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HafenCity-Fest II: Interview mit Sebastian Baller

»10 Fragen an …« Sebastian Baller, Bühnenmanager beim Sommerfest des Netzwerk und Musiker bei Beletage, über das 5. Nachbarschaftsfest, seine Musik und das Quartier HafenCity

1 Herr Baller, Sie leben mit Ihrer Familie und arbeiten mit Ihrer Werbeagentur bbsMEDIEN seit 2016 in der HafenCity. Was bedeutet Ihnen als Anwohner wie auch als Gewerbetreibender das große Nachbarschaftsfest der HafenCity im Lohsepark? Es ist schön, dass beim Fest so viele Nachbar:innen zusammenkommen. Über das Jahr verteilt sieht man sich zwar immer mal wieder, aber einmal im Jahr dann eben auch mal alle auf einem Haufen. Die Atmosphäre des Festes ist wirklich nachbarschaftlich, was ich sehr mag.
Foto oben: Für Sebastian Baller ist das nachbarschaftsfest 2025 ein Erfolg, „wenn die Stimmung entspannt ist, die Getränke gekühlt sind und das Wetter sich von seiner besten Seite zeigt.“ © Svenja Suhren

2 Was hat sich seit der Premiere des Festes 2020 in der Coronazeit, außer das von anfänglich mehreren 100 Besuchern zuletzt über 1.000 Gäste da waren, für Sie bis heute verändert? Eigentlich gar nicht so viel. Es gibt eine Gruppe von Menschen, die das Fest jedes Jahr aufs Neue organisiert und ausrichtet. Und daneben gibt es viele fleißige Helfer:innen, die zwar nicht mit organisieren, aber anpacken, wenn es nötig ist.  

3 Was können Feste für einen Stadtteil leisten, was andere Begegnungsformen oder Hausgemeinschaften und Nachbarschaften offenbar nicht können? Man kann einfach viele Menschen auf einmal zusammenbringen. Menschen, die man vielleicht nur vom Sehen oder Hallosagen kennt, tauchen vielleicht auf der Bühne auf oder gestalten die Aktivitätenfläche mit. Kinder können sich in einem Safe Space bewegen und Eltern auch mal abschalten. Und das Ganze ohne eine Agenda im Hinterkopf.

4 Die HafenCity setzt sich aus verschiedenen Quartieren zusammen: die Gegend rund um Kaiserkai und Dalmannkai, das Zentrum mit dem Überseeboulevard, der Ostteil mit Hongkongstraße, Shanghaiallee und Lohsepark, der Baakenhafen und nun auch das Überseequartier. Sie waren fünf Jahre 1. Vorsitzender des Netzwerks HafenCity e. V. und kennen den Stadtteil. Was verbindet oder trennt die Quartiere? Wir haben sehr viele verbindende Elemente. Die Schulen, die Grünanlagen, Diskussionsveranstaltungen, Feste und andere öffentliche Angebote, die die Menschen aus allen Teilen der HafenCity zusammenbringen. Die HafenCity ist außerdem ein äußert agiles Quartier. Ich kenne etliche Menschen, die aufgrund von veränderten Raumanforderungen innerhalb der HafenCity umgezogen sind. So was bringt auch immer neue Netzwerke mit sich. 

5 Das Netzwerk HafenCity e. V. besteht aus Menschen und Familien aus dem Stadtteil sowie Gewerbetreibenden, die in der IGH im Netzwerk organisiert sind. Engagieren sich Menschen anders als Unternehmen? Das kann man nicht pauschal sagen. Bei den Unternehmen in der HafenCity haben wir eine große Bandbreite, von dem/der Einzelunternehmer:in bis hin zum international tätigen Großkonzern. Auch bei den Menschen haben wir die, die etwas mehr Zeit aufbringen können, und andere, die neben ihren Alltagsaufgaben nur noch wenig Zeit finden. Das ist Gesellschaft. Und die spiegelt das Netzwerk wider.  

6 Sie managen auch beim Nachbarschaftsfest 2025 wieder das Bühnenprogramm. Haben immer noch alle Musiker:innen eine existenzielle Verbindung wie Leben und Arbeiten zum Stadtteil? Was erwartet die Besucher:innen? In der Tat haben alle Künstler*innen einen direkten Bezug zum Stadtteil. Wir freuen uns sehr, dass die Campusschule wieder mit Band und Chor dabei ist, aber auch über die Bands, die uns schon von Anfang an begleiten. Neben dem Programm auf der Bühne wird es in diesem Jahr auch während der Umbaupausen kleine Stadtteilgespräche in Form von Interviews geben und Performances vor der Bühne.  

7 Sie machen selbst in der Band Beletage Musik, organisieren in Ihrer Freizeit unter anderem auch mal die Tonanlagen für Workshops und Demos, und, neuester Coup, machen als Soloprojekt BALLER einen wilden Mix aus Punk, Alternative und Rock ’n’ Roll. Ist für Sie Musik wie für andere ein Sandsack zum Boxen?Könnte man so sagen. In der Tat begleitet mich Musik schon mein ganzes Leben lang. Wenn ich mal zwei Wochen keine Musik mache, merke ich schon, wie mir der innerliche Ausgleich fehlt. Mit dem neuen Soloprojekt möchte ich gerne auch etwas politischer werden. Der Rechtsruck und der Klimawandel werden kaum thematisiert. Und eine gesellschaftliche Minderheit ist so laut, dass normaler politischer Diskurs kaum noch möglich ist. Die Entwicklungen, die wir in anderen Staaten beobachten können, sind vielleicht auch Vorboten für unsere Demokratie. 2004 lebten 51 Prozent der Weltbevölkerung in einer Demokratie – 2024 waren es nur noch 28 Prozent! Auch die Länder, die immer autokratischer werden, nehmen extrem zu (2004: 7 Prozent, 2024: 38 Prozent, Quelle: „brandeins“ 06/2025). Wir dürfen nicht zulassen, dass das mit unserer Demokratie geschieht. Es haben schon einmal zu viele geschwiegen.

8 Sie leben mit Ihrer Partnerin Svenja und den beiden Kindern, die die Katharinenschule und die Campusschule im Stadtteil besuchen, am Lohsepark. Was zeichnet für Sie die HafenCity aus? Warum leben Sie nach neun Jahren immer noch in diesem Quartier? Nicht langweilig? Ich mag die HafenCity für ihre kurzen Wege, für die netten und politisch interessierten Menschen und die Gemeinschaft. Viele Dinge sind hier gelungen (zum Beispiel die Mischung der Bewohner:innen), einige sind schlecht umgesetzt (zum Beispiel die Verkehrsplanung), und andere sollte man mal komplett infrage stellen. Dazu zähle ich den MSC-Neubau, der auch an anderer, weniger natur- und klimazerstörender Stelle hätte umgesetzt werden können. Aber trotz der nicht immer guten Entscheidungen bei der Entwicklung des Quartiers ist es auch nach neun Jahren HafenCity immer noch schön zu sehen, wenn neue Bewohner:innen ihre Häuser beziehen und mit ihren Ideen und Angeboten in den Stadtteil hineinstrahlen. Und wenn alles mal zu viel wird, finden wir einen Ausgleich zur HafenCity darin, dass wir viel in der Natur unterwegs sind. 

9 Wann ist für Sie das Nachbarschaftsfest 2025 ein Erfolg? Wenn die Stimmung entspannt ist, die Getränke gekühlt sind und das Wetter sich von seiner besten Seite zeigt.  

10 Was muss passieren, dass Sie hier wegziehen? Wenn das Quartier seine Agilität verlieren und im Jetzt-Zustand verharren würde. Ich möchte nicht, dass die HafenCity weiter der wärmste Stadtteil Hamburgs ist. Das wird uns in den kommenden Jahren auf die Füße fallen. Hier muss dringend gegengesteuert werden. Fragen: Wolfgang Timpe

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Sebastian Baller,
46, ist Inhaber der Kreativagentur ­bbsMEDIEN und lebt seit 2016 mit seiner Partnerin Svenja Suhren und ihren beiden Kindern am Lohsepark.

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