liste bedrohter Arten. © Thomas Hampel

Dass es mit Brutmöglichkeiten für die Haussperlinge nicht getan ist, darin waren sich Nabu und Netzwerk HafenCity einig. Denn die Tiere brauchen auch einen geeigneten Lebensraum und ein gutes Nahrungsangebot. Genauer gesagt: Die Aufzucht der Jungen klappt nur, wenn sie mit frischen Insekten gefüttert werden. Deshalb übergab Marianne Wellershoff von der AG Grün nicht nur eine Tüte mit regionalem Blühwiesen-Samen an Bruns-Berentelg, sondern auch eine Liste von Empfehlungen. Dazu gehören die Entsiegelung von Baumscheiben, die Aussaat von Regio-Samen auf den Mittelstreifen, das Pflanzen von Hecken mit einheimischen, fruchttragenden Sträuchern oder auch der Erhalt der Knöterich-Hecke neben der Oberhafenbrücke – dort sitzen die Spatzen gerne tagsüber, was bis in den Lohsepark zu hören ist.

Zu dem Maßnahmenkatalog hatte auch der BUND beigetragen: Bernhard Vogt und Isabell Jackelen hatten dem Netzwerk HafenCity eine gemeinsame Begehung vorgeschlagen und dann im Februar beim Parkrundgang konkrete Ideen für die ökologische Aufwertung entwickelt. Zum Beispiel rund um den Spielplatz im Lohsepark eine Hecke zu pflanzen. Das Plakat mit der Visualisierung des künftigen Quartiershauses, das am Stahlzaun des Spielplatzes hängt, sieht genau so eine hohe Hecke vor. Gepflanzt wurde sie aber nie.

Die Deutsche Wildtierstiftung, die derzeit ihre Zentrale am Baakenhafen baut, möchte es nicht bei den Nistkästen für die Sperlinge belassen, sondern mit dem Netzwerk HafenCity demnächst ein Wildbienenprojekt starten – wie es die zivilgesellschaftliche Natur-AG der Hausgemeinschaften am Kaiserkai 27 und 29 gerade gestartet hat. Neben der vom Bezirk auf private Kosten zurückeroberten Grün-Gestaltung der Baumscheibenreviere (versiegelte Flächen wurden erst renaturalisiert – Mutterboden! – gepachtet und bepflanzt) wurden auch Bienenkästen aufgehängt. 

Und die HafenCizy-Spatzengemeinde, die u.a. auch in den üppigen Hecken der Innenhöfe am Kaiserkai 25-31 ihr Brut- und Lebensparadies gefunden haben, waren jedenfalls mit der Nistkasten-Aktion im Lohsepark einverstanden. Anderthalb Stunden nachdem der Nabu die gemütlich mit Stroh gefüllten Kästen aufgehängt hatte, war das erste Paar eingezogen. Tschilp, Tschilp. Harda Schmidt

INFO

Vogelschutz in der HafenCity

Ein Park in der inneren Stadt ist ein Schutzraum nicht nur für die Menschen, sondern auch für Tiere und Pflanzen. Das Netzwerk HafenCity setzt sich dafür ein, den Naturschutz im Quartier zu stärken. © Thomas Hampel
Ein Park in der inneren Stadt ist ein Schutzraum nicht nur für die Menschen, sondern auch für Tiere und Pflanzen. Das Netzwerk HafenCity setzt sich dafür ein, den Naturschutz im Quartier zu stärken. © Thomas Hampel

Entsiegeln, pflanzen, weiterdenken! Das Netzwerk HafenCity hat der HafenCity GmbH ein Natur-Pflichtenbuch (S. 1) als Teil (S. 2) von Stadtplanung übergeben

Ein Park in der inneren Stadt ist ein Schutzraum nicht nur für die Menschen, sondern auch für Tiere und Pflanzen. Das Netzwerk HafenCity setzt sich dafür ein, den Naturschutz im Quartier zu stärken. Nach aktuellen Begehungen des Lohseparks mit verschiedenen Hamburger Naturschutzorganisationen hat das Netzwerk eine erste Liste von Empfehlungen zusammengestellt, um die ökologische Vielfalt im Quartier zu bewahren und zu erweitern. Diese Liste konzentriert sich zunächst auf den Schutz der Vögel und den Erhalt und die Ausweitung ihrer Nahrungsgrundlage.

Liste für einen ­grünen Stadtteil: 

1. Hecken pflanzen: 
Hecken aus verschiedenen einheimischen, fruchttragenden Sträuchern pflanzen (z. B. im Lohsepark am Spielplatz, entlang der Außenseiten der Fuge etc.)
Benjeshecken anlegen
Eine Hecke im Lohseparks direkt am Ericusfleet anlegen
Schutz der Knöterichhecke auf MK 11, bis es Ersatz gibt

2. Bade- und Trinkmöglichkeiten  schaffen:
Sandbadeplätze für Haussperlinge anlegen (aus sehr feinem Sand, der Spielsand auf Spielplätzen ist zu grob)
Vogeltränken o. ä. schaffen (die Uferzonen der Fleete sind ungeeignet für kleine Vögel)

3. Flächen entsiegeln:
Versiegelte Flächen wie die Baumscheiben am Hannoverschen Platz entsiegeln und begrünen (z. B. mit einheimischen Sträuchern)
Keine weiteren Flächen rund um Baumscheiben etc. versiegeln, sondern z. B. mit Regio-Saatgut begrünen

4. Regionale Pflanzen fördern: 
Regio-Saatgut für Blühwiesen im nordwestdeutschen Lebensraum ausbringen, z. B. auf den Mittelstreifen

5. Insekten unterstützen
Ein mindestens 1 m breites  Insektenhotel in der Wildnis  aufstellen, das mit verschiedenen Materialien gefüllt ist
Kein Einsatz von Laubbläsern
Durch Pflanzenauswahl für ausreichende Nahrungsgrundlage sorgen

6. Architektur weiterdenken
Ein verbindliches Vogelschutz-Konzept für die überhohen Erdgeschossfenster in der HafenCity zeitnah umsetzen, auch für Bestandsgebäude
Die Maßgaben des Animal Aided Design verbindlich für die Architektur neuer Gebäude vorschreiben HCZ

Nachrichten von der Hamburger Stadtküste

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