Die Spitzenkandidaten beantworten 16 Fragen, warum man sie mit der Erststimme direkt für Berlin wählen soll.
Umfrage: Was wollen die sechs Kandidaten der sechs Parteien nach der Bundestagswahl 2021 am 26. September verbessern und verändern, falls sie als Direktkandidat:in in den Bundestag gewählt werden sollten – © Umfrage: Wolfgang Timpe
1. Warum ist für Sie Berlin wichtiger als Hamburg?
Falko Droßmann, SPD: Ich trete an, um die Erfahrungen, die ich in Hamburg gemacht habe, in Berlin anzuwenden. Natürlich bin und bleibe ich Hamburger, werde aber ein guter Anwalt unserer Interessen im Deutschen Bundestag sein.
Christoph de Vries, CDU: Als Hanseat steht Hamburg für mich klar an erster Stelle. Und damit es unserer Stadt und den Menschen gut geht, engagiere ich mich im Bundestag in Berlin.
Manuel Muja, Die Grünen: Berlin ist mir nicht wichtiger als Hamburg. Ich bin in Hamburg aufgewachsen, lebe sehr gerne hier und bleibe als Bundestagsabgeordneter in Hamburg wohnen. Ich mache Politik, um unsere Stadt und unser Land positiv zu verändern. Entscheidend ist dafür, dass wir unsere Klimaschutzziele erreichen. Dafür brauchen wir eine Regierung, die mutig genug ist, die notwendigen Veränderungen anzugehen. Um Hamburgs Bemühungen auch aus der Bundespolitik zu unterstützen, kandidiere ich für den Bundestag.
David Stoop, Die Linke: Berlin ist nicht wichtiger als Hamburg, sondern wichtig für Hamburg. Das haben wir beispielsweise während der letzten Haushaltsdebatten gemerkt, als es um die Frage ging, wie Hamburg seine Einnahmen verbessern kann. Die von uns eingebrachte Forderung, die Vermögensteuer endlich wieder einzuziehen, ist eine Bundesregelung.
James Robert Blum, FDP: Weil mir Hamburg wichtig ist, möchte ich nach Berlin, um mich für unsere Heimatstadt einzusetzen.
Nicole Jordan, AfD: Berlin ist für mich nicht wichtiger als Hamburg. Es gibt aber Themen, die nur in Berlin angesprochen und umgesetzt werden können. Wie z. B. Bildung (Universitäten) bundesweit. Genauso wie es Themen gibt, welche man nur in der Hamburgischen Bürgerschaft umsetzen kann wie z. B. die Bildungspolitik in den Schulen. Das ist aber z. B. ein Thema für mich, welches ich ebenso auf Bundesebene koordiniert haben möchte, damit wir bundesweit auf dem gleichen Bildungsstand sind.
2. Was macht Ihnen als Politiker am meisten Freude?
Falko Droßmann, SPD: Das Gespräch mit Menschen und das Ringen um die besten Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit.
Christoph de Vries, CDU: Ich bin einfach gern mit Menschen in Kontakt und es erfüllt mich, als Bundestagsabgeordneter etwas für unser Land und die Bürger erreichen zu können. Dazu gehört die „große“ Politik wie Sicherheit und Wohlstand, aber auch konkrete Unter-stützung und Hilfe im Einzelfall. „Politik hautnah“ ist deshalb mein Motto.
Manuel Muja, Die Grünen: Ich mache Politik, um unsere Gesellschaft positiv zu verändern und voranzubringen. Am meisten Freude macht mir daher der Austausch und die Zusammenarbeit mit Menschen, die sich ebenfalls für unsere Gesellschaft engagieren. Besonders schön ist es immer dann, wenn ein gemeinsames Projekt erfolgreich abgeschlossen wird und man sich gemeinsam über den Fortschritt freuen kann. Ich kandidiere für den Bundestag, damit es noch mehr Rückenwind für ehrenamtliches Engagement aus Berlin gibt.
David Stoop, Die Linke: Am meisten Freude bereitet es mir, mich mit anderen für eine gute Sache zu engagieren. Ich will nicht lediglich für Menschen Politik machen, sondern mit ihnen.
James Robert Blum, FDP: Die gesellschaftliche Entwicklung positiv zu gestalten, Missstände und Fehler abschaffen und gegen extremistische Tendenzen kämpfen. Aber auch gegen Bevormundung durch den Staat.
Nicole Jordan, AfD: Der persönliche Kontakt mit den Bürgern. Ich möchte keine theoretische Politik machen, sondern reale. Dazu ist es zwingend erforderlich, dass man im Gespräch mit den Bürgern ist und bleibt. Damit die Bürger nicht mehr das Gefühl haben, dass man sie und ihre Ängste übergeht oder irgendwann nicht mehr beachtet, möchte ich ihnen die Politik wieder näherbringen.
3. Wie beschreiben Sie Ihren Politikstil?
Falko Droßmann, SPD: Politik funktioniert nur, wenn wir Respekt voreinander haben. Es wird immer unterschiedliche Meinungen geben, wir müssen uns aber gegenseitig ernst nehmen und immer auf Augenhöhe begegnen. Irgendwann einmal müssen aber auch Entscheidungen getroffen werden. Mein Politikstil war und ist geprägt von Aufrichtigkeit – auch, wenn sie weh tut.
Christoph de Vries, CDU: Neugierig, zuhörend und mit klarem Kompass ohne persönliche Herabsetzungen.
Manuel Muja, Die Grünen: Ich möchte mit meinem Politikstil das Vertrauen in unsere Demokratie stärken. Korruption und verfilzte Strukturen haben dieses Vertrauen auch in den letzten Monaten weiter erschüttert. Ich setze daher auf einen transparenten, kommunikativen und offenen Politikstil. Nur so können Politiker:innen verlorenes Vertrauen zurückgewinnen und unsere Demokratie langfristig stärken. Diese Einstellung prägte meinen Politikstil in der Vergangenheit und so werde ich auch in Zukunft Politik machen.
David Stoop, Die Linke: Ehrlich, transparent und direkt, aber auch mal mit einem Augenzwinkern. Ich hau’ auch gern mal auf die Kacke und halte es da mit Rosa Luxemburg: die revolutionärste Tat ist, zu sagen, was ist.
James Robert Blum, FDP: Ich setze Ziele verbindlich um und suche den Kontakt zu allen demokratischen Parteien. Diese sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und nur im Konsens können wir friedlich miteinander leben.
Nicole Jordan, AfD: Geradeaus. Ehrlich und realistisch. Ich nehme grundsätzlich kein Blatt vor dem Mund. Ich benenne die Sachen, so wie sie sind. Ich mache Politik für unser Land für unsere Zukunft, für unsere Kinder und Enkelkinder.
4. Welche Ungerechtigkeit würden Sie als Erstes abschaffen?
Falko Droßmann, SPD: Es ist für mich kaum mehr aushaltbar, das mit Krankheit und Chancenungerechtigkeit mehr Geld in unserem Land verdient wird als mit Gesundheit und starken Familien. Darüber hinaus hat die Corona-Pandemie gezeigt, wie sehr wir einen funktionierenden Staat brauchen. Die Menschen müssen sich auf die Leistungsfähigkeit unseres Landes verlassen können.
Christoph de Vries, CDU: Ich finde, dass Beschäftigte, die mit und für Menschen arbeiten – in Krankenhäusern, in der Alten-pflege, in Behinderteneinrichtungen, als Erzieherinnen u.a. – besser bezahlt werden müssten.
Manuel Muja, Die Grünen: Jedes fünfte Kind in Deutschland muss in Armut aufwachsen. Kinderarmut bedeutet für die einzelnen Kinder häufig auch Ausgrenzung, Diskriminierung und schlechtere Bildungschancen. Das müssen wir ändern. Deshalb mache ich mich stark für eine Kindergrundsicherung, also einen festen Betrag für jedes Kind. Kinder in Familien mit geringem oder gar keinem Einkommen erhalten zusätzlich einen „GarantiePlus-Betrag“. Je geringer das Einkommen, desto höher der GarantiePlus-Betrag!
David Stoop, Die Linke: Als erstes würde ich den Mindestlohn auf 13 Euro anheben und mich für einen bundesweiten Mietendeckel einsetzen. Es ist unerträglich, dass viele Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können, weil die Löhne zu niedrig und die Mieten zu hoch sind.
James Robert Blum, FDP: Die Chancenungleichheit in der Bildung! Der Schulerfolg von jungen Menschen darf nicht vom Elternhaus abhängen, sondern davon, wie viel Mühe sich jemand gibt.
Nicole Jordan, AfD: Dass wir Geld in Form von Millionen ins Ausland geben und bei uns die Schulen, die Universitäten, die Kindergärten, die Autobahnen und Straßen verrotten. Ich würde unseren Schwächsten im Glied mehr Unterstützung zukommen lassen; sprich Rentnern, Alleinerziehenden, Kindern und Menschen mit Handicap.
5. Die Volksparteien SPD und CDU haben in Mitte bei der Wahl 2017 deutlich an Stimmen verloren, Grüne, Linke, FDP und AfD zum Teil deutlich zugewonnen. Warum soll sich diesmal Ihr Ergebnis für die Partei verbessern?
Falko Droßmann, SPD: In den letzten Jahrzehnten sind immer mehr Parteien und Einzelbewerber:innen in den politischen Wettbewerb eingetreten, die immer mehr Partikularinteressen abbilden. Dies führt zwangsläufig zu einer Veränderung der Mehrheiten. Die SPD ist angetreten, um unsere Gesellschaft zusammenzuhalten. Solidarität ist kein Auslaufmodell und ein moderner und starker Sozialstaat wird heute mehr gebraucht denn je. Das wissen viele Menschen.
Christoph de Vries, CDU: Weil die CDU die Partei der Mitte ist, die für Miteinander und gesellschaftlichen Zusammenhalt steht, für Kompromiss statt Gegensätze und kein Weltbild hat, in dem es nur noch Benachteiligte und Diskriminierte gibt. Als Partei der Sozialen Marktwirtschaft trauen uns die Menschen am ehesten zu, nach Corona wirtschaftlich wieder in die Erfolgsspur zu kommen und Klimaschutz mit ökonomischem Verstand und sozialer Nachhaltigkeit zu verbinden und nicht mit Verboten, die die Bürger gängeln.
Manuel Muja, Die Grünen: Als Stadt und als Land starten wir in ein entscheidendes Jahrzehnt, um die Folgen der Klimakrise zu begrenzen. Wir brauchen jetzt eine mutige Politik, die vorangeht und mit den notwendigen Veränderungen unsere Zukunft gestaltet. Als Grüne machen wir uns stark für einen klimagerechten Wohlstand, eine solidarische Gesellschaft, die niemanden zurücklässt und übernehmen Verantwortung für ein Europa, das zusammenhält. Deshalb werbe ich für das beste Grüne Ergebnis aller Zeiten.
David Stoop, Die Linke: Die Linke hat ein Alleinstellungsmerkmal: Wir sind die einzige Partei, die Reichtum konsequent besteuern und umverteilen möchte. Damit haben wir auch als einzige Partei eine Idee, wie wir die notwendigen Investitionen in den sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft finanzieren wollen. Auch für unseren Vorschlag eines Mietendeckels bekommen wir viel Zuspruch.
James Robert Blum, FDP: Wir sind die einzige Partei, die ohne Verbote und Bevormundung arbeitet. Das zeigt sich nicht zuletzt in der Corona-Politik. Wir machen stattdessen Angebote, bieten Chancen und Perspektiven.
Nicole Jordan, AfD: Weil wir die einzige Partei sind, die die Dinge im Bundestag angesprochen hat, welche einfach verkehrt laufen. Obwohl wir massivst behindert wurden, haben wir viel geschafft. Viele unserer Anträge wurden von den Altparteien nur ein wenig verändert übernommen und dann in den Bundestag eingebracht und genehmigt. Daher mein Appell an die Wähler uns zu wählen, damit wir nicht nur die Opposition bleiben.
6. Finden Sie es moralisch richtig, dass Impfgegner künftig im Alltag mit Nachteilen leben müssen (z.B. kein Besuch von Restaurants, Konzerten, Sport etc.)?
Falko Droßmann, SPD: Ja. Niemand hat das Recht, andere Menschen aufgrund seiner Meinung in Lebensgefahr zu bringen.
Christoph de Vries, CDU: Menschen, die sich impfen lassen und damit sich und andere schützen, sollten mehr Freiheiten haben als diejenigen, die das nicht tun und von denen ein erhöhtes Infektionsrisiko ausgeht. Ich bin gegen eine Impfpflicht. Aber wer sich dagegen entscheidet, muss im Umkehrschluss auch mit den Konsequenzen leben. Entscheidend ist, dass diese Ein-schränkungen dem Gesundheitsschutz dienen und keine Strafaktio-nen sind und dass die ge-ne–relle Zugänglichkeit zu Einrichtungen der Daseins-vorsorge allen möglich ist.
Manuel Muja, Die Grünen: Ich finde es richtig, dass die Menschen, die sich impfen lassen, um sich und andere vor dem Coronavirus zu schützen, nicht stärker als unbedingt nötig in ihren Rechten und Freiheiten eingeschränkt werden. Das kann zu Unterschieden zwischen Geimpften und freiwillig Nicht-Geimpften führen. Alle haben das Recht, sich nicht impfen zu lassen. Aber es gibt kein Recht darauf, dass das gesellschaftliche Leben deshalb wieder für alle anderen eingeschränkt wird.
David Stoop, Die Linke: Wir halten einen Impfzwang prinzipiell für falsch. Richtig ist aber, dass wir eine hohe Impfquote erreichen müssen. Selbstverständlich ist auch, dass, wer nicht geimpft ist, Tests beibringen muss, denn da geht es um die Gefährdung anderer. Die Tests sollten jedoch kostenlos bleiben. Um möglichst viele Menschen zu ermutigen, sich impfen zulassen, wollen wir niedrigschwellige Impfangebote schaffen, z.B. über mobile Impfzentren in den Stadtteilen.
James Robert Blum, FDP: Jeder kann die Frage des Impfens für sich selbst entscheiden. Dazu gehört für Ungeimpfte dann aber auch die Verantwortung, sich testen zu lassen und für diese Tests zu bezahlen. Und genau so hat auch jeder Gastwirt und Gewerbetreibende die Freiheit, darüber zu entscheiden, wen er gerne als Kunden haben möchte und wen nicht. Dafür benötigen wir keine Vorschriften aus Berlin.
Nicole Jordan, AfD: NEIN! Es ist eine Schande für unseren Rechtsstaat. Wir sind schon fast wieder da, wo wir nie wieder hinwollten. Ich sage nur „Kauft nicht bei…“ Unglaublich. Es darf keine Diskriminierung von Ungeimpften und Geimpften geben. Aber auch keinen Impfzwang durch die Hintertür! Jeder soll für sich frei entscheiden können, ob er sich impfen lassen will oder nicht.
7. Das letzte Mal holte der SPD-Kandidat Johannes Kahrs (ist nicht mehr in der Politik aktiv) das Direktmandat für Hamburg-Mitte. Er polarisierte und besorgte Hamburg viele 100 Millionen Euro vom Bund. Mit welchem Profil wollen Sie punkten?
Falko Droßmann, SPD: Der Wahlkreis Hamburg-Mitte ist der vielfältigste in unserem Land. Die HafenCity steht vor anderen Herausforderungen als die Veddel, Finkenwerder vor anderen als Mümmelmannsberg, die Uhlenhorst vor anderen als St.Pauli. Mit mehr als 50.000 Unternehmen ist der Wahlkreis voller Innovation, wirtschaftlicher Chancen und atemberaubender Fassaden, aber auch voll bitterer Armut, Obdachlosigkeit und Existenzängsten. In den letzten Jahren habe ich viel Erfahrung darin gesammelt, die Symp-tome unserer Probleme zu bekämpfen – nun möchte ich an die Ursachen heran. Das geht nur auf Bundesebene. Die Menschen in unserem Wahlkreis sollen mich an meinen Taten und meiner Glaubwürdigkeit messen.
Christoph de Vries, CDU: Als Innenpolitiker habe ich mit dafür gesorgt, dass rd. 220 zusätzliche Bundespolizisten in Hamburg im Dienst sind, die am Hauptbahnhof und an den S-Bahnhöfen für Sicherheit sorgen. Die Bundestagsfraktion hat mein Positionspapier zur Bekämpfung des Politischen Islamismus einstimmig beschlossen. Und als Mitglied des Parlamentskreises Mittelstand konnte ich für die Existenzsicherung Hamburger Unternehmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen Einiges erreichen. Zudem konnte ich Bundesmittel zur Sanierung der St-Thomas-Kirche in Rothenburgsort mobilisieren.
Manuel Muja, Die Grünen: Die Erwartungen an die Politik haben sich in den letzten 20 Jahren verändert. Ich möchte mit meiner transparenten Art der Politik und mit niedrigschwelligen Angeboten gemeinsam mit den Bürger:innen unseren Bezirk gestalten. Das Engagement der vielen Menschen hier vor Ort gilt es zu stärken. Das möchte ich auch mit meinem klaren Einsatz für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte tun.
David Stoop, Die Linke: Ich stehe für einen gänzlich anderen Politikansatz als Herr Kahrs. Dieser hat ja nicht nur Fördergelder aus dem Bund akquiriert, sondern auch gigantische Parteispenden von der Rüstungslobby für seine Partei. Auch im Warburg-Skandal hat er ordentlich mitgemischt. Herr Kahrs steht damit für eine Politik, in der jeder rücksichtslos sein Partikularinteresse vertritt. Politiker:innen sollten verantwortungsbewusst und transparent handeln. Ich lehne Unternehmensspenden konsequent ab und vertrete ausschließlich die Interessen der Allgemeinheit. Von einer guten Rente, einem höheren Mindestlohn und dem Ausbau des Sozialen profitieren letztlich alle.
James Robert Blum, FDP: Ich weise gerne noch mal auf meine Antwort zur Frage 3 hin. Mit meinen Stärken und Erfahrungen werde ich für Hamburg in Berlin erfolgreich die genannten Projekte umsetzen.
Nicole Jordan, AfD: Ich bin eine selbst- und bodenständige, moderne sowie emanzipierte Frau und Mutter. Durch meine Taten will ich auffallen und denjenigen helfen, die meine Unterstützung benötigen. Daher bin ich auch keine Quotenfrau. Denn auch ich musste bisher mit meiner Arbeit und meinem Fleiß überzeugen, denn ich stamme nicht aus einer Akademikerfamilie.
8. Wo wird heute sinnlos Geld ausgegeben und was wollen Sie dagegen tun?
Falko Droßmann, SPD: Gerade im sozialen Bereich werden durch immer neue Einzelprojekte oder die defizit-orientierte Sozialarbeit der „Hilfen zur Erziehung“ allein in Hamburg-Mitte jährlich mehr als 70 Millionen Euro ausgeben. Hier fließt nur Geld, solange es Menschen, vor allem Kindern und Jugendlichen, schlecht geht. Sinnvoll wäre es, von der einzelfallorientierten Beratungsarbeit wieder zu starken Nachbarschaften, präventiver Kinder- und Jugendhilfe und finanziell ausreichend ausgestatteten Sport- oder Kulturangeboten zu kommen. Hierfür braucht es nicht mehr Geld. Wir müssen das vorhandene Geld nur richtig einsetzen.
Christoph de Vries, CDU: Grundsätzlich sind die Ausgaben des Bundes für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, zur Stabilisierung der Sozialversicherungssysteme oder zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sinnvoll und notwendig.
Effizienter könnte der Staat werden, wenn staatliche Transferleistungen aus einer Hand bewilligt und bezahlt würden, statt unzählige Behörden damit zu beschäftigen. Und die Länder müssen endlich dafür sorgen, dass Bundesmittel auch abgerufen und genutzt werden. Das ist teilweise ein Trauerspiel, wie wir zuletzt beim Digitalpakt Schule gesehen haben, wo seit Jahren Milliarden bereitstehen und nicht abgerufen werden.
Manuel Muja, Die Grünen: Jedes Jahr fließen über 50 Milliarden Euro in klimaschädliche Subventionen und begünstigen damit umwelt- und klimaschädliches Verhalten, halten veraltete Technologien am Markt und bremsen die notwendigen Veränderungen, beispielsweise bei der Energieversorgung. Diese Subventionen möchte ich beenden und das Geld in den Ausbau und die Förderung klimaneutraler Technologien stecken. Beginnen werden wir mit einer ersten Senkung um 10 Milliarden Euro.
David Stoop, Die Linke: Es lassen sich sicherlich viele Beispiele finden, wo der Staat Geld verschleudert. In Hamburg beispielsweise die Stadtautobahn A26-Ost, die auf Fehlprognosen über zukünftige Hafenumschläge beruht. Die größte Quelle der Misswirtschaft ist allerdings, dass der Staat seine Einnahmen vernachlässigt. Die Steuern auf Reichtum wurden in den letzten 20 Jahren erheblich gesenkt. Das will ich ändern.
James Robert Blum, FDP: In der Verwaltung ließen sich durch eine konsequente Digitalisierung Milliarden einsparen. Außerdem müssen alle Subventionen endlich konsequent auf den Prüfstand.
Nicole Jordan, AfD: Ich sage nur Straßenumbenennungen, Schilderpark, die Diäten der Politiker, die Pensionen der Politiker, Beamte und die Entwicklungshilfe – gerade in Ländern wie China. Nur für das Geld an China könnten wir 630 Schulen für 1 Million Euro renovieren. Jedes Jahr. Schlecht gemachte Verträge, wie jüngst die Vertragsauflösung in Steinwerder, kosten die Stadt 118 Millionen.
9. Der Wahlkreis 18 hat mit Hamburg-Mitte wirtschaftlich den umsatzstärksten Bezirk und mit 7,4% die höchste Arbeitslosigkeit aller Bezirke in Hamburg. Was bedeutet das für Ihren Wahlerfolg?
Falko Droßmann, SPD: In Hamburg-Mitte wird der Wohlstand unserer Stadt erwirtschaftet. Bei den Menschen, die auch die Last dieses Erfolges tragen (z.B. durch Verkehrsbelastung, touristische Events oder Emissionen) kommt aber am wenigsten von diesem Wohlstand an. Ich bin angetreten, um Wohlstand und Anstand wieder miteinander zu versöhnen. Wir müssen einsehen, das Hamburg gerade nicht überall gleich ist und eine Politik machen, die hierauf Rücksicht nimmt. Dies scheitert viel zu oft an Bundesgesetzen, die meistens gut gemeint sind, aber in der Anwendung vor Ort oft nicht passen.
Christoph de Vries, CDU: Hier geht es nicht um meinen Wahlerfolg, sondern um die Lebensperspektiven der Menschen in Mitte. Mein politisches Ziel ist, dass mehr Menschen teilhaben am wirtschaftlichen Erfolg durch eigene Arbeit. Dafür brauchen wir vor allem mehr frühkindliche (Sprach-)Förderung, um Defizite zu beheben und gezielte systematische Fördermaßnahmen für Erwachsene, um sie fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Der Bedarf an Arbeitskräften ist ja da.
Manuel Muja, Die Grünen: Für mich bedeutet es, dass Klimaschutz, Wirtschaft und Gerechtigkeit zusammen gedacht werden müssen. Es braucht eine verlässliche Perspektive für die Wirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität. Gleichzeitig müssen finanziell schwächere Haushalte gestärkt werden. Mit der grünen Grundsicherung möchte ich Hartz IV ablösen, damit es endlich eine echte Absicherung gibt. Das Energiegeld soll direkt an die Bürger:innen zurück gezahlt werden und sorgt für einen sozialen Ausgleich.
David Stoop, Die Linke: Vor allem können wir an diesen Zahlen ablesen, wie sehr auch unser Wahlkreis von Ungleichheit geprägt ist. Auf St. Pauli können sich normal verdienende Menschen aufgrund explodierender Mieten schon kaum noch eine Wohnung leisten. Gleichzeitig stecken viele Menschen in Arbeitsverhältnissen, die ich als ausbeuterisch bezeichnen würde: Die als Leiharbeiter:innen, Werkverträgler:innen oder Minijobber:innen für den Mindestlohn schuften und trotzdem auf ein Leben in Altersarmut zusteuern. Damit muss Schluss sein! Der Lohn muss für ein gutes Leben reichen!
James Robert Blum, FDP: Weil mir Chancengleichheit mega-wichtig ist! Nur wenn Jugendliche eine gute Ausbildung erhalten, haben alle die gleichen Startmöglichkeiten. Das ist auch wichtig für unsere Demokratie und Gesellschaft.
Nicole Jordan, AfD: Für mich bedeutet es, dass genau diese Menschen wissen, wie schwer es ist in diesem Staat über die Runden zu kommen und auch sehen, wie Gelder für andere mit vollen Händen ausgegeben werden, während sie sich erst vor dem Staat nackig machen müssen. Diesen Menschen kann man kein X für ein U verkaufen. Gerade im letzten Jahr wurden diese Menschen von der Regierung im Stich gelassen. Jetzt wird es Zeit, dass diese Menschen eine laute Stimme bekommen, um ihrem Frust Gehör zu verschaffen.
10. Sind Sie für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen und wenn ja, wie hoch?
Falko Droßmann, SPD: Persönlich bin ich von einem Tempolimit noch nicht überzeugt, kann aber die klimaschützende Wirkung nicht verleugnen und muss auch einsehen, dass die Unfallzahlen deutlich abnehmen. In Hamburg-Mitte gibt es nun allerdings auch keine Autobahn, auf der schneller als 130 km/h gefahren werden kann. Für alle anderen Strecken nehme ich die Bahn und fahre demnächst mit Tempo 265.
Christoph de Vries, CDU: Nein. Die Zahl der Unfälle und Verkehrstoten geht kontinuierlich zurück und der Effekt auf den CO2-Ausstoß ist unerheblich, wie selbst Cem Özdemir von den Grünen eingeräumt hat. Insofern ist dieser Eingriff weder begründet noch gerechtfertigt.
Manuel Muja, Die Grünen: Ja, als Grüne sind wir für ein Sicherheitstempo von 130 km/h auf deutschen Autobahnen. Unser Ziel ist die Vision Zero. Das bedeutet, dass wir Tote oder Schwerverletzte im Straßenverkehr in Zukunft verhindern wollen. Ein Sicherheitstempo auf Autobahnen reduziert nachweislich das Unfallrisiko und führt damit zu mehr Sicherheit für die Menschen.
David Stoop, Die Linke: Ich halte ein Tempolimit von 120 km/h, wie in Schweden oder in der Schweiz, für ausreichend. Das würde nicht nur die ausgestoßenen Schadstoffe senken, sondern auch die Zahl der Unfälle reduzieren und damit Menschenleben retten.
James Robert Blum, FDP: Ich bin gegen ein Tempolimit. Es gibt ohnehin kaum noch freie Strecken.
Nicole Jordan, AfD: Die Bürger sind der Souverän in diesem Land und eine Mehrheit der Bürger lehnt ein Tempolimit ab. Ob die Bürger tatsächlich eine grüne Umerziehungspolitik wollen, steht arg zu bezweifeln. Nein! Ich bin kein Freund von Verboten. Man sollte lieber dafür sorgen, dass die Autofahrer, welche dauerhaft links oder in der Mitte fahren darauf hingewiesen werden, dann passieren auch weniger Unfälle.
11. Nach dem Wahlkreis 23 (Bergedorf-Harburg) hat Hamburg-Mitte mit 43,2% den höchsten Anteil an Bewohner:innen mit Migrationshintergrund und mit 65,7% den höchsten Anteil von Jugendlichen unter 18 Jahre mit Migrationshintergrund. Warum sollen Jugendliche Sie wählen?
Falko Droßmann, SPD: Weil ich mich für ein Wahlrecht von Jugendlichen ab 16 Jahren einsetze. Von Kindern und Jugendlichen wird heute deutlich mehr verlangt als in meiner Jugend. Wir müssen die besonderen Bedürfnisse von Jugendlichen ernst nehmen und sie endlich teilhaben lassen. Viel zu viele Menschen glauben, sie könnten für Jugendliche mit entscheiden, weil sie schließlich selbst einmal jung waren. Manchmal ist das aber zu lange her.
Christoph de Vries, CDU: Als wir die Regierung 2005 von der SPD übernahmen, gab es Massenarbeitslosigkeit mit 5 Mio. Menschen ohne Beschäftigung und kaum Jobs für fertige Azubis und Studenten. Heute gibt es nahezu Vollbeschäftigung und gute Perspektiven für Jugendliche. Die CDU und ich sorgen dafür, dass wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewahren und zugleich für wirtschaftliche und soziale Sicherheit sorgen. Die besten Perspektiven für alle, die etwas leisten wollen, gibt es mit der CDU und mir.
Manuel Muja, Die Grünen: Seit über zwei Jahren erheben Jugendliche ihre Stimme, damit sich Politiker:innen für ihre Zukunft einsetzen. Sie wissen, dass die Klimakrise ihre Lebensgrundlagen und damit auch ihre Freiheit und Sicherheit bedroht. Das Bundesverfassungsgericht hat Union und SPD im April zum Nachsitzen beim Klimaschutzgesetz verdonnert. Nur wir Grünen nennen konkrete Maßnahmen für mehr Klimaschutz, mit denen wir unser Land mutig in eine klimaneutrale Zukunft führen wollen.
David Stoop, Die Linke: Der Wahlkreis Hamburg-Mitte hat darüber hinaus auch hohe Quote an Kinderarmut und Jugendarbeitslosigkeit. Das ist insbesondere jetzt, wo der Ausbildungsmarkt in Hamburg vor dem Zusammenbruch steht, eine wichtige Frage, die viele migrantische Jugendliche betrifft. Wir fordern eine Ausbildungsplatzgarantie, die wir mit einer Umlagefinanzierung von Ausbildung gewährleisten wollen und wir fordern eine Mindestausbildungsvergütung. In Bezug auf die politische Beteiligung junger Migrant:innen setzen wir uns sowohl für eine Herabsetzung des Wahlalters auf 14 Jahre, als auch für das Wahlrecht aller Menschen ein, die dauerhaft hier ihren Lebensmittelpunkt haben. Es ist doch nicht einzusehen, dass ein Millionär, der 360 Tage auf einer Yacht in der Südsee in der Sonne liegt und hier nur seinen Meldewohnsitz unterhält über die Zusammensetzung des Deutschen Bundestags mitbestimmen darf, hier ständig lebende und arbeitende Migrant:innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft aber nicht.
James Robert Blum, FDP: Der beste Weg zur Integration sind eine gute Bildung und eine starke Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft. Dafür setze ich mich ein.
Nicole Jordan, AfD: Wenn es den jungen Erwachsenen wichtig ist, dass Sie eine vernünftige Schulausbildung und Ausbildung bekommen, dann bin ich für sie genau die richtige, denn ich bin auch aus einer nicht akademischen Familie und in einem sozial benachteiligten Stadtteil aufgewachsen, ich weiß also wo es Probleme gibt, und möchte gerne diese mit den jungen Erwachsenen zusammen angehen.
12. Akzeptieren Sie, dass der Klimawandel menschengemacht ist?
Falko Droßmann, SPD: Ja. Alles andere ist Unsinn.
Christoph de Vries, CDU: Ja, keine Frage.
Manuel Muja, Die Grünen: Natürlich.
David Stoop, Die Linke: Selbstverständlich, das ist wissenschaftlicher Fakt. Die eigentliche Frage ist, was wir mit diesem Wissen tun. Bisher leider eindeutig nicht genug, ich wünsche mir da auch bei denen, die keine Klimaleugner:innen sind, dass sie sich der Größe der vor uns stehenden Aufgabe stellen und einsehen, dass es nicht weniger braucht als eine Klimarevolution. Diese allerdings muss auch eine soziale Umwälzung sein.
James Robert Blum, FDP: Ja!
Nicole Jordan, AfD: Nachdem immer mehr Wissenschaftler zu der Erkenntnis kommen, dass der Klimawandel nur zu einem Bruchteil menschengemacht ist, kann ich es so also gar nicht akzeptieren.
13. U.a. aus Afghanistan und vom Mittelmeer drohen wieder verstärkt Flüchtlingsbewegungen in die EU. Wie sollen die EU, Berlin und Hamburg damit umgehen?
Falko Droßmann, SPD: Ich selbst habe viele Länder besuchen und in ihnen arbeiten dürfen. Die verschiedenen Abkommen innerhalb der EU, die von manchen Staaten dann noch nicht einmal eingehalten werden, reichen nicht aus, um der Verzweiflung vieler Familien ausserhalb von Europa eine Perspektive entgegenzusetzen. Als ich die Bilder vom Flughafen in Kabul gesehen habe, als sich Menschen, die jahrzehntelang für Deutschland gearbeitet haben, mit ihren Kindern an Flugzeuge gekrallt haben, habe ich mich geschämt. Die EU, Deutschland und Hamburg-Mitte sind stark. Wir haben viele hausgemachte Probleme, aber die Verhältnismäßigkeit stimmt einfach nicht mehr. Wir müssen dringend mehr und enger innerhalb der EU und auch mit dem UNHCR, der WHO und dem UNDP zusammenarbeiten, um den Menschen eine sichere Perspektive in ihrer Heimat zu ermöglichen. Ich werde aber nicht verantworten können, dass Menschen sterben, weil wir Angst vor einer ehrlichen Debatte haben.
Christoph de Vries, CDU: Auf Bundeseben muss weiterhin der Grundsatz Humanität und Ordnung gelten. Also Hilfe für schutzberechtigte Flüchtlinge, aber keine unkontrollierte Einreise von illegalen Migranten. Aber eine erneute Flüchtlingswelle nach Deutschland muss verhindert werden, damit es keine Überforderung gibt und Integration gelingt. Der beste Weg im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ist eine heimatnahe Versorgung in den Nachbarstaaten mit umfassender europäischer Finanzhilfe.
Manuel Muja, Die Grünen: Die schlimmen Ereignisse in Afghanistan seit Mitte August bewegen mich sehr. Viel zu lange haben Union und SPD die Situation vor Ort nicht ernst genug genommen und wichtige Zeit zur Rettung von Menschen verloren. Als EU, Land, und auch als Stadt haben wir eine humanitäre Verantwortung. Wir müssen uns für sichere Fluchtwege und eine humanitäre Geflüchtetenpolitik in Europa einsetzen. Wir müssen uns darauf vorbereiten, wieder mehr Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren.
David Stoop, Die Linke: Das Thema Afghanistan hat ja derzeit leider eine traurige Aktualität. Nach mehr als zwanzig Jahren Krieg haben dort wieder die Taliban ihr Terror-Regime errichtet. Wir LINKE haben den Krieg von Anfang an als falsch kritisiert. Aktuell sollte allerdings im Vordergrund stehen, den aus Afghanistan flüchtenden Menschen Asyl zu gewähren.
James Robert Blum, FDP: Politisch Verfolgte genießen Asyl. Für alle weiteren Zuwanderer brauchen wir ein Punkte-System, das diejenigen belohnt, die beispielsweise Qualifikationen mitbringen, die wir auf dem Arbeitsmarkt benötigen. Eine ungesteuerte Zuwanderung wie 2015/2016 darf es nicht geben.
Nicole Jordan, AfD: Keine falschen Anreize geben, damit die Flüchtlinge sich nicht auf den gefährlichen Weg nach Europa machen. Die Hilfe muss für diese Menschen vor Ort erfolgen. Unsere Grenzen müssen sofort geschlossen werden und Menschen ohne Einreiseerlaubnis müssen konsequent abgewiesen werden. Ein 2015 darf sich auf gar keinen Fall wiederholen. Unser Sozialsystem ist nur bedingt belastbar.
14. Was müssen wir sofort gegen die Klimakrise (u.a. Starkregen und Dürreperioden) tun?
Falko Droßmann, SPD: Unmittelbar haben wir in Hamburg-Mitte moderne Rückhalteanlagen für Stark-regenereignisse gebaut, die Deiche erhöht und müssen weiter intensiv daran arbeiten, wieder ein Bewusstsein für Katastrophenereignisse zu schaffen. Die Lehren z.B. aus der Sturmflut 1962 mit Hunderten von Toten oder der schrecklichen Flut in meiner Heimat in diesem Jahr müssen sich in städtebaulichen, sozialen und infrastrukturellen Planungen wiederfinden. Aber natürlich müssen wir auch hier die Ursache bekämpfen. Die SPD hat vorgeschlagen, in einem Zukunftspakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien zu vereinbaren, damit Leben, Arbeiten und Wirtschaften bis spätestens 2045 keine negativen Auswirkungen auf unser Klima hat. Viele gute und innovative Ideen scheitern in Deutschland derzeit noch an einem Zuständigkeits-Wirrwar. Das Thema der sozial-ökologischen Transformation wird das bestimmende Thema der nächsten Jahre und Jahrzehnte werden. Hier ist mir allerdings wichtig, mit Innovation und Mut an die Themen zu gehen, nicht nur mit Verboten. Schließlich wurde das Pariser Klimaschutzabkommen von einer Sozialdemokratin unterschrieben.
Christoph de Vries, CDU: Ich bin gegen Aktionismus und nationale Alleingänge, die dem Weltklima nichts nützen. Deutschland ist unter den Industrieländern Klimaschutz-Weltmeister, was den Rückgang der Treibhausgase und den gleichzeitigen Ausstieg aus Atomkraft und Kohle anbelangt. Diesen engagierten Weg gehen wir weiter mit Innovation, Anreizen und staatlicher Förderung statt Verboten und staatlicher Bevormundung. Wichtig ist, dass auch die großen Emittenten wie USA und China endlich ihren CO2-Ausstoß reduzieren.
Manuel Muja, Die Grünen: Die Klimakrise ist da und die wichtigste Aufgabe für das kommende Jahrzehnt wird sein, ihre Folgen möglichst zu begrenzen. Das ist nötig, um die Grundlagen unseres Lebens und unserer Freiheit zu bewahren. Als Grüne haben wir ein Klimaschutz-Sofortprogramm entwickelt, welches wir in der kommenden Bundesregierung umsetzen wollen. Wichtige Punkte sind der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Kohleausstieg ab 2030 und die sozial gerechte Ausgestaltung von Klimaschutz etwa mit dem Energiegeld.
David Stoop, Die Linke: Wir müssen die Stromproduktion umstellen, den Ausstieg aus der Kohle vollziehen und die Erneuerbaren konsequent ausbauen. Wir müssen aber auch unsere Mobilität gänzlich neu denken. Anders als die Grünen oder die CDU setzen wir LINKEN dabei nicht zuerst auf Elektroautos, sondern stellen den öffentlichen Nah- und Fernverkehr ins Zentrum der Mobilitätswende. Wir wollen den Individualverkehr zugunsten öffentlicher Verkehrsmittel zurückdrängen, denn auch Elektroautos verbrauchen noch zu viel Energie und sind vor allem in der Produktion sehr umweltschädlich. Wir LINKEN denken allerdings die ökologische Wende immer mit der sozialen zusammen. In Hamburg fordern wir deshalb ein 365-Euro-Ticket, als Einstieg in den kostenlosen Nahverkehr. Denn wenn Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, müssen sie sich dies auch leisten können.
James Robert Blum, FDP: Sofort den von uns schon seit Langem geforderten Emissionshandel starten! Unternehmen, die Ressourcen schonen und wenig CO2 emittieren, werden auf diesem Weg belohnt. Und jeder kann persönlich sein Verhalten überdenken und im Kleinen umweltgerecht leben. Ich selbst fahre innerhalb der Stadt nur mit dem Fahrrad.
Nicole Jordan, AfD: Schluss mit der Begradigung von Flussläufen nur, damit sie besser ins Stadtbild passen. Die Ausweichflächen neben den Flüssen müssen ebenfalls bestehen bleiben und oder wiederhergestelltwerden, damit der Fluss eine gewisse Ausdehnungsfläche hat.
15. Welche Regierungskoalition streben Sie persönlich für den 20. Bundestag an?
Falko Droßmann, SPD: Für mich kommt nur eine Koalition in Frage, in der die meisten sozialdemokratischen Inhalte umgesetzt werden. Wer aber die Vielfalt unseres Wahlkreises in sozialer, kultureller oder wirtschaftlicher Hinsicht negiert, ist für mich persönlich nicht koali-tionsfähig. Hinzu kommt, dass ich endlich wieder einmal um die besten Ideen streiten möchte, um unterschiedliche Weltanschauungen. Politik muss für die Menschen wieder klarer werden und nicht ein Sammelsurium von Kompromissen.
Christoph de Vries, CDU: Meine Wunschkoalition ist ein bürgerliches Bündnis mit der FDP. Aber derzeit ist ja alles offen. Klar ist, wer ein Linksbündnis aus Grünen, SPD und LINKEN wie in Berlin oder Bremen für Deutschland verhindern will, muss CDU wählen.
Manuel Muja, Die Grünen: Die Wähler:innen entscheiden bis zum 26. September mit ihrer Stimme, welche Koalitionen rechnerisch möglich sind. Ich werbe im Wahlkampf für eine progressive Mehrheit im nächsten Bundestag, die bereit ist, die notwendigen Veränderungen anzugehen. Die größten inhaltlichen Überschneidungen haben wir Grünen dabei mit den Sozialdemokraten.
David Stoop, Die Linke: Ich strebe vor allem einen Politikwechsel an: Die Umverteilung von unten nach oben muss beendet und das Land gerechter werden. Die Klimafrage muss endlich in aller Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit angegangen werden. Hierfür machen wir LINKEN gute Vorschläge. Wir werden sehen, wie sich die anderen Parteien dazu positionieren.
James Robert Blum, FDP: Das wichtigste ist, Rot/Grün/Rot – wie rum auch immer – zu verhindern! Momentan würde ich eher zu einer Koalition mit der CDU tendieren. Auf jeden Fall benötigen wir eine sehr starke FDP, um unsere Werte einfließen zu lassen. Das muss man aber nach dem Wahlergebnis genau überlegen.
Nicole Jordan, AfD: Mit keiner. Ich könnte nicht mit einer CDU, die gegen die Interessen von Deutschland bislang regiert hat, oder mit der Arbeiterverräterpartei oder einer Partei, die den Islam höher stellt als unsere christlichen Werte, oder mit einer Partei, die mit Terroristen zusammenarbeitet.
16. Sie werden als Direktkandidat nicht gewählt. Was werden Sie dann machen?
Falko Droßmann, SPD: Wieder aufstehen und mich weiter engagieren. Als einziger Kandidat der größeren Parteien im Wahlkreis habe ich mich entschieden, auf keiner Landesliste zu kandidieren. Wenn die Menschen mich nicht wählen, habe ich auch keine Berechtigung, ihre Stimme in Berlin zu sein.
Christoph de Vries, CDU: Ich kämpfe für den Sieg der CDU bei der Bundestagswahl und meinen Erfolg im Wahlkreis Hamburg-Mitte mit aller Kraft. Über anderes mache ich mir keine Gedanken. Ich werde mich in jedem Fall weiterhin politisch engagieren und gesellschaftlich einbringen.
Manuel Muja, Die Grünen: Ich bin aktuell noch kein Mitglied im Deutschen Bundestag. Sollte ich das Mandat durch die Wähler:innen am 26. September nicht erhalten, gibt es keine dringenden Gründe meine bisherige berufliche Tätigkeit und mein aktuelles Engagement in der Bezirkspolitik zu beenden.
David Stoop, Die Linke: Sollte ich nicht in den Bundestag gewählt werden, werde ich mich selbstverständlich weiterhin in der Bürgerschaft für ein soziales und ökologisches Hamburg stark machen.
James Robert Blum, FDP: Ich werde mich weiter für eine freie, liberale, bessere Welt einsetzen und politisch für die FDP in Hamburg-Mitte da sein.
Nicole Jordan, AfD: Auf jeden Fall werde ich nicht den Kopf in den Sand stecken. Ich werde mich weiterhin für Deutschland einsetzen, so gut es mir möglich ist.