Katharina Fenner, 50, ist seit Juni 2024 Pastorin der Hauptkirche St. Katharinen und betreut unter anderem die Quartiere Altstadt, Speicherstadt und HafenCity. Sie spricht u.a. über motivierte Menschen und gesellschaftliches Miteinander
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Frau Fenner, Sie sind seit Mitte dieses Jahres neue Pastorin in der Hauptkirche St. Katharinen. Was haben Sie vor? Ich möchte die Menschen, die hier leben, zusammenbringen. Ich hoffe, dass St. Katharinen Räume und Anlässe für Begegnung, Entfaltung und Zusammenhalt bietet – das ist wichtig in diesen sehr individualisierten, gespaltenen und teilweise einsamen Zeiten. Jede und jeder hat etwas beizutragen im Quartier, aber es muss auch Gelegenheiten dazu geben. Es braucht nicht nur Räume, sondern Kommunikation und Moderation, damit die Menschen zusammenkommen und ein Miteinander und Füreinander gelingt. © Foto oben: Catrin-Anja Eichinger
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Ihre bisherige berufliche Arbeit ist urbane Stadtteilarbeit. Warum ist das Quartier wie jetzt zum Beispiel die HafenCity so wichtig? Es gibt hier viele motivierte und engagierte Menschen. Da entstehen neue Formen von Nachbarschaft und Gemeinschaft in einem diversen jungen städtischen Kontext. Es wäre doch großartig, wenn die HafenCity zum Symbol einer Stadtkultur wird, in der gutes Miteinander und echte Beheimatung stattfinden. Dazu müssen die Bedürfnisse aller berücksichtigt werden. Dass das gelingt, dafür engagieren wir uns als Gemeinde.
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Sie sind noch relativ neu im Stadtteil HafenCity. Was zeichnet ihn für Sie bisher aus? Ich blicke von meiner Pastoratswohnung an St. Katharinen auf die Speicherstadt und die HafenCity. Die Stadtentwicklung hat Brücken, die Tradition und Innovation, Alt und Neu, Handels- und Lebensräume verbinden. Ich hoffe, dass wir diese Verknüpfung auch im Miteinander hinbekommen.
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Auch die evangelisch-lutherische Kirche verliert fortgesetzt viele Mitglieder – und immer öfter schließen sich Menschen christlichen Freikirchen an. Was haben Sie als neue Pastorin in Altstadt, Speicherstadt und HafenCity im Wettbewerb zu bieten? Wie heißt es so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft. Je mehr Menschen sich in einer religiösen Gemeinschaft beheimaten, desto besser. Von der geistlichen Kraft, die sich dort entfaltet, profitieren alle. St. Katharinen ist das älteste und ein einzigartiges ausstrahlendes spirituelles Zentrum am Hafen. Wir verstehen uns als Scharnier zwischen Alt und Neu, Tradition und Innovation – und sehen unseren Auftrag darin, zum Dialog und guten Miteinander beizutragen.
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Es gibt nach wie vor ganz klassisch Gottesdienste und Andachten in St. Katharinen. Wie wollen Sie die junge Generation Z mit Handydauerbetrieb ins Kirchenschiff locken? Die jungen Menschen sind schon da. Wenn Laserlicht mit coolen Beats bei der Nacht der Kirchen die Katharinenkirche erfüllt, bei Musikvideodrehs und Universitäts- und Jazzgottesdiensten. Aber klar gibt es Luft nach oben. Die Generation Z hat eigene Bedürfnisse und Ideen. Meine Aufgabe sehe ich darin, die Räume auch für neue und andere Formate zur Verfügung zu stellen. Ich glaube daran, dass wir uns damit gegenseitig bereichern können. Wir müssen lernen, uns ernst zu nehmen und Ressourcen zu teilen.
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Was gibt Ihnen angesichts von internationalen Kriegen und Autokratenregierungen Hoffnung? Wenn zum Erntedankfest Konfirmand:innen den Gottesdienst gestalten, engagiert Kürbissuppe kochen und über hundert Menschen in fröhlicher Runde das Leben feiern und satt werden. Das macht mir Mut, dass Vertrauen und Frieden wachsen.
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Was bedeutet Ihnen persönlich Glück? Mich mit Gott und der Welt im Einklang zu fühlen. Wenn ich vom Turm der Katharinenkirche über diese faszinierende Stadt blicke. Wenn mir bewusst wird, dass wir hier in Frieden, Freiheit und Vielfalt leben können. Beim Joggen an der Elbe – wenn ein Lichtstrahl mein Gesicht trifft. Fragen: Wolfgang Timpe