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„Wir sind hanseatische Dienstleister«

Jubiläum. Die Sozietät Esche Schümann Commichau aus der HafenCity feiert im Juni ihren 200. Geburtstag. Die Spezialisten für Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung sind mit 240 Mitarbeiter:innen und 45 Partner:innen eine der ältesten Kanzleien Deutschlands und eine internationale Topadresse – mit nur einem Standort: Am Sandtorkai. Die Partner Dr. Andreas von Criegern, Tom Kemcke und Dr. Wolfgang Deuchler über Tradition und Jungbleiben, über Mandantentreue und gesellschaftliche Verantwortung

Hunde wissen einfach, was sich gehört. Zum Jubiläums-Shooting bei Esche Schümann Commichau, im Innenhof der Sozietät Am Sandtorkai 44, zeigen die beidenVierpfoten-Wegbegleiter der geschäftsführenden Partner zum 200. Geburtstag der Sozietät historisch angemessen stolze Haltung. Pudel-Spürnase Freddy begleitet Tom Kemcke seit zwölf Jahren ins Büro. Die ebenfalls zwölfjährige Terrier-Dame Duffy nimmt ihre Aufgabe als Feelgood-Managerin in der Etage von Dr. Andreas von Criegern wahr. Zur allgemeinen Freude des Teams gibt es neben Duffy und Freddy drei weitere Vierbeiner, die regelmäßig mit zur Arbeit kommen (Foto oben: Stimmungsfänger.de). 

Ach ja, gearbeitet wird im Team der 240 Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer von Hamburgs wichtigster internationaler Sozietät mit multidisziplinären Kernkompetenzen übrigens auch – seit 200 Jahren! Lesen Sie mal, was die Herren Dr. Andreas von Criegern, Tom Kemcke und Dr. Wolfgang Deuchler zum Jungbleiben, zur Sozietätsstrategie und zur unternehmerischen Unabhängigkeit zu sagen haben. Viel Spaß!

Dr. Andreas von Criegern zur Zukunft von Esche Schümann Commichau: „Dass wir mit unseren Partnern weiterhin die richtigen strategischen Entscheidungen treffen und unsere Unabhängigkeit erhalten können. Diese Eigenständigkeit und Unabhängigkeit ist für mich für Esche Schümann Commichau ein Asset.“ © Esche | Catrin-Anja Eichinger

Meine Herren, am 21. Juni 2022 wird die Hamburger Sozietät Esche Schümann Commichau aus der HafenCity 200 Jahre jung. Es ist die Geschichte vom Gründer, dem Hamburger Rechtsanwalt Dr. Johann Knauth, bis zur heutigen Sozietät als Beratungsunternehmen mit 240 Mitarbeiter:innen und rund 140 Spezialisten in den Bereichen Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Was zeichnet die DNA Ihrer Sozietät aus? 
Tom Kemcke: Esche Schümann Commichau vereinen seit fast 50 Jahren die Bereiche Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung in einem Haus. Und das nicht nur auf dem Papier, sondern unsere drei Sparten könnten am Markt auch eigenständig auftreten. Also, wir sind eben keine große Anwaltskanzlei mit drei angehängten Steuerberatern oder umgekehrt eine Steuerkanzlei, die auch noch drei Anwälte beschäftigt.
Dr. Andreas von Criegern: Diese Dreispartigkeit ist für uns ein gelebtes Wesen und das Rückgrat unserer Sozietät. Wir versuchen den Mandanten, insbesondere Unternehmen, im besten Fall in allen drei Bereichen zu beraten. Das gilt zum Beispiel für das familiengeführte, inhabergeführte Unternehmen, bei dem wir die Familie oder die Inhaber in allen Bereichen der Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung betreuen und beraten. Desgleichen ist das Know-how unserer drei Sparten im Transaktionsgeschäft gefragt.

Jubiläumsspende: 20 hochgewachsene Rot-Eschen für die Baakenallee
Nach 20 Jahren am Herrengraben in der Neustadt ist die Sozietät vor zehn Jahren an den Überseeboulevard/Am Sandtorkai in der HafenCity umgezogen. Aus den sechs ­Büroetagen am Sandtorkai blickt das Team über die Dächer der Speicherstadt auf die Hamburger Innenstadt. Die Sozietät verdankt diesem Standort weiteres Wachstum und eine besondere Attraktivität für Nachwuchskräfte. Deshalb hat sie sich anlässlich ihres Jubiläums entschlossen, an ihrem neuen Standort ein Zeichen für eine weitere ­nachhal­tige Entwicklung und Begrünung der HafenCity sowie für ein weiteres Engagement für die Zukunft zu setzen. So hat die Sozietät Esche Schümann Commichau für jede Dekade ihres Bestehens an der Baakenallee eine hochgewachsene Rot-Esche setzen lassen. Der symbolische Spatenstich fürdie Pflanzung dieser 20 Eschen hat am 1. Juni 2022 stattgefunden.

Was zeichnet Ihre Beratungskompetenz für Familienunternehmen aus?
Tom Kemcke: Wir sind dafür ideal aufgestellt, weil wir zu der steuerlichen Beratung, die für jeden Mandanten nun mal wichtig ist, die Wirtschaftsprüfung bieten können, deren Kompetenz etwa bei Bewertungsfragen gefragt ist oder bei den gesetzlichen Prüfungspflichten bereitsteht. Und dann haben wir als dritte Sparte den Rechtsbereich mit den für die Mandanten bedeutsamen Bereichen vom Arbeitsrecht über das Gesellschaftsrecht bis hin zum gesamten Wirtschaftsrecht.
Dr. Andreas von Criegern: Wichtig ist für Esche Schümann Commichau, dass wir mit dem Know-how und der Größe unserer Sozietät in allen drei Bereichen mit den ganz großen Sozietäten in Deutschland um den großen Mittelstand wie auch Konzerne konkurrieren können. Unsere Mannschaftsstärke bietet sich für die Hamburger Unternehmerfamilien ebenso an wie für große internationale Unternehmen.

Im Bereich Steuern werden wir tatsächlich als der Platzhirsch in Hamburg und darüber hinausgehend wahr­genommen. Ich würde uns insgesamt nicht mit Bayern München vergleichen, aber in bestimmten Bereichen streben wir an, fachlich Spitze zu sein, einfach die Besten.“
Dr. Andreas von Criegern

Familienunternehmen sind insofern ein wenig „old fashioned“, als dass sie es immer wieder entweder mit der Übergabe an die nächste Generation zu tun haben oder es um die Integration in oder Partnerschaft mit einem Konzern geht. Was ist das moderne Anforderungsprofil im 21. Jahrhundert an Sie als Sozietät?
Dr. Andreas von Criegern: Dass wir für alle Mandanten, egal ob vermögende Privatpersonen, familiengeführte Unternehmen oder Konzerne, wie unsere Kollegen in den internationalen Großkanzleien, weltweit tätig sind. Unsere Besonderheit ist, dass wir mit unseren Spezialisten jedoch aus einer Hand von unserem einzigen Standort Hamburg aus beraten. Wir brauchen keine Büros in Berlin, New York oder Singapur, sondern sind mit unseren weltweiten Netzwerken DFK und LAW und den 45 Partnern und ihren langjährig gepflegten internationalen Kontakten mit unserer Sozietät in Deutschland, Europa und der Welt mit dem intensiven Beratungs-Know-how unserer Spezialisten vertreten. Dazu kommt noch, dass man durch die Digitalisierung im Wirtschaftsleben immer weniger persönlich vor Ort sein muss. 

Tom Kemcke zur Zukunft von Esche Schümann Commichau: „Dass wir uns immer wieder maßvoll erneuern und für den Nachwuchs attraktiv bleiben. Wir sind kein Schnellboot, sondern eher ein Tanker, der etwas länger braucht, um den Kurs zu ändern – dann aber nachhaltig und wertvoll.“ © Esche / Catrin-Anka Eichinger

Hat die Pandemie Ihre bewusste Entscheidung für Ihren Heimatstandort Hamburg noch bestätigt? 
Tom Kemcke: Das ist so. Aber die Zukunft sehen wir strategisch weit über Hamburg hinaus. Da ist einerseits das norddeutsche Familienunternehmen, das sich in die nächste Generation überführen oder sich mit externen Gesellschaftern verstärken möchte. Und andererseits beraten wir weltweit tätige Großkonzerne zum Beispiel auch bei Restrukturierungen: Beratungsprozesse in riesigen Dimensionen, die man in der Sozietät nur mit unserer Mannschaftsstärke und unseren Spezialkenntnissen in Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung erfolgreich begleiten kann. Durch diese strategische Ausrichtung können wir im Konzert der Großen international mitspielen.
Dr. Wolfgang Deuchler: Darüber hinaus sind wir auch sehr stark in den Bereichen Unternehmensnachfolge, Erbrecht und Stiftungen, wo es häufig genau darum geht, das Familienunternehmen auf die nächste Generation zu übertragen. Und die spielen in Deutschland immer noch eine riesige Rolle, obwohl in den Medien sicher öfter die DAX-Unternehmen die Schlagzeilen bestimmen. Das kann täuschen, denn in Deutschland ist nach wie vor die Personengesellschaft die häufigste Rechtsform, und ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung wird von Familienunternehmen und ihren Mitarbeitern erbracht.

Sie werden am 21. Juni 200 Jahre jung. Wie haben Sie es geschafft, nicht mit Ihren Mandanten zu altern, was ist Ihre Erfolgsgeschichte? 
Dr. Andreas von Criegern: Dass wir die Idee der Personengesellschaft – einer für alle und alle für einen – selbst leben und immer wieder neue jüngere Partner in die Sozietät eingetreten sind – in fast allen Fällen auf Lebenszeit. Das ist unsere Basis. Neue Partner bringen sich, ihr Netzwerk und ihr jeweiliges Know-how ein und setzen so den Staffellauf für Esche Schümann Commichau fort. Auch hinterfragen wir uns ständig, wo wir uns verbessern und modernisieren müssen. Wir fördern zudem die Initiative der Partner, auch mal innovative Wege zu gehen, die nicht sofort Einnahmen generieren, langfristig aber den Erfolg unserer Sozietät sichern.  

Wir sind bei Esche Schümann Commichau keine reine Erwerbs­gemeinschaft. Wir streben eine Partnerschaft an, die im höheren Sinne partnerschaftlich ist. Und es ist uns zum Glück immer wieder gelungen, uns mit einzelnen neuen Partnern immer wieder neu zu erfinden.“
Tom Kemcke

Apropos Mandate. Verraten Sie uns doch mal zum 200-Jährigen für unsere Leser:innen einige Ihrer Mandanten. 
Tom Kemcke: Das sind zum Beispiel Hamburg Wasser der Freien und Hansestadt Hamburg oder das Münchner Ticketingunternehmen und Dienstleister der Entertainmentbranche CTS Eventim, das Hamburger Energie- und Chemieunternehmen Marquard & Bahls mit den Geschäftsfeldern Tanklagerlogistik, Handel und Flugzeugbetankung oder die Verlagsgruppe Spiegel, die wir zum Beispiel bei Restrukturierungen beraten. Darüber hinaus zählen wir unter anderem das Labordienstleistungsunternehmen Eppendorf-Gruppe zu unseren Mandanten, das wir bei Digitalisierungsprozessen begleiten, oder die gemeinnützige Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., die sich für die Förderung der europäischen Verständigung unter der Wahrung kultureller Vielfalt engagiert. 

Warum kommt man zu Ihrer Sozietät? 
Dr. Andreas von Criegern: Wir wollen so attraktiv sein, dass man sein Berufsleben bei uns verbringen möchte. Dazu gehört, dass wir attraktive Mandanten haben, dann bekommt man auch attraktiven Nachwuchs und leistungsfähige Partner. Der Schlüssel für unseren Erfolg ist auch, dass ein gemeinsamer Geist im Miteinander in der Sozietät entstehen muss. Dieses Kommen, um zu bleiben, führt zu einer lebendigen Identifikation mit dem Unternehmen. 

Dr. Andreas von Criegern zur Zukunft der Sozietät: „Die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit ist für mich für Esche Schümann Commichau ein Asset.“ © Esche | Michael Zapf

Kann diese Philosophie nicht auch in 200 Jahren zu Verkrustungen führen? 
Dr. Wolfgang Deuchler: Für die Vergangenheit im 19. Jahrhundert können wir feststellen, dass die Partner ausgeprägte Persönlichkeiten waren, die der Sozietät immer neue Impulse gegeben haben. Und auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir uns immer wieder neue Beratungsfelder erschlossen. Das waren in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts zum einen die internationalen Kontakte von Dr. Dr. Werner Deuchler und Dr. Gerhard Commichau, zum Beispiel nach Nordamerika. Und zum anderen war es die bahnbrechende Erkenntnis der Rechtsanwälte Dr. Ernst Esche und Günter Sternberg einerseits und der Steuerberater Jens Schümann und Dr. Helmut Huber andererseits: Rechtsberatung geht auf die Dauer nicht ohne Steuerberatung, und die beiden brauchen wiederum das Know-how der Wirtschaftsprüfung. So hat sich die Sozietät von der reinen Anwaltsschiene hin zu dieser Dreispartigkeit weiterentwickelt. Das hat uns jung gehalten. 

Wie jung darf man denn bei Ihnen sein? 
Dr. Andreas von Criegern: Wir haben eine gesunde Altersstruktur mit drei Partnern zwischen 30 und 39 Jahren, 21 Partnern zwischen 40 und 49 und 16 Partnern zwischen 50 und 59 sowie fünf Partnern mit über 60 Jahren. Im Übrigen zitiere ich an dieser Stelle gern Otto Rehhagel leicht abgewandelt: Es gibt keine jungen oder alten Berater, nur gute und schlechte Berater.
Tom Kemcke: Apropos Kommen, um zu bleiben. Uns ist wichtig, dass wir Partner haben, die mit Leidenschaft tätig sind und Freude an ihrer Arbeit haben. Wir sind bei Esche Schümann Commichau keine reine Erwerbsgemeinschaft. Wir streben eine Partnerschaft an, die im Umgang miteinander nicht unbedingt freundschaftlich, aber doch im höheren Sinne partnerschaftlich ist. Und es ist uns zum Glück immer wieder gelungen, uns mit einzelnen neuen Partnern immer wieder neu zu erfinden.
Dr. Andreas von Criegern: Au-ßerdem dürfen wir nicht nur auf die Partner gucken. Um 200 Jahre alt zu werden, braucht man vor allem Mandanten, die eine große Treue entwickeln und auch unabhängig von Wechseln von Partnern bei uns bleiben, teilweise über Jahrzehnte und länger. Und darüber hinaus braucht man auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zum Teil 20, 30 Jahre auch prägend tätig waren. Dieser Dreiklang von Mandanten, Partnern und Mitarbeitern ermöglicht es, so alt zu werden und sich allen aktuellen Themen und Herausforderungen in der Beratung zu stellen und mit den Mandanten erfolgreiche Lösungen entwickeln zu können. Es ist kein Zufall, dass wir in vielen Bereichen rund 80 Prozent Dauermandate haben. Und schließlich hat bei uns die Pflege der Kontakte und des Austauschs mit anderen Sozietäten einen hohen Stellenwert. Eine Vielzahl von Mandaten erhalten wir auf Empfehlung von Kollegen, die die hohe Qualität unserer Arbeit schätzen.

200 Jahre Esche Schümann Commichau
Die Hamburger Sozietät aus Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern Esche Schümann Commichau gehört zu den größten multidisziplinären Sozietäten in Deutschland. Sie feiert am 21. Juni 2022 ihr 200. Jubiläum und dürfte damit die älteste noch bestehende Sozietät in Hamburg, wenn nicht in Deutschland, sein. Sie ist hervorgegangen aus einer Anwaltskanzlei, die der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Johann Knauth am 21. Juni 1822 in der heutigen Hermannstraße in Hamburg gründete. Aus dieser Keimzelle ist ein Beratungsunternehmen entstanden, das heute an seinem einzigen Standort in der Hamburger HafenCity rund 240 Personen beschäftigt. Etwa 140 Spezialistinnen und Spezialisten – davon 45 Partner – in den Bereichen Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung betreuen Mandanten im In- und Ausland, vornehmlich Unternehmen und deren Gesellschafter, den internationalen Mittelstand und große Konzerne. Die Sozietät betreut in der HafenCity die Stiftung Elbphilharmonie und die Peter Tamm Sen. Stiftung, die das Internationale Maritime Museum betreibt. Einzelheiten über das Team und das Beratungsangebot findet man auf der Website der Sozietät unter www.esche.de.

Wie muss man sich die Zusammenarbeit vorstellen? Müssen Sie als Rechtsanwalt, Herr Dr. von Criegern, Ihrem Partner, Steuer- und Immobilienfachmann Herrn Kemcke, manchmal in die Parade fahren, weil er zu risikoreich beraten möchte? 
Dr. Andreas von Criegern: Das ist eher umgekehrt. Es kommt schon öfter vor, dass die Steuerberatung auf die Bremse tritt und Vorsicht bei den konkreten Ausgestaltungen anmahnt. Etwa wenn man im Gesellschaftsrecht bei Umstrukturierungen von Unternehmen Vorschläge entwickelt, die wirtschaftlich sinnvoll sind, jedoch etwa im Bereich Grunderwerbsteuer größere Risiken beinhalten. 

Das heißt, die berühmten Cum-Ex-Steuerdeals wären bei Ihnen nicht passiert? 
Tom Kemcke: Das wäre nicht passiert. Für uns als Sozietät ist es nicht vorstellbar, dass wir eine steuerliche Beratung ausüben, über die man zu solchen wirtschaftlichen Vorteilen kommt, die von niemandem wirklich erwirtschaftet wurden. Es mag womöglich als legal angesehen worden sein, aber sicher nicht legitim. Wir mussten zum Glück in den vergangenen Jahrzehnten als Sozietät keine Hausdurchsuchungen oder Besuche der Staatsanwaltschaft erleiden.

Welche Werte vertritt Esche Schümann Commichau? Haben Sie eine konservative DNA? 
Tom Kemcke: Ja, ich würde sagen konservativ offensiv. Natürlich ist es unsere Aufgabe, proaktiv zu sein und für Mandanten das zu gestalten, was rechtlich und steuerlich möglich ist. Dafür sind wir ja da. Das gemeinsam geprägte Klima hat bei allem individuellen Engagement der Partner und Mitarbeiter immer auch eine Orientierung am Spirit der Sozietät. Nennen Sie es ruhig Tradition.
Dr. Andreas von Criegern: Die Ansicht von Tom Kemcke teile ich voll und ganz. Wir beraten eine Vielzahl von Unternehmen, die sehr innovativ sind; aber wir sehen die Beratung von Start-ups nicht als unser Kerngeschäft an. Wir sind nicht darauf ausgelegt, Profit um jeden Preis zu machen. Es ist ganz wichtig, dass man nicht das schnelle Geld verdienen will, sondern dass man vielmehr nach Mandaten sucht, die das Potenzial haben, zu langfristiger, dauerhafter Zusammenarbeit zu führen.

Dr. Wolfgang Deuchler zum Standort HafenCity: „Wir hatten das Glück, diesen Standort hier Am Sandtorkai 44 zu finden, mit Blick über die Speicherstadt auf die City und ihre fünf Hauptkirchen. Der räumliche Bezug zur Innenstadt mit Handelskammer und Rathaus war uns wichtig – gerade als traditionsreiche Sozietät seit 1822.“ © Esche | Catrin-Anja Eichinger

Aber Geld verdienen ist nichts Verwerfliches? 
Dr. Andreas von Criegern: Natürlich nicht. Es ist halt immer ein gewisser Spagat, um für junge Menschen attraktiv zu sein, ihnen Positionen und eine Dotierung anzubieten, von der sie sagen: „Okay, ich komme finanziell zurecht, verdiene eventuell einen Tick weniger als in anderen Großkanzleien, dafür bietet Esche Schümann Commichau ein Arbeitsklima, in dem ich mich wohlfühle und mit Freude arbeite.“ Die Spanne darf nur nicht zu groß sein, sonst kommen gute, hoffnungsvolle Kollegen nicht zu uns.

Herr Kemcke, Sie sind geschäftsführender Partner. Was unterscheidet Sie vom klassischen Mittelständler mit ebenfalls 240 Mitarbeitern? 
Tom Kemcke: Der große Unterschied ist, dass wir hier als geschäftsführende Partner unser Fachgebiet, unser Dezernat, ganz normal fortführen. Wir machen das als eine Art Feierabend-Geschäftsführer. Das heißt, täglich kommen rund zwei Stunden obendrauf. Dabei nehmen wir vor allem Strömungen aus der Partnerschaft und von Mitarbeitern auf und bereiten im Zweifel mal Entscheidungen für die Partner vor. Womit ein privatwirtschaftlicher Geschäftsführer nicht klarkäme: Wir haben keine Entscheidungsmacht. Wir sind zurzeit zu zweit als geschäftsführende Partner, und nach drei, spätestens fünf Jahren sollte es einen Wechsel geben. Grundsätzlich müsste jeder mal ran. Ich bin für Marketing, Finanzen und allgemeine Verwaltung zuständig und Dr. Andreas von Criegern für Personal und IT, Letzteres ein Bereich, der in den letzten zehn Jahren eine zentrale Bedeutung gewonnen hat und mit einer enormen Befassung verbunden ist.

Vor zehn Jahren sind Sie mit Ihrer Sozietät vom klassischen Kaufmanns­standort Herrengraben in der Innenstadt/Neustadt in den damals noch komplett unfertigen Stadtteil HafenCity gezogen. Warum? 
Dr. Wolfgang Deuchler: Wir mussten uns damals vergrößern und fanden in der Umgebung unseres früheren Standorts Herrengraben keine passende Immobilie. Zunächst war die Idee, 2012 in die HafenCity zu gehen, bei den Partnern nicht unumstritten. 

Zumal die HafenCity noch in ihren Kinderschuhen steckte und die Elbphilharmonie zwar als Idee da war, aber erst 2017 eröffnet werden sollte. 
Wolfgang Deuchler: Wir hatten das Glück, diesen Standort hier Am Sandtorkai 44 zu finden, mit Blick über die Speicherstadt auf die City und ihre fünf Hauptkirchen. Der räumliche Bezug zur Innenstadt mit Handelskammer und Rathaus war uns wichtig – gerade als traditionsreiche Sozietät seit 1822. Danach lief die Entscheidung eigentlich fast von selbst. 

Für 20 Dekaden pflanzen Sie 20 hochgewachsene Rot-Eschen in der Baakenallee. Warum? 
Tom Kemcke: Wir möchten einfach die Verbundenheit zum Standort HafenCity ausdrücken und uns für die vergangenen schönen zehn Jahre wie auch für die kommenden erkenntlich zeigen. Das Thema Begrünung der HafenCity ist uns wichtig und wird ein langjähriges und aufwendiges Thema bleiben. Wir wollen mithelfen, dass die HafenCity noch grüner und lebenswerter wird. 

Was ist für Sie die Kern­identität Hamburgs? 
Dr. Andreas von Criegern: Für mich mich ist Hamburg schon eine Art „versteckte“ Weltstadt. Die Verbindung von Stadt, Hafen, Alster und den weitläufigen Parks bringt eine ganz besondere Stimmung und Entspannung mit sich, die andere Städte dieser Größenordnung nicht haben. Ich bin in Hamburg geboren und habe einige Jahre in Rom gelebt. So sehr ich Rom liebe, für mich kam nie infrage, dass ich mein Leben in Hamburg für ein Leben in Rom tausche. Ich meine aber auch, dass Hamburg in Sachen Unternehmertum und Innovation an sich arbeiten muss. Der Hafen wird sicher ein wichtiger Grundstein für den Wohlstand dieser Stadt bleiben, dies allein wird aber aufgrund der nicht so günstigen geografischen Lage des Hafens nicht ausreichen. Ich bin aber zuversichtlich, dass die führenden Politiker dieser Stadt das Problem erkannt haben. 

Warum?
Dr. Andreas von Criegern: Projekte wie die „Science City Bahrenfeld“ stimmen mich optimistisch, dass Hamburg sich auf einem guten Weg befindet. Eine echte Weltstadt wird Hamburg nie werden, dafür ist der Flughafen zu klein und hat zu wenig Interkontinentalverbindungen. Dies hat mir ein führender Stadtplaner bestätigt. Aber: Der Blick aus meinem Büro auf den großzügigen St. Annenplatz und das „Rathaus des Hafens und der HafenCity“, den Hauptsitz der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), erfüllt mich täglich mit Freude. Der Hafen war ja früher immer viel dichter an den Kern der Innenstadt angebunden. Zum Glück entwickelt es sich auch wieder dahin, wenn nur nicht die große Wunde Willy-Brandt-Straße wäre. Daran leiden alle, denn fußläufig über die Domplatte sind es nur zehn Minuten zum „echten“ Rathaus. 

Ist Esche Schümann Commichau ein Machtfaktor in Hamburg?
Tom Kemcke: Eindeutig nein. Wir sind Dienstleister und gestalten zusammen mit Mandanten Themen. Etwa bei der Gemeinnützigkeit von Stiftungen oder bei bestimmten Familien in Hamburg wird sicherlich unsere Meinung und unsere Kompetenz gesucht. In aller Bescheidenheit sind wir kein Machtfaktor in Hamburg, sondern wir stehen sogenannten Mächtigen eher zur Seite, wenn es gewünscht ist. Wir legen keinen Wert darauf, im Vordergrund zu stehen oder uns in den Vordergrund zu drängen. Wir schätzen das hanseatische Understatement. 

Lehnen Sie „laute“ Mandanten ab?
Dr. Andreas von Criegern: Wir hatten öfter mal Gelegenheit, bei bestimmten Mandanten ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zu kommen – und haben uns doch immer wieder entschieden, diese Kooperationen nicht einzugehen. Das hat sich auch immer bewährt. Insofern ist die Öffentlichkeit durch unser 200-jähriges Jubiläum schon etwas Besonderes, was wir gerne kommunizieren, und ist doch für viele in der Sozietät ungewöhnlich. Inzwischen sind wir sogar bei Social Media mit LinkedIn und Instagram aktiv, unter anderem wegen des Personalnachwuchses. Das ist ein reiner Markt der Bewerber, die sich ihr Beratungsunternehmen aussuchen können. Wir wollen und müssen auf diesen Plattformen aktiv sein. Ein Absolvent der Hamburger Uni sollte uns digital kennen. Wir werden weiter vernünftig an der Sichtbarkeit unserer Sozietät arbeiten. 

Wie wird man eigentlich Partner bei Ihnen? 
Tom Kemcke: Viele fangen bei uns mit Studentenpraktika oder als Referendare an und bleiben lange. Das war genau mein Weg. Mit einem Praktikum im vierten Semester meines Jurastudiums habe ich hier begonnen und bin damit seit 1988, also seit fast 35 Jahren, dabei. 

Schnappen Sie Wettbewerbern Kandidaten weg, oder kaufen Sie erfolg­reiche Kollegen vom Markt weg?

Dr. Andreas von Criegern: Nein, wir „kaufen“ niemanden. Das passt nicht zu unserer Partner-Philosophie von gewachsenem Vertrauen und partnerschaftlicher Unternehmenskultur. Wir haben vereinzelt Quereinsteiger, was jedoch die Ausnahme ist. Typischerweise macht man bei uns seine Ausbildung, bleibt in der Sozietät und wird eventuell Partner. Es kommt auch schon mal vor, dass ein Business-Case sich so entwickelt, dass man bei uns einsteigt. 

Die Generationenüber­gabe in Unternehmen zu moderieren, zu managen und rechts- und steuer­sicher zu machen ist eine Hauptkompetenz Ihrer Sozietät. Wie wurden Familien Ihr Kerngeschäft? 
Tom Kemcke: Das kommt natürlich stark aus dem Steuerbereich, denn ein Treiber für Nachfolgeüberlegungen ist die Erbschaftsteuer. Es gibt ja viele, die sich nicht gern mit dem eigenen Tod, dem Testament oder der Nachfolge beschäftigen oder die vielleicht auch nicht ihren Einfluss im Unternehmen abgeben möchten. Die Erbschaftsteuer lauert immer im Hintergrund, und es gibt gute Argumente, das strukturiert und vorzeitig zu lösen. 

Sie bekommen laufend Auszeichnungen von „Handelsblatt“, „Wirtschaftswoche“ oder auch Institutionen. Sind Sie mit Ihren gerühmten Expertisen das Bayern München der Sozietäten in Hamburg und der Welt? 
Dr. Andreas von Criegern: Im Bereich Steuern werden wir tatsächlich als der Platzhirsch in Hamburg und darüber hinausgehend wahrgenommen. Aber auch in einigen Rechtsgebieten wie Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, gewerblicher Rechtsschutz und Handelsrecht zählen wir in Deutschland zur Spitze. So wird unsere Sozietät seit vielen Jahren beständig unter den Top-50-Sozietäten in Deutschland geführt. Ich würde uns insgesamt nicht mit Bayern München vergleichen, aber in bestimmten Bereichen streben wir an, fachlich Spitze zu sein, einfach die Besten.

Sozietäten und Beratungsunternehmen stehen ungern in der Öffentlichkeit. Das hilft nicht immer, wenn man an „schwarze Kanzleischafe“ denkt, die Steueroasen in der Karibik oder auf den Kanalinseln entwickeln. Erschwert das Ihr hanseatisches Image als eine Variante vom ehrbaren Kaufmann?
Dr. Andreas von Criegern: So sehen wir uns durchaus, da wir nicht marktschreierisch, sondern uns für unseren Bereich nach denselben Grundsätzen eines hanseatischen Kaufmanns verhalten. Es geht auch um das Unterlassen von Dingen, die einfach unangenehm sind und nur für die Öffentlichkeit stattfinden. Das passt weder zu uns noch zu Hamburg. 
Tom Kemcke: Das höchste Gut ist das Vertrauen der Mandanten. Und dafür wiederum ist absolute Voraussetzung die absolute Verschwiegenheit. Das bedeutet, sich auch zurückzunehmen, wo man sich etwas in den Vordergrund spielen könnte. Auf absolute Verschwiegenheit müssen Mandanten sich verlassen können. Es entspricht darüber hinaus aber auch der Geschichte unserer Sozietät wie auch unserem aktuellen gelebten Selbstverständnis, dass sich viele Partner in der Hamburger Gesellschaft durch Ehrenämter, sei es jetzt im beruflichen Bereich, in Berufsorganisationen oder eben im sozialen Bereich, einbringen. Wir werden auch heute noch wahrgenommen für das, wie unsere Vorväter nach ihrer Sozietätstätigkeit als Bürgermeister, Gerichtspräsident oder Richter gewirkt haben. Wie zum Beispiel Johann Heinrich Burchard, der nach seiner anwaltlichen Tätigkeit im 19. Jahrhundert Erster Bürgermeister Hamburgs wurde und dem Burchard-Platz, der jetzt wieder eine bessere Aufenthaltsqualität bekommen wird, seinen Namen gegeben hat.

Was hat ihn ausgezeichnet?
Tom Kemcke: Er war ein klassischer hanseatischer Bürgermeister, der lebte, dass man keine Orden annimmt, und der immer nur in seinem schwarz-weißen Anzug aufgetreten ist. Burchard war prägend für die Stadt und für öffentliches Engagement nach dem Ende der beruflichen Tätigkeit. Apropos Kleidung: Bei uns in der Sozietät sind inzwischen auch die Krawatten aus dem Alltag verschwunden. Doch im Zweifel hat man immer eine dabei – je nach Anlass.

Wir leben leider nicht im Garten Eden und haben eine Pandemie und jetzt nach dem Ukraine-Überfall durch Wladimir Putin Krieg in Europa. Was würden Sie zur Lösung des Konflikts vorschlagen?
Dr. Wolfgang Deuchler: Das ist jetzt meine reine Privatmeinung, denn unser Berufsbild ist generell zur Neutralität verpflichtet, und wir halten uns bei mit politischen Statements zurück. Eins ist klar: Wenn man den Konflikt nicht zum andauernden Krieg eskalieren lassen will, braucht er dringend eine Mediation, bei der es nicht mehr um das Gewinnen oder Verlieren geht. Man muss sich mit allen zusammensetzen, erst getrennt und dann zusammen.
Dr. Andreas von Criegern: Ich glaube nicht, dass derzeit eine Mediation möglich ist. Insoweit teile ich den Ansatz, die Ukraine militärisch zu unterstützen und Russland maximal zu sanktionieren. Zielführende Gespräche werden vermutlich erst möglich sein, wenn Russland zur Einschätzung gelangt, dass seine Verluste und Schäden zu groß geworden sind. 

Aus der größtmöglichen Aggression und Unvernunft eine vernünftige Strategie entwickeln?
Dr. Wolfgang Deuchler: Man muss eine Exitstrategie hinbekommen, sodass alle mit einigermaßen erhobenem Haupt aus der verfahrenen Situation herauskommen können. Dazu gibt es keine wirkliche Alternative.
Dr. Andreas von Criegern: Bis es dazu kommt, werden wir aber noch viel Leid und Tod in der Ukraine erleben müssen. Erst wenn Russland auf der Verliererstraße sein wird, wird es zu Gesprächen bereit sein. 

Sie haben 200. Geburtstag und persönlich einen Wunsch frei.
Tom Kemcke: Ich hätte mir gewünscht, dass der HSV nicht nur in die erste Liga aufsteigt, sondern mindestens vier, fünf Jahre einfach so im Mittelfeld mitschwimmt. Dass man am letzten Spieltag nicht mehr absteigen kann und schaut, was die anderen so machen. Das wäre herrlich. Vielleicht ja im nächsten Jahr!
Dr. Andreas von Criegern: Die Beendigung des Krieges in der Ukraine steht ganz oben auf meiner Wunschliste, gefolgt vom Wunsch, den Klimawandel zu stoppen. Für Hamburg wünsche ich mir, dass der Hafen dem Schiffsverkehr immer noch mehr als eine Handvoll Wasser unterm Kiel bietet, dass er weiterhin seine Stellung in der Welt und im ganzen norddeutschen Raum halten kann. Dass es also nicht nur neues Wohnen und Büros im Hafen gibt, sondern vor allem auch: Schiffe! Und schließlich steht natürlich auch der HSV auf meiner Wunschliste.

Und was wünschen Sie sich für die Sozietät in der Zukunft?
Tom Kemcke: Dass wir uns immer wieder maßvoll erneuern und für den Nachwuchs attraktiv bleiben. Wir sind kein Schnellboot, sondern eher ein Tanker, der etwas länger braucht, um den Kurs zu ändern – dann aber nachhaltig und wertvoll.
Dr. Andreas von Criegern: Dass wir mit unseren Partnern weiterhin die richtigen strategischen Entscheidungen treffen und unsere Unabhängigkeit erhalten können. Diese Eigenständigkeit und Unabhängigkeit ist für mich für Esche Schümann Commichau ein Asset.
Das Gespräch führte Wolfgang Timpe

Die Gesprächspartner bei Esche Schümann Commichau

Dr. Andreas von Criegern, Rechtsanwalt, geschäftsführender Partner, Beratungsfelder: Anlagenbau, Handelsrecht, Immobilienrecht, Immobilien­transaktionen, Dispute Resolution 
Tom Kemcke, Rechtsanwalt und Steuerberater, geschäftsführender Partner, Beratungsfelder: steuerliche Beratung mittelständischer Unternehmen und vermögender Privatpersonen sowie Vermögensnachfolge und Stiftungsrecht 
Dr. Wolfgang Deuchler (LL.M.), Rechtsanwalt und Partner of Counsel (Pflege von Mandatsbeziehungen, Unterstützung der Geschäftsführung)

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