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Kinderdemo: »Wo steht die Schule?«

Campus HafenCity. Kinder und Eltern wollen, dass die roten Container der weiterführenden Schule im Lohsepark ab Sommer 2024 während des Baus der Schule vom Süden in den Norden des Grünzugs ziehen – auf das frühere Baugrundstück von Gruner + Jahr

Die Brachfläche 74–76 ist heute eine kleine Idylle im rund um den Lohsepark zugebauten und von Bahngleisen und überdimensionierten Straßen wie Versmannstraße, Überseeallee und Shanghaiallee geprägten Quartier HafenCity. Eine kleine Wildnis hat sich hier im nördlichen Lohsepark am Übergang zum Oberhafen inzwischen entwickelt, viele Weiden wachsen hier, und der „KinderKlimaWald“ hat sich Teile der Fläche angeeignet. Doch es gibt Streit um die dauerhafte Nutzung der Baufelder 74–76. Sollen sie wie früher mal ausgewiesen als Baugrundstück oder als kreativ genutzte Brachfläche in zivilgesellschaftlicher Verantwortung genutzt werden? Die Pläne könnten gegensätzlicher nicht sein, und die Auseinandersetzung passt wenig zur kleinen Idylle: Hier Vorfahrt für neue grüne Natur in der Stadt, dort zweckmäiger Bürobau für ein Unternehmen. Worum geht’s? 
Foto oben: Streifenpolizisten sichern die Schuldemo im Lohse­park. „Kinder haben ein Recht auf Schule.“ © Sebastian Vollmert

Kinder-Demo für den temporären Standort der roten Container der weiterführenden Schule Campus HafenCity: Auch eine temporäre Schule braucht gute Rahmenbedingungen, Platz für die Kinder, eine vertraute Umgebung und kurze Schulwege. © Sebastian Vollmert

Die Hamburg Port Authority (HPA), die zurzeit in stadteigenen Räumen in der Speicherstadt residiert, möchte sich hier einen Neubau errichten. Die Eltern und Kinder aus dem Quartier aber haben eine andere Priorität: Sie möchten als Zwischennutzung, dass der Campus HafenCity temporär mit seinen roten Containern auf die Brache zieht. Denn ab Sommer 2024 soll dort, wo jetzt noch die roten Container stehen, das künftige Schulgebäude als sogenannte neunzügige, weiterführende Schule für die HafenCity und die Nachbarstadtteile für rund 1.700 Schüler:innen errichtet werden. 

»Wir fordern ein Umdenken: Kinder brauchen einen Lernort mit ausreichend Platz, der gut erreichbar ist für Kinder aus umliegenden Quartieren. Einen Lernort, um den herum es grün ist. Mit anderen Worten: genau diese Brach­flächen 74–76.« Marianne Wellershoff, Mitbegründerin der Initiative Schulcampus Lohsepark

Kinder und Erwachsene sind sauer, dass für den Senat aus SPD und Grünen bisher keineswegs eine gute Schule in vertrauter Lage am Park und mit ausreichend Platz ausgestattet Priorität hat, sondern dass bereits Verträge mit der HPA ausgearbeitet werden – die Eltern darüber jedoch im Dunkeln gelassen wurden. Für die Schule sucht die HafenCity Hamburg GmbH stattdessen einen anderen temporären Standort – nur wo und zu wann? Und so hatte die Quartiersinitiative Schulcampus Lohsepark am Samstag vor dem vierten Advent zur Demonstration mit dem Motto „Klassen statt Büromassen“ aufgerufen. Und viele kamen.

„Ho, ho, ho, kein Büro!“ oder „Klassen statt Büromassen“ lauteten die Kinder-Eltern-Parolen auf den Plakaten. © Sebastian Vollmert

Über 60 Kinder und ihre Eltern versammelten sich am Samstagnachmittag auf der Straße Am Hannoverschen Bahnhof und protestierten für einen guten Lernort auf der heutigen Brachfläche, den Baufeldern 74–76. Auf Plakaten forderten sie „Unsere Brache für unsere Schule“ oder, passend zur Weihnachtszeit, „Ho, ho, ho, kein Büro!“. Philipp Balkenhol, Vater von drei Kindern im Kita- und Grundschulalter, berichtete in seiner Ansprache über das Ergebnis einer Umfrage an der Katharinenschule: Fast alle Befragten möchten ihre Kinder zum Campus HafenCity schicken (siehe auch Interview in der Dezember-Ausgabe der HafenCity Zeitung). Aber auch eine temporäre Schule braucht gute Rahmenbedingungen, Platz für die Kinder, eine vertraute Umgebung und kurze Schulwege. Deshalb forderte Balkenhol öffentlich Antworten von der Schulbehörde ein: „Wir wollen endlich wissen, wo die Schule stehen wird.“ 

Kinder-Eltern-Wunsch: Ab Sommer 2024 soll der Campus HafenCity, temporär bis die eigentliche Schule fertig gebaut ist, in den Lohsepark-Nord ziehen. © Sebastian Vollmert

Die Quartiersinitiative Schulcampus Lohsepark hatte vor vier Jahren mit ihren Protesten den geplanten Verkauf von rund 40 Prozent des Schulgrundstücks an einen Investor gestoppt. Bei der Demonstration warnte sie davor, dass die Geschichte sich wiederholt und der Senat womöglich noch einmal kommerziellen Interessen Vorfahrt vor den Interessen der Kinder gibt. „Wir fordern ein Umdenken: Kinder brauchen einen Lernort mit ausreichend Platz“, sagte Marianne Wellershoff, Mitbegründerin der Schulcampusinitiative, „der gut erreichbar ist für Kinder aus umliegenden Quartieren. Einen Lernort, um den herum es grün ist. Mit anderen Worten: genau diese Brachflächen 74–76.“

Angeführt von Polizei und vielen Kindern marschierten die Demonstrierenden dann eine Runde um den Lohsepark. Zum Aufwärmen gab es anschließend Kinderpunsch und Glühwein. Während die Erwachsenen oben auf der Straße noch über die Zukunft des Campus HafenCity diskutierten, rannten die Kinder schon mal los: auf die Brachfläche, die sie und ihre Eltern sich als Schulgelände wünschen. Hanna Petersen

schulcampus-lohsepark.de

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